Protocol of the Session on November 13, 2008

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/7825

Hierzu eröffne ich jetzt gerne die Beratung und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Pick das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag vorgelegt, mit dem ehrenamtlicher Naturschutz gestärkt werden soll. Die Innovationen, die dort möglich sind, sollen nachhaltig genutzt werden. Alle Fraktionen sind sich wohl darin einig, dass Naturschutz eine sehr hohe Bedeutung in unserem Land und in der gesamten Welt hat. Von daher braucht Naturschutz in erster Linie engagierte Bürgerinnen und Bürger.

Wir haben unseren Antrag eingebracht, um den ehrenamtlichen Einsatz, der heute schon vielfach da ist, zu verstärken und mit bescheidenen Mitteln gezielt zu fördern.

Wir wissen alle um die Problematik des Naturschutzes und dass auf dieser Welt jede Minute Arten aussterben. Wir sind alle bemüht, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinzuarbeiten, dass die Natur intakt und in Ordnung bleibt.

Das kann sie aber nur, wenn wir uns nicht – wie das oftmals gefordert wird – nur mit einzelnen Kreaturen, Pflanzen oder Biotopen auseinandersetzen, sondern indem wir uns vor allen Dingen dafür einsetzen, dass Menschen in die Naturschutzprogramme und die Naturschutzarbeit sehr stark eingebunden werden.

Deswegen sind wir auf das weitere Engagement der Bürgerinnen und Bürger, vor allen Dingen vor Ort, in den Städten, Gemeinden und Dörfern, angewiesen, um dort noch mehr Arbeit leisten zu können. Wir wollen, dass diese Bürgerinnen und Bürger durch die Anerkennung nachhaltig dazu motiviert werden, Naturschutz zu betreiben.

An vielen Beispielen in der Vergangenheit, in denen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen und sich selber in große Projekte und Programme eingebracht haben, wird das deutlich. Beispielsweise wird jetzt ein Bürgernationalpark auf den Weg gebracht. Das macht deutlich, wie sich Bürgerinnen und Bürger für Umwelt einsetzen und auch in Zukunft einbringen werden.

Wichtig ist es, dass in allen Altersstufen Engagement erreicht wird und sich die dieserart Freizeitbetätigungen von Bürgerinnen und Bürgern nicht auf bestimmte Lebensabschnitte reduzieren, sondern eine kontinuierliche Naturschutzarbeit mit Ehrenamtlichen geleistet wird, und dies auch von Jugend an.

Wir erfahren heute schon in vielen Bereichen, dass Bildungsarbeit mit jungen Menschen im Kindergarten beginnt, sich in der Schulzeit fortsetzt, sich Schülerinnen und Schüler für Programme interessieren. Ein Beispiel ist etwa der große Zulauf zu den

Waldjugendspielen, der jedes Jahr deutlich macht, wie gerne sich junge Menschen engagieren.

Dieses Engagement muss nachhaltig weiter gefördert werden. Deswegen sollten entsprechende Möglichkeiten der Darstellung von Naturschutzarbeit geschaffen werden.

Sie kennen es von anderen Feldern, etwa aus dem Sport. Dort gibt es die Bundesjugendspiele. Sie kennen den Preis „Jugend musiziert“. Man kann sich vorstellen, dass es einen Preis „Jugend schützt Natur“ gibt, mit dem die – zum Teil einzigartigen – Aufgaben, die sich die jungen und älteren Menschen gestellt haben, und die Aktivitäten, die dahinter stehen, deutlich gemacht werden.

Die Vertragsstaatenkonferenz in Bonn im Mai hat es gezeigt: Wir als Land Nordrhein-Westfalen stehen mit unseren vielfältigen Aktivitäten nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt weit vorne. Diese Position muss gefestigt und ausgebaut werden. Das kann man nicht alles mit bezahltem Naturschutz und Berufsnaturschützern leisten, sondern dazu brauchen wir das ehrenamtliche Engagement, das dringend erforderlich ist.

