Protocol of the Session on December 17, 2009

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Ellerbrock das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer die Reden des Kollegen Römer von gestern und von heute gehört hat,

(Frank Sichau [SPD]: Der ist überzeugt!)

muss sich fragen, was das soll.

(Beifall von der FDP)

Welch Schwachsinn – entschuldigen Sie, dass ich das so deutlich sage –, es ist, mit dem Kollege Römer uns hier belästigt, will ich nur an einem Punkt aufzeigen. Er wendet sich heute dagegen, dass § 26 Landesentwicklungsprogrammgesetz gestrichen werden soll.

(Svenja Schulze [SPD]: Lesen Sie den Ent- wurf doch erst einmal!)

Das ist des Teufels, hat er gerade gesagt. Gestern hat er einen Antrag unterstützt, dieses Gesetz in den Wirtschaftsausschuss zurück zu überweisen, wusste aber offenbar nicht – das Schlimme ist, dass er über Sachen redet, die er nicht weiß –, dass damit das gesamte Landesentwicklungsprogrammge

setz am 31. Dezember 2009 hinfällig geworden wäre, also die §§ 1 bis 38 LEPro gestrichen worden wären und nicht nur § 26 LEPro.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Das liegt daran, dass Sie das Ding benutzen! Das haben Sie doch aus ganz anderen Gründen einge- bracht!)

Entweder muss er dem Gesetz jetzt zustimmen, weil er das auch gestern gewollt hat,

(Beifall von der FDP)

oder er weiß nicht, wovon er redet. Ich glaube, er hat da eine kongeniale Zusammenführung von Nichtwissen und Dummheit an den Tag gelegt. Das ist eine seltene Dummheit, die hier gelaufen ist.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von Oliver Wittke [CDU])

Herr Wittke, ich bin am Rande des Ruhrgebiets groß geworden, weshalb ich in meiner etwas zurückhaltenden Art nicht ganz so deutlich bin wie Sie. Aber recht haben Sie.

Meine Damen und Herren, warum haben wir eigentlich vorgesehen, § 26 aus dem Landesentwicklungsprogrammgesetz herauszustreichen? Das Gericht hat einen interpretationsfreien Hinweis geliefert.

Die Ziele der Umweltpolitik hinsichtlich der Energieversorgung sind auch in dem nachgelagerten Landesentwicklungsplan verankert und haben Bindungskraft. Wir wissen alle, dass wir Landesentwicklungsplan und Landesentwicklungsprogrammgesetz zusammenführen wollen. Auch zu meinem Bedauern dauert das länger als gedacht; das ist aber nun einmal so.

Das Gericht hat nun auf die Passage in § 26 LEPro hingewiesen, nach der heimische Energieträger eine ganz besondere Bedeutung haben. Der auch darauf gestützte Gerichtsbeschluss hat den Baustopp nach sich gezogen. Da wir zur Kohlekraft und zu einem modernen, effizienten und umweltgerechten Referenzkraftwerk, dessen Technik wir exportieren wollen – mit ihr wollen wir den Schwellen- und Entwicklungsländern die Möglichkeit geben, ihren Energiehunger auf umweltgerechte Art und Weise zu befriedigen –, ja sagen, müssen wir auf den Gerichtsbeschluss Rücksicht nehmen und werden daher den Begriff „einheimische Energieträger“ aus dem Gesetz streichen. Wenn wir den Landesentwicklungsplan ändern wollen, müssen wir § 26 LEPro streichen und damit die Bindung bei der Änderung des Landesentwicklungsplans aufheben. Dieses ist planerisches Klein-Klein und überfordert Ihren Horizont, Herr Römer. Das ist bedauerlich.

Damit möchte ich enden. Schönen Dank und frohe Weihnachten!

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Priggen.

