Protocol of the Session on June 14, 2007

(Beifall von den GRÜNEN – Sylvia Löhr- mann [GRÜNE]: Damit hat die FDP nichts am Hut!)

Leider wird sich das fortsetzen, weil die Abschaffung von Produktionshilfe und anderen Hilfsmitteln letztlich den entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass dieses System nicht mehr funktionieren wird.

Wir erhoffen uns, dass endlich die Eckpunkte kommen. Ich habe von Ihnen in der Presse gehört, sie sollten im Laufe des Jahres kommen. Das ist ja noch eine lange Zeit. Wenn sie dann auch so alt aussehen wie Teile der Beantwortung

in der Kürze der Zeit in der Digitalisierung der Welt,

(Zuruf von Minister Michael Breuer)

werden wir an diesem Punkt keine Übereinstimmung erzielen, sondern uns weiter auseinandersetzen und miteinander streiten müssen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Kollege Keymis, ich bedanke mich sehr herzlich für Ihren Beitrag. Es war eine Punktlandung; Sie sind auf die Sekunde genau fertig geworden. – Herr Witzel, Sie haben jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 128 Fragen zur Zukunft der dualen Rundfunkordnung wurden von der Landesregierung ausführlich beantwortet. Betrachten wir zunächst die deutsche Fernsehlandschaft, die in öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk unterteilt ist.

Auch wenn insbesondere junge Menschen verstärkt das Internet nutzen, so stellt das Fernsehen mit durchschnittlich rund vier Stunden täglichen Konsums immer noch das nutzungsintensivste Medium dar. Bereits heute haben wir eine gigantische Anbieter- und Angebotsvielfalt. Das besagt die Bestandsaufnahme, die einer Zukunftsprognose immer vorauszugehen hat.

Früher konnten in NRW das erste, zweite und dritte Programm empfangen werden. Das war die Grundversorgung. Internet und mobile Multimediageräte gab es damals noch nicht. Heute können allein beim digitalen Fernsehen DVBT schon 24 Sender empfangen werden. Davon sind die Hälfte öffentlich-rechtliche; das geht weit über die einstige Grundversorgung hinaus:

(Zuruf von Oliver Keymis [GRÜNE])

ARD, ZDF, EinsMuXx, arte, PHOENIX, kika, ZDFdokukanal, ZDFinfokanal, ZDF.digitext, WDR, NDR, MDR und SWR. Die Liste ist lang und wird ergänzt durch das ausufernde Internetangebot der Öffentlich-Rechtlichen, dem Einhalt zu gebieten ist.

(Wolfgang Große Brömer [SPD]: Warum?)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in diesem Jahrzehnt mehr denn je expandiert. Anstatt Grundversorgung gibt es fast schon eine Vollkasko-Rundumversorgung. Die Etablierung eigener Programme zum Zweck der Information, Dokumentation und Kultur ist eine Karikatur an sich:

Gerade deshalb, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seinen traditionellen Hauptprogrammen seinem Auftrag der Grundversorgung nicht mehr nachkommt, muss der Gebührenzahler mit der De-facto-Rundfunksteuer immer tiefer für immer mehr Nebenprogramme in die Tasche greifen.

Private und öffentlich-rechtliche Angebote sind immer weniger voneinander zu unterscheiden: „GZSZ“ auf RTL heißt eben „Verbotene Liebe“ in der ARD und hat dasselbe Format. Öffentlichrechtliche und private Angebote werden immer austauschbarer, je professioneller und vielseitiger sich die Privaten am Markt etablieren. Insoweit hat die Europäische Kommission jüngst Klarheit geschaffen.

7,2 Milliarden € kostet die sogenannte Grundversorgung den Gebührenzahler jedes Jahr. Allein der WDR hat mehr als 4.300 feste Mitarbeiter, die ihn jährlich 302 Millionen € des 1,2 Milliarden € hohen Gebührenanteils kosten. Damit werden rund 23 % des gesamten Budgets für Personalkosten aufgewandt. Im Vergleich dazu beschäftigt das ZDF für ein bundesweites Programm genauso wie der NDR rund 3.600 festangestellte Mitarbeiter bei Gebühreneinnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden € im Fall des ZDF bzw. 921 Millionen € im Fall des NDR. Die Rundfunkanstalten in der ARD beschäftigen insgesamt weit mehr als 10.000 Mitarbeiter. Hinzu kommt der Verwaltungsaufwand der GEZ mit immerhin über 160 Millionen € jährlich.

Über quantitative Programmarmut kann sich heute niemand beschweren. Im Kabelnetz von Unitymedia sind mittlerweile ohne PREMIERE und arena im Basispaket mehr als 70 TV-Programme zu empfangen. Darunter gibt es auch interessante Sendersparten wie bibel.TV, Bahn TV, jobTV24, traumpartner.tv, Comedy Central oder Aljazeera International.

