Protocol of the Session on June 24, 2009

Ich möchte eines vermeiden: dass hier im Raum der Eindruck entsteht, es könnte rechtlich wirklich ein Problem bestehen. Es gibt keins.

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Herr Jäger, jetzt will ich nicht von Wahrnehmung reden.

In dem Antrag, den Sie gleich noch in Ruhe beraten werden, steht ausdrücklich, dass wir den Finanzminister auffordern, etwas zu unterzeichnen unter Haushaltsvorbehalt. Er gibt eine Absichtserklärung ab und sagt: Wirksam kann es aber erst werden, wenn der Haushalt verabschiedet ist. Die dritte und damit letzte Lesung bringt die Rechtsgrundlage, die er braucht, um die Wirksamkeit zu erzielen. Wir teilen nichts anderes mit, als wir vorhaben. Nichts anderes, keinerlei Verbindlichkeit! Das ist die Situation. Der Aufsichtsbehörde reicht die Absichtserklärung aus.

Wo da rechtliche Probleme liegen sollten, Herr Groth! Das wird auch jemand verstehen können, der nicht allzu viel juristische Praxis mitbringt.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die beiden Oppositionsfraktionen haben um eine Sitzungsunterbrechung gebeten. Die beiden Fraktionen CDU und FDP haben dies auch zugesagt und hatten dagegen keine Bedenken.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für etwa 30 Minuten bis 16:20 Uhr. Zeitgleich wird sich auch das Präsidium zusammensetzen, um sich mit den aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen. Wir treffen uns um 16:20 Uhr hier im Plenum wieder.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Sitzungsunterbrechung von 15:51 Uhr bis 16:28 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Alle Fraktionen sind durch Mitglieder des Hohen Hauses vertreten; insofern können wir fortfahren.

Die Oppositionsfraktionen hatten um eine Unterbrechung gebeten. Damit haben die Fraktionen Gelegenheit gehabt, sich mit dem Antrag 14/9474 zu beschäftigen und sich eine Meinung dazu zu bilden.

Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist an das Präsidium/die Präsidentin die Frage gerichtet worden, ob nicht das Präsidium/die Präsidentin zu einem solchen Antrag eine rechtliche Prüfung vornehmen sollte und zu einer rechtlichen Einschätzung des Inhaltes eines solchen Antrages kommen müsste.

Das Präsidium hat sich in einer Sitzung damit beschäftigt und weist darauf hin, dass diese Frage in § 66 der Geschäftsordnung geregelt ist.

Unter dem Titel „Unzulässige Beratungsgegenstände“ weist § 66 unserer Geschäftsordnung darauf hin, dass Beratungsgegenstände der in § 64 bezeichneten Art – dazu gehören auch Anträge – die Präsidentin bzw. der Präsident zurückweisen soll, wenn sie erstens gegen die parlamentarische Ordnung verstoßen – das liegt beim Antrag 14/9474 nicht vor –, zweitens durch ihren Inhalt den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen – auch dies ist bei dem Antrag nicht der Fall –, drittens Gegenstände behandeln, die nicht zur Zuständigkeit des Landtags gehören – auch das trifft nicht zu –, viertens ein Eingreifen in die richterliche Unabhängigkeit bedeuten; auch das ist nicht der Fall.

Insofern ist der vorliegende Antrag Drucksache 14/9474 gemäß dem Inhalt des § 66 der Geschäftsordnung zulässig und kann von uns, das heißt vom Präsidium, von der Präsidentin nicht zurückgewiesen oder beanstandet werden.

Eine politisch inhaltliche Prüfung steht weder der Präsidentin noch dem Präsidium zu; nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern auch in allen anderen Zusammenhängen. Das hat ausschließlich

das Parlament selbst zu beurteilen und zu entscheiden.

Von daher ist die Frage des Herrn Kollegen Remmel aus unserer Sicht beantwortet. Der Antrag 14/9474 steht so, wie zu Beginn der Tagesordnung beschlossen, auf der Tagesordnung.

Ich frage, ob nach der Unterbrechung noch eine Erklärung zur Geschäftsordnung abgegeben werden soll. Ansonsten würden wir in den Tagesordnungspunkt 6. eintreten – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe also auf:

6 Gesetz über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2009 und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Fonds für eine Inanspruchnahme des Landes Nordrhein-Westfalen aus der im Zusammenhang mit der Risikoabschirmung zugunsten der WestLB erklärten Garantie (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/9380

erste Lesung

In Verbindung mit:

Garantiezusagen sichern die Handlungsfähigkeit für die WestLB

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/9474

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9481 – Neudruck

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Landesregierung Herrn Finanzminister Dr. Linssen das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2009 soll das Finanzministerium zur Abgabe einer Garantie gegenüber der WestLB AG über 4 Milliarden € ermächtigt werden. Die Garantie gilt für Schuldverschreibungen, die im Zusammenhang mit der Absicherung von Ausfallrisiken von der WestLB AG erworben wurden. Sie soll der Absicherung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen dienen und bis zur Auslagerung der betroffenen Vermögenswerte in eine Lösung nach der Novellierung des Finanzmarktstabili

sierungsgesetzes, das ja zurzeit in Berlin in der Diskussion ist, gelten.

