Ich eröffne die Beratung. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der Abgeordnete Hilser das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion beantragt einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Einführung einer Rauchmelderpflicht für private Wohnungen, wobei wir für bestehende Gebäude selbstverständlich angemessen lange Übergangsfristen für notwendig und sinnvoll halten.
Ich möchte anfangs gerne etwas zur Ausgangslage sagen, dann kurz zwei, drei Kritikpunkte, die wahrscheinlich kommen werden, aufgreifen und danach gerne zu dem Ergebnis kommen, dass es eigentlich sinnvoll ist, sich im Sinne von Sicherheit und Personenschutz darauf zu verständigen, nach langjähriger Diskussion endlich die Rauchmelderpflicht für Privatwohnungen in NordrheinWestfalen einzuführen.
Zur Ausgangslage: Wir kennen die Zahlen. Es gibt in Nordrhein-Westfalen 600 Brandtote pro Jahr und mehr als 60.000 Verletzte. Von diesen Brandgeschädigten sind nur 5 % Opfer von
Flammen, alle anderen sind Opfer von Brandgasen. Zwei Drittel dieser Unfälle passieren nachts, also im Schlaf. Die Menschen bekommen im Schlaf natürlich nicht mit, wenn das Gebäude, in dem sie wohnen, in Flammen steht. Deshalb – das ist eigentlich bei allen unstreitig – ist der Einbau von Rauchmeldern zwingend erforderlich.
Dieser Forderung sind im Übrigen auch die Bundesländer Hessen und Hamburg – um nur zwei zu nennen –, beide CDU-regiert, inzwischen längst nachgekommen, weil sie die Argumentation ganz offensichtlich verstanden und eingesehen haben.
Seit 1999 läuft in Nordrhein-Westfalen eine Kampagne zur freiwilligen Verpflichtung, Rauchmelder einzubauen. Ich glaube, man kann sagen: Diese Kampagne war gut gemeint, aber sie ist kein Bringer. In Nordrhein-Westfalen sind nach wie vor maximal 7 % aller privaten Wohnungen mit Rauchmeldern ausgestattet. Dies ist nach Auffassung aller Sachverständigen viel zu wenig.
Nun, mit Blick auf die knappe Redezeit, in aller Kürze zu drei Gegenargumenten, die wahrscheinlich kommen werden.
Gegenargument 1: Versicherungsproblem. Das Problem der Versicherung von Rauchmeldern in Privatwohnungen – Stichwort: Funktionsfähigkeit – ist spätestens seit der letzten Anhörung im zuständigen Fachausschuss des Landtages ausgeräumt. Vertreter von Versicherungen haben eindeutig erklärt, es sei überhaupt kein Problem, im privatrechtlichen Versicherungsschutz dieselben Absicherungen vorzunehmen wie etwa bei Waschmaschinen in Privathaushalten. Diese Frage ist definitiv geklärt.
Zweites Gegenargument – Stichworte: Kontrolle, nicht stattfindende Kontrolle, Kontrollmöglichkeiten –. Dazu drei kurze Anmerkungen:
Erstens eine allgemeine: 5 % aller Gebäudeverordnungen werden kontrolliert. Das heißt umgekehrt: 95 % aller Regelungen, die wir in der Bauordnung in Nordrhein-Westfalen haben, werden nicht kontrolliert. Kein Mensch kommt auf die Idee, deshalb etwa 80 bis 85 % der Gesetze in der Bauordnung abzuschaffen.
Nicht einmal die CDU, Herr Minister, kommt auf die Idee, diese abzuschaffen, nur weil das nicht alles kontrollierbar ist.
Zweiter Punkt, jetzt konkret – das haben wir in der Anhörung diskutiert –: Es gibt inzwischen die gesetzliche Regelung zum Anschnallen im Auto. Es gibt die gesetzliche Regelung „Handyverbot im
Auto“. Es gibt allerorten Geschwindigkeitsbegrenzungen. Jeder von uns weiß: Das ist nicht ständig, nicht überall und nicht zu jedem Zeitpunkt zu kontrollieren. Trotzdem kommt kein Mensch auf die absurde Idee, diese Regelungen abzuschaffen. Jeder sagt: Hier geht Sicherheit vor Kontrolle. Wir können nicht alles kontrollieren; wir machen Stichproben, aber diese Verordnungen, diese Regelungen sind im Interesse der Sicherheit der Menschen zwangsläufig notwendig und erforderlich. Von daher ist überhaupt nicht einzusehen, warum bei dem brennenden Problem – um das Wort zu benennen – des Brandschutzes diese Argumente alle nicht gelten sollen.
