Protocol of the Session on March 28, 2007

So kann man doch mit einem Parlament nicht umgehen. So kann man doch keine vernünftige Entscheidungsgrundlage schaffen, damit wir hier ernsthaft in so wichtige Fragen der Struktur eingreifen.

Für uns ist dieses Gesetz mehr denn je nicht zustimmungsfähig, insbesondere nach der Anhörung sowie nach den Beratungen im Innenausschuss, wo das Innenministerium nicht in der Lage war, uns zu erläutern, wie dieses Gesetz in den zentralen Fragen überhaupt umgesetzt werden soll.

Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Jetzt erteile ich Herrn Engel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neue Landesregierung ist knapp zwei Jahre lang im Amt. In diesen knapp zwei Jahren haben wir die Anzahl der Polizeibehörden von ehemals 58 auf jetzt 50 reduzieren können und in einem weiteren Schritt parallel – das ist eine Daueraufgabe – durch die Binnenmodernisierung – Stichwort Direktionsmodell – dafür gesorgt, dass viel mehr ausgebildete Polizeivollzugsbeamte in den operativen Dienst zurückkommen: in den Bezirksdienst, in die Kommissariate und in den Wach- und Wechseldienst.

Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit nicht hinbekommen. Im Gegenteil: Wir mussten die 93/94er-Reform rückgängig machen, weil sie, und zwar von allen Fachleuten intern und auch außerhalb, als gescheitert erklärt werden musste.

(Zuruf von Thomas Stotko [SPD])

Herr Stotko, genau so ist es. Sie können die einzelnen Leute zählen.

Am Freitag war ich in dieser großen Landkreisbehörde Steinfurt, eine riesige Behörde. Dort hat uns der gesamte Stab gebrieft und erläutert …

(Zuruf von Thomas Stotko [SPD])

Frau Düker, Herr Stotko, fahren Sie einmal dahin! Sie bekommen eine wirklich erstklassige Vor

stellung geboten – das interessiert das Parlament ja nur am Rande – bis hin zu dieser Lösung entgegen der Behauptung, dass, wie Sie es uns vorwerfen oder wie es uns die Gewerkschaft der Polizei vorwirft, wir wieder eine Spartenpolizei schaffen würden. Da wird Ihnen genau erklärt, wie wir das verhindern und wie es die Absicht des Innenministeriums ist, welche Bedeutung in der Binnenmodernisierung die Leitungskonferenz hat. Ich kann Sie ja verstehen, dass Sie damit nicht einverstanden sind, aber wir regieren und wir verändern die Dinge.

Frau Düker, Sie sagen, wir hätten uns mit den Einlassungen der Sachverständigen nicht auseinandergesetzt. Das ist nicht wahr. Sie haben den Weibler zwar zitiert, aber genau den habe ich auch im Innenausschuss zitiert und habe gesagt, dass er dieses oder jenes unterstützt; andere Sachverständige tun das nicht. Also: Die Kritik an der Organisation der Führungsspanne, die Sie hier üben, teilen wir gar nicht, und auch nicht, dass wir irgendeine Mogelpackung machen würden.

Vor etwa einem Jahr habe ich Ihnen von dieser Stelle aus zugerufen: Schauen Sie einmal auf das Organigramm, dann werden Sie bei ein bisschen Fantasie erkennen, dass wir nicht eine einzige Polizeibehörde mehr einrichten, sondern dass wir mit dem Apparat, so wie wir ihn kennen, die Frage der Zweistufigkeit lösen. Das sind das Landeskriminalamt, das Institut für Aus- und Fortbildung und auch die Zentralen Polizeitechnische Dienste, die als Landesoberbehörden genau die Aufgaben wahrnehmen werden, die in den fünf Bezirksregierungen die Dezernate 25 und 26 wahrnehmen.

Es lohnt jede Anstrengung, die ungefähr 330 Mitarbeiterinnen, die wir in den Dezernaten noch bis Ende Juni haben, in den operativen Dienst zu bringen, um dann einen Effizienzgewinn von round about 150 zu haben. Die brauchen wir nicht einzustellen, sondern die haben wir schon.

