Protocol of the Session on March 28, 2007

Dabei haben wir uns auch an der Vorschrift des § 9 des nordrhein-westfälischen Datenschutzgesetzes orientiert, die – auch das zur Erinnerung – unter Rot-Grün so verfasst und bestätigt worden

ist und während der gemeinsamen Regierungszeit bei einer Novellierung im Jahre 2000 unverändert blieb.

Darin steht nur eine Voraussetzung: eine Regelung im Bundes- oder Landesrecht. Sie haben also in Ihrer Zeit eine Vorschrift, wie Sie sie jetzt fordern, ganz offensichtlich nicht für erforderlich gehalten. Das Datenschutzgesetz ermöglicht sogar den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf der Grundlage einer Rechtsverordnung, Frau Düker. Diese Möglichkeit haben wir bewusst nicht gewählt und zur Rechtsklarheit eine gesetzliche Regelung geschaffen.

Zudem sieht § 9 für den Betrieb eines automatisierten Abrufverfahrens eine dynamische Verweisung auf Bundes- oder Landesrecht als völlig ausreichend an. Unseren Gesetzentwurf haben Sie deswegen immer kritisiert. Umso überraschender ist es jetzt, dass Sie in Ihrem Antrag ausdrücklich eine dynamische Verweisung vorsehen. Was wollen Sie nun eigentlich?

Zudem greift Ihr Antrag auch viel zu kurz. Das Antiterrordateigesetz ist nur ein Artikel des Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder, kurz: Gemeinsame-DateienGesetz.

Würden wir Ihrem Antrag folgen, könnten die Sicherheitsbehörden in NRW nicht an dem dringend erforderlichen bundesweiten Informationsaustausch teilnehmen. Ich bitte um Zustimmung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich bedanke mich für eine so kurze und präzise Debatte, in der auch alles gesagt worden ist.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen als Erstes ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/4075. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, der möge seine Hand heben. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. – Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag mit klarer Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/3994 des Innenausschusses, der empfiehlt, den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. Wer ist dafür? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. – Dagegen? –

Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschusses angenommen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt

16 Gesetz zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften über die Organisation der Polizei

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3018

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 14/3990

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile Herrn Kruse das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie die Fraktionen von CDU und FDP in den vergangenen Wochen und Monaten verdeutlicht haben, ist auch der vorliegende Gesetzentwurf Teil eines Gesamtkonzeptes. In mehreren Schritten möchten wir die Polizei von Verwaltungsaufgaben entlasten, die Binnenorganisation modernisieren und die äußere Struktur straffen.

Die Ergebnisse der Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf sind in der letzten Innenausschusssitzung am 15. März ausführlich diskutiert worden. Natürlich hat es auch kritische Stimmen gegeben. Ich sage in aller Offenheit, dass wir allen Beteiligten, die an diesen Umsetzungsprozessen in aktiver Teilnahme, wenn man so will, jeden Tag in der Verantwortung stehen, viel zumuten. Deswegen möchte ich an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank all den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten aussprechen, die mit hoher Professionalität und Zielgerichtetheit die notwendigen Maßnahmen angehen.

Wir versprechen uns mit der Auflösung der Dezernate 25 und 26 und somit der Auflösung der Polizeiabteilungen in den Bezirksregierungen einen Hierarchieabbau, eine Verschlankung der äußeren Struktur. Neben dem Abbau dieser Hierarchie versprechen wir uns natürlich auch eine Verkürzung der Entscheidungsabläufe und der Kommunikationsprozesse. Nicht zuletzt dient die Umsetzung des vorliegenden Gesetzentwurfs auch dem Ziel, mehr Sicherheit in NordrheinWestfalen zu gewährleisten.

Deswegen bitte ich um Zustimmung zu vorliegendem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kruse. – Herr Dr. Rudolph, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu dem Gesetz am Ende des Gesetzgebungsprozesses noch fünf abschließende Bemerkungen machen.

Erstens: Es kennzeichnet den schlechten Stil des Innenministers im Umgang mit diesem Parlament – wir erinnern uns ja alle noch an die Aktuelle Stunde in der letzten Plenarwoche –, dass inzwischen das Haus dazu übergegangen ist, die personalwirtschaftlichen Maßnahmen für den Umbau der Polizeiorganisation vorzunehmen, obwohl dieses Gesetz von diesem Parlament noch nicht beschlossen wurde. Das reiht sich ein in eine Kultur der Kooperation und Zusammenarbeit, die es in der Tat noch nicht gegeben hat, und trägt dazu bei, Herr Minister, dass Sie sich nicht nur eine Misstrauenskultur im Polizeibereich bei den eigenen Beamtinnen und Beamten schaffen, sondern Sie gewinnen auch kein Vertrauen gegenüber diesem gesamten Parlament, wenn Sie organisatorische, personalwirtschaftliche Maßnahmen beginnen, obwohl die gesetzliche Grundlage dafür noch nicht steht.