Weil sich die beiden Herren von der FDP so freuen, kommen wir zum dritten Gegenargument: Privat vor Staat.
Das würde ich an Ihrer Stelle in diesem Zusammenhang völlig lassen, weil nämlich der Fachminister im Augenblick eine große Kampagne zur Innenstadtentwicklung in der Öffentlichkeit fährt, bei der er – durchaus zu begrüßen – vorschlägt, dass gemeinsame Initiativen von Gewerbetreibenden und von Immobilienbesitzern gestartet werden müssen. Diejenigen, die nicht mitmachen wollen, sollen gesetzlich verpflichtet werden, sich der Gemeinschaft solidarisch anzuschließen. Wenn das Meinung der Landesregierung ist – jetzt blicke ich die beiden Herren wieder an; jetzt sind sie aufgewacht; es geht um Privat vor Staat –, gilt diese Auffassung auch für den Fall der Rauchmelder. Dann passen auch die Argumente „Privat vor Staat“ und „überflüssige Regulierung“ nicht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Zitat von Herrn Stein aus der Anhörung schließen. Herr Stein hat für die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen gesprochen. Ich zitiere Herrn Stein mit Genehmigung des Präsidenten:
„Wir brauchen unbedingt eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Rauchmeldern in privaten Wohnungen.“ – Dem ist nichts hinzuzufügen. Meine Damen und Herren,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die antragstellende SPDFraktion hat durch Herrn Hilser zu Recht ausgeführt, dass der Einbau von Rauchmeldern in Privatwohnungen in Nordrhein-Westfalen bereits seit über zehn Jahren Thema ist. Da das richtig ist, müssen Sie sich aber auch die Frage gefallen lassen, warum Sie in den letzten zehn Jahren Ihre Verantwortung in diesem Haus und Ihre rot-grüne Mehrheit nicht genutzt haben, um hier gesetzgeberisch tätig zu werden, und das, was Sie heute für unabdingbar notwendig halten, nicht schon längst gemacht haben.
Es hat in der letzten Legislaturperiode einen fraktionsübergreifenden Konsens gegeben. Der hinter mir sitzende Präsident war an diesem fraktionsübergreifenden Konsens in seiner früheren Funktion nicht unbeteiligt. Das haben Sie offensichtlich heute aufgekündigt. Sie verfahren in dieser Frage so, wie Sie derzeit in vielen landespolitischen Fragen verfahren: konzeptlos, ziellos und namenlos.
Meine Damen und Herren, am 28. April 2006 hat eine Expertenanhörung zu diesem Thema stattgefunden. Sie haben uns vorhin beim Ladenschluss vorgehalten, wir würden die Ergebnisse von Expertenanhörungen ignorieren. Genau das Gegenteil ist der Fall: Wir schließen uns der Mehrheit der Meinungen der Experten der Anhörung vom 28. April an, die in ihrer überwiegenden Mehrheit der Auffassung waren, man solle dieses Problem der freien Initiative der Eigenverantwortung überlassen und nicht in einem Gesetz reglementieren. Dementsprechend ist das Votum dieser Sachverständigen für uns schon eine wichtige Richtschnur. Wir setzen auf Freiwilligkeit und Überzeugung. Der Bauminister und der Innenminister sind entsprechend aktiv.
Ich habe in meiner Region eine gemeinsame Aktion von Kommunen, Sparkassen und Provinzialversicherung initiiert. Diese Kampagnen zum freiwilligen Einbau von Rauchmeldern werden von
Bürgermeistern aller Couleur unterstützt. Auch sozialdemokratische Bürgermeister haben mir verschiedene Male versichert, dass eine gesetzliche Regelung in der Landesbauordnung ein nicht finanzierbares Kontrollsystem in den kommunalen Baubehörden erfordern würde.
