Sie greifen in Ihren Anträgen die Anmeldeüberhänge bei den Gesamtschulen auf. Anmeldeüberhänge an Gesamtschulen gibt es schon lange Zeit. Die Zahl derjenigen, die keinen Platz finden, liegt seit 1999 immer bei etwa 15 %. Dieser Prozentsatz ist seit Jahren ungefähr gleich – mal ein bisschen höher, mal ein bisschen niedriger, aber immer um diesen Wert herum. In Ihrer Regierungszeit war das auch nicht anders. Dieser Regierung in diesem Zusammenhang eine gesamtschulfeindliche Politik vorzuwerfen, ist schlichtweg sachlich falsch.
Bitte hören Sie jetzt einmal zu! – In der Regierungszeit der neuen Koalition sind mehr Gesamtschulen genehmigt worden, nämlich drei, als in der Zeit von Frau Schäfer. Das ist nun einmal die Wahrheit.
Dass diese Landesregierung die Leistungsheterogenität an Gesamtschulen als Beurteilungskriterium für die Neueinrichtung von Gesamtschulen anlegt, ist jüngst gerichtlich bestätigt worden. Ich halte es für richtig, dies landesweit einheitlich zu regeln.
Dass hier eine Fragestellung vorliegt, die einmal genauer betrachtet werden sollte, mag das Beispiel Bonn verdeutlichen, das Herr Stahl sicherlich gleich mit dem notwendigen Hintergrundwissen sehr detailliert schildern können wird. Während es die Hauptschüler in Bonn schon schwer haben, einen Platz an einer Gesamtschule zu finden, ist die Situation für sie in Marl noch gravierender; denn dort hat der Rat, dessen stärkste Fraktion bekanntlich die SPD ist, beschlossen, die Gesamtschulen künftig statt sechs- nur noch vierzügig zu führen, und zwar mit folgender spannenden Begründung: Zur Sicherung der Bildungsqualität an den Marler Gesamtschulen werden Hauptschüler nicht mehr zugelassen.
Frau Hendricks, im letzten Absatz des Antrags der SPD werfen Sie der CDU-Landtagsfraktion die „aberwitzige Behauptung“ vor, dass – ich zitiere weiter – „die Gesamtschulen Schülerinnen und Schüler mit einer Hauptschulempfehlung diskriminieren“. Ich frage Sie: Was geschieht in Marl anderes?
Dass Sie mit Ihrem Antrag voll danebenliegen, wird dadurch deutlich, dass für die Neugründung von Gesamtschulen eben nicht das Land, sondern einzig und allein die Kommunen zuständig sind.
Nein, ich möchte keine Zwischenfrage zulassen. – Das ist im Schulgesetz genau so geregelt. Deshalb ist Ihr Antrag vollkommen daneben. Wenn es Kommunen gibt, die solche Neugründungen möchten, wird dem entsprochen. Dass manche Kommunen aber sehr genau darüber nachdenken, ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung nicht besonders überraschend.
Im Übrigen sollten Sie einmal durch Bad Salzuflen fahren, wie ich das neulich tun durfte. Die Plakate, die ich dort gesehen habe, machen deutlich, wie schwer sich diese Kommune mit der Neugründung einer Gesamtschule tut und dass sich Bürgerinnen und Bürger auch dagegen wehren, weil sie wissen, dass die Neugründung einer Gesamtschule das Ende von Gymnasium, Realschule und Hauptschule bedeutet. Das wollen die Leute vor Ort nicht.
Abschließende Bemerkung: Es ist mir wichtig, auf den Kern des Problems zurückzukommen. Prof. Fend hat recht, wenn er über die Berufswahl bei Gesamtschülern sagt – ich zitiere aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 17. März 2009 –:
Insofern schaffen Gesamtschulen es nicht, Kinder aus unterprivilegierten Schichten zu einer höheren Ausbildung zu verhelfen.
Das sollte unser Anliegen sein. Da haben auch die Gesamtschulen noch einen langen Weg vor sich. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zur vierten Gesamtschule in Bonn hat auch deutlich gemacht, dass zum Konzept einer Gesamtschule eine sinnvolle Zusammensetzung der unterschiedlichen Schulformempfehlungen gehört. Eigentlich müsste dieses Urteil auch Ihnen von der SPD und den Grünen gefallen. Schließlich behaupten Sie immer, wie sehr in den Gesamtschulen auch die schwächeren Schüler gefördert würden – auch wenn das, wie statistisch belegt ist, so nicht stimmt.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass es keine weitere Klage gegen das Urteil gibt, macht deutlich, wie hanebüchen Ihre Behauptung ist, diese Koalition verhindere Gesamtschulgründungen. Wenn die Kriterien erfüllt werden, können Gesamtschulen gegründet werden. Wir gehen nach Recht und Gesetz vor. Das zeigt übrigens auch das Beispiel Hemer.
