Protocol of the Session on August 30, 2006

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europafähigkeit der Schulen zu stärken, ist unser Anliegen.

Schon in der letzten Wahlperiode haben wir das immer gefordert. Das hat aber leider bei SPD und Bündnis 90/Die Grünen kein Gehör gefunden. Deshalb haben wird einen entsprechenden Antrag jetzt selbstverständlich noch einmal neu eingebracht, da uns dieses Thema sehr wichtig ist.

Europa greift immer mehr auch auf Länderebene. Umso bedeutsamer ist es, dass wir die jungen Menschen heutzutage darauf vorbereiten und den Europagedanken auch sehr viel stärker in den schulischen Bereich mit einbinden.

Unser vorliegender Antrag weist aus unserer Sicht hierzu den richtigen Weg. Wir meinen, dass Europa in Zukunft in der schulischen, der beruflichen und der akademischen Bildung und Weiterbildung wesentlich stärker verankert werden sollte.

(Unruhe – Vizepräsidentin Angela Freimuth signalisiert, dass mehr Ruhe im Saal herr- schen sollte.)

Es wäre gut, würde ein bisschen Ruhe einkehren, weil das Thema von großer Bedeutung ist. – Daher wollen wir die Europaschulen stärken. Gott sei Dank gibt es bei uns im Land schon einige Europaschulen, die ein besonderes Profil entwickelt haben.

Wir wollen nun sehr viel mehr Schulen ermutigen, Beiträge zu leisten und sich hier noch viel intensiver einzubringen. Wir wollen interkulturelle Kompetenzen fördern und die Kenntnisse über europäische Geschichte und über den europäischen Integrationsprozess sehr viel selbstverständlicher in das Schulwissen einfließen lassen.

Zweitens fordern wir, die Fremdsprachenkompetenz zu fördern, den bilingualen Unterricht sehr viel stärker zu fördern. Mehr Sprachkompetenz ist dringend erforderlich, damit wir in Europa punkten können. Das ist, denke ich, eine wichtige Voraussetzung für das spätere Arbeitsleben. Andere europäische Länder tun sich leichter, weil sie schon viel früher, bereits im Kindergartenbereich, mit der Förderung beginnen. Bei uns ist das alles erst in den letzten Jahren stärker in die Lehrpläne eingeflossen. Es wäre aus unserer Sicht ein wichtiges Anliegen, diese Fremdsprachenkompetenz weiter zu fördern.

Wir möchten gerne, dass es zukünftig in den großen Städten eine Europaschule gibt, die den Europagedanken weiter voranbringt. Zu einem späteren Zeitpunkt kann das Ganze vielleicht zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass in jeder Schule diese Kompetenz sehr viel stärker vermittelt wird.

Drittens wollen wir diese europäischen Zusammenhänge noch stärker vermitteln und dem Einsatz von Computern und neuen Medien im Schulunterricht eine immer größere Bedeutung zukommen lassen. Wir denken, dass es wichtig ist, europäische Bildungszertifikate zu erreichen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Computerwissen auf dem europäischen Level zu erlernen. Wir wollen den Wettbewerb zwischen Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen zur Erlangung dieses Zertifikat zulassen. Wir wollen dazu beitragen, dass es in Zukunft sehr viel deutlicher wird.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Wir wollen mit diesem Antrag ein Paket schnüren, damit die Europafähigkeit in den Schulen gestärkt wird. Wir hoffen, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition auch daran interessiert sind und daran mitwirken, sodass es in Zukunft umgesetzt werden kann. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Keller. – Als nächste Rednerin hat für die weitere antragstellende Fraktion der FDP die Kollegin Pieper-von Heiden das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut drei Viertel der nationalen Gesetzgebung werden heute durch politische Entscheidungen in Brüssel bestimmt. Trotzdem schenken viele Bürger der Europäischen Union kaum Beachtung, sondern stehen ihr eher skeptisch gegenüber. Deshalb muss es unser Ziel sein, Menschen wieder mehr für Europa zu begeistern.

