Protocol of the Session on June 25, 2009

Frau Kollegin!

Wir sind für einen Stopp. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Die Fraktionen haben ihre Redezeiten fast vollumfänglich ausgeschöpft.

Wir sind damit am Schluss der Beratungen und kommen zur Abstimmung über den Eilantrag Drucksache 14/9460. Über diesen Eilantrag ist

direkt abzustimmen. Ich bitte um ein Votum des Hauses: Wer für den Inhalt des Eilantrages votieren möchte, den darf ich jetzt um das Handzeichen bitten. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Eilantrag mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gegen die anwesenden Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Abwesenheit des Abgeordneten Sagel abgelehnt.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

5 Umweltfolgen des Flugverkehrs reduzieren – Anwohnerinnen und Anwohner besser schützen – Subventionierung des Flugverkehrs beenden

Große Anfrage 28 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8594

Antwort der Landesregierung Drucksache 14/9248

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Becker das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlässlich der Großen Anfrage zum Luftverkehr, die unsere Fraktion gestellt hat, ging es auch um die Frage, ob es einen fairen und angemessenen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen und verkehrlichen Erfordernissen auf der einen Seite und den berechtigten Belangen von Anwohnerinnen und Anwohnern auf der anderen Seite gibt. Es hat mich – wenn man es in der Sache hinterfragt – einigermaßen überrascht, dass die Landesregierung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass dieser Ausgleich stattfinde, und zwar alleine schon dadurch, dass es Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren gebe.

Jeder, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, weiß, dass es eine Reihe von Flughäfen gibt, die nie ein Planfeststellungsverfahren gehabt haben und bei denen das Genehmigungsverfahren alleine daraus bestanden hat, dass zwei Wochen vor den Inkrafttreten des Luftverkehrsgesetzes in den 50erJahren die Flughäfen von Militärflughäfen in Zivilflughäfen gemacht worden sind.

Abseits dieser Frage ist festzustellen, dass die Landesregierung bei der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich gemacht hat, dass sich Ihre Politik im Luftverkehrsbereich ausschließlich an den Interessen der Luftverkehrslobby ausrichtet.

(Christof Rasche [FDP]: Meine Güte!)

Die Interessen der Lärmbetroffenen hingegen werden völlig ausgeblendet.

Meine Damen und Herren, das zeigt sich an den deutlichen Zunahmen im Luftverkehr am Flughafen Düsseldorf in den lärmsensiblen Nacht- und Abendzeiten. Es zeigt sich im Zusammenhang mit der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Düsseldorf. Es zeigt sich übrigens auch für den Flughafen Köln/Bonn und die Verlängerung der Nachtflugregelung bis zum Jahre 2030. Bei Köln/Bonn zeigt es sich natürlich auch darin, dass immerhin vor zwei Jahren ein Beschluss gefasst worden ist, in dem das Parlament einstimmig dazu aufgefordert hat, die Durchsetzung des nächtlichen Passagierflugverbotes zu prüfen und voranzutreiben. Allerdings ist bis heute nichts geschehen.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Meine Damen und Herren, wir könnten die Flughäfen einzeln durchgehen. Mit Blick auf den Kollegen Wißen will ich ganz deutlich sagen, dass sich das auch beim Flughafen Weeze zeigt, wo sich die Bezirksregierung als Luftverkehrsgenehmigungsbehörde für das Land ganz eindeutig und belegbar an den Interessen der Firma Ryanair ausgerichtet hat und es nunmehr dem Kläger überlässt, erneut zu klagen, obwohl ganz offensichtlich ist, dass das Urteil nicht eingehalten worden ist.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ignoriert insbesondere an den Standorten Köln/Bonn und Düsseldorf, dass die Lärmbelastungen schon heute ein Ausmaß erreicht haben, das in der Lärmforschung als ganz klar gesundheitsbeeinträchtigend bezeichnet wird. Ich will es noch einmal verdeutlichen: In Düsseldorf werden über 15.000 Menschen im Mittel mit einem Pegel von 60 dBA belegt. In Köln/Bonn sind es immerhin rund 45.000 Menschen, die in der Nacht im Mittel mit einem Pegel von über 50 dBA belastet werden.

Die Landesregierung verharmlost in diesem Zusammenhang in ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage ganz deutlich die besonderen Lärm-, Umwelt- und Klimabelastungen durch den Luftverkehr. Dass sich die Landesregierung bis heute weigert, zum Thema „Lärm“ eine eigene epidemiologische Studie zum Beispiel für Köln/Bonn im Zusammenhang mit dem Nachtflug durchzuführen, sich aber gleichzeitig immer dahinter versteckt, dass keine Erkenntnisse über Gesundheitsbeeinträchtigungen vorlägen, kann man nur noch als mutwillig bezeichnen.