In einem Zwischenruf in der letzten Debatte kam der Vorwurf, dass es sich dabei um eine amtsangemessene Verwendung handele. Natürlich machen wir eine amtsangemessene Verwendung. Zaubern können wir auch nicht. Es wird nicht irgendwo ein Leitender Polizeidirektor im Bezirksdienst auftauchen. Das versteht sich von selber.

Ich kann der Mehrheit dieses Hauses nur empfehlen, dem POG 2 in dieser zweiten Lesung zuzustimmen. Damit haben wir das dann heute abgeschlossen. Im Juli kann dann mit der Neuorganisation gearbeitet werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Jetzt hat der Herr Innenminister das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal sagen, dass das POG 1, das wir im letzten Jahr verabschiedet haben, unter dem Stichwort „Mehr fahnden statt verwalten“ die 180 Funktionen gebracht hat. So viel zum Punkt „Ehrlichkeit“. Wir schätzen konservativ und sind froh, wenn wir unser Ziel hinterher erreichen, statt zu versuchen, Dinge an die Wand zu malen, denen wir hinterher nicht gerecht werden können.

Die Grundmelodie in den verschmolzenen Behörden ist die, dass alle mit dem Prozess durchaus zufrieden sind.

(Lachen bei der SPD – Thomas Stotko [SPD]: Das ist doch lächerlich!)

Es trifft auch zu, dass am Ende nicht jeder in seine Wunschposition kommt. Aber das ist auch in anderen Reformfeldern so. Das eine oder andere muss sich einruckeln.

Entscheidend – das hat der Kollege Engel gesagt – ist, dass wir das geschafft haben, was Sie noch nie geschafft haben: tatsächlich Bürokratie abzubauen, Behörden abzubauen und am Ende eine schlankere und eine schlagkräftigere Verwaltung aufzubauen.

Dass wir neue Behörden schaffen – das hat der Kollege Rudolph behauptet –, stimmt auch nicht. Wir docken vielmehr an vorhandenen Verwaltungseinheiten an. Der Kollege Engel hat das überzeugend dargelegt. Damit geht auch dieser Vorwurf fehl.

Wir wollen in den drei neuen Landesoberbehörden die polizeilichen Kernaufgaben, nämlich Einsatzkriminalität und Verkehr, bündeln und dabei an das Direktionsmodell andocken, das wir auch auf Ebene der Kreispolizeibehörden eingesetzt haben.

Wir werden auch an dieser Stelle nachhaltig Personal aus bisherigen Funktionen herauslösen können. Frau Düker, Sie dürften nicht bestreiten können, dass aus fünf Leitstellen eine wird. Wenn das so ist, ergibt das alleine schon einen erheblichen Vorteil gegenüber der bisherigen Diskussion. Dass es dann nur noch einen zentralen Ansprechpartner gibt für die Polizeibehörden, stimmt auch. Das war ja auch einmal das Ziel einer Reform, die Sie angestrebt, aber in all den Jahren, in denen Sie an der Regierung waren, noch nicht einmal ansatzweise verwirklicht haben.

Wir gehen davon aus, dass wir mit diesem weiteren Reformschritt 150 Kolleginnen und Kollegen in den operativen Bereich überführen können. Das ist Teil unseres Drei-Säulen-Modells. Wir sorgen mit schlankeren Strukturen für Bürokratieabbau.

Herr Rudolph, weil von Ihnen wieder dieser verunsicherungspolitische Einwurf kam, eine letzte Bemerkung: Es ist noch keine personalpolitische Maßnahme eingeleitet worden. Wir haben lediglich mit dem Hauptpersonalrat abgesprochen, wie wir nach der Parlamentsentscheidung zu einer zügigen Umsetzung kommen.

Eins ist doch klar: Am 1. Juli muss die Sache stehen. Dann müssen die Kolleginnen und Kollegen wissen, wer in welche Funktion kommt. Dazu gibt es eine Abstimmung mit dem Hauptpersonalrat, damit dieses Verfahren jetzt eingeleitet werden kann.

Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen und schließe die Beratung.

Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/3990, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3018 in unveränderter Fassung anzunehmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist das mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen so beschlossen.

