Warum? Weil diese Regierung auf ganz reale Probleme der Menschen mit hektischer, kurzsichtiger Symbolpolitik reagiert, weil Sie und Ihre Regierung Ideologie über Sachpolitik stellen
und weil Sie, Herr Ministerpräsident, sich mehr um Ihr Image kümmern als um die Folgen der Politik Ihrer Regierung. Herr Rüttgers, Sie und Ihre Landesregierung haben schon nach zwei Jahren die Bodenhaftung verloren. Das merken die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Menschen merken, dass Ihr Reden und Ihr Handeln nichts miteinander zu tun haben. Die Menschen merken, dass Sie zwar links reden, aber marktradikal handeln. Die Menschen merken – darüber kann auch die Sozialrhetorik von Herrn Papke wirklich nicht hinwegtäuschen; er hat ja fast ein Plädoyer für einen Mindestlohn abgegeben –, dass SchwarzGelb keinen sozialen Kompass hat.
Die Menschen spüren, dass Ihre Initialen, das JR – Jürgen Rüttgers, nichts mit Johannes Rau zu tun haben, sondern vielmehr mit der Machtverliebtheit des JR Ewing aus Dallas.
Es ist offensichtlich: Die Menschen wollen Ihre „Privat-vor-Staat“-Ideologie nicht. Sie wollen Ihre Politik der sozialen Spaltung nicht. Sie wollen nicht Ihre Zumutungen für Eltern und Kinder mit steigenden Elternbeiträgen und dem Abbau von Qualität.
Sie wollen nicht den Abbau der Mitbestimmung. Sie wollen nicht Ihren Angriff auf das finanzielle Fundament und die Demokratie in unseren Städten und Gemeinden.
Sie wollen nicht Ihren Kahlschlag in der Umweltpolitik, und sie wissen auch, dass Ihr völliges Versagen beim Klimaschutz unser Land für die Zukunft nicht richtig aufstellt.
Meine Damen und Herren, „Privat vor Staat“ ist nicht mehrheitsfähig. Das ist doch spätestens seit der Bundestagswahl klar und durch neuere Untersuchungen belegt. Selbst die Anhängerschaft der
Meine Damen und Herren, die Umfragen zeigen auch. Die Menschen in NRW wollen soziale Gerechtigkeit. Sie wollen einen fairen Umgang miteinander. Sie wollen Chancengleichheit, und sie wollen, dass wir die Schöpfung bewahren.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie weiter gegen diese Mehrheit Politik machen, dann werden Sie scheitern. Da hilft auch keine „Basta“-Mentalität. Damit versuchen Sie, die Kritiker in den eigenen Reihen auf Linie zu bringen. Es ist erschütternd, dass Sie sich offensichtlich schon nach nur zwei Jahren nicht mehr anders zu helfen wissen als mit massivem Druck. Wenn Sie schon die eigenen Leute nicht mehr überzeugen können, wie wollen Sie denn die Menschen in Nordrhein-Westfalen davon überzeugen, dass das, was Sie machen, richtig ist?
Und das wird ja noch zunehmen. Sie wissen doch, dass immer weniger Abgeordnete Ihrer Fraktion bereit sind, sich von den Marktradikalen in der FDP auf der Nase herumtanzen zu lassen – von Ihrer kommunalen Basis ganz zu schweigen. Herr Rüttgers, mit jeder Faust auf dem Tisch gibt es zwei Fäuste mehr in der Tasche.
Ich bin gespannt, ob Sie sich morgen wirklich von der FDP daran hindern lassen, für unseren Antrag für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu stimmen. Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass die Vorgänge um das Inkubatorzentrum in Gelsenkirchen nicht aufgeklärt werden, nur weil auch die Verantwortung von Herrn Pinkwart zur Debatte steht!
Herr Pinkwart – er ist jetzt leider nicht da –, ich kann nur sagen: Nur Mut! Sie haben uns doch erst gestern mannhaft versichert, Sie seien keine Heulsuse. Ich bin gespannt, welche Qualitätskriterien der Antrag, den Sie offenbar in Vorbereitung haben, erfüllt. Wie wir in der Presse lesen konnten, wird da etwas weichgespült, um morgen über die Runden zu kommen. Ein beispielloser Vorgang in der Geschichte dieses Parlaments!