Ich frage Sie nach der Überwachung von Regelungen, die Sie in den vergangenen Jahren in die Landesbauordnung eingeführt haben. Sie haben uns mit der „Dichtheitsprüfung“ ein faules Ei hinterlassen, was Sie in die Landesbauordnung eingebracht haben. Sie haben sich dann aber im Verlauf der Jahre nicht in geringster Weise darum gekümmert, wie ein solches Problem administriert wird. Sie haben es uns überlassen. Wir sind jetzt dabei, diese Angelegenheit im Landeswassergesetz zu regeln. Insofern ist es sehr einfach, etwas deklaratorisch in ein Gesetz hineinzuschreiben. Sie haben gezeigt, wie es dann weitergeht. Sie haben die Regelungen nicht mehr beachtet; Sie haben es laufen lassen. Insofern ist die Lösung eines deklarierten Problems nie zur Ausführung gekommen.
Vielen Dank. – Herr Schulte, würden Sie mir folgen, dass bei der jetzt laufenden Gesetzesnovellierung zur Übernahme der Dichtigkeitsprüfung privater Abwässer vom Baugesetzbuch in das Wassergesetz die Landesregierung wie bisher auf jede formalrechtliche Prüfungsmöglichkeit verzichtet?
Sie haben ignoriert, dass ich darauf hingewiesen habe, dass Sie diese Regelung bis zum 31. Dezember des letzten Jahres in keiner Weise in der notwendigen Form ausgeführt haben, obwohl Sie sie bereits zum 1. Juni 2000 in die damals neue Landesbauordnung eingebracht haben. Diese Ausführung ist jetzt unsere Sache. Wir werden uns im Zuge der Diskussion der Novellierung des Landeswassergesetzes damit auseinanderzusetzen haben.
Wir registrieren, dass auch im Bereich der Wohnungsbestände freiwillige Aktivitäten der öffentlichen und privaten Wohnungswirtschaft erkennbar werden, um insbesondere auch die gefahrenträchtigen Altbaubestände mit Rauchmeldern
Ich kann zusammenfassen: Wir setzen auf freiwillige Initiativen statt auf Bürokratie. Wir setzen auf Ordnungspolitik statt Regelungspolitik. Wir setzen auf Deregulierung statt Regulierung. In diesem Sinne werden wir die Diskussion im Ausschuss bestreiten und kommen hoffentlich zu einem baldigen Abschluss dieser in der Tat über zehn Jahre währenden Diskussion. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Natürlich würde es mich in der Tat auch reizen, dazu etwas zu sagen, Herr Abgeordneter Schulte, aber ich sitze nun einmal hier oben und gebe deswegen gern Herrn Abgeordneten Remmel das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Anmerkung: Herr Schulte, soweit ich das Thema verfolgt habe, handelt es sich in dieser Frage nicht um eine ideologische oder tiefgreifend politische Auseinandersetzung. Insofern geht der Vorwurf an die Sozialdemokraten in die falsche Richtung. Wir haben die Debatte kreuz und quer geführt. Der FDP-Minister hatte eine Verpflichtung gefordert. Das sollten wir uns an der Stelle nicht gegenseitig vorwerfen. Im Wesentlichen geht es um die Frage der Praktikabilität. An der Stelle haben wir eine ähnliche Meinung, wie Sie sie vorgetragen haben. Das ist in den letzten Debatten bereits deutlich geworden.
Über das Thema „Rauchwarnmelder“ hat der Landtag zuletzt am 19. Januar dieses Jahres aufgrund eines Antrags meiner Fraktion eine Debatte geführt. Es ist festzustellen, dass wesentliche Argumente – sowohl aus der Debatte wie aus der Anhörung – im vorliegenden Antrag nahezu keine Berücksichtigung gefunden haben. Es sind nicht nur 7 % aller Wohnungen mit Rauchmeldern ausgestattet, sondern im Jahr 2005 war bereits ein Drittel der Haushalte mit Rauchmeldern ausgestattet.
Über alle Fraktionsgrenzen hinweg besteht Einigkeit, die wir festhalten sollten, in dem Ziel, weniger Tote und Verletzte bei Wohnungsbränden zu erleiden. Nur über den Weg gibt es in der Tat unterschiedliche Auffassungen. Eine Rauchmelderpflicht zieht einen hohen bürokratischen Aufwand nach sich. Bei einer Pflicht müssten die kommunalen Bauordnungsbehörden in jede Wohnung
gehen und jeweils den Einbau sowie die Funktion des Rauchmelders überprüfen. Das heißt: Einmal im Jahr müsste in jeder Wohnung überprüft werden, ob dort die Batterien noch funktionieren.