Protocol of the Session on January 29, 2009

Ich nutze meine Redezeit dafür, Ihnen zu schildern, welche Zukunftsvision ich habe, wenn ich die Weichenstellungen der letzten Jahre und auch die Weichenstellungen in diesem Haushalt 2009 sehe: Maisfelder, so weit das Auge reicht, dazwischen Kurzumtriebsplantagen und Großagrarbetriebe, in denen industriell Lebensmittel und Energie produziert werden, Wälder, die in erster Linie Jagdreviere sind, in denen ein Aufenthalt nur gegen Gebühr gestattet wird, und Umweltschutz, der zurückgedrängt wird auf dafür ausgewiesene Flächen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ist das das SPD- Programm? So schlimm sind die doch gar nicht!)

Ich habe davon gesprochen, Herr Ellerbrock, dass das meine Zukunftsvisionen sind, wenn ich die Weichenstellungen, die Sie in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben, einmal für die Zukunft weiterdenke.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Schlimm! Ich würde mich schämen!)

Jetzt komme ich zu den Weichenstellungen, an denen ich das festmache.

Aktuell beschäftigen wir uns mit dem Staatswaldverkauf in der Eifel. 29 Millionen € waren schon für 2009 vorgesehen. 25 Millionen € sollten zur Entschuldung des Haushalts herbeigezogen werden. Nächste Woche findet die Anhörung dazu statt. Es liegen Zuschriften vor, eine Resolution aus Blankenheim, einer CDU-geführten Stadt. Clemens Pick von der CDU macht sich hier selber zur Speerspitze der Bewegung. Das muss in kommunaler Hand bleiben, denn die Rendite ist gut, das ist besser angelegt als auf mancher Bank – das sind die Argumente, mit denen die Bürger für ihren Wald kämpfen. Alle sprechen sich gegen einen Verkauf an die Bofrost-Stiftung aus.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wer ist alle?)

Die Zuschriften, die wir zur Anhörung in der nächsten Woche vorliegen haben.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ach so! Die bestell- ten Zuschriften! Das ist klar!)

Die Bofrost-Stiftung ist nicht gemeinnützig. Die Stiftungsziele sind uns nicht bekannt. Aber es wird berichtet, dass sie diese Wälder vor allem aus jagdlichem Interesse erwerben will.

Herr Minister, warum belassen Sie den Wald nicht bei denen, denen der Wald gehört, nämlich bei den Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes?

(Beifall von der SPD)

Sie können wie in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel einen Bürger-Klima-Wald per Aktienverkauf unter staatliche Verwaltung setzen

(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE])

oder dafür auch einen Verkauf an eine Umweltstiftung, die in ihrem Auftrag explizit Umweltziele verfolgt, vorsehen.

Der Verkauf des Staatswaldes trägt gleichzeitig dazu bei, dass Einnahmen daraus dem Landesbetrieb Wald und Holz fehlen werden. Der Landesbetrieb – das haben wir an dieser Stelle hier oft genug diskutiert – war von Anfang an unterfinanziert.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Sie haben ihn doch gar nicht finanziert!)

Hinzu kam dann die von Ihnen initiierte Forstreform. Sie haben gesagt: Jedes Bundesland macht eine Reform, also machen wir auch eine. – Schon vor der Reform war Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit den wenigsten Beschäftigten pro Hektar Fläche Wald.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Vorher schon?)

Ja, schon vor der Reform war das so. Ist Ihnen das unbekannt, Herr Minister?

Jetzt ist die Reform vollzogen. Es sind noch weitere über 100 Personen dort herausgenommen worden, ohne dass man die Aufgaben, die damit verbunden waren, gekürzt hat. Das führt – das haben wir nun häufiger auf Veranstaltungen, die wir gemeinsam besucht haben, erleben können – zu einer großen Unzufriedenheit aufseiten der Beschäftigten und natürlich auch aufseiten der Kunden.

Deswegen frage ich Sie, Herr Minister, noch einmal: Wo ist Ihr Plan für die Zukunft? Wie soll es gelingen, einen klimaverträglichen Umbau unserer Wälder voranzutreiben? Sie wissen, wie wichtig das im Zuge des Wasserhaushalts und des Klimas ist. Wer soll denn, wenn wir so wenig Personal haben, den Rohstoff Holz mobilisieren? Der Rohstoff Holz ist für das Land Nordrhein-Westfalen sehr wertvoll, weil er eine sehr hohe Wertschöpfung in unserem Land hat.

