Protocol of the Session on December 6, 2007

(Beifall von der SPD)

Deshalb bin ich der Meinung, dass es ein gutes Rot ist – sowohl das Kardinalrot als auch das Rot der Nikoläuse. Das aber nur am Rande.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit einer Gesamtbewertung beginnen: Dieser Haushalt für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie ist ein Nichts-im-Sack-Haushalt. Gleichzeitig verbinden sich damit schöne Bescherungen, wie wir heute Morgen in wesentlichen Blättern des NRWZeitungsmarktes lesen konnten. In der „Westdeutschen Zeitung“ heißt es zum Beispiel – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident –: „Studiengebühren – nur jeder vierte Euro für die Lehre.“

Das kennzeichnet eigentlich den Haushalt insgesamt. Wir erwarten natürlich von Ihnen, Herr Minister Pinkwart, dass Sie im Laufe Ihrer Ausführungen zum Einzelplan 06 auch zu diesen Vorgängen und zu den Feststellungen der Presse

Stellung nehmen, dass die Studiengebühren versickern, wo Sie doch selbst gesagt haben, dass sie zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden sollen. Es ist ohnehin ein Selbsthilfeprogramm der Studierenden in unserem Land.

Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren steigt der Wissenschaftshaushalt zum ersten Mal bereinigt wieder um 1,2 % und erreicht damit das Niveau des Jahres 2005, als Sie das Amt von Ihrer Vorgängerin Frau Kraft übernommen haben, Herr Minister Pinkwart.

(Widerspruch von Manfred Kuhmichel [CDU])

Das ist so. In den beiden vorangegangenen Jahren waren das Nullsummenspiele. Ich habe bei dieser Berechnung noch nicht einmal zugrunde gelegt, dass es wesentliche zusätzliche Belastungen durch Pensionen gibt, die Sie auch berücksichtigen müssen. Denn wir sind daran interessiert, dass das Geld bei den Studierenden und bei Wissenschaft und Forschung ankommt. So setzt man unserer Meinung nach keine Schwerpunkte in der Politik. So ist man keinesfalls auf dem Weg zum Innovationsland Nummer eins, wie Herr Minister Pinkwart propagiert.

Transparenz ist in der Haushaltsführung ein ganz wichtiger Punkt, gerade wenn es darum geht, den Haushalt in Zukunft auf eine neue Steuerung umzustellen. Sie hat unter dieser Landesregierung bereits extrem gelitten und wird nun endgültig ad absurdum geführt. Die Haushaltsvermerke, die durch die Ergänzungsvorlage eingeführt werden, lassen daran zweifeln, dass hier noch Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit gewährleistet sind, meine Damen und Herren. Die Mitteleinsätze werden derart flexibilisiert, dass sie für alles und jedes genutzt werden können. Ich habe diesen Haushalt einen Anything-goes-Haushalt genannt, weil man gar nicht mehr weiß, ob das Etikett, das über der jeweiligen Zahl steht, überhaupt das richtige ist.

Zu den einzelnen Bereichen. Für die Innovationsfähigkeit unseres Landes ist die Forschungsförderung ganz wichtig. Hier hat sich der negative Trend der Verlagerung von Mitteln weg von Landes- hin zu Bundes- und EU-Programmen weiter fortgesetzt. Das Technologie- und Investitionsprogramm steht mit minus 19,8 % zu Buche, die Forschungsförderung selbst mit minus 1,4 %. Die Landesprogramme machen im engeren Sinn nur noch 56,9 Millionen € aus; das sind 11 %. Im erweiterten Sinne, mit den Kofinanzierungsprogrammen, hat das Land nur noch auf die Verwendung von 142,3 Milli

onen € Einfluss; das sind 27 % des Forschungshaushalts.

Man kann also mit Fug und Recht die Aussage treffen, dass im Grunde bereits mehr als zwei Drittel des Forschungshaushalts fremdbestimmt sind. Dadurch verliert das Land natürlich zunehmend eigenständige Profilierungsmöglichkeiten.

Gestern haben wir im Fachausschuss über die Hochschulmedizin beraten. Das Hochschulmedizingesetz, das zum 1. Januar 2008 in Kraft treten soll, werden wir auch im Plenum beraten. Der jetzige Haushalt sieht eine Kürzung von 14 Millionen € vor. Angesichts der Notwendigkeit, in der medizinischen Forschung Profil zu zeigen und Forschung und Lehre zu stärken, ist es einfach sträflich, diese Kürzung vorzunehmen. Uns ist unklar, welches Signal mit dieser Entscheidung eigentlich in Richtung der Universitätskliniken und in Richtung der Fakultäten für Medizin ausgesandt werden soll.

Meine Damen und Herren, wie fördern wir die jungen Menschen in diesem Land und die Bildungsressourcen in unserem Land?

Zum Thema Studiengebühren: Herr Minister Pinkwart hat sich bei den Mehreinnahmen – die Summe ist auch in diesem Hause vertreten worden – verkalkuliert. Statt seiner prognostizierten 320 Millionen € Mehreinnahmen nach Abzug des Ausfallfonds – so versprochen in der Ministeriumsbroschüre „Studienbeiträge in NRW“, die im Übrigen noch immer verteilt wird – sie ist nicht aus dem Verkehr gezogen worden –, werden es wohl nur 230 Millionen € sein.