(Beifall von der SPD)

Zweitens: Es kennzeichnet auch die Saft- und Kraftlosigkeit der Koalitionsfraktionen bei Parlamentsrechten, wenn die Fraktionen von FDP und CDU es zulassen, dass Fragen der Dienst- und Fachaufsicht anders als früher in Zukunft vom Innenminister per Rechtsverordnung untergesetzlich geregelt werden. Damit schwächen Sie das Parlament, und damit leisten Sie der Demokratie wirklich keine gute Unterstützung.

(Theo Kruse [CDU]: Das ist falsch, Herr Ru- dolph!)

Drittens: Es kennzeichnet weiter dieses Rein und Raus in die Kartoffeln, wenn wir hier eine Verwaltungsstrukturreform haben, bei der auf der einen Seite Sonderbehörden in die Bezirksregierung integriert werden und wir auf der anderen Seite bei der sogenannten Polizeireform den Aufbau einer Sonderbehörde Polizei zu vergegenwärtigen haben, die im Übrigen dreistufig arbeiten wird – entgegen allen Aussagen wird das so sein –, die weitere obere Landesbehörden schafft und damit auch mehr Bürokratie weiter nach oben zurrt.

Ich finde es auch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP – ich dachte, wir wären da immer einer Meinung –, bedenklich, dass Ihnen dabei nie aufgefallen ist, dass bei einer solchen Konstruktion der Polizei inzwischen das Prinzip der zivilen Leitung Schaden nimmt. Was Sie hier aufbauen, ist der verkappte Versuch, ein Landespolizeipräsidium zu errichten. Den ganzen Weg zu gehen, haben Sie sich nicht getraut, aber den halben haben Sie zurückgelegt. Das finde ich schade.

Vierte Bemerkung: Es kennzeichnet den Umgang der Landesregierung mit allen Fachleuten, dass Ihnen immer wieder, auch in der Anhörung, gesagt worden ist, dass bei dem, wie Sie das machen, die Führungsspanne zu breit wird. Auf der einen Seite sind Sie beim Polizeiorganisationsgesetz I hingegangen und haben uns gesagt, durch die Auflösung oder Zusammenlegung von Kreispolizeibehörden nach dem Prinzip des Pensionsalters von Polizeipräsidenten würde die Führungsspanne verringert, weil wir weniger Kreispolizeibehörden im Land haben. Und auf der anderen Seite machen Sie in einem nächsten Gesetz eine organisatorische Änderung, die genau diese Führungsspanne absolut verbreitert.

Fünftens sage ich Ihnen: Die personellen Synergieeffekte, die Sie erreichen, sind im Grunde genommen mit dem Aufwand, den Sie betreiben, lächerlich. Sie beschäftigen jetzt 300 Beamte in der Polizeiverwaltung dafür, um 150 Stellen freizubekommen, die wir auch ohne diese Operation mit dem ganzen Aufwand freibekommen könnten.

Deswegen eine abschließende Feststellung: Es ist erstaunlich und bewundernswert, dass in Nordrhein-Westfalen die Polizei funktioniert. Sie funktioniert allerdings nicht wegen der schwarz-gelben Innenpolitik, sondern trotz der schwarz-gelben Innenpolitik. Den Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen möchte man nur zurufen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es kommen wieder bessere Zeiten! Und wichtig ist die Botschaft: Halten Sie noch etwas durch! Sie werden mit Sicherheit diesen Innenminister überleben! – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Parl. Staatssekretär Manfred Palmen: Aber so nicht, Herr Rudolph!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Frau Düker, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rudolph hat gerade das Verfahren seitens der Landesregie

rung kritisiert, dass schon mit der Umsetzung begonnen wurde, bevor das Gesetz überhaupt beschlossen ist.

Ich möchte meine Verfahrenskritik insbesondere auf das parlamentarische Verfahren konzentrieren. Wir haben das zweite Gesetz zur Veränderung von Polizeistrukturen hier im Landtag beraten. Und zum zweiten Mal, Herr Engel, Herr Kruse, haben Sie nichts, aber auch gar nichts von dem, was in der Anhörung gelaufen ist und was wirklich von vielen Sachverständigen mit berechtigter Kritik vorgetragen wurde, aufgenommen und haben nicht versucht, es in das Gesetzgebungsverfahren zu implementieren.