In über 20 Jahren haben die in NRW tätigen privaten Rundfunk- und Fernsehveranstalter wie RTL, Sat.1 und viele andere ihre Leistungsfähigkeit zweifelsohne unter Beweis gestellt. Zum Vergleich: RTL hat 1.350 Beschäftigte, die ProSiebenSat.1-Gruppe mit den Sendern Sat.1, ProSieben, kabel eins und N24 hat deutschlandweit 2.900 Mitarbeiter. Bereits im Jahr 2004 erwirtschafteten alle privaten Sender mit Hauptsitz in NRW Gesamterträge in Höhe von 2,1 Milliarden €. Eine moderne und zeitgerechte duale Rundfunkordnung erfordert eine ausgewogene Balance zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Fernsehen, bei dem der Öffentlich-Rechtliche

wieder klar in Richtung Grundversorgung neu zu justieren ist.

Wir haben endlich im Rahmen der vom Verfassungsgericht gemachten Vorgaben zu klären, was alles von der Grundversorgung umfasst ist und wie viele öffentlich-rechtliche Sender und wie viel finanzielle Ausstattung dazu nötig sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Grundversorgung der Bevölkerung auch durch die Sicherstellung der erforderlichen finanziellen Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu gewährleisten. Das ist allgemein unstrittig. Das Wort „erforderlich“ macht jedoch klar, dass es bei der Quantität und beim Inhalt auch klare Grenzen geben muss – als gebührenmindernder Umstand, wie etwa die Begrenzung der OnlineAusgaben für Online-Angebote oder die Begrenzung der Programmanzahl für digital verbreitete öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme.

Da die Arbeit der Landesmedienanstalten nach dem Rundfunkstaatsvertrag aus einem Anteil der erhobenen Rundfunkgebühren finanziert wird, ist auch der Vorschlag der neuen KEK-Vorsitzenden weiter zu verfolgen, die jetzigen 14 Landesmedienanstalten auf acht zu reduzieren. Natürlich unterstützen wir auch alle Bemühungen des WDR, Einsparungen durch Veränderungen der Organisationsstruktur zu realisieren.

Neben der Quantität von Sendern und der konkreten Gebührenhöhe muss auch der Inhalt dem Grundversorgungsauftrag stärker gerecht werden. Erst letzte Woche hat etwa das Ergebnis einer von ARD und ZDF selbst in Auftrag gegebenen Studie offenbart, dass Einwanderer deutlich private Fernsehsender bevorzugen. Das zeigt, dass den Öffentlich-Rechtlichen die Einbindung von Migranten in die Massenprogramme bislang nicht zufriedenstellend gelungen ist.

(Frank Sichau [SPD]: Warum wohl nicht?)

Das kann keinen verantwortlichen Politiker freuen. Bereits zuvor hat die Schlagzeile für Aufsehen gesorgt, dass einer Studie zufolge nur 12 % der Deutschen verstünden, worum es in den Meldungen der „Tagesschau“ genau gehe. Dies zeigt überdeutlich, dass der von öffentlich-rechtlichen Sendern gern verwendete nachfolgende Satz keinesfalls mehr so einfach zutrifft: Öffentlichrechtliche Sender verfolgen einen gesellschaftlichen Auftrag, während das kommerzielle Fernsehen durch Vorgaben der Investoren und der Werbeindustrie Ziele verfolgt, deren Ausgangspunkt sich nicht an den Interessen der Zuschauer orientiert. – Dieses Verständnis hat sich überholt. Ein

aufgeblähter öffentlich-rechtlicher Rundfunk steht somit bereits jetzt und in Zukunft noch stärker unter Rechtfertigungsdruck – nicht bezüglich seiner verfassungsgerichtlich legitimierten Existenz, sondern hinsichtlich Ausmaß und Programminhalt.

Die Medienwelt befindet sich in einem Umbruch, der nicht aufzuhalten ist. Das Ausmaß, der Zeitraum und das Ergebnis sind heute noch nicht klar abzusehen. Eines ist aber heute schon gewiss: Die digitale Technik mit ihren neuen Übertragungs- und Vervielfältigungsmöglichkeiten wird das Programmangebot des Fernsehens und seine Nutzung durch die Zuschauer grundlegend verändern, soweit sie dies nicht bereits getan hat. Zu den bislang über 30 Programmen kommen rund 100 bis 150 Angebote hinzu. Spezielle Zielgruppenprogramme, die Special-Interest-Angebote, treten neben die Vollprogramme der öffentlichrechtlichen und privaten Anbieter. Sie bestimmen das Zuschauerverhalten neu und werden vermutlich auch die Finanzierung verändern.

