Protocol of the Session on December 17, 2008

Wir haben über die Grundinhalte noch im Oktober debattiert. Deshalb ist der Eilantrag überflüssig. – Danke sehr.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Romberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Herr Abgeordneter Becker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Antrag der Fraktion der Grünen und auf Antrag der Fraktion der SPD haben wir bereits im Oktober über die Frage einer Förderung eines Sozialtickets beraten. Lassen Sie mich zunächst einmal vorwegschicken: Ich vermag nicht einzusehen, warum ein Sozialticket nicht durch das Land förderungswürdig ist, ein Semesterticket oder Schülerticket aber sehr wohl.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist zumindest von der Systematik her genauso möglich oder unmöglich. Damit ist es eine Frage der Prioritäten des Landtags und des Gesetzgebers. Die Mobilitätskosten sind gestiegen. Trotzdem verlangt man von Menschen mit wenig Geld – das sind im Übrigen nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch andere –, dass sie mobil sind, sich bewerben und um Jobs bemühen, auch wenn sie weite Strecken fahren müssen. In solchen Zeiten ist es aus unserer Sicht selbstverständlich eine Frage der sozialpolitischen Vernunft, dass Mobilität gefördert wird. Die Frage der sozialpolitischen Vernunft ist übrigens bei uns eine Querschnittsaufgabe. Ich nehme an, bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD ist das ebenfalls der Fall.

Wir haben damals – aus den Werten des Semestertickets und Schülertickets abgeleitet – vorgerechnet, dass wir zu einem Betrag von etwas über 40 € im Jahr kommen, der gefördert werden sollte. Der inzwischen von Ihnen beantragte Satz –. damals hatten Sie noch einen niedrigeren Satz zugrunde gelegt – entspricht dem ziemlich genau. Bei 4 € im Monat kommen wir in etwa in diese Richtung. Wir halten es auch für einen angemessen Satz im Verhältnis zu den beiden anderen genannten Tickets. Wir haben es also mit einem vernünftigen Ansatz zu tun.

Die Frage ist, warum wir es wollen und Sie nicht. Denn Sie wollen es ganz offensichtlich nicht. Nach den Vorträgen Ihres ablehnungspolitischen Sprechers und Herrn Romberg sind Sie der Meinung, es gibt das Problem nicht. Sie meinen, es sei zu teuer und die Kommunen könnten das selber regeln. Die ganze Debatte passt Ihnen nicht. Deshalb organisieren Sie unter fadenscheinigen Gründen eine Ablehnungsfront über den Verkehrsverbund RheinRuhr. Auch das spricht an dieser Stelle trotz der beiden anderen laufenden Anträge für den Eilantrag. Deswegen müssen wir das heute hier thematisieren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, dass Sie quasi auf dem Wege eines Guerillakrieges gegen eine solch vernünftige Sache wie ein Sozialticket Mehrheiten in einem Zweckverband organisieren.

Ich muss allerdings auch in Richtung der Kolleginnen und Kollegen der SPD sagen: Sie machen das zum Beispiel mit Vertreterinnen und Vertretern der Dortmunder Stadtwerke. Diese sind sich nicht zu schade, jährlich zweistellige Millionenbeträge – 20 Millionen € – in einen Flughafen Dortmund zu pulvern und dort Flugtickets zu subventionieren.

Insofern hat das schon ein besonderes Geschmäckle. Sie bedienen sich also genau der Personen, von denen Sie wissen, dass sie wie Sie das Sozialticket nicht wollen und andere Prioritäten setzen.

Nun will ich auch zu den Prioritäten noch etwas sagen. Jetzt entdecken Sie plötzlich, dass es dem Land schlechter geht, nachdem Sie die letzten drei Jahre rauf und runter erzählt haben, es würde alles richtig gut mit Ihnen und das wäre alles so toll und wäre alles Ihre Leistung, dass es so toll würde. In Klammern: Das ist wahrscheinlich jetzt auch Ihr Versagen, dass es so runter geht. – Ausgerechnet jetzt entdecken Sie wieder den finanzpolitischen Rahmen für relativ kleine Beträge, mit denen man den Kommunen einen Anreiz geben kann, die für die Ärmsten in der Gesellschaft und ihre Mobilität etwas tun sollen. Das, finde ich, wirft ein bezeichnendes Licht auf Sie und nicht auf andere.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Romberg, ich weiß, Sie sind in der Verkehrspolitik nicht so bewandert. Aber wer sich etwas mit den Verkehrsverbünden auskennt, der weiß, dass die Wahrheit im Moment eher umgedreht ist. Wenn Sie jedenfalls keinen Großkundenrabatt haben und trotzdem als Kommune, als Verkehrsverbund oder als Verkehrsgesellschaft ein Sozialticket finanzieren wollen, dann haben Sie über die Einnahmenaufteilungsverträge eine Situation, in der diejenigen, die mit eigenem Geld einen Anreiz bieten, an der Stelle sogar noch die anderen Gebietskörperschaften quersubventionieren, die nichts tun.