Ob diese Summen dann bei den Studierenden wirksam werden – da greife ich noch einmal auf die Berichterstattung des heutigen Tages zurück –, muss nach dem heute vorliegenden Verwendungsbericht der Universität zu Köln mit einem sehr großen Fragezeichen versehen werden. Man muss bedenken, dass allein die Verwaltung der Studiengebühren an der Uni Köln 1 Million € Kosten verursachen soll. Wenn ich jetzt einmal großzügig rechne, stelle ich fest: Es ist der Gegenwert von mindestens zehn Professorenstellen, der notwendig ist, um die Studiengebühren an der Uni Köln zu verwalten. Das ist ein Skandal, den wir nicht dulden werden, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Weiter zum Thema „Förderung von jungen Menschen in unserem Land“. Die Ansätze für das BAföG müssten nach den Beschlüssen der Bundesregierung und des Bundestags für das Haushaltsjahr 2008 angepasst werden. Dass es zum Win

tersemester 2008/2009 eine Erhöhung des BAföG um 10 % und eine Anhebung der Einkommensgrenze um 7 % geben wird, ist vor allen Dingen auch dem hartnäckigen Eintreten der NRW-SPD in Berlin und ihrer Vorsitzenden, Hannelore Kraft, zu verdanken.

(Beifall von der SPD)

Das ist wirklich nicht der Landesregierung zu verdanken.

Obwohl Sie, Herr Minister Pinkwart, in diesem Hause mehrfach zugesagt haben, den erforderlichen Landesteil zusätzlich bereitzustellen, verzichten Sie darauf. Warum? Das kann man ganz deutlich im Ergebnisbericht des Berichterstattergesprächs nachlesen. Dort heißt es – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –:

„Das am 16.11.2007 verabschiedete 22. Gesetz zur Änderung des BAföG sieht Verbesserungen bei den für das BAföG geltenden Sätzen und Freibeträgen vor, die ab dem 01.10.2008 erhöht werden sollen. Diese Eckwerte sind zwar ein wesentlicher, aber nicht alleiniger Faktor zur Kalkulation des Mittelbedarfes. Ein weiterer bedeutender Faktor zur Bestimmung des Mittelbedarfs ist die Anzahl der Geförderten. Nach den derzeit verfügbaren Daten“

so heißt es dort –

„wird der für 2008 veranschlagte Ansatz ausreichend sein, um ab dem Wintersemester 2008 erhöhten Bedarf zu decken.“

Sie gehen also davon aus, dass die Zahl der BAföG-Berechtigten nicht steigen wird, die soziale Ausgrenzung vom Studium also fortschreitet. Die Studiengebühren werden es schon richten. Die Zahlen zeigen das ja ganz deutlich.

Ich sage das noch einmal, weil ich im „Handelsblatt“ gelesen habe, dass Sie nach wie vor der Meinung sind, dass die Zahl der Studienberechtigten steigt. Die KMK-Prognose geht davon aus, dass zwar die Zahl der Studienberechtigten steigen wird, die Zahl der Studierenden aber zurückgeht und dass wir nach wie vor eine Spanne von rund 5 % haben werden: 5 % weniger werden ein Studium in NRW – und natürlich insgesamt – absolvieren. Darüber werden wir hier noch einmal diskutieren müssen, wenn die Zahlen Mitte Dezember amtlich feststehen.

Nach der Logik der Landesregierung – des Ministers – ist es dann folgerichtig, dass es wiederum keine Erhöhung der Zuschüsse für die Studentenwerke geben wird. Angesichts der bundeswei

ten Debatte über die soziale Dimension des Hochschulpakts – hier insbesondere zum Stichwort Wohnheimplätze – und angesichts der vorliegenden 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes ist das allerdings eine sträflich kurzsichtige Entscheidung.

Die von der SPD im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie hierzu gestellten Änderungsanträge haben CDU und FDP, ohne mit der Wimper zu zucken, niedergestimmt. Das ist sehr bedauerlich.

Aber zum Hochschulpakt selbst: Die Landesregierung finanziert die Studiengebührenlücke – die wir forttragen werden – dann doch. 4.000 € gibt es pro Kopf für die Differenz, die 2006 im Vergleich zum Jahr 2005 bei der Zahl der Studierenden entstanden ist. Dieses Minus beträgt bei den staatlichen Hochschulen – Universitäten und Fachhochschulen zusammen – 6.354. Das sind 25 Millionen €, die entgegen den Bestimmungen des Hochschulpakts verwandt werden. Wir fragen uns – und werden das auch in Berlin fragen; das kündige ich hier an –: Was sagt eigentlich der Vertragspartner Bund zu einem solchen Verfahren?

