Der Solidaritätszuschlag, Frau Löhrmann, ist eine Ergänzungsabgabe des Bundes nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG. Das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag steht somit allein dem Bund zu. Die Einnahmen sind nicht zweckgebunden.
Eine Bindung an den Aufbau Ost gibt es somit nicht. Schon deshalb können die Einnahmen nicht überschüssig sein, wie Sie es schreiben.
Ein Blick auf den Bundeshaushalt lehrt: Auch der Bundesfinanzminister muss froh sein um jeden Cent, der zusätzlich in seinen Haushalt fließt. Hin und wieder sollten Sie auch einmal eine Gesamtschau vornehmen, Frau Löhrmann.
Der im Jahre 2001 geschlossene Solidarpakt für den Aufbau Ost stellt eine Verpflichtung des Bundes fest, den neuen Ländern für den Aufbau Ost insgesamt 156,5 Milliarden € aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung zu stellen. Die Verpflichtung zur Zahlung dieser teilungsbedingten Sonderlasten der ostdeutschen Länder besteht unabhängig vom Solidaritätszuschlag. Das müssten Sie wissen, Frau Löhrmann. Ein Zusammenhang ist hier also nicht gegeben. Der im Antrag skizzierte Bildungssoli ist somit ein Phantasieprodukt im rechtsfreien Raum.
Auch soweit der Antrag die jederzeit rechnerisch zu belegende Steigerung der Bildungsausgaben kleinzureden versucht hat, ist dies nicht nachvollziehbar, auch wenn Sie sich darum kräftig bemühen. Trotz der Zusatzbelastungen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise – das haben wir vorhin festgestellt – waren die finanziellen Rahmenbedingungen für Bildung in Nordrhein-Westfalen noch nie so gut wie heute. Das war ganz besonders zur Regierungszeit von Rot-Grün nicht der Fall. Hier wurde – offensichtlich möchten das die Antragsteller gerne vergessen – erstens ein Studienbeitragsgesetz verabschiedet, das erst von der jetzigen Landesregierung sozialverträglich umgestaltet werden musste. Die von Rot-Grün beschlossene Einführung von Studienbeiträgen im Jahr 2003 – Herr Trampe-Brinkmann, vielleicht können Sie sich daran sogar noch erinnern – war sozial nicht verträglich. Deshalb haben wir die Regelungen umgestaltet. Aber – daran will Rot-Grün ungern erinnert werden – sie ist nicht von dieser Landesregierung originär eingeführt worden.
Gleichwohl, meine Damen und Herren, stehen wir zu Studiengebühren und halten sie sozial ausgestaltet für notwendig und richtig zur weiteren Verbesserung der Studienbedingungen. Die steigenden Studentenzahlen geben uns sogar recht. Selbst dieses Argument, das Sie immer wieder anführen, nämlich
dass sich Studenten durch Studiengebühren vom Studium abhalten lassen, ist in sich total zusammengebrochen.
Auf das Konto von Rot-Grün geht – zweitens – die sträfliche Vernachlässigung von Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten bei den Hochschulimmobilien, auf die wir mit dem Hochschulmodernisierungsprogramm reagiert haben: 5 Milliarden € setzt die Landesregierung bis 2015 zur Beseitigung der rot-grünen Erblasten bei den Hochschulimmobilien ein.
Danke, Herr Minister. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass mit der neuen HIS-Studie für Nordrhein-Westfalen festgelegt wird, dass der prozentuale Anteil der Studenten, die in diesem Jahr die Studienberechtigung erlangt hat, absinkt und insbesondere bei jungen Frauen vor dem Hintergrund der Überlegung, Studiengebühren zahlen zu müssen, der Prozentsatz deutlich abnimmt?
Ich bleibe dabei: Die steigenden Studentenzahlen – das hat auch Prof. Pinkwart hier vorgetragen – geben ganz eindeutig unserem sehr sozialverträglichen Studiengebührensystem recht. Sie haben dauernd versucht zu erklären, die Zahl der Studienanfänger sinke. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Wir können uns gerne auch noch einmal separat über die HIS-Studie unterhalten, Herr TrampeBrinkmann.
Wir sprechen jetzt über das Hochschulmodernisierungsprogramm. Wir modernisieren die Hochschulimmobilien und passen sie an die neuen Anforderungen an. Auswahl und Reihenfolge der Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen wurden dabei in einem intensiven und kooperativen Abstimmungsprozess mit Hochschulen, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb sowie der Landesregierung erarbeitet. Sie sind in den zwischen den Beteiligten beschlossenen Modernisierungsvereinbarungen festgehalten.
Mit der Gründung von drei neuen Fachhochschulen, dem Ausbau von acht bereits bestehenden Standorten sowie der Errichtung der ersten Fachhochschule für Gesundheitsberufe hat die Landesregierung zusätzliche Studienplätze geschaffen und schafft sie weiter. Hiermit reagiert sie nicht nur auf die allge
mein steigenden Studienanfängerzahlen, sondern trifft auch Vorsorge für die Aufnahme der doppelten Abiturjahrgänge. Wir bereiten uns systematisch auf das Jahr 2013 vor.
Durch die Schwerpunktsetzung bei den sogenannten MINT-Fächern wird gezielt die gestärkte Nachfrage nach hochqualifizierten Ingenieurinnen und Ingenieuren berücksichtigt. Das wird langfristig das Wirtschaftswachstum in unserem Land stärken.
Bildung, meine Damen und Herren, ist eben eine Kompetenz dieser Landesregierung. Das zeigt sich in vielen weiteren Punkten. Dabei denke ich an das Stipendienprogramm, das der Kollege Pinkwart aufgelegt hat und das jetzt im Bund nachvollzogen wird. Ich denke auch an den Hochschulpakt 2020, den wir kofinanzieren und damit den Hochschulen die Möglichkeit geben, sich zeitnah und gezielt auf die steigenden Studienanfängerzahlen vorzubereiten. Ich denke an das „Programm zur Förderung der Rückkehr des wissenschaftlichen Spitzennachwuchses aus dem Ausland“.