Ich finde, das ist eine absurde Situation und macht genau umgekehrt Ihr Argument tragend, nämlich dahin gehend, dass das Land einen Anreiz geben sollte, damit wir flächendeckend für die Ärmsten in unserer Gesellschaft ein solches Ticket haben. Wir sind überzeugt, das sollten wir einführen. Wir glauben, das sollten wir schnell tun. Ich bin mir sicher, dass das im nächsten Jahr ein Thema wird, trotz Ihrer versuchten schmutzigen Tricks im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Kollege Becker. – Jetzt hat der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Die Linke setzt sich für ein landesweites Sozialticket ein. Das ist kein Wunder. Denn wenn man sich die Situation im Land Nordrhein-Westfalen anguckt, wird das klar. Das haben wir heute Morgen erlebt.

Sie haben hier einen Verkehrsmasterplan vorgestellt. Das Ganze, was Sie hier gemacht haben, ist natürlich ein heißer Luftballon. Aber für die sozial am schlechtesten Gestellten im Land haben Sie natürlich kein Geld. Sie haben kein Interesse daran, für diese Menschen irgendetwas zu tun. Stattdessen machen Sie jetzt so eine Nacht- und Nebelaktion beim VRR, wie wir das jetzt erlebt haben, und wollen sogar verhindern, dass auf kommunaler Ebene bzw. im VRR dieses Sozialticket möglich gemacht wird. Das ist Ihre Strategie.

Aus unserer Sicht ist die Notwendigkeit eines Sozialtickets vor dem Hintergrund des zunehmenden Sozialabbaus, der Menschen mit geringen Einkommen wenig Raum für die Ausgestaltung ihrer Mobilität lässt, dringend gegeben. Dabei muss man wissen, dass zum Beispiel die Hartz-Empfängerinnen und -Empfänger nur 11,04 € pro Monat für Mobilität erhalten. 11,04 € im Monat kriegen die tatsächlich, um ihre Mobilität ausüben zu können, das heißt, Verwandte zu besuchen oder andere Dinge zu erledigen. Das ist die reale Situation. Vor dem Hintergrund ist ein Sozialticket, wie es das in Dortmund für 15 € oder in Köln für 28 € gibt, sogar noch teurer, wenn man weiß, dass diese Menschen nur 11 € erhalten. Das ist die reale Situation.

Deswegen ist es dringend geboten, so ein Sozialticket nicht nur im Bereich des VRR einzuführen, wo Sie ja jetzt sogar noch verhindern wollen, dass einzelne Städte das machen, sondern es insgesamt für das Land Nordrhein-Westfalen anzubieten.

Die Kosten sind geringfügig im Verhältnis zu dem, was Sie sonst alles im Land finanzieren. Ich erinnere nur daran, dass Sie zum Beispiel die Landwirtschaftskammern mit zusätzlich 20 oder 30 Millionen € bedacht haben und 100 neue Stellen in der

Verwaltung geschaffen haben, die von Leuten besetzt werden, die zwischen 8.000 und 9.000 € im Monat verdienen. Das ist Ihre reale Politik. Aber für die sozial schlechter Gestellten in diesem Land unternehmen Sie nichts. Deswegen kann ich Ihnen das nur dringend empfehlen.

Die Linke wird das im Landtagswahlkampf und im Bundestagswahlkampf zum Thema machen. Wir werden den Kampf um das Sozialticket nicht aufgeben. Wir setzen uns weiterhin für diese Menschen im Land ein. Sie tun genau das Gegenteil.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Für die Landesregierung erhält Herr Minister Krautscheid das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für Verkehrsminister Wittke und die Landesregierung zu dem Antrag Stellung nehmen.

Es wird Sie nicht überraschen: Trotz vorweihnachtlich milder Stimmung findet der vorliegende Antrag nicht unsere Zustimmung, zumal – das ist bereits mehrfach zu Recht angesprochen worden – der Vorläufer aus dem Oktober noch nicht einmal parlamentarisch durchberaten worden ist.

Damit hier keine Legendenbildung betrieben wird: Die Einführung eines Sozialtickets als Ergebnis einer kommunalen Entscheidung ist eine lobenswerte Idee. Wenn die Kommunen als Träger der Sozialleistungen dieses wollen, können sie in Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen und den Verkehrsverbünden hierfür die Voraussetzungen schaffen.

