Protocol of the Session on June 24, 2009

Dazu gehört auch das von Ihnen heute gewählte und damit zu verantwortende parlamentarische Verfahren. Sie wollen heute von uns einen Blankoscheck über 4 Milliarden € ohne ordentlichen Abschluss der Haushaltsplanberatungen. Wir hatten Ihnen eine Sondersitzung angeboten. Wir hatten Ihnen angeboten, den Nachtrag in einem ordentlichen Verfahren zu verabschieden. Alle Eigentümer, die Sparkassenverbände Westfalen und Rheinland – Rheinland hat heute Morgen geschlossen –, die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen, sind bereit, diese Entscheidung in Sondersitzungen bis Ende Juni vorzubereiten. Sie, meine Damen und Herren, verabschieden sich in die Sommerpause und wollen den Nachtrag erst im September verabschieden. Ich halte dieses Verfahren für dilettantisch,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

und ich halte es insbesondere auch für schwierig, weil wir in der Haushalts- und Finanzausschusssitzung am 18. Juni erfahren haben, dass es nicht nur um eine bloße Äußerung gegenüber der Bankenaufsicht geht, sondern dass klar ist: Wir müssen eine vertragliche Verabschiedung mit der Phoenix tragenden Bank, nämlich der Deutschen Bank, vorsehen. Deshalb ist das Verfahren, das Sie jetzt wählen, meine Damen und Herren, mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Ich widerspreche ausdrücklich, Herr Finanzminister, Ihrer Einschätzung aus Ihrer Rede, das Landtagspräsidium hätte Ihr Verfahren für okay erklärt. Ganz im Gegenteil! Dazu zitiere ich aus einem Vermerk der Präsidentin des Landtages, der den Fraktionen zugegangen ist. Dort heißt es: Einem derartigen Beschluss des Landtags, so, wie wir ihn heute fällen sollen, kommt keine Rechtsverbindlichkeit in Bezug auf das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2009 zu. – Weiter heißt es in diesem Text: Aus diesem Grund kann die Verabschiedung des vorliegenden Antrags mit dem hier in Rede stehenden Inhalt nicht zu einer Anwendung der im Entwurf für das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2009 enthaltenen rechtlichen Regelungen führen.

Meine Damen und Herren, damit ist klar, wir begeben uns in ein rechtsunsicheres Verfahren. Wir begeben uns in ein Verfahren, das nicht notwendig wäre, weil beide Oppositionsparteien angeboten hatten, mit einem Nachtrag in ein sauberes Verfah

ren zu gehen. Deshalb – das sage ich Ihnen deutlich – werden wir auf keinen Fall dem heute vorgelegten Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Weisbrich.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehe ich zur Sache spreche, möchte ich ein paar Bemerkungen zu Ihnen machen, Herr Groth. Ich fand Ihre Bemerkung „Herr Verunsicherungsminister“ gegenüber dem Finanzminister ausgesprochen unverschämt und wenig zielführend.

(Beifall von der CDU)

So, wie Sie sich hier und auch im Haushalts- und Finanzausschuss einlassen – zu allem die Klappe aufreißen und von nichts was wissen –, sollten Sie sich wirklich einmal den Unterschied zwischen Sach- und Schwachkunde erklären lassen.

(Beifall von der CDU)

Das musste ich loswerden; denn das, was Sie hier eben veranstaltet haben, hat mich wahnsinnig geärgert.

Frau Walsken, das war der x-te Aufguss: Misserfolgsgeschichte der Regierung Rüttgers, verweigerte Fusionsgespräche mit der LBBW, die hätten sich jetzt bitter gerächt. Liebe Frau Walsken, Sie kennen doch die Situation der LBBW. Wir müssen Gott doch auf Knien danken, dass wir mit denen keine Fusionsgespräche geführt haben und nicht mit denen zusammengegangen sind.

(Beifall von CDU und Rüdiger Sagel [frakti- onslos])

Das ist unvorstellbar. Immer wieder das Gleiche: kein Geschäftsmodell. Die Genehmigung der EUKommission für ein Geschäftsmodell ist am 12. Mai erteilt worden, das auch aus Sicht der Kommission mit der entsprechenden Abschmelzung funktioniert. Reden Sie doch nicht immer wieder so einen Stuss!

Und: Im Frühjahr 2008 hätte es einen Rettungsschirm gegeben, der als ausreichend gepriesen worden sei. Jetzt seien wir schon wieder so weit, dass ein neuer Rettungsschirm benötigt werde. – Frau Walsken, Sie haben doch mitbekommen, was der Finanzminister erzählt hat. Ich bin sicher, Sie haben auch sonstige Quellen, um zu wissen, was für eine dramatische Sitzung, welchen Sitzungsmarathon es Ende Mai/Anfang Juni gegeben hat, dass die BaFin bestimmte Forderungen gestellt hat, dass auch Verbandsvorsteher Gefahr laufen, persönlich Sanktionen der BaFin in Kauf nehmen zu müssen, wenn die Dinge nicht bald so in Ordnung kommen, wie die BaFin das möchte.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Der Finanzminister hat doch auch klar gemacht: Grundlage für die Forderung der BaFin war keine veränderte Risikoentwicklung.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Herr Börschel, es mag bei der Sparkasse Köln, bei der Sie die Ehre haben, den Verwaltungsrat zu führen, hin und wieder anders sein. Da mögen die Finanzprobleme anderer Natur sein, da mögen neue Risiken gekommen sein. Aber hier ist das eben nicht der Fall. Es gibt keine veränderte Risikoentwicklung, sondern eine verschärfte Berechnungsmethode, wie der Finanzminister sie geschildert hat.