Die europäische Idee hat allerdings nur Zukunft und eine Chance, wenn junge Menschen Europa auch als Chance begreifen und besser auf Europa vorbereitet werden. Wo könnte das besser geschehen als in der Schule?

Europaschulen leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des europäischen Gedankens und zum besseren Verständnis europäischer Politik in der Bildung. Sie vermitteln interkulturelle Kompetenzen und fördern in vorbildlicher Weise die Kenntnisse über europäische Geschichte und

den europäischen Integrationsprozess sowie das Verständnis für die Bedeutung des europäischen Projekts im Alltag der Menschen vor Ort.

Nur wer weiß, wie in Brüssel und Straßburg politische Entscheidungen zustande kommen und wie man sich dabei selbst einbringen kann, wird tatsächlich Interesse an europäischer Politik entwickeln. Deshalb wollen wir, dass der europäische Gedanke nicht nur im Fremdsprachenunterricht eine Rolle spielt. Vielmehr muss Europa verstärkt in die Lehrpläne anderer Fächer integriert werden, vor allem in die Lehrpläne der gesellschaftlichen Fächer wie Sozialkunde, Politik, Geschichte und Erdkunde. Ebenso sollten Seminare über die Grundlagen europäischer Politik künftig auch als fester Bestandteil in die Studiengänge für angehende Lehrer von sozialwissenschaftlichen Fächern integriert werden.

Wir setzen uns in unserem Antrag außerdem dafür ein, die bereits in Nordrhein-Westfalen bestehenden Europaschulen bei dem Ausbau ihres Profils zu unterstützen und weitere Schulen zur Entwicklung eines Profils als Europaschule zu ermutigen. Nur so wird es uns gelingen, die jungen Menschen optimal auf Europa vorzubereiten. Schulen werden von diesem Angebot jedoch nur dann vermehrt Gebrauch machen, wenn der Begriff Europaschule zu einem Gütesiegel wird, wenn er dazu wird, dass man tatsächlich verstehen kann, was damit gemeint ist.

Die FDP bittet das Schulministerium deshalb, in den nächsten Monaten zusammen mit den bereits bestehenden Europaschulen Kriterien für ein solches Gütesiegel zu erarbeiten und Schulen, die sämtliche Kriterien erfüllen, dann auch als Europaschulen zu zertifizieren.

Neben der Möglichkeit zur Teilnahme an Austauschprogrammen lassen sich Fremdsprachen am besten durch bilingualen Unterricht erlernen. Ein weiterer Punkt für die Europaschulen. Dieser bilinguale Unterricht erhöht nicht nur die Sprachkompetenz, sondern befähigt Schüler dazu, fachbezogene Sachverhalte in den unterrichteten Fächern in der Fremdsprache zu verstehen und selbst darzustellen.

Die so vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten sind gerade in einem immer stärker zusammenwachsenden Europa von großer Bedeutung. Schüler erlangen hierdurch zusätzlich eine sprachliche und fachliche Qualifikation, die im späteren Arbeitsleben von unschätzbarem Wert ist und die sicherlich dazu beitragen kann und auch beitragen wird, dass es auch im Arbeitsmarkt später, also nach

Abschluss von Schule und Ausbildung, einen intensiveren Austausch innerhalb Europas gibt.

FDP und CDU möchten deshalb den bilingualen Unterricht an den weiterführenden Schulen stärken und bei der Überarbeitung der Ausbildungsordnungen bilinguale Unterrichtsangebote bereits in der Sekundarstufe I ausdrücklich vorsehen. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang der vorgezogene Beginn des Englischunterrichts bereits im zweiten Halbjahr der ersten Grundschulklasse. Doch auch im Bereich Datenverarbeitung sollte Nordrhein-Westfalen künftig stärker auf europäische Standards setzen.

