Protocol of the Session on January 25, 2007

Frau Piepervon Heiden.

Frau Ministerin, verbinden Sie mit dem konsequenten quantitativen und auch qualitativen Ausbau der offenen Ganztagsgrundschule die Erwartung, dass die dann an die Kommunen pro Ganztagsgrundschule zugewiesene Pauschale von 5.500 € ausreicht,

weil einfach damit zu rechnen ist, dass die Zahl der zu betreuenden Kinder in den Randstunden zurückgehen und die Nachfrage nicht mehr so groß sein wird wie früher, weil, wie schon gesagt, verglichen mit den Verhältnissen unter der alten Landesregierung, nicht nur die Ganztagsplätze quantitativ und qualitativ enorm ausgebaut sein werden, sondern darüber hinaus Hausaufgabenhilfen angeboten werden und die Verdoppelung des Lehrerstellenanteils erfolgt, sodass viele Eltern eher diesen Weg bevorzugen und ihre Kinder in der offenen Ganztagsgrundschule anmelden?

Frau Sommer.

Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. Ich glaube sicher, dass die offene Ganztagsschule mehr und mehr an Attraktivität gewinnen wird; wir setzen auch zukünftig sehr darauf. Im ländlichen Bereich kann es allerdings immer noch vorkommen, dass es nicht genügend Kinder für die offene Ganztagsschule gibt. Auch da haben wir die Möglichkeit, nachzusteuern. Auch da bieten wir noch ein besonderes Programm an, sodass mit dem ganzen Bündel an Freiheiten die einzelnen Bedarfe gedeckt werden können.

Sie haben mich dezidiert danach gefragt: Glauben Sie, dass es ausreicht? – Wir glauben, dass es ausreicht. Ich habe mehrfach betont, dass dies ein Prozess ist, den wir beobachten werden. Wir haben ein neues Steuerungsinstrument. Wir werden überprüfen, ob die Mittel in dieser Flexibilität, in dieser Verantwortlichkeit so genutzt werden, dass es eben nicht dazu kommt, wie Frau Beer eben gesagt hat, dass Schulen dadurch möglicherweise unattraktiv, sondern dass sie besonders attraktiv gemacht werden.

Frau Schäfer.

Frau Ministerin, sobald die Landesregierung das Wort Eigenverantwortung in den Mund nimmt, bekommen mittlerweile viele im Land Angst, weil das immer bedeutet, dass Sie die Verantwortung so nach unten abgeben, dass man das gegenfinanzieren muss.

Ich möchte mich noch einmal auf den Ministerpräsidenten beziehen – Sie haben es eben auch ausgeführt –, der aktuell angekündigt hat, dass die Zahl der Plätze in der offenen Ganztagsgrundschule in 2007 auf 160.000 steigen wird, und möchte Sie fragen: Werden alle 160.000 Plätze vollwertige Plätze im Sinne des Punktes 2.5 des Erlasses – verbindliche Anmeldung für ein Schul

jahr und Fünftagewoche – und des Punktes 2.6 des Erlasses sein, dass für alle 160.000 Plätze die verbindlichen Kernzeiten von 8 bis 15 oder 16 Uhr angedacht sind? Ist es ausgeschlossen, dass in die Zahl 160.000 die Plätze eingerechnet werden, die Sie mit der neuen Pauschale schaffen wollen?

Frau Ministerin.

Die vom Ministerpräsidenten angekündigten 160.000 Plätze sind Plätze im Sinne des Erlasses, also Ganztagsplätze. Die Pauschale, die für jede offene Ganztagsschule gegeben wird, ist für parallele Angebote gedacht.

Danke schön, Frau Ministerin. – Jetzt kommt Herr TrampeBrinkmann.

Frau Ministerin, wenn Frau Doppmeier und Herr Kaiser das Hohelied der pauschalen Mittelzuweisung an die Kommunen singen, dann möchte ich Sie um Ihre Einschätzung der folgenden Aussagen bitten.

Der Städte- und Gemeindebund NordrheinWestfalen hat mit Schreiben vom 5. Dezember letzten Jahres erklärt: Wir bitten darum, es beim bisherigen Fördersystem, das sich grundsätzlich bewährt hat, zu belassen. Der Städtetag hat mit Schreiben vom 1. Dezember formuliert: Nach intensiver Diskussion sowie Rückkopplung mit der kommunalen Praxis lehnen wir die geplante Neuregelung wegen der zu erwartenden negativen Folgewirkungen ab.

