Protocol of the Session on May 4, 2006

auftragtenwesen, mit dem die Politik Aktionismus vortäuscht, aber in der Sache nichts erledigt wird.

Der Politik nutzloser Symbole und Rhetorik stellen wir konkrete Maßnahmen entgegen, mit denen man wirklich etwas anfangen kann. In diesem Sinne wurde bereits Ende des vergangenen Jahres das erste Mittelstandspaket verabschiedet, in dem für jedermann praktisch handhabbare Maßnahmen gebündelt und umgesetzt werden.

Selbst wenn Sie, Herr Kollege Römer, eben versucht haben, das der Lächerlichkeit preiszugeben: Wir werden uns daranmachen, den Dschungel an Förderprogrammen zu beseitigen und wachstumshemmende bürokratische Regelungen einzustampfen. Das war lange überfällig. Gerade der Mittelstand muss von überbordender Bürokratie befreit werden, damit er sich wieder auf sein eigentliches Kerngeschäft konzentrieren kann. Die Bürokratie ist zu einer Bremse für Investitionen geworden.

Ob es Ihnen passt oder nicht: Wir werden dafür sorgen, dass in Nordrhein-Westfalen EU-Vorschriften nur noch 1:1 umgesetzt werden. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich Politik den Luxus erlauben konnte, aufgrund einer ideologiebehafteten Sachbetrachtung EU-Normen unserer Nachbarländer zulasten unserer heimischen Wirtschaft noch übertreffen zu müssen. Durch diese gesetzgeberischen Maßnahmen lassen sich auch ohne Haushaltsauswirkungen deutliche Impulse für eine positive wirtschaftliche Entwicklung setzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf abschließend sagen: Ohne Frage sind weitere Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik wichtig und hilfreich. Aber die aktuelle Wirtschaftspolitik stößt an die Grenzen Ihrer politischen Hinterlassenschaft, einer Hinterlassenschaft der leeren Kassen. Deshalb ist es heute wichtiger denn je, dass in der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Kurs der Umsteuerns, den die Landesregierung eingeschlagen hat, eingehalten wird, die heimische Wirtschaft weiter belebt wird, Arbeitsplätze geschaffen werden und Geld verdient wird, damit wieder Gestaltungsräume eröffnet werden, die die Zukunft der kommenden Generation sichern. Dafür wird diese Landesregierung, wird die CDUFraktion weiterhin hart arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Droste. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Priggen das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Droste, Sie waren zum Schluss ja sehr engagiert. Ich würde einleitend gerne auf die etwas traurige Realität des Einzelplans 08 zurückkommen. Ich habe den Eindruck, bei der disponiblen Masse dieses Einzelplans und der Redezeit, die wie hierauf verwenden, gibt es eine gewisse Disproportion.

(Beifall von den GRÜNEN)

Über 50 % – das haben Sie richtig gesagt – sind durch die Steinkohle gebunden. Aber auch das Gros der restlichen Mittel ist der Gestaltbarkeit durch das Parlament faktisch entzogen.

Auch die Verabschiedung und die Umsetzung der EU-Programme – Gesamtvolumen 226,3 Millionen € – und der Gemeinschaftsaufgabe – 58,2 Millionen € – sind vom Parlament überhaupt nicht nachzuvollziehen, sind nicht transparent.

Die Intransparenz wird zunehmend dadurch verstärkt, dass die EU-Programme und die Gemeinschaftsaufgabe im Zuge der forcierten Heranziehung der GA zur Darstellung der nationalen Kofinanzierung immer mehr miteinander verzahnt werden.