Dem Einsatz von Computern und neuen Medien im Schulunterricht kommt eine immer größere Bedeutung zu. Fundiertes Wissen in diesem Bereich ist eine wichtige Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Start ins Berufleben. NordrheinWestfalen sollte deshalb seinen Schülern flächendeckend den Erwerb des europäischen Computerführerscheins, kurz ECDL genannt, mit einer anerkannten Zertifizierung nach einem erfolgreichen Abschluss ermöglichen. Derzeit arbeiten die nordrhein-westfälischen Schulen noch mit der E-Card, einem Relikt aus 39 Jahren früherer sozialdemokratischer Regierung.

(Bodo Wißen [SPD]: Wie lange gibt es denn Computer in Schulen?)

Ja, im Gegenteil zum ECDL ist E-Card sowohl in der Wirtschaft als auch jenseits der Landesgrenzen weitgehend unbekannt. Hessen und andere Bundesländer arbeiten längst mit dem europäischen Computerführerschein.

Um es auf den Punkt zu bringen: Europa ist gut für uns alle. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, junge Menschen so früh wie möglich für den europäischen Gedanken zu begeistern und auch innerhalb der Schulen alles dafür zu tun, dass dies gelingt. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper-von Heiden. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Kollegin Hendricks das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD begrüßt, wenn CDU und FDP die Landesregierung auffordern, die Europafähigkeit der Schulen zu stärken.

Ein Blick in die vergangenen Legislaturperioden zeigt, dass die europäische Dimension in der

Schulbildung immer wieder Thema dieses Hauses gewesen ist. Frau Keller, über die Fraktionsgrenzen hinweg wurde das Thema lösungs- und sachorientiert behandelt. So erinnere ich an den fraktionsübergreifenden Antrag zum Thema „Europäische Dimension in der Schulpolitik stärken – Nordrhein-Westfalen braucht mehr Europaschulen“ aus der letzten Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, mit dem heutigen Antrag bleiben Sie leider hinter unserem gemeinsamen Antrag aus dem Jahre 2004 zurück. In Ihrer Antragsbegründung stimmen Sie wieder das altbekannte Lied an, die rot-grüne Landesregierung habe die Europaschulen jahrelang vernachlässigt.

Kommen wir doch bitte endlich zur sachlichen Argumentation! Richtig ist: In allen Ländern haben die Europaschulen einen anderen Status. Am besten abgesichert sind sie in Hessen. In vielen anderen Bundesländern werden Europaschulen akkreditiert. Das heißt, der Titel muss erworben und vergeben werden. In Nordrhein-Westfalen ist der Name Europaschule nicht geschützt.

Die Schulen haben das Profil aufgrund einer Schulprogrammarbeit entwickelt. Wir haben eine ganze Reihe von sehr bekannten Europaschulen in Nordrhein-Westfalen, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind und gute Arbeit leisten. Ich erinnere an die Gesamtschule in Bornheim oder an die Gesamtschule in Köln-Zollstock. Gleichwohl, meine Damen und Herren, stimmen wir mit Ihnen überein, dass wir mit den bestehenden Europaschulen ein verbindliches und einheitliches Qualitätsprofil entwickeln sollten. Hessen oder Schleswig-Holstein könnten hier als Vorbild gelten.

Meine Damen und Herren von der CDU und FDP, Sie stellen zu Recht fest, dass es für das Zusammenwachsen der Länder der Europäischen Union unerlässlich ist, die Idee eines gemeinsamen Europas sowie eines europäischen Bewusstseins zu entwickeln.

Dass Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer von dieser Idee begeistert werden müssen, zeigen auch die Vereinbarungen von Lissabon oder die vorliegenden KMK-Richtlinien. Allerdings müsste es eigentlich Auftrag einer jeden Schule sein, jungen Menschen ein europäisches interkulturelles Bewusstsein sowie die entsprechende Sprachkompetenz zu vermitteln und sie damit für Europa zu sensibilisieren. Bilingualer Unterricht stellt dazu eine wichtige Voraussetzung dar und sollte Angebot jeder Europaschule, ja eigentlich jeder Schule sein.

Dazu hat uns die DESI-Studie noch einmal ganz wichtige Hinweise gegeben. Ich selber weiß, weil ich meine Kinder auf bilingualen Schulen gehabt habe, wie bedeutsam das Lernen von bilingualen Sprachkenntnissen ist.