Eine Reihe von Beratungen haben stattgefunden. Ich habe eben deutlich gemacht, dass es ein neues Instrument ist, und neue Instrumente wecken immer Ängste. Meiner Einschätzung nach werden die Möglichkeiten, die man mit dieser neuen Steuerung hat, überwiegen. Ich sehe das nicht negativ, sondern sehr positiv.

Meine Damen und Herren, ich werde jetzt die letzte Wortmeldung zulassen, weil wir schon weit überzogen haben. – Bitte schön, Herr Kaiser.

Frau Ministerin, folgende Modellrechnung: Eine Kommune mit drei offenen Ganztagsgrundschulen und einer offenen Ganztagsgrundschule, die zusätzlich kombiniert 8 bis 1

anbietet, hat bisher für die kombinierte offene Ganztagsgrundschule mit vier Gruppen von 8 bis 1 16.000 € bekommen. Sie wird künftig für alle vier Ganztagsgrundschulen die Betreuungspauschale von insgesamt 22.000 € bekommen. Wenn ich das zusammenrechne, ist das ein Plus von 6.000 €. Das ist eine nicht ganz untypische Kommune im mittleren Bereich. Ist diese Rechnung richtig?

Sie müssen mir das jetzt nicht bestätigen. Es reicht mir auch, wenn das schriftlich im Protokoll als richtige Musterrechnung angesehen wird. – Danke schön.

Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Kaiser, herzlichen Dank. Es gibt diese Rechnung. Diese Rechnung ist richtig. Es gibt gerade in dem Modell der Flexibilisierung auch absolute Gewinner. Deswegen bin ich sehr optimistisch.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Frau Sommer. – Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe auf:

5 NAP II muss Planungssicherheit in NRW gewährleisten

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/3505

Ich verweise auf den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3588 und den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/3600.

Ich eröffne die Beratung und gebe dem Kollegen Weisbrich für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem KyotoProtokoll hat die EU für den Zeitraum von 1990 bis 2012 ein Reduktionsziel von 280 Millionen t CO2 vereinbart. Davon übernimmt Deutschland 210 Millionen t oder 75 %. Wir werden dieses Ziel in etwa erreichen. Die anderen europäischen Nationen mit Ausnahme von Großbritannien wohl

kaum. Vor diesem Hintergrund sind die von der EU geplanten Korrekturen am deutschen Nationalen Allokationsplan schwer nachvollziehbar, um nicht zu sagen schikanös.

Dies gilt umso mehr, wenn man die Klimaschutzpolitik im Weltmaßstab betrachtet. Wir sparen in Deutschland mit großem Kostenaufwand, der die Standortbedingungen für energieintensive Branchen dramatisch verschlechtert, jährlich 10 Millionen t CO2 ein. Gleichzeitig kommen im Zuge des fortschreitenden Industrialisierungsprozesses allein in Asien jährlich 1,1 Milliarden t zusätzliche CO2-Emissionen hinzu. Gar nicht reden will ich von den brandrodungsbedingten CO2-Emissionen, die jährlich allein bei 2,4 Milliarden t liegen. Bei diesen Dimensionen stellt sich die Frage nach den richtigen Verhältnissen und den richtigen Methoden des Klimaschutzes.

Nordrhein-Westfalen ist in Deutschland das Energieland Nummer eins und somit Hauptbetroffener der EU-Entscheidung zum Emissionshandel. 44 % der bundesweiten CO2-Emissionen entfallen auf Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen muss damit ziemlich genau ein Drittel der von der EU im Kyoto-Protokoll bis 2012 insgesamt zugesagten CO2-Minderungen erbringen. Das ist für unsere heimische Wirtschaft schlimm genug. Für energieintensive Branchen kann sich die von der EU gemeinsam mit Bundesumweltminister Gabriel geplante Verschärfung der Klimaschutzauflagen geradezu zur Katastrophe auswachsen.

Besonders gefährdet sind die Chemie-, die Stahl- und die Aluminiumindustrie sowie die Kraftwerkswirtschaft unseres Landes. In diesen Branchen hat Nordrhein-Westfalen einen Anteil an der Wertschöpfung in Deutschland von einem Drittel bis über 40 %, im Aluminiumbereich sogar 60 %.

Wenn an Verbundstandorten wie Marl oder Krefeld energieintensive Teilanlagen aus Kostengründen abgeschaltet werden, fallen die Verbundvorteile weg und in einem weiteren Schritt zieht die gesamte Branche weg.