Liebe Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Holger Ellerbrock, werde doch einmal ein bisschen ruhiger. Das, was Du eben über Norbert Römer gesagt hast, überschreitet doch wirklich die Grenze. Überlege bei aller Hitzigkeit der Diskussion einmal, ob das, was Du zu Anfang gesagt hast, noch einem anständigen Umgang miteinander entspricht.

(Beifall von GRÜNEN und Thomas Eiskirch [SPD])

Zur Sache. Wir reden hier über ein unglaublich aktuelles Thema, weil gleichzeitig mit dieser Debatte in Kopenhagen die Schlussrunde der Weltklimaschutzverhandlungen stattfindet; diese drohen zu scheitern. Sie scheitern, weil wichtige Industrieländer und auch wichtige Schwellenländern nicht bereit sind, die Zusagen zu machen, die es brauchte, um zu einem Abkommen zu gelangen.

Wenn man verstehen will, warum diese Gespräche scheitern, dann muss man sich das Handeln dieser Landesregierung anschauen, denn dieses ist ein guter Beleg für unglaubwürdiges Handeln.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nordrhein-Westfalen hat CO2-Emissionswerte von 16 t pro Einwohner und Jahr; Indien kommt auf 1 t pro Einwohner und Jahr. Die Bundesregierung spricht von einer CO2-Reduktion um 40 % in nur zehn Jahren und tritt in Kopenhagen mit der Forderung von 80 % bis 95 % Reduktion in den nächsten vier Dekaden an. Vor dem Hintergrund unserer Kraftwerksstruktur, Herr Kollege Hegemann, bedeutet das Folgendes: Zwei Drittel unserer Emissionen kommen aus unseren Stein- und Braunkohlekraftwerken. Wenn die Bundesregierung 40 % Reduktion in zehn Jahren fordert und wir bei 16 t CO2 pro Einwohner und Jahr liegen, können wir doch nicht die Emissionskapazitäten in den nächsten Jahren erhöhen. Das passt doch nicht zueinander.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir können darüber streiten, wie schnell wir die Emissionen senken; da können wir über Prozentzahlen streiten. Aber, Herr Hegemann, die Bundesregierung kann nicht in Kopenhagen eine Reduktion von 40 % oder 80 % diskutieren, wenn das größte Industrieland der Republik, die siebgrößte Wirtschaftsnation Europas und die siebzehntgrößte Wirtschaftsnation der Welt sagt: Das ist uns egal, wir erhöhen die Emissionen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie sind zwischen 2005 und 2007 um 8 Millionen t erhöht worden. Jetzt können Sie natürlich sagen, dass das zum Teil der Konjunktur geschuldet ist. Aber trotzdem sind die Emissionen nicht nach unten gegangen. Ich kann Ihnen gerne die laufenden Kraftwerksneubauten aufzählen. Als Techniker würde es mir noch einleuchten, wenn man ein 50 Jahre altes Kraftwerk vom Netz nimmt, dafür ein neues baut und bei gleicher Kilowattstundenzahl 30 % weniger Kohle braucht und damit die CO2Emissionen um 30 % senkt. Genau das geschieht aber nicht.

In Walsum gibt es bei 850 Megawatt keinerlei Abschaltung. In Lünen gibt es bei zwei Kraftwerksblöcken gleicher Größenordnung ebenfalls keine Abschaltung. Für zwei im Bau befindliche Blöcke von 850 Megawatt in Hamm wird auch nichts abgeschaltet. In Krefeld kann erst gar nichts abgeschaltet werden, weil der Bauherr gar keine Altanlagen hat. In Herne wird ebenfalls nichts abgeschaltet. Und um das Mogelpaket Datteln einmal deutlich zu machen: Da reden wir über Altanlagen mit 300 Megawatt, die abgeschaltet werden, und über Anlagen mit einer Leistung von 1.050 Megawatt, die neu gebaut werden sollen. Das ist das Dreifache! Das als Klimaschutz zu verkaufen, ist unglaubwürdig. Und das haben Ihnen in der letzten Woche 50.000 Menschen über das Internet bestätigt.

