Schauen wir doch einmal zurück! Als wir 2017 hier im Landtag eine Große Anfrage zum Insektensterben diskutiert haben - eine der ersten Initiativen der Grüne-Fraktion -, waren zwar alle erschüttert, aber es passiert nichts. Als wir 2018 hier in mehreren Anträgen gefordert haben, das bayerische Volksbegehren zu übernehmen, passierte nichts. Als Umweltverbände wie der NABU und der BUND umfangreiche Forderungskataloge an die Landesregierung sandten, passierte nichts. Im Sommer 2018 machte die Agrarministerin eine Pressekonferenz, erklärte darin das Bienensterben für beendet und hoffte - ich zitiere -, dass der Kelch eines Volksbegehrens an ihr vorübergehe. Passiert ist allerdings nichts, im Gegenteil: Man sorgte bei den Agrarsubventionen für ein „Weiter so“ und lehnte hier im Landtag eine insektenfreundliche Weideprämie für Rinder und Schafe, die wir Grünen beantragt haben, ab.
Im Herbst 2019 setzten sich die Umweltverbände, die Grünen und andere Parteien für die Ausarbeitung konkreter Gesetze für ein Volksbegehren an einen Tisch. Wir haben alle anderen Parteien anschrieben. Herr Althusmann hat uns für das Volksbegehren ja auch viel Erfolg gewünscht.
Herr Birkner hat gesagt, er macht da nicht mit. Das war immerhin eine ehrliche Antwort. Die SPD hingegen hat gar nicht geantwortet.
Landesregierung offenbar Panik auf. In den Haushaltsberatungen sagte der Finanzminister - meine Kollegin Julia Hamburg hatte es im Mai getwittert -, er hätte irgendwo im Haushalt noch 120 Millionen Euro zur „Verhinderung eines Volksbegehrens“. Umweltminister Lies bot den Umweltverbänden nach Meldung der HAZ viel Geld für Förderungen an, wenn sie auf ein Volksbegehren und konkrete Gesetze verzichten.
Und dann haben wir erlebt: Bauern störten die Sammlungen, und hier im Landtag droschen SPD und CDU in mehreren Aktuellen Stunde auf uns Grüne ein, um ein Volksbegehren zu verhindern - ein demokratisches Instrument, das in NordrheinWestfalen übrigens die SPD zusammen mit den Grünen zum Thema Artenschutz eingeleitet hat.
Es sollte eine freiwillige Vereinbarung geben, aber keine Gesetze und kein Ordnungsrecht, erklärte Herr Dammann-Tamke wiederholt im Chor mit den Landwirtschaftsverbänden.
Doch wir bestanden auf konkreten Gesetzen mit Ge- und Verboten, und diese liegen heute dankenswerterweise sehr umfangreich und sehr weitgehend vor. Und wenn die SPD ehrlich ist, weiß sie auch, dass sie diese Gesetze ohne den Druck des Volksbegehrens niemals gegen die CDU durchgesetzt hätte.
Erstens. Es wird endlich auch in Niedersachsen Gewässerrandstreifen geben. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU steht, dass sie maximal 1 m breit sein sollen. Jetzt beschließen wir das Dreifache. Was verursachte denn den Sinneswandel? Das Volksbegehren?
Zweitens. Es gibt ein Verbot von Totalherbiziden wie Glyphosat in Naturschutzgebieten. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Herr DammannTamke an diesem Rednerpult Vergleiche mit Jägermeister und Tabak angestellt hat, um zu zeigen, wie harmlos Glyphosat ist. Ich freue mich, Herr Dammann-Tamke, dass sie dazugelernt haben und heute sagen, dass das ein schlimmes Gift ist und in Naturschutzgebieten nichts zu suchen hat.
Drittens. Artenreiches Grünland, Alleen, Bäume, Streuobstwiesen und Hecken werden unter besonderen Schutz gestellt. Die Straßenbaubehörden von Herrn Althusmann verstoßen dann gegen den Naturschutz, wenn sie ersatzlos Straßenbäume fällen.
Auch wurde ein verbindlicher Biotopverbund, die Vernetzung von Lebensräumen, 1 : 1 aus dem Volksbegehren in das Gesetz überführt.
Fünftens. Der Flächenverbrauch wird erst auf 3 ha und dann verbindlich auf 0 ha reduziert. Der GBD wies in der Beratung darauf hin, dass dann keine neuen Autobahnen und Gewerbegebiete mehr gebaut werden könnten, und der Städte- und Gemeindebund lehnte es ebenfalls ab. Doch wir beschließen heute die schwarze Null beim Flächenverbrauch als Ziel, und wir Grünen werden Herrn Althusmann immer wieder daran erinnern, wenn er im Rahmen seiner Planungen zum Bundesverkehrswegeplan wertvolle landwirtschaftliche oder naturnahe Flächen versiegeln will.