Wenn ich von dem verbleibenden Rest des Einzelplans die Ausgaben abziehe, die aufgrund vertraglicher Festlegung und Personalbindung, vorgegeben sind oder die wir im Konsens für solch ein wichtiges Projekt wie die PolypropylenPipeline alle tragen, dann komme ich auf einen tatsächlich disponiblen Anteil des Wirtschaftshaushaltes von ungefähr 32 Millionen €. Mehr bekomme ich dabei nicht heraus. Insofern ist das die Gestaltungsmasse, über die wir reden. Das ist für ein Parlament, das im Prinzip den Haushalt auf den Weg bringen soll, natürlich eine außerordentlich geringe Masse.

Umso wichtiger wird jenseits dessen, was an Geld da ist, das, was man aus den Einzelmaßnahmen macht, Frau Thoben. Da komme ich gleich zu ein paar kritischen Punkten.

Das Erste ist, dass wir das Thema der nationalen Kofinanzierung des Ziel-2-Programmes wie im Wirtschaftsausschuss noch einmal aufgreifen müssen. Sie haben entschieden, dass die nationale Kofinanzierung auch einen Sparbeitrag erbringen muss. Dagegen kann man im Prinzip nichts sagen. Aber die Art und Weise, wie Sie das umgesetzt haben, war aus unserer Sicht handwerklich fehlerhaft und in der Außendarstellung so unprofessionell, dass die Förderregionen in nicht unerheblicher Weise verunsichert wurden.

Sie haben zunächst die zentrale nationale Kofinanzierung im Einzelplan 08 in den Titelgruppen 80 und 88 massiv gekürzt – gemessen an den Ansätzen im Haushalt 2005 um insgesamt 17,67 Millionen €, gemessen an den im Finanztableau des Haushaltes 2005 für 2006 vorgesehenen Zielwerten um 27,07 Millionen €. Dafür haben Sie bei der dezentralen Kofinanzierung eine Mittelzuschreibung vorgenommen.

Im Grundsatz ist auch das Heranziehen von Programmen und Titeln außerhalb des Einzelplans 08 nicht neu. Neu ist das Ausmaß. Sie haben Mittel in einer Höhe von zunächst 75 Millionen € herangezogen. Das ist im Berichterstattergespräch korrigiert worden auf 58 Millionen €. Neu ist, dass die Landesregierung nicht sagen kann, in welcher Höhe diese Mittel konkret und wo erbracht werden sollen. Stattdessen verweisen Sie lediglich auf den Haushaltsvollzug. Neu ist die pauschale Ankündigung, die Eigenanteile anderer öffentlicher Träger erhöhen zu wollen. Sie wissen, die Haushaltssituation der Kommunen, besonders der Kommunen unter Haushaltssicherung, ist außerordentlich kritisch. Und Sie wissen, dass diese Kommunen die zusätzlichen Lasten gar nicht werden stemmen können.

Das ganze Kofinanzierungschaos gipfelt im Eingeständnis, dass letztendlich 10 Millionen € fehlen und Sie einen Antrag bei der EU-Kommission gestellt haben, bei der Darstellung der nationalen Kofinanzierung auch private Mittel berücksichtigen zu wollen. Das ist ein Antrag, der von der Kommission bis heute nicht positiv beschieden wurde. Das heißt, bis heute wissen wir nicht, ob 10 Millionen € bei der nationalen Kofinanzierung fehlen oder nicht.

Das heißt in dem Bereich: Absichtserklärungen, Verweise auf den Haushaltsvollzug, Ankündigung imaginärer Drittmittel. Das sind die Pfeiler, auf denen Sie diesen Teil aufbauen, und das ist ein brüchiges Fundament.

Ich will noch zwei, drei Punkte ansprechen, die Sie angekündigt haben, die nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen, wo aber aus meiner Sicht die Bilanz nach einem Jahr eher dürftig oder kritisch ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben angekündigt, „Startercenter“ einzurichten – das neue Gründungskonzept der Landesregierung. Damit sind wir im Prinzip einverstanden, weil die Zielsetzung, Gründung zu beschleunigen und bürokratischen Aufwand für die Gründer zu entschlacken, vernünftig ist. Was ist dabei herausgekommen? Die bisherige Umsetzungsbilanz

dieses Projektes ist eine Aneinanderreihung von Pannen: vollmundig angekündigt als neue Partnerschaft mit den Kammern, danach eine bitterböse Reaktion in den Kommunen – nicht parteipolitisch motiviert in roten oder rot-grünen Kommunen, sondern auch in Ihren eigenen – und deswegen ein Rückrudern. Selbstverständlich sollten die kommunalen Wirtschaftsförderungsstellen einbezogen werden.

