Protocol of the Session on February 20, 2008

Vielen Dank, Herr Sagel. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Dr. Linssen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Verfahren zum Verkauf der LEGWohnungsbestände sofort zu beenden und einen Teilverkauf der Wohnungsbestände an kommunale Wohnungsgesellschaften zu prüfen. Hierzu möchte ich Folgendes anmerken:

Verkauft wird nicht der Wohnungsbestand der LEG; vielmehr hat sich die Landesregierung im Oktober 2006 entschieden, das Verkaufsverfahren für die Gesellschaftsanteile an der LEG einzuleiten. Diesem Verkaufsverfahren hat sich zunächst die NRW.BANK angeschlossen, die ebenfalls Anteile an der LEG hält. Letztlich hat sich auch die Deutsche Rentenversicherung Westfalen entschieden, ihre 50 % Gesellschaftsanteile an den drei westfälischen Beteiligungsgesellschaften zu veräußern.

Verkauft werden damit nicht einzelne Wohnungen oder Wohnungsbestände, sondern es stehen die Anteile an einem Unternehmen zum Verkauf. Dieses Unternehmen, die LEG, verfügt über drei Unternehmenssparten: Wohnen, Development und Public Services. Damit weist die LEG ein ganz eigenständiges Unternehmensprofil auf, das in dieser Form einzigartig ist. Allein deshalb kann der derzeitige LEG-Verkauf schon nicht mit den Verkäufen großer Wohnungsbestände der letzten Jahre verglichen werden. Die LEG ist eben nicht ein einzelner großer Wohnungsbestand, sondern ein Unternehmen mit Aktiva und Passiva, das über seine Unternehmenssparten in besonderem Maße geprägt wird und das darüber hinaus über mehrere hundert Beschäftigte verfügt.

Wenn der vorliegende Antrag dennoch einen Vergleich zwischen dem LEG-Verkauf und den Verkäufen großer Wohnungsbestände aus der Vergangenheit zieht, so vergleicht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Äpfel mit Birnen. Dies ist verfehlt.

Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, besteht derzeit überhaupt kein Grund, das laufende Veräußerungsverfahren zu beenden. Nach wie vor gibt es ein hohes Interesse am Erwerb der LEG. Während die Presse Ende Januar lediglich von fünf bis sechs ernsthaften Bietern gesprochen hat, haben tatsächlich mehr als zehn Bieter ein indikatives Angebot zum Erwerb der LEG abgegeben. Allein hieraus lässt sich ableiten, dass das Marktumfeld für die Veräußerung der LEG positiver ist, als dies im vorliegenden Antrag geschildert wird.

Die weitere Behauptung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag, ein Verkauf der Gesellschaftsanteile zu einem späteren Zeitpunkt sei für das Land lukrativer, ist durch nichts belegt und daher reine Kaffeesatzleserei.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Aber auch aus einem weiteren Grund sehe ich keine Notwendigkeit, das laufende Verfahren abzubrechen oder hinauszuzögern. Beteiligt an dem Verfahren sind auch die NRW.BANK und die Deutsche Rentenversicherung Westfalen. Diese beabsichtigen ebenfalls, ihre Gesellschaftsanteile an der LEG bzw. den westfälischen Gesellschaften zu veräußern. Weder die Deutsche Rentenversicherung Westfalen noch die NRW.BANK sehen derzeit einen Grund, das Veräußerungsverfahren abzubrechen oder hinauszuzögern. Damit sind zurzeit alle drei am Verfahren beteiligten Anteilseigner der Auffassung, dass das positiv verlaufende Veräußerungsverfahren fortzuführen ist.

Letztlich fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag, die Wohnungsbestände an einzelne kommunale Wohnungsgesellschaften bevorzugt zu veräußern oder diesen ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Die Forderung der Antragsteller würde dazu führen, dass die Wohnungsbestände in einzelnen Paketen oder Blöcken an ganz unterschiedliche Unternehmen verkauft würden. Diese Option wurde von den Gutachtern Sal. Oppenheim/WestLB schon anlässlich der Erstellung des Privatisierungsgutachtens im Sommer 2006 geprüft und letztlich verworfen. Hauptgrund war, dass es voraussichtlich nur gelingen würde, die ertragsstarken Wohnungsbestände zu veräußern. Eine wirtschaftlich sinnvolle Bewirtschaftung des verbleibenden Wohnungsbestandes wäre der LEG damit nicht möglich. Damit wären die Gesellschafter der LEG über kurz oder lang finanziell gefordert.

Zum anderen, meine Damen und Herren, würde die Veräußerung einzelner Bestände an unterschiedliche Wohnungsunternehmen zu einer Zer

schlagung der LEG mit allen negativen Nachteilen für die Beschäftigten und für die Mieterinnen und Mieter führen. Eine solche Zerschlagung wollen wir aber gerade verhindern.