Ein weiterer Skandal kündigt sich bei der Exzellenzinitiative an. Wie wir jetzt erfahren mussten, werden von den Gewinnerhochschulen 15 % Eigenbeteiligung erwartet. Was sagen Sie dazu, Herr Professor Pinkwart? 15 % Eigenbeteiligung werden erwartet. Das hat natürlich damit zu tun, dass es in diesem Verfahren zu viele Gewinner gibt. Aber bei all den Anstrengungen, die die Hochschulen unternommen haben, ist es das falsche Signal, von ihnen eine weitere Eigenbeteiligung zu fordern. Wir erwarten hier und heute eine Klarstellung.

Es geht weiter zum Innovationsfonds. Erstens. In der Ergänzungsvorlage wird hierzu ein neues Haushaltskapitel eingerichtet. Der Innovationsfonds war bereits Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen im Jahr 2005 und sollte aus Privatisierungserlösen gespeist werden. Diese ließen allerdings seither auf sich warten. Das, was man angedacht hatte, ließ und lässt sich nicht so schnell realisieren.

Aber trotz vieler Unklarheiten galt immer als sicher: Wenn dieser Fonds kommt, wird man ihn im Haushalt des sogenannten Innovationsministers wiederfinden. Herr Minister Pinkwart hat auch nie einen Zweifel daran gelassen, dass er den Anspruch erhebt, über diesen Innovationsfonds zu verfügen. Das hielten wir im Übrigen auch für richtig, gar keine Frage.

Jetzt muss man allerdings feststellen, dass die erwarteten Erlöse aus dem Verkauf von Lufthansaaktien – das ist der erste Schritt, um Privatisierungserlöse zu erzielen – den Baransatz von 90 Millionen € im Jahr 2008 übersteigen werden. Hier hat die Regierung nicht Wort gehalten.

Zweitens. Die Mittel werden über drei Häuser verteilt und nicht für einen strategischen Mitteleinsatz für die Innovation in Nordrhein-Westfalen gebündelt.

Drittens. Es handelt sich trotz des Marketingnamens „Fonds“ nicht um einen solchen, denn hier werden hauptsächlich bestehende Bundes- und Europaprogramme kofinanziert. Es ist also eine ganz normale Haushaltsstelle unter anderen, wobei sich die Frage stellt: Wie wird die Weiterfinanzierung in den Jahren nach 2008 sichergestellt werden?

Ebenfalls ein Etikettenschwindel bei der Fachhochschulinitiative, die ja, auch durch den Ministerpräsidenten, landesweit zu einem Wettbewerb zwischen den einzelnen Standorten geführt hat. Das ist ein höchst bemerkenswerter weiterer Vorgang im Einzelplan 06.

Die Einstellung der sogenannten Fachhochschulinitiative ist auch haushaltstechnisch sehr interessant. Der Vorgang ist zwar länger bekannt, interessant ist aber insbesondere, dass trotz der Strichansätze nunmehr klarer wird, wie die Anschubfinanzierung 2008 laufen soll, nämlich über die von Ihnen, Minister Pinkwart, bereits in höchstem Maße durch Intransparenz verunstaltete Titelgruppe 64 im gleichen Kapitel, nämlich Ausgaben für Forschung und Lehre, Internationales und Transfer. Das ist sicherlich der falsche Platz, um eine solche Initiative in Gang zu setzen. Denn dorthin wurden im Haushaltsentwurf 2008 unter anderem 24 Millionen € an Investitions- und Baumitteln umgeschichtet, deren Verwendungszweck bisher absolut unklar war.

Ein weiteres „Highlight“ Ihrer Politik ist schlussendlich die Titelgruppe 73. Bei der Titelgruppe 73 gibt es auch Kürzungen. Da geht es um die sogenannten Strukturhilfeinstitute. Aber es kommt noch schlimmer. Bei der Anhörung der Sprechergruppe der sogenannten Strukturhilfeinstitute im November auf Antrag der SPD-Fraktion im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie haben Sie, Herr Minister, angekündigt, dass diese Institute in die Hochschulen integriert werden sollen, und das, obwohl diese Institute die höchste FuE-Quote im Vergleich zu anderen Forschungseinrichtungen bei der Einwerbung von Drittmitteln aufweisen. Wie wollen

Sie eigentlich Ihr selbst gesetztes Ziel von 3 % des Bruttoinlandproduktes für Forschung und Entwicklung erreichen, wenn Sie hier dirigistisch erfolgreiche Institute und deren Grundlage dafür an die Wand fahren?

(Beifall von Dr. Ruth Seidl [GRÜNE])

Freiheit, Herr Minister Pinkwart, ist anders.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Beginn meiner Rede zum Einzelplan 06 zurück. Wir stellen fest: Es ist in der Tat ein Haushalt, der kein Vertrauen genießen kann. Es ist ein Haushalt des Etikettenschwindels.

Herr Kollege.

Schlussendlich ist es ein Haushalt, der nichts im Sack hat. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Für die CDU spricht der Abgeordnete Löttgen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schultheis, zu Beginn zwei Bemerkungen zu Ihren Ausführungen:

Erstens stellen Sie Verwaltungskosten hier als einen Kostenfaktor dar, der gegen die Studierenden gerichtet sei. Das ist doch nicht der Fall, Herr Schultheis.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])