Protocol of the Session on September 19, 2007

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte, weil bei der Opposition manchmal Erinnerungslücken auftauchen und die Krokodilstränen ein Stück weit deutlich gemacht werden müssen,

(Monika Düker [GRÜNE]: Das sind keine Krokodilstränen!)

Ihnen sagen, dass Sie vor dem Hintergrund des Bull-Berichts vom Beamtentum Abstand nehmen – das sage ich auch dem einen oder anderen Zuhörer auf der Tribüne –

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

und die Mitbestimmung der privaten Wirtschaft einführen wollten. Gerade die Punkte, die der vormalige Ministerpräsident hier vorgetragen hat,

sind genau diejenigen, die wir jetzt herausnehmen. Da geht es nämlich in der Tat um Umsetzungsfragen und Ähnliches, was es auch in der freien Wirtschaft gerade nicht gibt. Das Gleiche gilt für die Mitbestimmung über unternehmerische Entscheidungen und über die Auslagerung von Arbeitsplätzen. Also gerade die Punkte, die Sie jetzt kritisieren, sind im Bereich der freien Wirtschaft nicht mitbestimmungspflichtig. Das Recht wollten Sie ursprünglich für den gesamten öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen einführen. Das zeigt, dass das alles letztendlich nur Augenwischerei ist.

Meine Damen und Herren, die gesamte Arbeit von Ihnen hat sich früher auf „Kommissionitis“ zur Gemeindeordnung, zum öffentlichen Dienst, zur Polizeistruktur konzentriert. Am Ende waren Sie mut- und im wahrsten Sinne des Wortes kraftlos. Ich sage nur: Was in allen Ländern problemlos funktioniert, ist eine gute Basis für vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Innenminister. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Herr Dr. Rudolph das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Innenminister, ich wollte eigentlich nichts zu Ihrer Rede sagen, weil Sie ja in dem gesamten Prozess der Gesetzgebung die Diskussion gegenüber der Öffentlichkeit, dem Parlament, den Gewerkschaften und den Betroffenen weitgehend verweigert haben.

(Manfred Palmen [CDU]: Unsinn!)

Deswegen würde ich gerne in der Tradition, die der Herr Kollege Körfges im Rahmen der anderen Debatte begründet hat, einfach etwas aus der „Financial Times Deutschland“ zitieren. In der Ausgabe vom 10. September 2007 steht unter der Überschrift „Ideologischer Triebtäter“ – ich zitiere –:

„Ingo Wolf spricht gerne in Parolen: ‚Privat vor Staat’, ‚Leistung soll sich lohnen’, ‚Fahnden statt verwalten’. Ob ihm dieses Talent noch lange nützt, ist fraglich. Seit gut zwei Jahren ist der FDP-Politiker Innenminister von NordrheinWestfalen und hat in seiner Amtszeit die Leistung vollbracht, die Kommunen, die Polizei, die eigenen Mitarbeiter, den Koalitionspartner CDU und selbst seine Parteifreunde zu vergrätzen. Über seine Ablösung wird spekuliert. Eine Panne folgt auf die andere:“

Die Aufzählung erspare ich Ihnen. Aber das, was Sie gerade hier gesagt haben, war in der Tat wie das Pfeifen im dunklen Wald. Hiermit wollten Sie gegenüber den eigenen Parteifreunden, den eigenen Kritikern aus der CDU beweisen, dass das, was Sie hier unternehmen, irgendetwas mit Logik und planvollem Vorgehen zu tun hat. Aber es ist bei Weitem nicht so.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Preuß, Sie wurden ja von Ihrem Koalitionspartner wieder in Anspruch genommen. Als Sie hier auftraten und ich Ihre politische Rolle in dieser Debatte begriff, habe ich mich gefragt, ob ich Sie bedauern oder bemitleiden soll. Nach Ihrer Rede tue ich beides. Ich bedauere Sie, und ich bemitleide Sie. Denn es ist jedem klar, der sich ein bisschen mit Mitbestimmung und Personalvertretungsrecht auskennt: Wenn Sie dieses Gesetz beschließen, dann ist das Mitbestimmungsland Nordrhein-Westfalen abgebrannt.

(Beifall von der SPD)

Das passt in die Logik Ihrer Politik – das hat schon der Vormittag gezeigt –: Sie zerstören erst das Tariftreuegesetz – in anderen Bundesländern wird es übrigens gerade eingeführt; das könnte man als Gegenbeispiel anführen, aber Sie greifen Beispiele auf, wie es Ihnen passt –, Sie schwächen die kommunale Selbstverwaltung – das Geschacher über die WestLB haben wir uns heute noch einmal anhören dürfen –, und Sie machen die Sparkassen privatisierungsreif.

(Ralf Witzel [FDP]: Reden Sie doch mal zum Thema!)

Und so kann man diesem Ministerpräsidenten – er sitzt dort in den Abgeordnetenreihen – nur sagen: Das, was Sie hier machen, auch in Bezug auf das Landespersonalvertretungsgesetz, ist alles andere als die Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft.