Letztlich wäre auch völlig unklar, wie mit der Unternehmenssparte Development zu verfahren wäre. Deshalb hatte sich die Landesregierung im Oktober 2006 zu Recht dazu entschieden, die LEG als Ganzes zu veräußern. Da die genannten Gründe nach wie vor existieren, besteht auch im Hinblick auf die gelungene Marktansprache weiterhin kein Grund, von dieser Entscheidung abzurücken. Ein Verkauf der LEG im Wege der Veräußerung einzelner Wohnungsbestände an diverse kommunale Unternehmen kommt deshalb auch weiterhin nicht in Betracht.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der LEG nach der Sozialcharta die Möglichkeit eingeräumt wird, nach der Privatisierung einzelne Wohnungsbestände an Wohnungsunternehmen und insbesondere an kommunale Wohnungsunternehmen weiterzuveräußern. Die LEG ist in diesem Falle in der Lage, Veräußerungen im Rahmen der betrieblichen Notwendigkeit vorzunehmen. Eine Zerschlagung der LEG droht aber nicht, da zu diesem Zeitpunkt die LEG als bestehendes Unternehmen veräußert wurde und der Erwerber über die Sozialcharta zum Mieter-, Beschäftigten- und Unternehmensschutz verpflichtet wurde.

Darüber hinaus, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich noch anmerken, dass der Deutsche Mieterbund und der beteiligte Mieterverein diese Regelung ausdrücklich begrüßt haben. Die Landesregierung lehnt deshalb den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Wir werden das Bieterverfahren fortsetzen und keine gesonderten Verhandlungen zur Übernahme großer Wohnungsbestände durch unterschiedliche kommunale Wohnungsgesellschaften aufnehmen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Linssen. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung. Es ist direkte Abstimmung beantragt worden. Wir kommen deshalb erstens zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/6160. Wer ist für diesen Antrag? – Die SPD, die Grünen und Herr Sagel.

Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion Drucksache 14/6227. Wer ist für diesen Antrag? – Die SPD und die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Herr Kollege Sagel. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zu:

5 Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften

Gesetzentwurf

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6152 – Neudruck

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die erste antragstellende Fraktion der CDU Herrn Kollegen Dr. Brinkmeier das Wort.

(Unruhe)

Ich darf Sie bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen: Seien Sie ein bisschen leiser, wenn wir miteinander beraten. Von hier vorne aus ist es wirklich lauter, als Sie es im Saal selbst wahrnehmen. Der Kollege Brinkmeier hat, wie Sie wissen, keine laute, aber eine vernehmliche Stimme. Deshalb hebt er jetzt zum Reden an. Ich darf Sie bitten, soweit Sie weiterverhandeln möchte, das vor dem Plenarsaal zu tun, um so für die nötige Ruhe im Saal zu sorgen. – Danke schön.

Vielen Dank dafür, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dieser von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzesänderung schaffen wir etwas Einzigartiges in Deutschland in diesem Bereich.

Die nordrhein-westfälische Akademie der Wissenschaften besteht derzeit aus einer Klasse für Geisteswissenschaften, einer Klasse für Naturwissenschaften und Medizin und einer Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Eine Klasse für Künste gibt es bisher nicht. Die nordrhein-westfälische Akademie der Wissenschaften wird nun die erste Akademie in Deutschland sein, die die Künste als eigenständige Klasse aufnimmt und dies bei Inkrafttreten dieses Gesetzes sogar im Titel führen wird.

Schauen wir in unser südliches Nachbarland, so sehen wir, dass in der Akademie von Rheinland

Pfalz neben den Wissenschaften die Literatur durch eine Klasse vertreten wird. Sie hat laut Gesetz die Aufgabe, die Kultur zu bewahren und zu fördern. Wir sind der weitergehenden Auffassung, dass die Pflege und Förderung der Kultur unseres Landes nicht allein durch unsere Schriftsteller geschieht, sondern auch durch Musiker, Maler, Bildhauer, Regisseure und Schauspieler. Daher wollen wir, dass die Künste insgesamt die Möglichkeit bekommen, in der Akademie vertreten zu sein.

Es gibt bekanntermaßen die europäische Akademie der Wissenschaften und Künste, die nun mit der zukünftigen nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste in ihrer Ausrichtung vergleichbar ist.

Die künstlerisch-kulturelle Landschaft NordrheinWestfalens zeichnet sich durch große Vielfalt, Kreativität und Weltoffenheit aus. Es gibt weltweit kaum eine andere Region, die so reich an kultureller Substanz ist wie Nordrhein-Westfalen. Wo sonst gibt es auf so engem Raum so viele Sammlungen, so viele öffentliche und private Museen, so viele Theater, Opernhäuser, Konzertsäle, Orchester und eine derart lebendige freie Kulturszene? Eben diese Theater, Orchester, Museen, Bibliotheken und auch die freie Szene steigern in erheblichem Maße die Lebensqualität der hier lebenden Menschen.