ThyssenKrupp betreibt in Duisburg die zweitgrößte Stahlhütte der Welt. Neue Anlagen werden von diesem Unternehmen aber nur noch in Übersee, in Brasilien oder in den USA errichtet. Das liegt auch an den Strom- und Umweltkosten, wie Stahlverbandspräsident Ameling berichtet.

60 % der deutschen Aluminiumproduktion kommen aus Nordrhein-Westfalen. Für diese Industrie sind Energiekosten wichtiger als Löhne. Auch hier haben die Betreiber schon mit Verlagerung gedroht.

Massiv gefährdet durch die Ideen von Brüssel und Herrn Gabriel ist insbesondere das für NordrheinWestfalen geplante Neubauprogramm für Kraftwerke in Höhe von 8 Milliarden €. RWE hat bereits angekündigt, auf den Bau des Steinkohlekraftwerks Hamm zu verzichten, wenn die EUGabriel-Pläne umgesetzt werden. Auch die STEAG will auf die in Herne und Lünen geplanten Kraftwerksblöcke verzichten, wenn es so kommt, wie es seit gestern den Anschein hat. Die Kraftwerkswirtschaft wird nicht klagen und nicht protestieren, sondern einfach im Ausland bauen, so wird STEAG-Chef Tacke in der Presse zitiert.

Unter dem Strich stehen 250.000 industrielle Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen auf dem Prüfstand, die unmittelbar von der Energiepreisentwicklung abhängig sind.

Herrn Gabriel ficht das nicht an. Nach einem Bericht der „FAZ“ ist er der Auffassung, angesichts der robusten Konjunktur könne man guten Gewissens anfangen, über weitere Belastungen im Energiesektor nachzudenken.

Wir müssen umso mehr als Anwalt der Wirtschaft und der Menschen in Nordrhein-Westfalen auftreten.

(Beifall von der CDU)

Die hohen CO2-Minderungsanteile, die von NRW erwartet werden, haben industrie- und beschäftigungspolitisch eine Voraussetzung: Die Anpassungsmodalitäten und vor allem die Anpassungsgeschwindigkeiten dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass sie unseren preiswerten und sicheren Energiemix zerstören. Das aber wird passieren, wenn Herr Gabriel und die Kommission ihre Vorstellungen realisieren.

Wenn das Wirklichkeit würde, was wir heute zur angeblichen Beilegung des Streits über den Emissionshandel zwischen Berlin und Brüssel im „Handelsblatt“ lesen mussten, sage ich in Abwandlung des Ausspruchs von Goethe nach der Kanonade von Valmy: Von hier und heute geht eine neue Epoche der Energiegeschichte aus.

Wenn das eintreten sollte, werden wir weniger Kohlekraftwerke haben, weil sie im Betrieb und in der technischen Ausgestaltung der CO2Sequestrierung zu teuer werden. Das beeinträchtigt vor allem die Braunkohle als nationale Energiesicherheitsreserve, und das dämpft die Pläne etlicher Kommunen zur Errichtung eigener Kohlekraftwerke.

Wir werden mehr preiswerte und emissionsgünstige GuD-Kraftwerke bekommen, obwohl das die

Abhängigkeit von Russland und von politisch unsicheren Staaten drastisch erhöhen würde.

Wir werden zur Dämpfung der Strompreisentwicklung wie in Skandinavien eine Selektion der Erzeugungsmethoden durch die Verbraucher bekommen. Das lässt für den Einsatz erneuerbarer Energien – außer Wasserkraft – kaum noch Raum.

Wir werden, ob wir das wollen oder nicht, zur Freude der Europäischen Kommission – das war immer ihr Ziel – eine Renaissance der Kernkraft erleben.

Ob wir in Nordrhein-Westfalen diese Entwicklung noch verhindern können, ist fraglich. Wer das will, muss unseren Antrag und den von der Landesregierung eingeschlagenen Weg unterstützen. Wir fordern eine Emissionsobergrenze von 465 Millionen t, und wir wollen auf keinen Fall einen einheitlichen Bemessungsmaßstab für die Zuteilung von Emissionszertifikaten für die Kraftwerkswirtschaft, sondern wir brauchen brennstoffspezifische Benchmarks.

Dafür müssen wir alle hier in diesem Hause sein, meine ich. Wer dem Kurs von Herrn Gabriel und der EU folgt, darf sich später nicht beklagen, wenn wir unsere Wirtschaft in NordrheinWestfalen in große Schwierigkeiten bringen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.