die Strukturen selbst nicht hinterfragt. Hinter vorgehaltener Hand sagen Sie das auch und gestehen ein, dass Sie hier eben nicht gehandelt haben. Das fordern Sie erst jetzt, nachdem Sie keinerlei Verantwortung mehr tragen. Das sehen wir nicht nur in diesem Politikfeld, sondern auch in anderen. Das ist bei Ihnen Programm.
Erstens. Wir sträuben uns nicht gegen ein Gesetz, halten aber die Realisierung der integrationspolitischen Forderungen für vordringlich. Wir wollen erst Wirkungen sehen und danach entscheiden, welche Struktur wir durch ein Gesetz verfestigen wollen.
Zweitens. Wichtiger als ein Gesetz – das werden wir im Ausschuss beraten – ist, deutlich zu machen, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist. Davon sind alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen: Schule, Kindergarten, Arbeitsmarkt, Gesundheitswesen, Städtebau.
Es ist wichtiger, Fachgesetze im Sinne der Integration zu verändern, als einen Popanz aufzubauen, es würde sich durch ein einzelnes Gesetz etwas verändern lassen.
Drittens. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir Integration in Kontinuität mit der Integrationsoffensive forcieren wollen. Alle Fraktionen sind eingeladen, an diesem Prozess mitzuwirken.
Ich würde mich freuen, wenn Sie, wie das in der letzten Wahlperiode der Fall gewesen ist, dieses wichtige Thema nicht für Spielereien, nicht für parteipolitische Profilierungsversuche missbrauchen würden, die den Menschen am Ende des Tages nicht helfen.
Sie sind heute sehr aufmerksam, Frau Präsidentin. Dafür danke ich Ihnen. – Und Ihnen danke ich auch.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. Offensichtlich muss ich doch etwas direkter husten. Die Erkältungszeit kommt ja wieder.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen diese Integrationsdebatte in einer Woche, in der in Deutschland wichtige integrationspolitische Fragen erörtert wurden. Ich denke, es ist gut, zu Beginn meiner Rede die Islamkonferenz, die gestern stattgefunden hat, zu würdigen. Zum ersten Mal hat der deutsche Staat als Staat institutionell einen Dialog mit dem Islam in Deutschland begonnen. Der Bundesinnenminister hat heute Morgen im Deutschen Bundestag gesagt: Der Islam ist Bestandteil der deutschen Gesellschaft. – Das ist ein ganz wichtiger Schritt in der Integrationspolitik, auf der Basis unserer Verfassung, unserer Werte auch 3 Millionen Muslime in ihrer Religion anzuerkennen. Deshalb ist diese Woche sehr wichtig.
Darüber hinaus haben wir in dieser Woche einen typischen Reflex erlebt, was passiert, wenn man bei der Integrationspolitik die falschen Signale setzt. Die Intendantin der Deutschen Oper in Berlin hat entschieden, eine Oper vom Spielplan zu nehmen, weil sie, wie wir inzwischen wissen, durch einen Innensenator dazu ermutigt wurde, der sie nicht mit Fakten, sondern mit Halbheiten, mit Sprachbildern informiert hat. Er sagte zu ihr, wenn sie nicht aufpasse, könnte es sein, dass dieses schöne Haus Unter den Linden irgendwann nicht mehr existiere.
Sie hat eine Entscheidung gefällt, die die Muslime wieder in eine Rechtfertigungshaltung gebracht hat. Es hat keine öffentliche Debatte über diese Oper gegeben. Es hat kein einziger muslimischer Verband verlangt, diese Oper abzusetzen. Aber indem man im vorauseilenden Gehorsam quasi Kulturfreiheit opfert, bringt man die Muslime erneut in eine solche Rechtfertigungshaltung.
Das ist unverantwortlich. Insofern begrüße ich es, dass sich die gesamte Islam-Konferenz gestern dafür ausgesprochen hat, dass die Oper aufgeführt wird und dass sie die Oper sogar geschlossen besuchen will.
Sie hat eine legendäre, in die Geschichte des Landes eingehende Pressekonferenz durchgeführt, in der sie Folgendes betont hat: Sie will, dass diese Landesregierung nicht nur immer neue Arbeitskreise und Aktionspläne vorstellt. Sie möchte Ergebnisse sehen.
Nein, das hat mich nicht nur geärgert, sondern die Menschen im Land zum Schmunzeln gebracht. Denn sie hatten ja erlebt, dass Sie auf diesem Feld 39 Jahre lang relativ gar nichts gemacht haben.
Sie haben vieles der Integrationsoffensive, die hier alle vier Fraktionen beschlossen haben, nicht umgesetzt.
Ja, ich sage gleich, was Sie gemacht haben. Sie haben zwar manches gemacht, aber nicht genug. Sie haben nicht einmal Symbolpolitik gemacht. Das ist doch das Problem, über das wir jetzt sprechen.
Ich werde gleich einiges von dem würdigen, was Sie gemacht haben. Aber Sie hätten am Montag nicht sagen dürfen, dass es nur Aktionspolitik gab. Insofern möchte ich Ihnen hier – das ist auch das Thema heute – kurz und knapp sagen, was seit diesem 27. Juni – das ist nicht einmal 100 Tage her –, als dieser Aktionsplan verabschiedet wurde, in der Kürze der Zeit passiert ist.
Das ist für 40.000 Kinder mehr die Chance, Bildungserfolge zu erzielen, integriert zu werden und in der Grundschule Sprache besser zu sprechen als bisher.
Der Punkt 3 des Aktionsplans betrifft die Frage, was mit unserem Schulsystem los ist. Wir haben inzwischen 100 Hauptschulen in einem erweiterten Ganztagsbetrieb mit entsprechend besserer Stellen- und Mittelausstattung.
Das ist nicht Symbolpolitik. Vielmehr spürt jedes einzelne Kind in einer Hauptschule, dass sich hier etwas qualitativ verbessert.
Im Aktionsplan haben wir die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen erwähnt, die eine landesweite Wirkung erzielen sollen. Schon im September – schneller geht es über die Sommerpause nicht – hat ein Dialog zwischen dem Schulministerium und unserem Integrationsministerium stattgefunden. Im November wird ein Konzept mit den Beigeordneten der RAA-Städte umgesetzt. Wir haben inzwischen eine Landkarte, um zu identifizieren, wo in diesem Land bisher noch keine RAAs sind und wie man das ausdehnen kann. Die guten Erfahrungen der 27 RAA-Städte werden noch in diesem Jahr flächendeckend ausgeweitet.
Wir haben eine bundesweite Konferenz der Elternbegleiterinnen. Noch im Dezember gibt es eine Schulung für alle, um die Eltern ganz bewusst zu stärken.
Wir haben mit der Handwerkskammer ein Projekt in Hauptschulen in Gang gesetzt, um gesellschaftliche und berufliche Integration zum Erfolg zu führen. Ich will Sie nicht mit all diesen vielen Seiten langweilen, aber die konkreten Projekte belegen – und das nicht einmal in 100 Tagen – unsere erfolgreiche Politik. Deshalb ist es wirklich belustigend, dass Sie sagen, wir täten nichts anderes, als Arbeitskreise zu errichten.