(Beifall von Marie-Luise Fasse [CDU])

Deswegen genügt es auch nicht, diejenigen, die diese wertvolle Arbeit leisten, einmal zu loben oder ihnen auf die Schultern zu klopfen, sondern es soll dauerhafte Ehrungen und Anerkennung durch Politik und Gesellschaft geben, damit ein Ansporn gesetzt wird, in vielfältiger Weise im Naturschutz tätig zu werden.

Wir bitten die Landesregierung, dazu ein Verfahren in Gang zu setzen und uns Vorschläge zu unterbreiten, damit Naturschutz zukünftig noch mehr Spaß macht als jetzt und sich noch mehr Bürgerinnen und Bürger – vor allen Dingen junge Menschen – diesen Aufgaben stellen. Ich kann mir vorstellen, dass alle Fraktionen dieses Hauses diesem guten Antrag zustimmen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Pick. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem letzten Wunsch des Kollegen Pick kann ich nur zustimmen. Ich bin fast sicher: Ein solch sachlich fundierter und offensiv gestalteter Antrag wird sicherlich auch in diesem Parlament auf breite Zustimmung stoßen. Wer sich dem verschließen will, der meint es mit dem Naturschutz und dem Ehrenamt nicht ernst. Ich bin sicher, dass wir diesen Antrag hier so beschließen können.

Meine Damen und Herren, kommen wir auf den Inhalt des Antrags zurück: Der Erhalt des genetischen Reproduktionspotenzials – auch das wird hier sicherlich Gemeinsamkeit sein – ist ein hohes politisches Ziel. Aufgrund des natürlichen Wandels des Klimas werden Arten kommen, Arten werden gehen. Der Erhalt wird nicht hundertprozentig gelingen. Aber das Ziel ist erkannt. An der Erreichung dieses Ziels arbeiten wir sicherlich gemeinsam, wenn auch manchmal auf unterschiedlichen Wegen.

Kollege Pick sprach es bereits an: Wir hatten im Frühjahr diesen Jahres die Biodiversitätskonferenz bei uns in Bonn. Wir waren ein guter Gastgeber. Die zahlreichen Exkursionen haben vielen Leuten klargemacht, dass wir selbst in einem so hoch verdichteten Land wie Nordrhein-Westfalen Naturschutz mit Augenmaß und erfolgreich betreiben können.

Ich rufe es einfach nur einmal in Erinnerung: In der Bundesrepublik Deutschland beträgt die durchschnittliche Bevölkerungsdichte 225 Einwohner je Quadratkilometer. In Nordrhein-Westfalen sind es durchschnittlich 500 Menschen pro Quadratkilometer. Alleine hier, im Regierungsbezirk Düsseldorf, sind es mehr als 1.000 Einwohner je Quadratkilometer. Dennoch ist es möglich, selbst in diesem hoch verdichteten Land Naturschutzprojekte mit dem Oberziel auszuweisen, das genetische Reproduktionspotenzial und die Artenvielfalt zu erhalten. Dabei haben wir recht gute Fortschritte gemacht.

In diesem Sinne halte ich es eigentlich auch für eine kleinliche Diskussion, wenn gerade bei einem Projekt, für das es viel Für und Wider gibt, dem Naturpark Siebengebirge, über den viel diskutiert wird und zu dem die Landesregierung deutlich gesagt hat, sie werde das Projekt nur durchführen, wenn es vor Ort akzeptiert und gewünscht ist, damit verbundene Verkehrsprobleme, Wanderwegprobleme gelöst werden können, von interessierter Seite kleinkrämerisch gemäkelt wird, hier fehlten ein paar Quadratkilometer, dort ein paar Quadratkilometer.

Wir sind eben nicht in der Wüste Atacama, sondern wir befinden uns in einem hoch verdichteten Land. Deswegen ist es gut, wenn wir auch in diesem hoch verdichteten Land deutlich machen können, dass auch wir es mit dem Naturschutz ernst meinen. Das muss man einfach gesamtpolitisch beleuchten. Wenn es dann in der Diskussion darum geht, ob 5 oder 50 Quadratkilometer fehlen, halte ich das nicht für angemessen.