Aber nicht nur die Technik wird damit zum Motor der Veränderung für die Rechtsgrundlagen, die Programmgestaltung und die Fernsehnutzung. Zur Digitalisierung kommen die europäische Einigung und die Globalisierung der Informationsgesellschaft hinzu. Die technologische Konvergenz führt zur größten Umwälzung seit der Einführung des Privatfernsehens.

Uns als FDP-Landtagsfraktion ist es wichtig, die zukünftigen Entwicklungen problembewusst zu begleiten, zu bewerten und natürlich auch Begleiterscheinungen zu betrachten. So wächst in einer immer komplexeren Wirklichkeit der Anspruch der Medien, neben Information und Erholung insbesondere jüngeren Menschen Orientierung zu geben, Werte zu vermitteln und Grenzen aufzuzeigen. Deshalb kommt auch der Weiterentwicklung des Jugendmedienschutzes eine wichtige Rolle zu, ebenso wie der Medienkompetenz.

(Beifall von der FDP)

Mit der gezielten Förderung von Schulprojekten zur Medienkompetenzvermittlung und der Initiative Kinder- und Jugendmedienschutz 2007 haben wir bereits ein großes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Derzeit wird zudem der Jugendmedienschutzstaatsvertrag evaluiert. Wir als FDPLandtagsfraktion sind zuversichtlich, dass der Weg der regulierten Selbstkontrolle erfolgreich weiter beschritten wird. Gerade Gewaltvideos auf Handys oder brutale Computerspiele, die aus dem Netz geladen werden können, stellen den Gesetzgeber vor eine nicht leichte Aufgabe.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Bezüglich Distribution und Zugang sind wir insbesondere im Bereich der Versorgung von Haushalten und Gewerbetreibenden mit Breitbandzugängen auf einem guten Weg. Hier im Parlament haben wir bereits anlässlich unseres WiMAXAntrags wegweisende Aussagen getroffen.

Ich freue mich deshalb über die Modernisierung und Weiterentwicklung unserer Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen. Die Koalition der Erneuerung wird zukünftig alle privaten Potenziale aktivieren, um den Standort Nordrhein-Westfalen weiter nach vorne zu bringen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Breuer das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte vorweg einige Anmerkungen zum Verfahren machen. Frau NellPaul, ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie, wenn sich die Landesregierung im Kabinett im November letzten Jahres damit befasst hat, das heißt Ressortabstimmung im Oktober erfolgt ist, den Vorwurf erheben, dass der Landtag das erst sechs Monate später debattiert.

(Claudia Nell-Paul [SPD]: Das habe ich nicht gemacht!)

Doch, das haben Sie gemacht, Frau Nell-Paul. – Seriös wäre es gewesen, wenn Sie ein Stück weit Ihre Parlamentskollegen kritisiert hätten, dass das so lange dauert. Das ist keine Angelegenheit der Landesregierung. Es steht jedem im Hauptausschuss oder in anderen Ausschüssen frei, diese Punkte auf die Tagesordnung zu setzen. Sie haben das nicht gemacht. Sie hatten eine Chance, Frau Nell-Paul.

(Wolfram Kuschke [SPD] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage.)

Ich möchte im Zusammenhang vortragen, Herr Kuschke. Wir können das im Anschluss machen.

Ich finde, das muss an der Stelle klargemacht werden. Sie haben dies nicht sauber auseinandergehalten. Ich hätte es erwartet, dass Sie das tun. Das war nicht in Ordnung.

(Beifall von CDU und FDP)

Zweiter Punkt: Man kann die Qualität der Antworten natürlich im Zusammenhang mit der Qualität der Fragen sehen. Die Fragen kommen von der SPD-Fraktion.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Sie sind für das, was Sie fragen, alleine verantwortlich, genauso wie die Landesregierung für die Antworten. Ich finde es richtig, dass man sich mit den Antworten auseinandersetzt. Das hat übrigens die Fraktion der Grünen gemacht. Sie hatten die Chance, eine medienpolitische Grundsatzrede zu halten. Ich gebe zu, dass ist am letzten Plenartag vor den Sommerferien um 17:54 Uhr nicht ganz einfach. Aber es wäre in Ordnung gewesen, wenn Sie dann wirklich den Rundumschlag gemacht hätten und nicht einfach etwas vorgetragen hätten, was Sie nicht vorbereitet hatten. Ich finde, Sie hätten sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen können. Alle anderen drei Fraktionen haben es übrigens heute gemacht.

Herr Keymis, ich bin Ihnen für den Hinweis auf die katholische Kirche dankbar, dass wir den Ratschlag von der katholischen Kirche annehmen sollen. Ich habe das mitgeschrieben.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])