Meine Damen und Herren, Zahlen überzeugen meistens. Im Entwurf des Landeshaushalts 2010 werden die Mittel für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie um rund 3,9 % bzw. 217 Millionen € aufgestockt. Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf 2010 damit rund 5,8 Milliarden € für die Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Nordrhein-Westfalen vor.
Sie wissen, dass wir die Mittel für Schule und Weiterbildung steigern, dass die Mittel für die frühkindliche Erziehung um 81,5 Millionen € erhöht werden, dass wir die Betreuungsplätze um 14.500 noch einmal steigern – darüber wurde im Rahmen des Tagesordnungspunktes 2 intensiv diskutiert – und dass wir 8.124 zusätzliche Lehrerstellen schaffen.
Das kostet alles viel Geld, meine Damen und Herren. Deshalb habe ich zu Recht gesagt, der Haushaltsentwurf 2010 ist in Anbetracht der schwierigen Lage expansiv ausgelegt. Das ist gut so. Das nimmt Ihnen natürlich aber auch die Möglichkeit, in diesen Feldern irgendwie gegen uns zu argumentieren.
Ich rate Ihnen deshalb – wenn ich mir das erlauben darf – zu weniger Populismus, zu mehr Sachlichkeit, vor allem dazu, die aktionistische Vermengung von Themen nicht weiter fortzusetzen.
Das kostet nur unnötig Zeit, Frau Löhrmann – Zeit, die man sicherlich sinnvoller einsetzen könnte. – Herzlichen Dank.
(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wenn Sie nicht so viel reden wür- den, kämen wir mehr voran!)
Danke schön, Herr Finanzminister. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/10152 an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Die Forderungen der Studierenden ernst nehmen“ – da fällt mir gerade ein, was Herr Finanzminister Linssen vorgetragen hat. All diese Wohltaten, die er meint, verkünden zu müssen, scheinen bei den Kunden nicht anzukommen.
Bereits am 25. Juni dieses Jahres war der Bildungsstreik Tagesordnungspunkt einer Plenardebatte des Landtages von Nordrhein-Westfalen. Zu diesem Zeitpunkt waren Schülerinnen und Schüler sowie Studierende in Nordrhein-Westfalen zu Tausenden auf der Straße und forderten zu Beginn des Sommersemesters 2009 ihr Recht auf Bildung und demonstrierten gegen Turboabitur, Kopfnoten und Studiengebühren. Bereits damals sagte Minister Pinkwart: Wir sind offen für Verbesserungsvorschläge.
Das war aus unserer Sicht ein gutes Signal. Bildungspolitiker aus Bund und Ländern sprachen sich für schnelle Lösungen aus.
Nur: Wenn wir Bilanz ziehen, so geschah nichts oder nur sehr wenig. Man hatte den Eindruck, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die Proteste einfach ignoriert und ausgesessen hat.
Meine Damen und Herren, die erneuten massiven Streiks und Besetzungen von Hörsälen in unseren Hochschulen haben dazu geführt, dass Finanz- und Bildungspolitiker von Bund und Ländern über die geforderte Nachbesserung bzw. Reform der Reform des Bologna-Prozesses zumindest nachdenken. Es muss etwas passieren! Die Umsetzung der Bologna-Reform an den Hochschulen muss überarbeitet, muss reformiert werden.
Meine Damen und Herren, wer den Weg an die Hochschule einschlägt – wir fordern möglichst viele junge Menschen auf, dies zu tun –, sollte auch die Chance haben, vernünftig zu studieren. Hier muss die Landesregierung die Rahmenbedingungen schaffen und den Hochschulen Hilfestellung leisten. Die Landesregierung und der zuständige Minister sind in der Verantwortung und nicht Zuschauer, meine Damen und Herren.
Schlecht umgesetzte Bachelor- und Masterstudiengänge haben für die Studierenden schwerwiegende Auswirkungen, führen oft zum Abbruch des Studiums. Die Studierenden brauchen mehr Freiräume – dies auch, weil zwei Drittel der Studierenden neben dem Studium einem Nebenjob nachgehen müssen, um sich zu finanzieren.
Bitte? – Fragen Sie doch ordentlich, dann antworte ich Ihnen auch. – Sie müssen sich verschulden, um überhaupt studieren zu können.
Auch der Wechsel zu einer anderen Hochschule ist noch immer wegen fehlender gegenseitiger Anerkennung von Leistungen nicht möglich.
Meine Damen und Herren, NRW belegt beim Ländercheck, bei der Studie des Stifterverbandes zum Bologna-Prozess, bei der Mobilität den letzten Platz.
Es ist mehr als verständlich, dass sich die Studierenden diesem Druck nicht mehr beugen wollen. Minister Pinkwart muss endlich verstehen, worum es den Studierenden eigentlich geht, statt sie – zumindest war das in der ersten Reaktion so zu vernehmen – zu beschimpfen.
Zum einen müssen Studiengebühren wieder abgeschafft werden, zum anderen muss die schwarzgelbe Landesregierung ihr Versprechen einhalten, dass diese zusätzlichen Einnahmen zur Verbesserung der Lehre führen. Genau das tun sie aber häufig nicht, weil Studiengebühren nur die unzureichende Landesfinanzierung kompensieren. Das belegt auch die Studie des Deutschen Stifterverbandes und des Studentenwerks, die heute schon Thema war. Die Studierenden aber haben ein Recht auf eine verlässliche und angemessene staatliche