Es ist natürlich genauso mutwillig, dass die Umwelt- und Klimafolgen immer wieder negiert werden, die Landesregierung zum Beispiel von einer Klimaschädlichkeit des Luftverkehrs im Allgemeinen von 3 % spricht, während die Bundesregierung wie auch sehr viele Forschungsinstitute in ihrer Luftverkehrskonzeption zumindest einräumt, dass ein erheblicher Teil der Expertisen inzwischen von 8 % Anteil des Luftverkehrs an der Klimaschädlichkeit weltweit ausgeht.

Meine Damen und Herren, Sie stehen nicht für die Durchsetzung der ökologischen Wahrheit, und Sie stehen auch nicht für die Durchsetzung der ökonomischen Wahrheit im Zusammenhang mit dem Luftverkehr.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will das ganz deutlich machen, auch wenn das Thema anlässlich unseres Antrages, der heute Abend zur Debatte steht, zum Teil wieder behandelt wird. Selbstverständlich ist es so, dass Sie in Bezug auf Weeze Subventionen hingenommen haben, und sei es nur, dass Sie sie kommunalaufsichtlich hingenommen haben.

Wer sich damit beschäftigt, der wird feststellen können, dass zum Beispiel der Kreistag dort just in den letzten drei Monaten darauf verzichtet hat, dass seine Darlehen, die er dem Flughafen gegeben hat, vorrangig gesichert sind zugunsten einer vorrangigen Sicherung eines Darlehens von der Commerzbank an den Flughafen; es dreht sich dabei um 5,5 Millionen €. Das ist mithin eine Subvention indirekter Art.

Selbstverständlich haben Sie das nicht nur akzeptiert, dass die Stadt Köln ein Gesellschafterdarlehen in eine Rücklage umgewandelt hat, sondern haben als Land just vor anderthalb Wochen das gleiche getan und mithin 7,9 Millionen €, die als Darlehen an den Flughafen von der Beteiligungsgesellschaft des Landes gewährt waren, in eine Rücklage umgewandelt. Auch wenn das aus Sicht des Flughafens und seiner Bilanz einen reinen Passivtausch darstellt, ist es aus der Sicht derjenigen, die das Geld vorher als Darlehen gewährt haben, es jetzt aber als freien Zuschuss für die Rücklage vergeben, völlig anders zu bewerten.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Das ist witzlos, Herr Becker!)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Die Landesregierung handelt ökologisch unverantwortlich, sie handelt ökonomisch unverantwortlich und sie richtet ihre Politik im Bereich Luftverkehr einseitig an den Interessen der betroffenen Firmen aus. Das ist bedauerlich.

Wir fordern Sie auf, in den nächsten Monaten endlich ein Luftverkehrskonzept vorzulegen, das auch den Belangen der Anwohnerinnen und Anwohner gerecht wird, das sich nicht derartig einseitig ausrichtet und das sich nicht an den wissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug auf Lärm- und Umweltbeeinträchtigung, die es bereits heute gibt, vorbeidrückt. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Becker. – Frau Brüning von der CDU-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die strukturpolitische Entwicklung unseres Landes ist es grundlegend wichtig, dass alle Regionen an das internationale Luftverkehrsnetz angebunden sind. Deshalb brauchen wir starke Luftverkehrsstandorte. Wir setzen in unserem Land auf leistungsfähige Luftverkehrsangebote „vor der Haustür“ und damit auf unser bewährtes dezentrales Konzept für die Luftfahrtstruktur.

(Beifall von der CDU – Bodo Wißen [SPD]: Hört, hört!)

So steht das in dem gemeinsam vor knapp zehn Jahren verabschiedeten Luftverkehrskonzept, das bis heute noch seine Gültigkeit hat. Dabei haben wir auch der Nachfrage der Bevölkerung und der Wirtschaft nach zeitgemäßen Luftverkehrsangeboten zu entsprechen. Die Flughäfen haben sich in der Zwischenzeit als wirkliche Jobmotoren erwiesen. Gleichzeitig haben viele Unternehmen den Flughafenstandort mit seiner optimalen Verkehrsanbindung als Sitz gewählt. Nunmehr beschäftigen wir uns mit der Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei den Mitarbeitern des Verkehrsministeriums, die diese Sisyphusaufgabe ausgeführt und eine Antwort auf 150 Seiten geliefert haben.