Wir brauchen Konzepte, mit denen ein Fremdsprachenangebot von den Kitas über die Grundschulen zu weiterführenden Schulen aufeinander abgestimmt wird. Wir brauchen bilinguale Kindertagesstätten, nicht erst bilinguale Grundschulen. Wir brauchen weiterführende Schulen. Wir brauchen vor allen Dingen keine Finanzierungsvorbehalte, die möglicherweise durch Beschlüsse der Regierungspräsidenten kassiert werden. Ich erinnere an die Initiative der Stadt Bonn, aufgrund derer wir die bilinguale Schule in diesem Schuljahr beinahe nicht hätten auf den Weg bringen können.

Sie fordern unter anderem den europäischen Computerführerschein, weil die medientechnische Unterweisung in NRW, die als E-Card zertifiziert wird, national und international nicht anerkannt ist.

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass Sie die finanzielle Tragweite dieses Antrags bedacht haben. Denn damit verbunden ist, dass jeder Computerführerschein mit einer Prüfungsgebühr von 150 bis 200 € belegt wird. Ich persönlich sehe ein Problem dabei. Aber vielleicht haben Sie die Finanzen im Haushalt versteckt.

Ich könnte Ihnen eine Reihe weiterer Überlegungen zum Thema Europaschulen unterbreiten, zum Beispiel „Internationales“ als Kriterium in die Schulinspektion aufzunehmen.

Sie sehen: Wir begrüßen Ihren Antrag, auch wenn wir nicht in allen Punkten mit Ihnen übereinstimmen. Wir möchten Sie aber bitten, es nach Überweisung des Antrags zu ermöglichen, einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen auf den Weg zu bringen, in dem wir unser Fachwissen gerne einbringen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Löhrmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen alle, dass ich sehr gerne über Europa spreche; Frau Keller weiß das auch. Und Sie wissen auch, dass ich mich gerne zu Schule und Bildung äußere. Deswegen begrüße

ich diesen Antrag, damit wir das noch einmal tun können.

Ich muss allerdings einräumen, dass ich nicht ganz verstehe, warum dieser Antrag noch einmal eingebracht wurde. Schließlich haben wir es in der letzten Legislaturperiode – allerdings in einem recht langen Prozess – aufgrund eines ursprünglichen CDU-Antrags geschafft, einen gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen zu erarbeiten, der damals im Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie im Europa- und Eine-Welt-Ausschuss verabschiedet worden ist und meiner Meinung nach ganz gut aufzeigt, worauf es bei der Europafähigkeit der Schulen oder der europäischen Bildungspolitik ankommt.

In diesem neuen Antrag konnten Sie es sich nicht verkneifen zu versuchen, Rot-Grün eins auszuwischen. Diese Notwendigkeit erkenne ich nicht. Wir müssen beim Thema „Europa in Schulen“ bei jungen Menschen viel mehr tun. Das habe ich schon in der letzten Sitzung im Hauptausschuss betont, und da haben Sie sich dazu inhaltlich nicht sonderlich positiv verhalten. Beim bilingualen Unterricht oder auch auf anderen Feldern sind nordrhein-westfälische Schulen bundesweit führend. Insofern ziehen wir hier meines Erachtens an einem Strang.

Eines wundert mich jedoch – insofern habe ich begrüßt, was Frau Keller und Frau Pieper-von Heiden hier gesagt haben –: Diese EuropaEuphorie, die Sie hier an den Tag legen, deckt sich nicht mit den eher europakritischen Tönen, die man ansonsten zum Teil von Herrn Brockes oder von Herrn Breuer hört. Da heißt es sonst nämlich: Moment mal mit Europa! Alles soll immer 1:1 umgesetzt werden, und Europa wird oft als Bedrohung empfunden. Die Menschen verkraften nicht mehr, und auch die Erweiterung ist kritisch zu sehen. – Ich finde, da müssen Sie sich in der Koalition entscheiden.