Protocol of the Session on January 25, 2007

Fünftens. Auch Ihre Forderung nach einem Anforderungsprofil für Schulleitungen und einem entsprechenden Fortbildungsprogramm entspricht genau dem, was wir bereits umsetzen. Wir werden in Kürze Handlungsfelder und Schlüsselkompetenzen für das Leitungsverhalten in eigenverantwortlichen Schulen als Grundlage für eine Qualifizierung vor Amtsantritt vorlegen.

Sechstens. Sie erwarten, dass wir aufzeigen, inwieweit die Partizipation und für Lehrerinnen, Lehrer, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler gesichert und gestärkt werden kann. – Das haben wir bereits getan. Wir haben zwar die Drittelparität in der Schulkonferenz zurückgenommen, um die Lehrerinnen und Lehrer zu stärken; dafür haben wir aber die Elternmitwirkung in allen anderen Bereichen gestärkt und zugleich entbürokratisiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Eltern entscheiden als Mitglieder der Schulkonferenz über die Organisation der Schuleingangsphase mit. Vertreter und Vertreterinnen des Schülerrats können an den Sitzungen der Schulpflegschaft teilnehmen. Sowohl Eltern als auch Schüler wirken bei der Wahl der Schulleitung durch die Schulkonferenz mit.

Siebtens. Sie fordern, vor der flächendeckenden Qualitätsanalyse die schulinterne Evaluation zu etablieren. – Wir führen das interne Evaluationsinstrument SEIS und die flächendeckende Qualitätsanalyse gleichzeitig ein. Dadurch ermöglichen wir den Schulen, ihre Situation aus zwei Perspektiven zu betrachten.

Achtens zu Ihrer Forderung zum Fortbildungsangebot für Schulleitungen und schulische Steuerung: Wir wollen den Schulen mehr Spielraum und mehr Mittel für die Lehrerfortbildung geben. Deshalb werden wir die Fortbildungsbudgets der Schulen noch einmal erhöhen. Für das laufende Jahr ist eine Erhöhung von 6 Millionen auf 8 Millionen € geplant. Insgesamt investieren wir in diesem Jahr rund 59 Millionen € in die Lehrerfortbildung. Damit helfen wir den Schulen, in einem Kernbereich der Eigenverantwortung tatsächlich eigene Akzente zu setzen. Die Schulleitungsqualifizierung habe ich ja bereits genannt.

Neuntens. Selbstverständlich werden wir auch den von uns begonnenen Weg fortsetzen, beste

hende Verwaltungsvorschriften kontinuierlich zu überprüfen. Wir werden damit fortfahren, im Rahmen der Verwaltung Vereinfachungen für die Schulen vorzunehmen, Regelungen abzubauen und überflüssige Berichtspflichten abzuschaffen.

Zehntens und Letztens. Sie fordern, notwendige Mittel für die Budgets der Selbstständigen Schulen bereitzustellen und im Haushalt auszuweisen. – Die Selbstständigen Schulen erhalten bereits jetzt eine verbindliche Mitteilung der Bezirksregierung über ihre jeweilige Stellenausstattung und können diese Lehrerstellen eigenverantwortlich bewirtschaften.

Viel wichtiger ist allerdings die Frage, ob die Stellen, die wir den Schulen zuweisen, ausreichen, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. In der Vergangenheit reichte die Stellenzahl nicht immer aus, um eine hundertprozentige Versorgung zu gewährleisten. Wir haben mit den zusätzlichen Stellen gegen Unterrichtsausfall und für individuelle Förderung dafür gesorgt, dass sich die Rahmenbedingungen für die Schulen verbessert haben. Das belegt die Unterrichtsausfallstatistik.

Sehr verehrte Damen und Herren, mit dem Schulgesetz haben wir deutlich gemacht: Wir werden nicht bei Modellprojekten stehenbleiben. Wenn es eine grundlegende Lehre aus Pisa gibt, so muss diese lauten: Qualität von Schule entwickelt sich vor Ort, mit den Menschen, die Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen.

Sie fordern uns auf, ein Qualitätsprogramm vorzulegen. Dazu zwei Ratschläge:

Schule hat sich immer dann nicht weiterentwickelt, wenn alles geregelt, alles verschriftet wurde. Lassen wir den Schulen doch die Möglichkeit, sich eigenverantwortlich zu entwickeln, anstatt sie wieder durch Eckpunkte an die Kette zu legen.

Mein zweiter Ratschlag an die verehrte Fraktion der SPD: Lesen Sie unser Schulgesetz! Wir haben die Schulen eigenverantwortlich und selbstständig gemacht. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Sommer. – Für die SPD-Fraktion erhält der Herr Abgeordnete Trampe-Brinkmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Beer, herzlichen Dank für Ihre beeindruckende Rede. Ich schätze es sehr, wenn Sie hier vorne stehen. Aber über die Urheberschaft des Programms

„Selbstständige Schule“ müssen wir noch einmal diskutieren.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Auf der Grundlage der Bildungs-Schrift 1995 von Johannes Rau können wir darüber gerne noch einmal sprechen. Aber wir sind da wohl ziemlich nah beieinander.