Das Ehrenamt ist der Kitt der Gesellschaft, und wir wollen dieses Ehrenamt stärken. Es geht nicht an, dass man das Ehrenamt mit irgendwelchen Brosamen abfüttert und grundsätzlich verlangt, dass alles umsonst gemacht wird. Dieses Ehrenamt darf man nicht ausnutzen für Arbeiten, die normalerweise gemacht werden müssen und wie selbstverständlich auf das Ehrenamt übergewälzt werden.

Denn das sind die Leute, die hier um der Sache selbst willen arbeiten, aus Überzeugung und mit viel Herzblut. Gerade, wenn es an die Jugendlichen herangeht, ist es immer noch sinnvoller, da etwas zu tun, als sich anderen Freizeitbeschäftigungen hinzugeben, die dann vielleicht ausgesprochen problematisch werden können.

Wir haben von Rot-Grün einen immensen Schuldenberg übernommen. Vieles, was wir machen wollen, können wir nicht machen, weil wir Schulden abzahlen müssen, weil wir die Nettokreditaufnahme verringern müssen. Wir können aber eine gesamtgesellschaftliche Anerkennung gewähren. Das schließt sich nahtlos an das an, was Herr Kollege Pick gesagt hat: Wir müssen diesen Leute, die sich hier im besonderen Maße gerade für Natur- und Umweltschutz engagieren, eine gesellschaftliche Reputation verleihen.

Deswegen wollen wir besonders interessante, besonders pfiffige, besonders erfolgreiche Projekte in den Fokus der Öffentlichkeit stellen, indem wir sagen: Hierfür werden wir einen Preis vergeben. – Das halte ich für eine ganz vernünftige Sache. Ich bin sicher, für unseren Antrag, Kollege Pick, werden wir hier breite Zustimmung finden. Er ist so offen und ohne Vorwürfe formuliert, dass man ihm so, wie er da ist, zustimmen kann. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir hier eine gute Beratung haben werden.

Die Landesregierung wäre gut beraten, dem Antrag gerne zu folgen und zu sagen, wir werden die entsprechenden organisatorischen Vorbereitungen dazu treffen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die SPD-Fraktion spricht Kollege Karthaus.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich in diesen Zeiten zwei Minister auf den Fluren des Landtags begegnen, heißt es nicht mehr: Wie geht´s? Was macht die Familie?, oder ähnlicher Small Talk. Nein, der heutige übliche Gruß im Kabinett lautet: Heute schon einen Preis vergeben?

Meine Damen und Herren, früher gab es einmal eine mäßig erfolgreiche TV-Show mit dem Titel „Der Preis ist heiß“. Anscheinend ein ideales Motto für die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung, wenn man sieht, welch drastische Zunahme an Preisen und Auszeichnungen in den letzten drei Jahren zu verzeichnen ist. Damit die Preisverleiher dieser Regierung auf Hochtouren bleiben, steht nun die nächste Auszeichnung an. Diesmal geht es um den ehrenamtlichen Naturschutz, für den nun eine Grundlage für eine formale Belobigung geschaffen werden soll.

Dabei blende ich zunächst einmal aus, dass der im Antrag genannte Adressatenkreis unter anderem Ehrenamt und Hauptamt kräftig durcheinanderwürfelt.

Zurück zum Ziel des Antrages: Es wäre ja wirklich schön, wenn solch ein symbolischer Akt und das tatsächliche politische Handeln zusammenpassen würden. Aber leider passt hier gar nichts. Naturschützer loben und Naturschutz machen sind halt unterschiedliche Angelegenheiten. Da gerät ein Naturschutzpreis schnell zum Placebo, der vom eigenen Versagen ablenkt. Glauben Sie denn wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, der ehrenamtliche Naturschutz hätte die eklatanten naturschutzpolitischen Versäumnisse und Rückschritte dieser Regierung nicht registriert?