Die WestLB hatte zuletzt im März 2008 ein von der Finanzmarktkrise betroffenes Portfolio strukturierter Wertpapiere von 23 Milliarden € auf eine Zweckgesellschaft, die den Namen Phoenix trägt, ausgelagert. Damit wurden die Risiken aus diesem Portfolio dauerhaft aus der WestLB herausgenommen. Das Land hat für die ausgegliederten Wertpapiere nach außen eine Garantie von 5 Milliarden € übernommen. Für 2 Milliarden € haften die Eigentümer quotal, also nach ihrem Eigentumsanteil. 3 Milliarden € trägt das Land alleine. Die Garantie wurde bisher mit rund 280 Millionen € in Anspruch genommen. Dabei betrug der Landesanteil rund 108 Millionen €.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aufgrund der weiter anhaltenden Verwerfungen an den Finanzmärkten ist der erwartete Verlust, der zum Zeitpunkt der Ausgliederung der strukturierten Wertpapiere deutlich unterhalb des Garantiebetrags von 5 Milliarden lag, stark angestiegen,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Aha!)

liegt aber weiter innerhalb des Garantierahmens.

Dieser sogenannte Expecting Loss – Frau Löhrmann, weil Sie gerade „Aha“ sagten – ist zu unterscheiden von den Garantieziehungen, also den Mitteln, die auch tatsächlich den Landeshaushalt bzw. das dafür vorgehaltene Sondervermögen belasten. Ich hatte ja schon einmal versucht, Ihnen das in einer kleinen Diskussion mit Frau Asch im Plenum zu erklären.

Der Expecting Loss, also dieser zu erwartende Verlust, wird auf Basis von Bewertungsmethoden ermittelt. Es handelt sich lediglich um einen Schätzwert, der Grundlage möglicher Ziehungen sein kann.

Dies sagt aber nichts über die tatsächlichen Inanspruchnahmen aus. Diese hängen naturgemäß von verschiedenen Einflussfaktoren ab, zum Beispiel der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Verlauf der Finanzmarktkrise.

Jetzt wird sich natürlich jeder fragen, warum eine zusätzliche Garantie in Höhe von 4 Milliarden € überhaupt erforderlich ist, wenn der Garantierahmen von 5 Milliarden € bislang „nur“ mit rund 280 Millionen € in Anspruch genommen worden ist. Dazu möchte ich Ihnen gerne Folgendes vortragen:

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, also kurz BaFin, hat Ende Mai/Anfang Juni 2009 neue verschärfende Berechnungsmethoden für die Phoenixstruktur aufgestellt. In der Konsequenz hätte dies bedeutet, dass die WestLB die aufsichtsrechtlich vorgegebenen Eigenkapitalanforderungen nicht hätte einhalten können. Zur Abwendung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen hat die BaFin deshalb zusätzlich zu der 5-Milliarden-€-Garantie die Absicherung der 4-Milliarden-€-Mezzanine-Notes dieses Phoenix-Portfolios – das ist eine Tranche bzw.,

genauer gesagt, sind es zwei Tranchen daraus – gefordert.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Bei diesen sogenannten Mezzanine-Notes handelt es sich um Phoenix-Class-A-3- und A-4-Papiere, die die WestLB zur Refinanzierung des PhoenixPortfolios in ihren Büchern hat. Ich weiß, Herr Wißen, das ist ein bisschen kompliziert. Aber wenn Sie gut zuhören, dann verstehen Sie das.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Er kommt aus dem Kreis Kleve!)

Nach Auffassung der Aufsichtsbehörde ist die tatsächliche Ausfallwahrscheinlichkeit jedoch so gering, dass keine besonderen Maßnahmen bei den Eigentümern, also zum Beispiel Rückstellungen usw., in diesem Jahr erforderlich sind. Erst wenn die 5-Milliarden-€-Garantie vollständig in Anspruch genommen wäre, soll nach dem derzeitigen Stand die zusätzliche Garantie von 4 Milliarden € zum Tragen kommen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Angesichts der bisherigen Ziehungen von rund 280 Millionen € sind deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit in dem beabsichtigten kurzen Zeitraum bis zur Ablösung des erweiterten Garantierahmens – darauf komme ich gleich noch zu sprechen – keine Zahlungen zu erwarten. Die zusätzliche 4-Milliarden-€-Garantie ist somit rein aufsichtsrechtlich geboten. Von einer Abdeckung tatsächlich zu erwartender Verluste kann deshalb, wie vielfach irrtümlich angenommen, nicht die Rede sein – obwohl sich das natürlich im politischen Schlagabtausch immer gut macht, wenn man sagt: Aha, jetzt verbraten die wieder 4 Milliarden €. Es ist nach Auskunft sowohl der Eigentümer und Experten als auch der BaFin tatsächlich sehr unwahrscheinlich, dass hieraus, jedenfalls im nächsten halben Jahr, irgendein Verlust erwachsen wird.

(Lachen von Ewald Groth [GRÜNE] – Unru- he)

Ich weiß, Sie wissen es immer besser als die Experten.

(Zustimmung von der CDU)