Zu den anderen Reden muss man nicht viel sagen. Dass die „Neue Westfälische“ eigene Redakteure hat, die man nicht immer einfängt – nun denn. Frau Pieper-von Heiden, das, was Sie hier vortragen, ist eben ein Stück weit populistisch.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Antrag zeigt die SPD-Fraktion nochmals deutlich auf, welchen Stellenwert sie dem Projekt der Selbstständigen Schule beimisst. Wir haben uns für dieses Projekt stark gemacht, es mit unserem Projektpartner, der BertelsmannStiftung, auf den Weg gebracht und fortlaufend weiterentwickelt. Wir haben in dem Antrag dargelegt, welche Ziele mit dem Projekt verknüpft waren. Wir haben die Entstehung der Selbstständigen Schule erläutert und die Anforderungen an dieses Projekt skizziert. Wir treten nach wie vor dafür ein, die Selbstständigkeit der Schulen zu forcieren.

Auf die Mündliche Anfrage meiner Kollegin Frau Schäfer, Landtagsdrucksache 14/895 „Wie geht es weiter mit der Selbstständigen Schule?“ antworteten Sie, Frau Ministerin – ich zitiere –: „Das Modellprojekt ‚Selbstständige Schule’ wird mit neuen Akzenten fortgesetzt.“ Ich frage mich, welche neuen Akzente das sind. Liest man aber weiter, so stellt man fest, dass es im zweiten Satz heißt – ich zitiere noch einmal –: „Alle Schulen werden Eigenverantwortliche Schulen.“

Meine Damen und Herren, man mag den Unterschied zwischen „selbstständig“ und „eigenverantwortlich“ als gering einschätzen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, in einigen Wörterbüchern nachzuschlagen. Dann wird offensichtlich, dass der Unterschied doch ein gravierender ist. Unter „eigenverantwortlich“ steht: „für sich selbst verantwortlich“, „allein verantwortlich“, „auf eigener Verantwortung beruhend“. Zu dem Begriff „selbstständig“ findet man Erläuterungen wie: „ohne Hilfe von außen“ sowie „aus eigener Befähigung und eigener Verantwortung heraus handelnd“. Diese Unterschiede empfinde ich als bedeutsam, denn wir wollen die Schulen eben nicht eigenverantwortlich im Regen stehen lassen, sondern wir wollen sie in kooperativer Begleitung sich selbst entwickeln lassen.

Wir, die Parlamentarier, sollten die Rahmenbedingungen setzen und für die notwendige Unterstützung der Schulen sorgen. Wir sollten dafür sorgen, dass alle Beteiligten die notwendigen Qualifikationen und Ressourcen erhalten, damit wir, verehrte Frau Sommer, das Projekt „Selbstständige Schule“ weiterentwickeln können.

Aber Sie tun nichts. Im Gegenteil: Sie beschneiden zum Beispiel die Zahl der Entlastungsstunden von Schulleitungen, die dringend notwendig sind, um etwa Schulprogrammarbeit zu leisten. Sie reduzieren die Diskussion über die Schulleiterstellung auf die Funktion des Dienstvorgesetzten, obwohl der Schulleiter darüber hinaus zusammen mit den Steuergruppen seines Kollegiums wesentliche Vorgaben zur Qualitätsentwicklung von Unterricht und individueller Förderung erarbeiten sollte. Außerdem zerschlagen Sie, ohne eine erkennbare Alternative zu entwickeln, das Landesinstitut in Soest, das qualifizierte Fortbildung garantiert hat. Sie kappen alle Unterstützungssysteme.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in den 19 Modellregionen macht sich Enttäuschung breit. Ihre im Kooperationsvertrag von Dezember 2005 zugesagte Fortbildung findet so nicht mehr statt. Ist es nicht richtig, dass sich sieben bis neun Regionen in letzter Verzweiflung mit der Bitte um Unterstützung an den Staatssekretär gewandt haben? Das Chaos, das Sie in der Schulaufsicht und in der Fortbildung angerichtet haben, ist nicht zu beschreiben.

(Zuruf von der FDP: Welches Chaos denn?)

Deshalb ist es überfällig, dass der Landtag die folgenden zehn Punkte, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben, beschließt. Ich habe diese zehn Punkte in meinem Typoskript aufgeführt; ich erspare es mir aber, sie zu benennen, weil Frau Ministerin sie gerade vorgetragen hat. Doch warum tragen Sie sie erst jetzt vor? Warum haben wir im Ausschuss bisher nicht darüber beraten? Warum haben wir das grundlegende Recht des Parlamentes bisher nicht wahrnehmen können, über das, was Sie hier vorgestellt haben, auch im Ausschuss zu beraten?