Kunst und Kultur bieten ein zukunftsträchtiges Potenzial für eine erfolgreiche Entwicklung eines Landes. Kultur ist längst kein weicher Standortfaktor mehr. Kunst und Kultur tragen entscheidend zur Wertschöpfung bei. Wertschöpfung darf aber nicht nur auf ihre produktive Seite reduziert werden. Sie muss ebenso als Erhalt des kulturellen Erbes einer Region, als Erhöhung der Lebensqualität und als Bereitstellung gemeinschaftlicher Güter betrachtet werden.

Kultur ist aber auch die Grundlage unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft. Unsere Werte und unser Selbstverständnis kommen in kulturellen Formen zum Ausdruck. Vergessen wir auch nicht, dass die Föderalismusreform noch einmal die Kompetenz der Länder für die Kulturpolitik bekräftigt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU/FDPKoalition hatte bei der Regierungsübernahme zugesagt, die Entwicklung der nordrhein-westfälischen Kulturpolitik neu zu beleben, in wesentlichen Punkten zu korrigieren und neu auszurichten. Auf der finanziellen Seite wird darum der Kulturförderetat schrittweise bis zum Ende der Legislaturperiode verdoppelt. Vor allem aber schaffen wir Freiräume, damit sich Musik, bildende Kunst,

Architektur und andere Ausdrucksweisen der Kreativität der Menschen entwickeln können.

Die nun von uns auf den Weg gebrachte Erweiterung der Akademie der Wissenschaften ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Kunst und Kultur in ihrer herausgehobenen Bedeutung für die Menschen unseres Landes sichtbar zu machen. Die Akademie hat die Aufgabe, den Dialog unter ihren Mitgliedern und mit Vertretern des politischen und wirtschaftlichen Lebens des Landes zu pflegen und zu fördern. Mit der Erweiterung der Akademie werden nun die Künste eine gewichtige Stimme erhalten. Wir erhoffen uns, dass auch ihre oft außergewöhnlichen Ideen Gehör in Politik und Gesellschaft finden, um kreative Lösungen für die wichtigen Fragen unseres Zusammenlebens zu erarbeiten.

Mit unserem Gesetzentwurf nehmen wir im Übrigen eine Idee unseres Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers auf, die er schon vor der Wahl 2005 veröffentlicht hatte. Als Haushaltsgesetzgeber begrüßen wir, dass Minister Pinkwart durch seinen Etat ermöglichen will, diese fortschrittliche Idee umzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns sicher, dass dieser Gesetzentwurf sowohl für die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften selbst als auch für die Kultur- und Wissenschaftslandschaft in Nordrhein-Westfalen richtungsweisend sein wird. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Brinkmeier. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Lindner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir wollen, dass die Akademie der Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen den gesellschaftlichen Diskurs bereichert. Natur- und Technikwissenschaften sowie Geisteswissenschaften sollen sehr viel stärker in einen Dialog mit Kunst und Kultur eintreten können. Dadurch werden beide gesellschaftlichen Bereiche und beide Bereiche des akademischen Lebens bereichert, und damit wird die Debattenkultur insgesamt weiterentwickelt.

Deshalb haben die Koalitionsfraktionen dem Parlament einen Vorschlag unterbreitet, das entsprechende Gesetz zu ergänzen und eine Klasse für die Künste einzuführen; das hat Herr Kollege Brinkmeier dargestellt. Wir wissen, dass andere Bundesländer die Literatur auch in den Diskurs

einführen. Über das Mainzer Modell ist gesprochen worden. Es hat sich bewährt. Wir wollen mit diesem Modell in Nordrhein-Westfalen eine Bereicherung der Diskussionskultur erreichen.

Diesem Anliegen müssten sich auch die Oppositionsfraktionen öffnen können. Es läge gewiss im Interesse des Wissenschaftsstandorts NordrheinWestfalen, dieses doppelte Signal zu senden: Einerseits gibt es ein neues Kunst- und Musikhochschulgesetz, das weit überwiegend interfraktionell positiv begleitet wird, und andererseits eine Weiterentwicklung unserer nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften, die ebenfalls vom Parlament positiv unterstützt wird. Das wäre ein starkes Signal für den Kunst- und Kulturstandort, für das Wissenschaftsland Nordrhein-Westfalen. Deshalb lade ich die Oppositionsfraktionen sehr herzlich ein, diesen Gesetzentwurf freundlich und konstruktiv zu begleiten. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)