Zum Cluster Holz haben wir die Zahlen bekommen. Es befinden sich übrigens mehr Arbeitsplätze hier in Nordrhein-Westfalen im Cluster Holz als in der Automobilindustrie. Das dürfte Ihnen bekannt sein.

Ein weiteres Beispiel, wie Sie dem Land schaden, wie Sie mit dem umgehen, was Sie von der alten Regierung übernehmen konnten: Sie nehmen bewusst in Kauf, dass die Zertifizierung nach FSC in unseren Staatswäldern jetzt aufgegeben wird. So verlieren auch wir hier in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich wieder die Wertschöpfung im eigenen Land. Viele Druckereien – das ist uns ja auch noch einmal im Expertengespräch vorgetragen worden – und auch einige große Baumärkte setzen auf dieses harte Siegel, auf dieses verlässliche FSC-Siegel. Die sind jetzt getrieben, ihren Rohstoff außerhalb unseres Landes einzukaufen. Auch da geht es an NRW vorbei.

Für uns steht fest: Diese Politik schadet unserem Land. Diese Politik ist nicht nachhaltig. Den Begriff „nachhaltig“, Herr Ellerbrock, möchte ich auch gerne im Sinne der Forstwirtschaft benutzt wissen. Diese Politik ist nicht nachhaltig und nicht zukunftsweisend.

(Beifall von der SPD – Holger Ellerbrock [FDP]: Dann haben Sie es nicht verstanden!)

Im Bereich der Landwirtschaft sind Ihre politischen Bemühungen zunächst etwas undurchsichtiger und nicht so offensichtlich wie in der Forstpolitik. Sie finden die Ergebnisse beim Gesundheitscheck der gemeinsamen Agrarpolitik auf der Europaebene wohl noch akzeptabel, lehnen aber gleichzeitig jede weitere Modulation in der zweiten Säule ab. Gleichzeitig verlangen Sie aber deutlich mehr Mittel, um daraus einen Milchfonds speisen zu können. Sehr wohl wissend, dass es von der EU nicht mehr Geld geben wird und wir nur über eine Umschichtung in diesem Bereich reden, bedauern Sie hier, dass es dazu kommen wird.

Die Gelder – so haben wir auf der Grünen Woche ja auch von der Kommissarin hören können – werden jetzt früher bereitgestellt. Aber wo ist das Konzept für Nordrhein-Westfalen jetzt? Wo sind die Projekte? Wo sind die Begleitmaßnahmen im Land Nordrhein-Westfalen zum Erhalt der multifunktionalen Landwirtschaft und vor allen Dingen für unsere Milchbauern? Was ist damit gemeint, wenn Sie vorrangig die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe stärken wollen? Wird der Strukturwandel mit Verlust der Familienbetriebe jetzt noch schneller fortgesetzt?

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ellerbrock?

Ja gleich, wenn ich das im Zusammenhang zu Ende vorgetragen habe.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Dann ist die Zeit um!)

Sie wollen erst zu Ende vortragen?

Bitte.

Gibt es einen Plan, wie Sie die Landwirtschaftspolitik hier im Land Nordrhein-Westfalen für die neue Förderperiode über 2013 hinaus ausrichten wollen?

Heute ist schon erkennbar: Wir haben die Halbzeitbewertung jetzt hinter uns. Die Weichen sind gestellt worden, und – auch das haben wir uns auf der Grünen Woche bei der Eröffnung anhören können – wir steigen jetzt in die Diskussion ein, ob wir die Umwandlung ab 2013 hinbekommen. Deswegen auch da die Frage: Wenn heute schon erkennbar ist, dass in der neuen Förderperiode nur für gemeinwohlorientierte Leistungen diese Zahlungen aus der EU kommen werden, muss Ihnen doch mit auf den Weg gegeben werden, dass es an der Zeit ist, die Weichen zu stellen, damit ein ganzer Berufsstand, der von Verlässlichkeit abhängig ist – wie Sie das ja immer sagen –, heute Perspektiven hat, sich für die Zukunft aufzustellen.

In einem Punkt aber, Herr Minister, sind Sie ganz besonders fleißig – das haben Sie eben auch wieder unter Beweis gestellt –, nämlich im Bereich der Wettbewerbe, der Aktionen, hier und da einen Baum pflanzen, mit Ihrer Ministerin eine Gläschen Milch trinken, und der Programme, die wir eigentlich wöchentlich aus der Fachpresse entnehmen können.