Legen Sie also einen Bildungsbericht vor! Tun Sie das, wie es Frau Schäfer vor mir schon erwähnt hat, einmal jährlich. Lassen Sie uns an dieser Stelle endlich über das von uns – ich hoffe – gemeinsam gewünschte Projekt „Selbstständige Schule“, flächendeckend im Lande NordrheinWestfalen, diskutieren. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Trampe-Brinkmann. – Für die CDUFraktion hat jetzt noch der Abgeordnete Bollenbach das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem neuen Schulgesetz bauen wir die Schulen schrittweise zu eigenverantwortlichen Schulen aus. Vorläufer ist das Modellprojekt „Selbstständige Schule“. Derzeit beteiligen sich 278 Schulen aller Schulformen an dem Projekt, das im Schuljahr 2002/2003 begann. Allein in meiner Heimatregion, Frau Beer, beteiligen sich 24 Schulen mit großem Engagement an dem Projekt.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Vorbildlich!)

Die Bildungsregion Herford knüpft dabei an Erfahrungen und Strukturen des Projekts „Schule & Co“ an. Wir sehen bereits jetzt – ich gehe davon aus, dass es in anderen beteiligten Regionen ähnlich ist –, dass die Umsetzung in der Schulpraxis erfolgreich ist.

Lassen Sie mich einige Punkte exemplarisch herausgreifen:

Durch die stärkere Beteiligung von Lehrern, Schulleitungen, Eltern und Schülern an Entscheidungsprozessen steigt die Motivation aller.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Aha!)

Wer selbst entscheiden kann und den Erfolg eigener Entscheidungen sieht, der arbeitet und engagiert sich gerne.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wie schön!)

Gerade in diesem Bereich habe ich aus meinem Wahlkreis zahlreiche positive Rückmeldungen. Die Organisation von klassenübergreifenden Lerngruppen ist ein weiterer Punkt, bei dem sich die Entscheidungsfreiheit positiv auswirkt. Wir geben den Schulen die Möglichkeit der schulinternen Steuerung. Die Schulen können sich ein eigenes Profil erschaffen. Das Mitspracherecht bei der Stellenbesetzung, wenn es um die Auswahl geeigneter Bewerber geht, ist ein weiterer Punkt. Was nützt es, wenn die Schule einen Musiklehrer braucht, der nebenbei die Big-Band der Schule organisieren soll, und von oben herab wird jemand der Schule zugewiesen, der zwar Musik unterrichtet, aber Kirchenmusik als Schwerpunkt hat? Nichts nützt das der Schule.

Der letzte Punkt, den ich aus dem Kreis Herford erwähnen möchte, ist das Programm „Kurs“, das

wir aus dem Vorgängermodell „Schule & Co“ weiterentwickelt haben. Es handelt sich hierbei um die Kooperation von Schulen und Unternehmen. Natürlich funktioniert diese Kooperation vor Ort umso besser, je mehr Freiheit die jeweiligen Partner haben. Wir trauen unseren Schulen eine Menge zu. Vor allem geben wir ihnen die notwendige Freiheit, sich entsprechend ihren jeweiligen Bedürfnissen vor Ort weiterzuentwickeln.

Meine Damen und Herren, zahlreiche dieser erfolgreich begonnenen Punkte haben wir bereits im Schulgesetz verankert. Diese Weiterentwicklung bedeutet Verantwortung, aber auch mehr Spielraum in Budgetfragen, mehr Verantwortung des Direktors als Dienstvorgesetzter sowie mehr Mitspracherechte und Entscheidungskompetenzen bei Personalfragen. Selbstständig zu sein heißt auch, Verantwortung für Qualität zu übernehmen.

Herr Kollege Bollenbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Beer?

Fein.

Danke schön, Herr Bollenbach. Herzlichen Dank auch dafür, dass Sie noch einmal geschildert haben, welchen Stellenwert die Partizipation gerade in Herford hat und wie erfolgreich Eltern, Lehrer und Schüler dort auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeiten. Könnten Sie uns bitte auch schildern, wie die Schulen darauf reagiert haben, dass ihnen Ende 2005 durch die neue Landesregierung die Fortbildungstage gestrichen worden sind, wodurch gerade die Unterrichtsentwicklung stark behindert worden ist?

(Ralf Witzel [FDP]: Dadurch ist der Unter- richtsausfall halbiert worden!)

Die Unterrichtsentwicklung im Kreis Herford findet statt, auch wenn es bei den Rahmenbedingungen Veränderungen gegeben hat. Ich denke, wir werden in Zukunft – auch durch die Erhöhung des Fortbildungsbudgets – weiterhin gute Fortbildung auch im Kreis Herford realisieren können.