(Martin Börschel [SPD]: Er hat gesagt, die sind vom Himmel gefallen!)

Die Sache ist nicht vom Himmel gefallen!

(Martin Börschel [SPD]: Das hat er behaup- tet!)

Herr Börschel, es ist doch völlig müßig, darüber zu sinnieren, ob mit der neuen verschärften Risikobewertung zusätzlicher Druck auf die Konsolidierung des Landesbankensektors ausgeübt werden soll. Vermuten kann man das. Man kann auch vermuten – aber auch darüber ist es müßig zu sinnieren – und die Frage Richtung BaFin stellen: Hast Du das aus dir selbst oder haben andere dir das eingegeben? Aber auch das ist völlig irrelevant; denn die BaFin hat nun mal die Möglichkeit und die Macht …

(Zuruf von der SPD)

Fragen Sie doch mal Herrn Steinbrück oder Herrn Asmussen oder wen auch immer, was da für Gespräche im Vorfeld gelaufen sind. Man kann das nicht exakt belegen, aber man kann doch dran kratzen.

Seien Sie doch einmal friedlich! Die Sache ist klar. Bei der Methode, nach der die BaFin jetzt rechnet, wäre die Eigenkapitalquote auf unter 4 % gedrückt worden. Das hätte für die Bank katastrophale Folgen gehabt. Also müssen wir in die Zitrone beißen, sie schlucken und das machen, was die Landesregierung, der Finanzminister und auch die Koalitionsfraktionen

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

vorgeschlagen haben.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Es gibt keine Ankündigungen, dass Garantieziehungen in einem höheren Umfang erfolgen sollten, als das bisher der Fall war. Die BaFin hat sich auch damit einverstanden erklärt, dass die Eigentümer, speziell die Sparkassenverbände, bis zum Jahresende keine zusätzlichen Rückstellungen bilden müssen und dass bis dahin – hoffentlich – der Bundesschirm greift.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Immer wieder zu sagen „Sie haben den Bundesschirm noch nicht“ ist wenig hilfreich.

(Martin Börschel [SPD]: Warum steht das denn da?)

Das Einzige, was aus meiner Sicht an dem Redebeitrag von Frau Walsken in Ordnung war, war der Hinweis darauf, dass wir eine Gleichbehandlung der Sparkassen und der Privatbanken im Hinblick auf das Eigentum an der Landesbank erwarten. Es kann nicht sein, dass hier von hinten durch die kalte Küche plötzlich wieder eine volle Gewährträgerhaftung neu eingeführt wird.

(Beifall von Ewald Groth [GRÜNE])

Das wollen auch wir nicht. Ich wäre froh, wenn wir wenigstens an dieser einen Stelle zu einem Konsens kämen und gemeinsam das Signal an den Finanzminister geben würden, in den Verhandlungen diese Position des Landtags noch einmal zu transportieren und zu sagen: Wir wollen nicht, dass unsere Landesbank oder andere Landesbanken schlechter behandelt werden als Privatbanken.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Es ist selbstverständlich, dass die Eigentümer der WestLB für die Risiken, die bis 2005 eingegangen waren, nachlaufend in der Gewährträgerhaftung stehen. Es kann aber doch nicht sein, dass der Bundesfinanzminister jetzt verlangt, dass auch für die neu eingegangenen Risiken – praktisch für die ganze Bilanzsumme – die Eigentümer haften. Das wäre, wie gesagt, von hinten durch die kalte Küche die Neueinführung der Gewährträgerhaftung. Das ist unfair und ungerecht. Das wollen wir nicht.

Herr Kollege Weisbrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Körfges?

Danke schön. – Bitte schön, Herr Körfges.

Herr Kollege Weisbrich, wenn Sie es gemeinsam mit uns für erstrebenswert und sinnvoll halten, die Landesbanken unter den Bundesschirm zu bringen, halten Sie es dann nicht auch für eine unabdingbare Voraussetzung, dass parallel dazu die Konsolidierung der Landesbanken und die Zusammenfassung einzelner Landesbanken betrieben werden muss?

Herr Kollege Körfges, das ist eine,

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Schwierige Frage!)

ja, nicht nur eine schwierige Frage. Es sind Erwartungen damit verbunden, dass das, was Sie hier angedeutet haben, auch tatsächlich umsetzbar ist. Wir können die Landesbanken ja nicht zwingen zu konsolidieren.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Wir wollen das; wir sind bereit, da mitzuarbeiten. Aber wir können den Bayern und den BadenWürttembergern nicht vorschreiben: Nun springt mal schön und konsolidiert den Landesbankensektor.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ich habe es vorhin schon angedeutet: Es mag durchaus sein, dass die Verschärfung der Bewertungskriterien durch die BaFin, vielleicht gesteuert durch den Bundesfinanzminister, etwas damit zu tun hat, dass Druck aufgebaut werden soll. Wir sind jederzeit bereit, an einer Konsolidierung mitzuwirken. Aber wir können doch vor dem Hintergrund der bankenaufsichtlichen Maßnahmen nicht darauf warten, dass andere sagen: Jawohl, so ist es. – Und wir können auch keine anderen zwingen. Also: Erstrebenswert ist das. Ob das realistisch ist, das ist eine ganz andere Frage.