Dies ist eine Ignoranz gegenüber parlamentarischen Verfahren, wie ich sie in diesem Hause noch nicht erlebt habe.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben ja nicht einfach von irgendwem – das haben wir alles schon einmal im Zusammenhang mit dem Polizeiorganisationsgesetz 1 durchgemacht – ganz klare Ansagen gehört, sondern beispielsweise von den Sachverständigen Geck und Kauther mit einem der zentralen Kritikpunkte, die von sehr vielen auch im Vorfeld angeführt wurden: Ist eine Führungsspanne bei 47 Behörden in dieser Form, möglich? Ist die Führungsspanne nicht zu groß? Wie wird die Dienst- und Fachaufsicht geregelt? Dieses zentrale Kernproblem haben Geck und Kauther sehr überzeugend vorgetragen. 47 Behörden sind von einer Instanz aus nicht effizient zu steuern. Wenn man oben zusammenlegt, dann muss man auch unten zusammenlegen. Man kann nicht nur hier und da an einem Schräubchen drehen. Es ist eben kein Gesamtkonzept.

Auch Polizeipräsident Südfeld aus Bielefeld hat ganz klar vorgetragen, dass sich die Zahl der Polizeibehörden verringern muss, damit es eine effiziente Führungsspanne wird. Auch der von Ihnen selbst eingeladene und immer wieder viel zitierte Weibler hat ganz klar vorsichtig gesagt: Na ja, wenn man das so macht, dann muss man auf der anderen Seite aber auch mehr Verantwortung delegieren, also nach unten verfrachten. – Das sind warnende Worte, die nicht irgendwer vorgetragen hat, sondern Sachverständige, die mit guten Argumenten Kritik geübt haben. Sie nehmen jedoch nichts, aber auch gar nichts an.

Gleichzeitig bleibt das Innenministerium dem Parlament komplett die Antwort schuldig, wie diese Aufsicht neu organisiert werden soll. Auch darüber haben die Sachverständigen gesagt: Wenn man die Dienst- und Fachaufsicht im Innenminis

terium bündelt, weil man sie von den Bezirksregierungen wegverlagert, dann kann es nicht sein, dass, wie es im Gesetzentwurf steht, nur ein geringer personeller Mehrbedarf im Innenministerium notwendig ist. Nein, dann muss diese Abteilung IV – das haben alle gesagt, auch die von Ihnen eingeladenen sachverständigen Kollegen – eine neue Struktur bekommen. Meinen Sie, man bekommt im Ausschuss irgendeine Antwort darauf, wie das Innenministerium gedenkt, diese Übertragung der Dienst- und Fachaufsicht organisatorisch und personell neu aufzustellen? – Nein.

Gleichzeitig gibt es noch einen Rechtsordnungsvorbehalt, man könne ja das eine oder andere dann doch irgendwie wieder auf die Oberbehörden delegieren, und Sie reden hier darüber, dass Sie aus dem dreistufigen Aufbau einen zweistufigen machen würden. Das ist doch alles Etikettenschwindel. Klartext ist: Sie schaffen zwei neue Sonderbehörden, zwei Landesoberbehörden mit Dienst- und Fachaufsicht – die sollen ja eigentlich zentral sein –, denen vielleicht – aber das könnten Sie noch nicht genau sagen – dann doch irgendetwas wieder übertragen wird; aber so genau wüssten Sie das auch nicht.

Im Ausschuss konnte über die zentrale Frage seitens des Innenministeriums keine klare Auskunft gegeben werden, wie das neu organisiert, wie die Abteilung IV aufgestellt werden soll und ob sie überhaupt beabsichtigt, das alles selbst zu machen oder nicht doch zu delegieren. – Punkt 1.

Punkt 2. Ich meine, dass es weder in der Anhörung noch nach der Befragung des Innenministeriums im Ausschuss klar geworden ist, worin eigentlich der Synergieeffekt besteht. Im Gesetzentwurf steht lapidar: 150 frei werdende Funktionen. – Auf Nachfrage hin antwortet das Innenministerium: Na ja, wir haben 290 Leute bei den Bezirksregierungen für den Bereich Polizei; da machen wir mal die Formel Pi mal Daumen, und so werden 50 % frei. – Selbst auf Nachfrage, was es denn für Funktionen sind und wohin sie verlagert werden, wurde keinerlei Auskunft gegeben außer einem arroganten „Lassen Sie uns mal machen, und dann werden Sie schon sehen“.

Selbst die Sachverständigen konnten zu dieser Frage keine Antwort geben. Die Sachverständigen haben mit den Schultern gezuckt und gesagt: Das können wir überhaupt nicht beurteilen, woher die Funktionen kommen. Allenfalls hat der eine oder andere geantwortet: Vielleicht sind bei der Leitstellenverladung einige Stellen frei.

Diese beiden Punkte, meine Damen und Herren, reichen doch aus um zu sagen, dass man so kein Gesetz machen kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

So kann man doch mit einem Parlament nicht umgehen. So kann man doch keine vernünftige Entscheidungsgrundlage schaffen, damit wir hier ernsthaft in so wichtige Fragen der Struktur eingreifen.