Dazu gehört auch eine Entscheidung wie die nun im VRR diskutierte, ob man dauerhaft ein Vertriebsmodell für Großkunden mit einem Preisnachlass anbieten will oder nicht. Zur Aufklärung: Der Verwaltungsrat des VRR hat das Großkundenvertriebsmodell lediglich für Neuverträge ausgesetzt und seiner Verwaltung einen entsprechenden Prüfauftrag erteilt. Dabei geht es um eine rein unternehmerische Vertriebsregelung.

Wie bei den Sozialleistungen bewegen sich die Kommunen fachlich und finanziell auch beim örtlichen ÖPNV, dort in Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen, auf ihrem ureigensten Terrain. Das Land ist für diese Fragen kommunaler Selbstverwaltung und verkehrsunternehmerischer Verantwortung nicht der richtige Ansprechpartner. Auch kurz vor Weihnachten ist es wenig zielfördernd, das Land hier finanziell schnell einmal mit ins Boot zu holen.

Meine Damen und Herren, in der Sache handelt es sich bei diesem Sozialticket um eine zusätzliche kommunale Sozialleistung zur Verbesserung der örtlichen Mobilität einkommensschwacher Bürgerin

nen und Bürger. Die Entscheidungen über das Ob und das Wie fallen also bei den Kommunen. Soweit sich dort die Mehrheiten und die finanziellen Freiräume treffen, entsprechende Prioritäten für ein Sozialticket zu setzen, ist das zu begrüßen. Dies ist Ausdruck gelebter kommunaler Selbstverwaltung.

Eine völlig andere Frage ist es jedoch, ob das Land diese Projekte koordinieren und finanzieren soll und für eine möglichst flächendeckende Umsetzung sorgen soll.

Dem Verkehrsminister ist klar: Die Landesregierung wird sich hier nicht einmischen und keine finanziellen Anreize setzen. Schon mit den von Ihnen als Förderbetrag beantragten monatlichen 4 € pro Ticket streut man allen Beteiligten Sand in die Augen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Rechnen wir das bitte einmal durch: Beim durchschnittlichen Preis eines Monatstickets im Abo von etwa 50 €, einer Abnahmequote von 35 % sowie einem Eigenanteil von 30 € beliefe sich das gegenüber den Verkehrsunternehmen ausgleichspflichtige Delta landesweit auf 160 Millionen €. Bei einem Eigenanteil von lediglich 15 €, wie es etwa in Dortmund der Fall ist, wären das immerhin 280 Millionen €.

Davon soll das Land nach Ihrer Vorstellung rund 31,5 Millionen € tragen. Wir fragen uns, da Sie keinerlei Finanzierungsvorschläge machen, ob Sie den Kommunen gleich noch mit empfehlen wollen, wie sie ihren Anteil dort stemmen sollen.

Aber Sie haben eine Lösung parat. Die Empfehlung in Ihrem Antrag heißt:

Die Landesregierung soll gemeinsam mit den Verkehrsverbünden konstruktiv Möglichkeiten erarbeiten, wie alternativ zum Großkundenrabattmodell Sozialtickets tariflich verankert werden könnten.

Es ist allerdings etwas verwunderlich: Wer sich ein bisschen sachkundig macht, der weiß, dass das Sozialticketmodell zum Beispiel in Köln längst eine tarifliche Lösung ist. Es gibt also diese Möglichkeiten.

Allerdings ändert auch dieses Modell nichts an den Zuständigkeiten. Ob vertrieblicher Preisnachlass oder Sondertarif, es bleibt bei der Zuständigkeit der Kommunen, die dann eben auch eine unternehmerisch getroffene Entscheidung der Mehrheit in einem Gremium akzeptieren müssen.

Ich bleibe dabei – bei dem, was auch der Kollege Lorth gesagt hat –: Ich habe mich ein bisschen über die Ansetzung gewundert. Dieser Antrag hätte eher unter den Tagesordnungspunkt 4 gepasst, über den wir vor einer Stunde gesprochen haben. Da ging es um die Förderung der Theaterlandschaft in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid.

Da es sich um einen Eilantrag handelt, kommen wir zur direkten Abstimmung. Der Eilantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8125 steht zur Abstimmung. Wer ist für diesen Antrag? – SPD, Grüne und der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

7 Hochschulen sanieren – Forschung und Lehre von Energiekosten entlasten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8076

In Verbindung mit:

Nicht versprechen, sondern handeln: Hochschulbauten jetzt sanieren!