Natürlich hätten wir Grüne uns an manchen Stellen mehr gewünscht: breitere Gewässerrandstreifen, ein Komplettverbot auch von Insektiziden und noch besseren Schutz von Streuobstwiesen. Außerdem halten wir die gerade einmal 5 Millionen Euro jährlich, die im kommunalen Finanzausgleich an die Kommunen zur Umsetzung der Gesetze fließen sollen, für deutlich zu wenig. Wir schließen uns der Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach 15 Millionen Euro für die neuen Aufgaben der Wald-, Wasser- und Naturschutzverwaltungen.
Auch fehlen die Umsetzungen der FFH-Richtlinie, der Wasserrahmenrichtlinie und der Nitratrichtlinie in Ihren Plänen. Da haben Sie noch viele Hausaufgaben zu machen.
In den Ausschussberatungen konnten wir noch weitere Verbesserungen erzielen: So müssen Flächenbesitzer für die Ausnahmen Gewässer in ein Kataster eintragen. Außerdem fällt das noch aus der Zeit von Hans-Heinrich Sander stammende Betretensverbot, nach dem die Kommunen nicht auf freier Fläche kontrollieren können, ersatzlos weg.
Ich danke dem GBD dafür, dass er noch viele Rechtslücken geschlossen hat, die die Regierungsfraktionen gelassen hatten.
Meine Damen und Herren, als Fazit: Wir Grüne können diesem umfangreichen Gesetzespaket heute sehr freudig zustimmen, da es deutliche Verbesserungen für den Natur- und Artenschutz enthält.
Ich danke den Unterstützerinnen und Unterstützern des Volksbegehrens, die sich trotz aller Anfeindungen - gerade dem NABU gegenüber - dafür eingesetzt haben. Ohne sie gäbe es diese Gesetze nicht.
Ich danke der Landesregierung und den Regierungsfraktionen, dass sie bereit waren, heute diesen Beschluss zu fassen.
Ich danke auch den Landwirten und Umweltverbänden für diesen Kompromiss bei den Formulierungen. Das zeigt, dass die Verbände oft weiter sind als die Fraktionen der GroKo oder ihr Koalitionsvertrag, der gar nichts zum Naturschutz vorgesehen hatte.
Deshalb bitte ich um eine breite Zustimmung - für einen besseren Schutz von Schmetterling, Kiebitz, Biene und Lurch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Wege führen nach Rom? - Nein! In Sachen Naturschutz führt der Weg heute nach Hannover. Denn wenn die Mehrheit der Mitglieder dieses Landtages sich gleich erheben wird, um den Gesetzen zuzustimmen, dann kann man mit Fug und Recht von einem historischen Tag sprechen. Historisch deshalb, weil der Inhalt dieser Gesetze in einem bundesweit einmaligen Vorgang zwischen Landesregierung, Landvolk, Kammer, BUND und NABU erarbeitet worden ist, mit dem Ziel, einen gesellschaftlichen Vertrag zu schließen, der den Naturschutz in Niedersachsen deutlich
Ich darf mich im Namen meiner CDU-Fraktion ganz herzlich bei allen bedanken, die daran zielorientiert mitgewirkt haben, allen voran unseren Ministern Bärbel Otte-Kinast und Olaf Lies. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch!
Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese beiden Minister haben in einem Jahr mehr erreicht als ihre grünen Vorgänger in einer ganzen Wahlperiode.
Gestatten Sie mir, dass ich mich auch bei jemandem bedanke, der in meinem Wahlkreis wohnt und in wenigen Wochen sein Amt abgibt: Mein Dank gilt Albert Schulte to Brinke. Denn der hat gezeigt, dass man auch noch kurz vor dem Ruhestand Höchstleistungen vollbringen kann, im Interesse von Naturschutz und Landwirtschaft.
Mein Dank geht aber auch an die Mitglieder des Landtages, die bereit sind, diese Gesetze im Interesse eines vernünftigen Ausgleichs zwischen Ökonomie und Ökologie zu beschließen.
Die heutige Beschlussfassung - das wurde schon erwähnt - zeigt, dass parlamentarische Mehrheiten schneller als Volksbegehren in der Lage sind, den Rahmen zu verändern. Deshalb ist es auch ein logischer Schritt, wenn die Initiatoren des Volksbegehrens in dieser Woche das Ende des Volksbegehrens verkünden. Alles andere wäre auch nicht zu vermitteln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit den beiden Gesetzen, die heute vorliegen, bekommen wir breitere Gewässerrandstreifen, die nicht gedüngt werden und auf die kein Pflanzenschutz aufgebracht wird.
Wir bekommen mehr Vertragsnaturschutz, mit dem bessere Lebensbedingungen für Wiesenvögel oder Birkhuhn, Lerche und Fasan geschaffen werden können.