Dann hatten Sie eine Pressekonferenz angekündigt. Da sollte die neue Präsentation dieses Konzeptes vorgestellt werden. Am Tag der Pressekonferenz ist sie abgesagt worden mit der Begründung, mit einem Partner bestehe noch Abstimmungsbedarf. Das ist jetzt zwei Monate her, und nichts ist seitdem geschehen. Das heißt, man ist nicht weiter. Das sind handwerkliche Mängel; das hat nichts mit knappen Haushalten zu tun.

(Beifall von der SPD)

Es gibt Handlungsbedarf, um das klar zu sagen. Es gibt Handlungsbedarf bei Angeboten für Gründer und Gründerinnen und junge Unternehmen in der Nachgründungsphase. Wir haben das auch in einer Anhörung thematisiert.

Es gibt Handlungsbedarf bei der konkreten Hilfestellung für sogenannte Restarter, also diejenigen, die, nachdem es einmal schief gelaufen ist, eine zweite Chance nutzen und aus den Erfahrungen lernen wollen.

Es gibt Handlungsbedarf in Bezug auf die Forcierung technologieorientierter Gründungen über „Pfau“ und das Instrument des Hochschulgründungsfonds hinaus.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Ja!)

Und es gibt Handlungsbedarf in Bezug auf eine möglichst flächendeckende Einrichtung oder Weiterentwicklung von Gründungspartnerschaften zwischen Hochschulen, Kammern und kommunalen Wirtschaftsförderungsstellen.

Dafür brauchten wir etwas. Da sind Sie, obwohl Sie es sehr schnell angekündigt haben, lange im Verzug.

Unter die Rubrik „Ankündigungen“ fällt auch, dass Sie uns seit Monaten ein neues Außenwirtschaftskonzept angekündigt haben, das bisher aber weder dem Ausschuss noch der Öffentlichkeit vorgelegt haben. Ich habe ja Verständnis für fünf, sechs Monate Einarbeitungszeit. Aber in diesem Monat sind die Wahlen ein Jahr her und Sie sind ein Jahr tätig. Jetzt müsste das, was Sie alles angekündigt haben, in eine konkretere Phase kommen.

Zur Meistergründungsprämie: Sie setzen die Mittel herauf. Die Meistergründungsprämie ist zwischen uns ja gar nicht strittig. Sie ist von einem SPD-Wirtschaftsminister eingeführt worden, es ist ein vernünftiges Instrument. Aber was Sie jetzt machen, ist eine Überhöhung der Mittel, die nicht dem realen Bedarf entspricht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es sind 6,1 Millionen € angesetzt worden. Damit ließen sich 1.220 Meistergründungsprämien bezahlen. Wir reden an der Stelle nur von Meistergründungen in Nicht-Ziel-2-Gebieten. 2004 sind 538 Meistergründungsprämien ausgezahlt worden, 2005 waren es 650. Die da angesetzte Zahl von 1.220 ist aus unserer Sicht deutlich überhöht.