(Beifall von den GRÜNEN – Holger El- lerbrock [FDP] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

Sofort, Herr Ellerbrock. Ich will nur noch ein paar Worte sagen.

Aus dem Landesentwicklungsprogramm streichen Sie § 26, streichen Klimaschutzziele, streichen Kraft-Wärme-Kopplung, streichen erneuerbare Energien, streichen Effizienz. Das ist das Gegenteil von dem, was in Kopenhagen diskutiert wird und was notwendig wäre.

Ich habe Verständnis dafür, dass der Punkt „heimische Steinkohle“ vor dem Hintergrund der langen Diskussionsprozesse angepasst werden muss, weil man in der Verhandlung mit der Bundesregierung zu anderen Ergebnissen gekommen ist, aber kein Verständnis dafür, das die in § 26 benannten anderen Ziele – und das vor dem Hintergrund der Ziele der Bundesregierung – gestrichen werden.

Und wer den Entwurf für die Änderung des Landesentwicklungsplans gesehen hat, kriegt doch das kalte Grausen. Der kann doch nicht sagen: Das ist ambitionierter Klimaschutz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie fahren netto die Linie: Die Kapazität wird ausgebaut. – Das ist unglaubwürdig, weil das neu Gebaute 40 Jahre läuft. Das wissen wir alle. Das passt nicht. – Kollege Ellerbrock hatte eine Frage, wenn das noch geht.

Aber selbstverständlich. Wenn der Redner das zulässt, hat nun Kollege Ellerbrock die Gelegenheit zu einer Zwischenfrage.

Gerne.

Bitte schön.

Herr Kollege, ich stelle Ihre Auflistung von im Bau befindlichen Kraftwerken und deren Emissionen überhaupt nicht infrage; das akzeptiere ich. Aber stellen Sie doch bitte den Zusammenhang zwischen diesen Kraftwerken und dem auf Europa bezogenen Emissionshandelssystem dar. Dann haben wir doch eine ganz andere Diskussionsgrundlage.

Das will ich Ihnen gerne darstellen. Es hat mich wirklich aus den Schuhen gehauen, dass Sie mit dieser neuen Mogelpackung angekommen. Sie sagen: Wir können in NordrheinWestfalen neue Kraftwerke zubauen, wir erhöhen die Emissionen und gehen in den nächsten Dekaden nicht 30, 40 oder 50 % herunter, wie die Bundesregierung fordert, sondern wir bauen alles zu, weil in Europa dann irgendwo etwas anderes abgeschaltet werden muss. – Das ist genau das, was ich meine: Die Industrieländer sind in Kopenhagen nicht bereit, ihren Lastenanteil zu übernehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das siebzehntgrößte Industrieland der Welt erhöht die Emissionen, weil diese Kraftwerke einen Standortvorteil für uns bedeuten, während sie in Griechenland, in Spanien und in Portugal abgeschaltet werden. Das verkennt jede politische Realität der weiteren Emissionsentwicklung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist unehrlich und unsauber. Es passt auch nicht zu dem, was Kollege Wittke gestern zum französischen Importstrom gesagt hat. Wir sind ein Exportland in der Größenordnung von vier Kraftwerken. Wer heute Morgen Radionachrichten gehört hat, weiß: Die Franzosen brauchen im Moment 7.000 Megawatt Importleistung, weil sie mit ihren Sachen nicht klarkommen.

Sie sind dabei, Nordrhein-Westfalen in der Kraftwerksleistung weit über den jetzigen Stand hinaus zu stärken und sie zu erhöhen, nur um sich dadurch Vorteile zu verschaffen. Wir werden nicht bei 16 t pro Einwohner und Jahr stehen bleiben, sondern in Richtung 20 t und mehr gehen. Das ist vor dem Hintergrund von Kopenhagen beschämend. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)