Wir kommen zu:

17 Gesetz zur Modernisierung des Justizvollzuges in Nordrhein-Westfalen (Justizvoll- zugsmodernisierungsgesetz – JVollzMoG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3980

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich vonseiten der Landesregierung Frau Ministerin Müller-Piepenkötter das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung schlägt dem Landtag vor, das Landesjustizvoll

zugsamt Nordrhein-Westfalen in Wuppertal aufzulösen.

Diese Maßnahme ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg hin zu einer modernen und effizienten Verwaltung. Damit trägt diese Maßnahme konsequent zur Erreichung eines der wichtigsten Ziele bei, mit denen diese Landesregierung angetreten ist: Bürokratieabbau durch Entflechtung unübersichtlicher Kompetenzen, durch mehr Transparenz und eine größere Eigenverantwortung.

Die Landesregierung kann in diesem konkreten Fall nicht für sich in Anspruch nehmen, administratives Neuland zu betreten. Das Gegenteil ist der Fall: Nordrhein-Westfalen ist im Reigen der Länder das letzte, das sich von der klassischen dreistufigen Aufbauorganisation im Justizvollzug verabschiedet und die Mittelbehörde, die als Aufsichtsinstanz unterhalb des Justizministeriums die Kontrolle über die Justizvollzugsanstalten des Landes ausübt, abschafft.

Aber dieser Schritt ist wichtig und richtig und folgt im Ergebnis der Empfehlung, die bereits im Jahre 1994 am Ende einer Organisationsuntersuchung stand. Schon damals war das beauftragte Beratungsunternehmen zu dem Ergebnis gelangt, dass – ich zitiere – „von der Beibehaltung der Dreistufigkeit auch unter Einbeziehung der Erfahrungen anderer Bundesländer mit einem zweistufigen Aufbau dringend abzuraten“ sei.

Sie wissen, dass die damalige Landesregierung dieser Empfehlung nicht gefolgt ist, sich seinerzeit aber auch nicht dazu hat entschließen können, die damaligen Justizvollzugsämter Rheinland und Westfalen-Lippe in Köln und Hamm beizubehalten. Sie hat vielmehr eine Kompromisslösung gewählt, indem sie die beiden Ämter zum heutigen Landesjustizvollzugsamt in Wuppertal zusammengeführt hat.

Wir wollen mit diesem Kompromiss Schluss machen und konsequent handeln. Wir wollen die Verwaltungsstrukturen auch im Justizvollzug verschlanken. Wir wollen Sach- und Fachkompetenz bündeln. Wir wollen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand reduzieren. Und wir wollen Verantwortung konsequent auf die operative Ebene delegieren und damit die Position der Experten vor Ort, also der Leiterinnen und Leiter der Justizvollzugsanstalten, erheblich stärken.

Ein aus meiner Sicht besonders wichtiges Ziel erwähne ich als letztes: Durch den Verzicht auf die Mittelbehörde werden die Justizvollzugsanstalten zukünftig unmittelbar dem Ministerium unterstellt. Das wird die Möglichkeit und Wirksamkeit der operativen und der strategischen Steuerung durch

die oberste Landesbehörde und durch die politisch Verantwortlichen an der Spitze dieser obersten Landesbehörde nachhaltig verbessern.

Die weiteren in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Bestimmungen ergeben sich als Folgeregelungen aus der Auflösung des Amtes. Das ist insbesondere die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens, das bislang Voraussetzung für die Zulässigkeit von Anträgen Gefangener auf gerichtliche Entscheidung ist. Mit dem Wegfall der Widerspruchsbehörde schaffen wir konsequenterweise das Widerspruchsverfahren für den Bereich des Justizvollzuges vollständig ab. Jede andere Lösung wäre halbherzig.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Das bringt keine Verkürzung von Rechtsschutzmöglichkeiten für die Gefangenen mit sich. Ihnen bleibt der Rechtsweg zu den Gerichten uneingeschränkt eröffnet. Dieser Rechtsweg wird aber in Zukunft ohne zeitaufwendigen Umweg beschritten werden können.