Deswegen haben wir einen konstruktiven Vorschlag in den Ausschussberatungen gemacht und gesagt: Lasst uns die Meistergründungsprämie ausweiten – über diejenigen, die einen Meisterbrief haben, hinaus auf diejenigen, die nach der Handwerksordnungsnovelle am 1. Januar 2004 entsprechend der §§ 7b und 8 der Handwerksordnung die Befähigung und die Berechtigung haben, ein Handwerk zu gründen. Das heißt, auch diejenigen sollten in den Genuss der Meistergründungsprämie kommen und dadurch neue Arbeitsplätze und Betriebe schaffen. Das haben Sie bedauerlicherweise abgelehnt. Wir hätten die beiden Titel natürlich auch gegenseitig deckungsfähig gemacht; denn wenn man einen solchen Ansatz macht, dann sollen die Mittel auch abfließen, dann sollen Gründungen stattfinden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Eine weitere Bemerkung zum Handwerksrecht; das hat der Kollege Römer aus meiner Sicht eben völlig richtig angesprochen! Jetzt tue ich Ihnen weh, ich habe es Ihnen schon einmal im Ausschuss gesagt: Mir kommt es manchmal so vor, als ob Sie den Einfluss, den früher die IG BCE hatte, jetzt durch den Einfluss von Kammern und Verbänden ersetzen. Und Sie machen es immer wieder!

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will es klar sagen: Das eine hat mir nicht gepasst; ich finde das andere in der Sache auch nicht richtig, und Sie werden auf lange Sicht damit scheitern.

Was Sie jetzt im Handwerksrecht machen, dass Sie demjenigen Interessenverband, der die Interessen seiner Mitglieder vertritt, praktisch die Rechtsposition an die Hand geben, über die Neuaufnahme, über das Neutätigwerden von Leuten zu entscheiden, ist aus meiner Sicht nicht richtig.

Das wird nicht zu der notwendigen und begrüßenswerten weiteren Zahl von Neugründungen führen, sondern das reglementiert das eher. Das ist eine staatliche Aufgabe; die sollte da entschieden und nicht an andere delegiert werden, die damit in einen permanenten Interessenkonflikt kommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es gibt einen weiteren Punkt: Hessen hat im Bundesrat einen Antrag gestellt, der in den nächsten Wochen auch Ihre Positionierung erfordert. Er geht noch weiter. Er möchte die Zuständigkeit in Bezug auf § 16 Abs. 3 der Handwerksordnung auch den Kammern übertragen. Das heißt, die Handwerkskammern werden zukünftig dafür zuständig, die Fortführung eines Betriebes untersagen zu können. Das ist aus meiner Sicht auch rechtlich außerordentlich zweifelhaft.

Nach meinem Rechtsverständnis, um das auf der Ebene einmal zu vergleichen, würde das heißen, dass die RAG auch in Zukunft die Genehmigung bekäme, ihre Zuwendungsbescheide selbst zu prüfen.

Es kann nicht sein, dass die Handwerkskammern prüfen, ob jemand einen Betrieb aufgeben muss. Wer übernimmt, wenn es zu Rechtsstreitigkeiten kommt und an der Stelle positiv im Sinne der Betroffenen entschieden wird, die Haftung? Machen Sie das? Oder muss das jemand anderes machen?

Dieses sind aus meiner Sicht eine Menge kritischer Punkte.

Letzter kritischer Punkt, den ich ansprechen möchte: Sie wollen infolge der Aufhebung des Tarifvertragstreuegesetzes auch Ausschreibungsgrenzen und Ausschreibungsmodalitäten massiv ändern. Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass man beim Tarifvertragstreuegesetz bei bestimmten Positionen die Untergrenze ändert. Aber dass Sie in Zukunft bei einem Auftragswert bis zu 30.000 € zu einer freihändige Vergabe ohne Einzelbegründung kommen und keine Ausschreibung mehr vorschreiben wollen, ist angesichts der vielen Erfahrungen, was Korruption und anderes angeht, nicht zu verantworten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist auch nicht Bürokratieabbau. Das führt zu Willkür und Hoflieferantentum; denn die Auftragsgrenze von 30.000 € deckt im Lieferungs- und Dienstleistungsbereich praktisch das Gros der Aufträge ab. So etwas sollten Sie an der Stelle nicht machen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Kollege Brockes das Wort.