Kurz zusammengefasst ging es den Kollegen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen um die Reduzierung der Umweltfolgen und des Luftverkehrs, um den Schutz der Anwohner und Anwohnerinnen an Flughäfen und um die Subventionierung des Flugverkehrs. Auf 150 Seiten hat die Landesregierung diese Fragen detailliert beantwortet.

Bevor wir uns aber hier und heute zum wiederholten Mal mit eben solchen Anfragen der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen befassen, möchte ich nicht versäumen, ganz klar darzustellen, dass wir uns mit den Ergebnissen auseinandersetzen, an denen in voller Regierungsverantwortung gerade Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/ Die Grünen, noch bis vor vier Jahren entscheidend mitgewirkt haben.

(Horst Becker [GRÜNE]: Sie wollten doch al- les besser machen!)

Oder wollen Sie heute den Menschen in NordrheinWestfalen sagen, dass Sie all das, was Sie damals als Koalitionspartner der SPD mitgetragen haben, heute nicht mehr interessiert?

Gefragt wurde von den Grünen nach dem Beschäftigungsfaktor. In der Luftverkehrskonzeption geht man davon aus, dass auf eine Million Fluggäste 1.000 Arbeitsplätze kommen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das sind ja Fakto- ren, die längst überholt sind!)

Im Jahr 2007 wurden auf den nordrhein-westfälischen Flughäfen insgesamt 34.155.236 Fluggäste abgefertigt; im gleichen Jahr wurden an den Flughäfen unseres Landes insgesamt 32.103 Arbeitsplätze gezählt. Umgerechnet bedeutet das, dass im Jahr 2007 auf eine Million Passagiere 940 direkte Arbeitsplätze kamen. Ich erspare mir, auf die Beschäftigtenzahlen weiter einzugehen,

(Horst Becker [GRÜNE]: Das ist klug!)

die mittelbar und unmittelbar mit den Flughafenbetrieben verbunden sind.

Von großer Bedeutung ist sicherlich auch die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung unserer Flughäfen. Dementsprechend wurde diese Entwicklung in der Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hinterfragt.

Gestützt auf aktuelle Untersuchungen und Hochrechnungen der Firma Intraplan Consult, stellt die Landesregierung dazu fest, dass, bezogen auf die Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Münster/Osnabrück, Dortmund und Paderborn/Lippstadt, eine Steigerung des Passagieraufkommens bis zum Jahr 2020 in Höhe von insgesamt rund 76 % zu erwarten sei.

In diesem Zusammenhang sind vielleicht auch die Subventionen spannend, die vom Land NordrheinWestfalen gezahlt wurden, aber von den Grünen vehement kritisiert werden, so wie gerade noch einmal von Herrn Becker. So sprechen wir von gut 110 Millionen € in den vergangenen 30 Jahren. Investiert wurde die Summen seitens des Landes Nordrhein-Westfalen für Ausbau- und Erneuerungsmaßnahmen an den Flughäfen Dortmund, Köln/Bonn, Mönchengladbach, Münster/Osnabrück, Weeze und Paderborn/Lippstadt. Dem, was Sie uns gerade zu Weeze gesagt haben, Herr Becker, muss ich ganz deutlich widersprechen: Das waren keine Landesförderungen, sondern das waren Gelder, die aus der Region gekommen sind.

Dabei wurden diese Subventionen unter anderem in den Umweltschutz investiert. Die Zahlen beziehen sich übrigens auf den Zeitraum bis 2005 – nur zur Erinnerung: rot-grüne Landesregierung – und begründen sich auf einem Runderlass des damaligen Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung aus dem Jahre 2002, als die Landesregierung ebenfalls von der SPD geführt wurde.

Aus meiner Sicht ist das Geld trotzdem gut investiert. Denn die Flughäfen als Luftverkehrsanbieter, als Arbeitgeber, als Auftraggeber, als Investoren und als Standort- und Imagefaktor sind für mich nach wie vor Garant und wichtiger Bestandteil, um im europäischen Wettbewerb mitzuhalten und zu bestehen.

Um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Flughäfen zu erhalten, ist natürlich zu hinterfragen – wie auch in der bearbeiteten Anfrage geschehen –, inwieweit

eine Kerosinsteuer unterstützenswert ist. Dazu wurde im Rahmen einer Untersuchung der EUKommission festgestellt, dass eine Beschränkung der Besteuerung den Fluggesellschaften der Gemeinschaft und deren Wettbewerbsposition im Luftverkehr erheblich schaden würde.