Haben Sie Ihr Agieren – jetzt richte ich mich an die CDU – bei der Balsam-Affäre, bei der Flugaffäre und bei HDO vergessen? Da gab es auch
immer staatsanwaltliche Ermittlungen. Dennoch hat dieses Haus einen Weg gefunden und jeweils einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verabschiedet, weil es richtig ist und weil es den demokratischen Geflogenheiten entspricht. Ich biete Ihnen – Herr Stahl, es scheint noch nicht ausgefochten zu sein, was morgen passiert – und allen anderen ausdrücklich noch einmal Gespräche an. Wir sind gesprächsbereit über den Untersuchungsgegenstand. Wir finden, es muss sein, dass dieses Parlament morgen einen Untersuchungsausschuss beschließt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, waren Sie eigentlich nicht überrascht, dass sich ausgerechnet Herr Papke mit dem Ruf nach mehr Disziplin in Ihren fachlichen Austausch einmischt,
während sein eigener Vize – er selber äußert sich ja nie zu irgendwelchen wichtigen Dingen, die im Gespräch sind –, Generalsekretär Lindner, sich in gleicher Sache munter auf Ihre und Herrn Laschets Kosten profiliert? Herr Papke, Ihre Faust auf dem Tisch bedeutet mindestens vier Fäuste in den Taschen der CDU. Machen Sie nur weiter so.
Meine Damen und Herren, wenn man bescheinigt bekommt, dass die Mehrheit für die eigene Politik schwindet, sollte man innehalten und überlegen, ob der Kurs richtig ist, überlegen, was man besser machen muss. Aber davon kann in den letzten beiden Wochen in dieser Koalition nun überhaupt keine Rede sein.
Im Gegenteil! Statt den geplanten Abbau der Mitbestimmung zu überdenken, werden die Protestierenden – immerhin 10.000 Menschen – beschimpft und verunglimpft, besonders von der FDP, die immer an vorderster Front ist, wenn es gegen die Gewerkschaften geht. Da nutzt es nichts, Herr Papke, wenn Sie jetzt einen netten Brief von Herrn Schneider zitieren. Wir haben die Presse, die Sie dazu verfasst haben, vorletzte Woche gehört und gelesen.
Statt den notwendigen Ausbau unserer Schulen zu Ganztagsschulen systematisch voranzutreiben, fällt Schulministerin Sommer nichts Besseres ein, als die Samstagsschule wieder einzuführen. Ein bildungspolitischer und familienpolitischer Offenbarungseid!
Was zeigt das? – Das zeigt, dass Sie offensichtlich überhaupt nicht verstanden haben, was Ganztagsschule ist, dass das eben nicht ein Aneinanderhäufen von Einzelstunden, sondern eine völlig andere Vorstellung von Schule und von Lernen ist. Also: blinder Aktionismus statt systematische vernünftige Reformpolitik.
Statt aufgrund des massiven Protestes gegen Ihr verkorkstes Kindergartengesetz nachdenklich zu werden – einige werden das ja, aber die werden mundtot gemacht –, täuschen Sie die Öffentlichkeit mit unsauberen Rechenspielen und Vergleichsdaten.
Frau Kraft hat es schon zu Recht gesagt: Die fast flächendeckend steigenden Elternbeiträge gehen auf Ihr Konto, und dabei bleibt es!
Der vermeintliche Beleg, dass das früher schon einmal in der Regierung geplant gewesen sein soll, spricht nicht für, sondern spricht gegen Sie, weil sich offensichtlich die Fraktionen von SPD und Grünen damals, obwohl es im Haus solche Überlegungen gegeben hat, bewusst dagegen entschieden haben,
weil sie es den Kommunen und den Eltern nicht antun wollten, weil bei uns die Fraktionen eine Rolle gespielt haben und nicht nur Prätorianergarde für die Regierung waren.
Statt die verheerenden Urteile der Sachverständigen zur geplanten Reform der Gemeindeordnung ernst zu nehmen, heißt es: „Augen zu und durch.“ Wie Sie mit Protesten umgehen – mit Protesten aus den eigenen Reihen, mit denen in der Öffentlichkeit und mit denen in den Anhörungen –, das ist ein Armutszeugnis für Ihre Fraktionen und für frei gewählte Abgeordnete.
Das Schlimme ist, dass Sie damit nicht nur sich beschädigen, sondern auch die demokratische Kultur in diesem Parlament insgesamt. Damit tragen Sie mit zu Politikverdrossenheit bei. Das ist das Problematische und Gefährliche.
scheinigen Ausreden versuchen Sie davon abzulenken, dass dieses Vorhaben nur das Ziel „Machterhalt“ hat. Das geschieht um den Preis absehbar niedriger Wahlbeteiligungen, die Sie doch sonst in jeder Wahl-Nachberichterstattung beklagen. Das ist doch das Perfide.