In Wahrheit ist es doch wie folgt: SPD und Grüne führen permanente ideologische Strukturdebatten. Wir führen hingegen Qualitätsdebatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie behaupten unablässig, dass die Gesamtschulen diffamiert und diskriminiert würden.
Sie fabulieren vom Boom der und vom Run auf die Gesamtschulen. Frau Beer erklärt aber in einer eigenen Kleinen Anfrage, dass die Zahlen sinken.
Einen Anmeldeüberhang hat es auch unter Ihrer Regierungszeit gegeben. Warum haben Sie damals nicht überall neue Gesamtschulen genehmigt? Das müssen Sie mir einmal verraten.
800 Schüler weniger als früher wurden zurückgewiesen. Das ist ein Rückgang von 5 %. Außerdem hat es über die Jahre immer Rückweisungen von 15 bis 16 % gegeben. Bitte bringen Sie die Frequentierung einer Gesamtschule jetzt auch nicht in den Zusammenhang mit dem verkürzten gymnasialen Bildungsgang. Dort ist kein Unterschied erkennbar. Diese Rückweisungen hat es immer gegeben. Jetzt ist der Anteil der Rückweisungen erstmals rückläufig – nicht unter Rot-Grün, sondern unter Schwarz-Gelb, Frau Beer.
Jetzt fordern Sie den Ganztag auch noch für die restlichen Gesamtschulen, obwohl die Ausstattung dort bereits über 90 % liegt – ganz im Gegensatz zu den anderen Schulformen, die Sie jahrelang ausgehungert haben.
Bei Ihnen werden die Herstellung von Chancengerechtigkeit beim Ganztag und eine Angleichung bei der Schulleiterentlastung plötzlich zur Diskriminierung. Welches Verständnis von Gerechtigkeit haben Sie eigentlich?
Meine Damen und Herren, wenn die SPD und die Grünen behaupten, dass die Koalition die Gesamtschulen diskriminiert, dann ist die Frage offensichtlich falsch gestellt. Wir müssen uns fragen, ob nicht einige Gesamtschulen Schüler mit Hauptschulempfehlung diskriminieren. Es zeigt sich an Gesamtschulen in Bonn, dass dort im Verhältnis deutlich zu wenig dieser Schüler aufgenommen werden. Es gibt in Bonn beispielsweise eine Gesamtschule, die über 90 Aufnahmeanträge mit Hauptschulempfehlung hatte. Sieben Schüler mit einer Hauptschulempfehlung gibt es nun dort. Finden Sie das in Ordnung? Ist das eine heterogene Mischung? – Das kann ich nicht erkennen.
Dort werden die Aufnahmeanträge der Schüler mit Hauptschulempfehlung offenbar bewusst nicht berücksichtigt. Und da schreien Sie Zeter und Mordio. Nein, weit gefehlt! Es wird heruntergespielt, und es wird von Ihnen verniedlicht. Das wollen Sie nicht wahrhaben.
Schlimmer noch: Die pseudosozialen Grünen wehren sich sogar gegen eine verbindliche rechtliche Regelung und fordern, die Feststellung und Entscheidung darüber, was Heterogenität sei, bei der aufnehmenden Schulleitung zu belassen. Ja, wo sind wir denn?
Dies geschieht im klaren Bewusstsein, dass dieses Vorgehen Willkür Tür und Tor öffnen kann. Es kann doch keine gefühlte Gerechtigkeit, was Heterogenität anbetrifft, geben. So geht es wirklich nicht, Frau Beer. Insofern ist es richtig und gut, dass wir zu klaren Kriterien finden werden.
Zusammenfassend muss man sich doch sehr über die soziale SPD und die so mitfühlenden Grünen wundern. Sie jubeln offenbar über eine massive Benachteiligung.
Und dass Frau Beer, die den Hauptschülern offenbar nicht die Butter auf dem Brot gönnt, jubelt, verwundert hier niemanden. Sie schämt sich ja nicht einmal, im indirekten Zusammenhang mit Hauptschülern von einem toten Pferd zu sprechen.
Seltsam ist die Reaktion der SPD. Was ist eigentlich aus dem „sozial“ in „sozialdemokratisch“ geworden? Was ist eigentlich aus Ihrem Anspruch geworden, für die Schwächsten da zu sein?
Zweitens. Die Zusammensetzung an den Gesamtschulen muss einer fairen und klaren Zusammensetzung aller Empfehlungen in der Schülerschaft entsprechen.
Drittens. Wir müssen den Schulleitungen mancher Gesamtschulen offenbar sehr viel deutlicher auf die Finger schauen, damit sie Hauptschüler nicht benachteiligen.