Ich habe mich übrigens während der gesamten Debatte gefragt, wo eigentlich der Vorsitzende der „KPCDU“ ist, der selbst ernannte Arbeiterführer, der Nachfolger von Karl Arnold und der Nachahmer von Johannes Rau, weil ich ihn auf den Demonstrationen, auf den Kundgebungen und auf den vielen Veranstaltungen von Wählerinnen und Wählern, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, gern gesehen hätte. Aber er war nicht da, er hat geschrieben. Er schreibt – oder er singt. In „Spiegel Online“ am 10. September gab es die schöne Überschrift über Jürgen Rüttgers: „Troubadour gegen den Neoliberalismus“.

(Heiterkeit von der SPD)

Lieber Herr Rüttgers, als Sie bei Ihren Auftritten in Berlin versucht haben, Streit in Ihre Partei zu treiben, habe ich an einen Asterix-Comic gedacht. Darin gibt es auch einen, der immer singen will. Der heißt Troubadix.

(Heiterkeit von der SPD)

Das ist immer dasselbe Lied: Sobald er anfangen will, gegen die Römer zu singen, kommen die eigenen Leute, fesseln ihn und hängen ihn in den nächsten Baum.

(Ralf Jäger [SPD]: Gute Idee!)

Genau das, Herr Rüttgers, ist mit Ihnen und Ihren Parteifreunden in Berlin bei der Buchvorstellung passiert – nichts anderes. Derweil ging das Gelage der übrigen Gallier am Wildschwein weiter. Und damit bin ich auch bei der Frage, ob wir eigentlich einen Arbeitsminister in NordrheinWestfalen haben. Er sitzt dahinten. Auch das ist bemerkenswert, dass dieser Arbeitsminister während der gesamten Debatte ganz tief abgetaucht ist.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wo er doch so fleißig ist!)

Herr Laumann, ich habe viele öffentliche Äußerungen von Ihnen zu bundespolitischen Themen gelesen. Wenn es ernst wird und gefragt wird, wo der Vorsitzende der CDA ist, so stellt sich heraus: Bei einer solchen Frage ist er nicht da. – Verzeihen Sie das Wort, aber mir kommt das ein bisschen so vor, Herr Laumann: politische Lauscheppereien in Berlin und Laumann in Düsseldorf.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der FDP)

Das mit den Phrasen, das werden Sie noch sehen. – Ich komme jetzt zum Schluss.

(Beifall von der FDP)

Ich hatte gehofft, dass einige von Ihnen, die jetzt laut hineinrufen – einige waren mutig –, auch nach den öffentlichen Ankündigungen, in der Abstimmung Bekennermut zeigen und mit guten Argumenten gegen den Gesetzentwurf stimmen. Aber nach der Einlassung zu Beginn des Wortbeitrages vom Kollegen Preuß glaube ich: Wir werden von der CDA heute wieder einmal keinen Bekennermut erkennen.

(Beifall von der SPD)

Wir werden sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie aus Bedenkenträgern auch in dieser Frage Gepäckträger der FDP-geführten Regierung werden und Sie einem Gesetz über die Hür

den verhelfen, das sie innerlich wirklich nicht vertreten können.

(Beifall von der SPD)

Unsere Haltung ist klar: Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Wenn wir die Regierung wieder stellen, nehmen wir dieses Gesetz zurück, das Sie verabschieden wollen. Ich weiß auch, worauf Sie setzen: Sie setzen auf Weihnachten, auf die Vergesslichkeit der Wählerinnen und Wähler, auf die Vergesslichkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Aber ich sage Ihnen: Das Thema geht weiter, die nächsten Personalratswahlen stehen bevor, und wir, meine Fraktion, meine Partei, werden nicht müde, bei solchen Anlässen darauf hinzuwirken, dass das, was die 700.000 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen an Rechten hatten und was wir zu unserer Regierungszeit erkämpft haben, wiedergewonnen wird. – Schönen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Rudolph. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Kruse das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, Ihr Wortbeitrag hat mich dazu gebracht, auch noch einiges anzumerken. Ich habe heute von Ihnen keinen ernsthaften Vorschlag, keinen Verbesserungsvorschlag, keinen Ansatz zum LPVG gehört.

(Beifall von der CDU – Unruhe von der SPD)

Sie haben ausschließlich Schlagzeilen irgendwelcher Tageszeitungen, billige Polemisierungen und Phrasen vorgetragen, nichts anderes.

(Beifall von der CDU)

Ich muss ernsthaft den Eindruck gewinnen: Wenn Sie keinen konstruktiven Vorschlag einbringen können, dann müssen wir uns als Christdemokraten noch vertiefter Sorgen um die Zukunft der Sozialdemokratischen Partei in Nordrhein-Westfalen machen. Tiefer geht es kaum.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Rudolph, wodurch unterscheidet sich die heutige Landesregierung von den Vorgängerregierungen der letzten beiden Legislaturperioden?

(Zuruf von der SPD: Kompetenz!)

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Ministerpräsidenten Clement und Steinbrück sowohl eine

Verwaltungsstrukturreform als auch ein geändertes Landespersonalvertretungsgesetz in den Jahren 1997, 1998, 1999 ganz oben auf der Tagesordnung hatten. Sie sind gescheitert. Das ist der Unterschied zu heute. Wir haben die Kraft für diese Reformen, wir bringen vernünftige Vorschläge ein, wir riskieren die Auseinandersetzung, und wir stellen uns der Diskussion.