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass es im Kabinett einen Wettbewerb mit dem Ziel geben muss: Wer hat denn die meisten PR-Auftritte und die schönsten Preise? Besser wäre es, Sie würden mehr Engagement zeigen, um das eingangs vorgestellte Horrorszenario zu verhindern. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Watermann-Krass. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ortgies.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich darf Ihnen sagen: Was Sie heute hier vorgetragen haben, wussten wir schon seit Tagen und Wochen. Von daher ist es nicht viel Neues, was Sie hier gebracht haben. Eigentlich können Sie die Haushaltsreden, die Sie im letzten Jahr gehalten haben, aneinander legen. Sie werden sich fast alle gleichen.

(Svenja Schulze [SPD]: Das hat wohl etwas mit Ihrer Politik zu tun!)

Zu Anfang, Frau Watermann-Krass, möchte ich ein Wort zum Waldverkauf sagen. Sie tun hier so, als wäre der Wald verschwunden, wenn er denn in anderen Händen ist. Ich komme aus einer Gegend, in der wir vorwiegend Privatwald haben. Es merkt kein Bürger, durch welche Wälder, durch welche Gründstücke er marschiert. Also, tun Sie nicht so, als wäre der Wald weg, und malen Sie vor allem hier nicht so ein Horrorszenario an die Wand, wie Sie das eben gemacht haben. Wer hat uns denn in diese Geschichte hereingerissen, dass der Wald

verkauft werden muss? Es ist doch Ihre Politik der Vorjahre gewesen, dass der Finanzminister Probleme hat, den Haushalt auszugleichen.

Meine Damen und Herren, es ist jedes Jahr die gleiche Litanei, die Sie von der Opposition hier anstimmen: Zu wenig Geld für Ihre Lieblingsprojekte, zu wenig Geld für Ihre Lieblingskinder, zu viel Geld für Ihre ungeliebten Kinder wie Landwirtschaftskammer und Flughafen Münster/Osnabrück, der ja immer wieder als Gegenfinanzierung herhalten muss.

Ich darf auch an den Kollegen Remmel ein Wort richten. Wenn man sich Ihre Anträge durchliest und die Gegenfinanzierung ansieht, schlagen Sie in diesen Zeiten vor, eine neue Steuer einzuführen. Sie wollen die Kiesabgabe einführen und 60 Millionen € erlösen, um Ihre Geschichten damit zu finanzieren. Wie passt das eigentlich zusammen? Auf der einen Seite beschweren sich Ihre Kollegen auf Bundesebene, es werde viel zu wenig getan, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen, und hier fordern Sie eine neue Steuer und machen genau das Gegenteil. Herr Remmel, das passt vorne und hinten nicht zusammen. Sie sollten sich das überlegen.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Sie können auch hier in der Haushaltsdebatte das Gegenteil behaupten. Keine Landesregierung – der Minister und meine Kollegin Frau Fasse haben es gesagt – hat mehr im Bereich Verbraucherschutz, im Bereich Umweltschutz, im Bereich Naturschutz und für den ganzen ländlichen Raum getan.

Dieser Minister Eckhard Uhlenberg hat dafür gesorgt, dass die Lager, die im ländlichen Raum früher manchmal unversöhnlich gegenüberstanden – im Landschaftsgesetz spricht man da so schön von Schützern und Nutzern –, heute wieder miteinander arbeiten und unsere Umwelt und Natur gemeinsam begleiten. Das ist das, was der Minister in den vergangenen drei Jahren unter anderem erreicht hat. Freiwilligkeit vor Zwang, Vertragsnaturschutz statt Ordnungsrecht sind gerade in diesem Bereich eine wichtige Vorgabe.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei Sätze zu den EU-Mitteln sagen, die in diesen Wochen und Monaten diskutiert werden. Im Landeshaushalt werden in diesem Jahr zur Kofinanzierung der EU-Mittel 3,6 Millionen € mehr eingestellt, sodass wir auf eine Summe von insgesamt 38 Millionen € kommen. Die EU-Kommission hat vor einigen Wochen beschlossen, die Modulationsmittel zu erhöhen. Wir haben immer gesagt: Wir wollen das nicht. Wir möchten, dass das Geld in den Betrieben bleibt und nicht erst wieder durch verschiedene Programme laufen und genehmigt werden muss. Wir sind mit unseren Forderungen nicht komplett durchgedrungen. Es ist nicht so schlimm geworden,

wie wir gedacht haben. Trotzdem ist es zu einer Erhöhung der Modulation gekommen.