(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE])

Oft genug hat es Nackenschläge und Fußtritte für die Naturschützer gegeben. Sie reichen vom Abbau gesetzlicher Standards, der Kappung von Mitwirkungsrechten – Herr Kollege Ellerbrock –, der drastischen Kürzung finanzieller Mittel der Umweltbildung über den Ausverkauf ökologisch wertvoller Landeswaldflächen und der Flächenreduzierung von Vogelschutzgebieten mit europäischer Bedeutung am Niederrhein bis hin zu Initiativen zur Schwächung des EU-Naturschutzrechts.

Wenn Sie wenigstens ein kleines bisschen Durchblick hätten, dann wüssten Sie, dass in unserem Land im ehrenamtlichen Naturschutz eine vernünftige, die Probleme anpackende und das Ehrenamt unterstützende Naturschutzpolitik viel wichtiger wäre als wohlklingende Worte auf Preisverleihungen.

Wissen Sie, was der Bund für Umwelt- und Naturschutz Nordrhein-Westfalen zu diesem Naturschutzpreis meint? Ich will es Ihnen gerne sagen und zitieren:

Richtig ist, dass der ehrenamtliche Naturschutz eine herausragende Rolle spielt und deshalb unterstützt werden muss. Leider praktiziert die Landesregierung aber zum Beispiel durch die Kappung von Mitwirkungs- und Klagerechten genau das Gegenteil. Die Liste der naturschutzpolitischen Versäumnisse dieser Regierung ist lang. Das lässt sich auch durch einen Preis nicht kaschieren.

So die Aussage des BUND. – Meine Damen und Herren, kräftiger kann eine schallende Ohrfeige nicht ausfallen. Das ist so deutlich, dass ich mir hierzu weitere Kommentare erspare. Mir bleibt nur der Appell: Setzen Sie nicht auf hohle Symbole, sondern würdigen Sie die Arbeit der ehrenamtlichen Naturschützer durch die Gewährleistung dafür geeigneter und guter Rahmenbedingungen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock?

Ja, bitte.

Danke schön. Bitte schön, Herr Ellerbrock.

Herr Kollege Karthaus, um ein Koreferat zu vermeiden, folgende Frage: Wie kann es sein, dass Ihre Partei die Bundesnaturschutzregelung hoch lobt, und, wenn diese Bundesnaturschutzregelung hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte von Verbänden in NordrheinWestfalen umgesetzt wird, dieses ein Werk des Teufels sein soll? In Berlin loben und das Gleiche in Nordrhein-Westfalen verteufeln – für mich passt das nicht zusammen. Können Sie mir das bitte erklären?

Herr Kollege, es wäre ja schön, wenn die Berliner Regelungen hier allesamt beachtet würden. Sie haben hier ganz klare starke Einschnitte, die darüber hinausgehen, vollzogen. Die bewährte Praxis in Nordrhein-Westfalen, die nicht zur Verzögerung geführt hat, was oft angemerkt wurde, haben Sie geändert. Sie haben den Naturschutzverbänden diese Mitwirkungsrechte genommen.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Fragen Sie einmal, wie das auf die Naturschützer wirkt. Sie hätten lieber das wieder zurück als neue Preise.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wie in Berlin!)

Meine Damen und Herren, es wäre alles andere als gut, wenn wir demnächst in den einschlägigen Lexika unter dem Begriff Preisinflation nicht nachlesen könnten erstens „volkswirtschaftlicher Begriff“, sondern zweitens „ein Phänomen in der 14. Legislaturperiode des Landtags Nordrhein-Westfalen, das sich durch immense Ausweitung der Anlässe für Preisverleihung auf politischen Handlungsfeldern auszeichnete, während gleichzeitig das Handeln von Regierung und Mehrheitsfraktionen den Intentionen der Preise nicht immer entsprach“. – Danke schön.