Protocol of the Session on September 16, 2020

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Wir müssen sehr genau darauf achten, dass wir ausreichend Zeit haben, die ganzen Dinge zu diskutieren, gerade auch in Corona-Zeiten. Die Menschen haben Lust, das zu diskutieren. Wir müssen ihnen auch die Chance dazu geben. Wir müssen überlegen, wie man mit neuen Formaten wie Videokonferenzen dafür sorgen kann, dass jeder teilhaben kann. Das Interesse wird in der ersten Phase, in der es noch viele Gebiete geben wird, die sich potenziell eignen, sehr, sehr groß sein.

Insofern müssen wir auch darauf achten, dass die Landesregierung unter Umständen, wenn der Bund das nicht leistet, eigene Veranstaltungen anbietet, auf denen sich die Menschen über das schlaumachen können, was ihnen vielleicht ins Haus steht.

Ich glaube auch, dass es eine gute Idee ist, wenn wir die Landesregierung auffordern, Geld bereitzustellen, damit man sich vor Ort Expertise einkaufen kann. Die betroffenen Kommunen, Städte und Gemeinden werden nicht unbedingt in der Lage sein, das Geld aus eigenen Mitteln bereitzustellen. Insofern müssen wir sagen: Ja, wir geben euch Geld, damit ihr euch eine andere Meinung einholen könnt, damit man am Ende sagen kann, es ist geeignet oder es ist nicht geeignet.

Was mir persönlich besonders wichtig ist, ist Folgendes: Wir müssen auch den Bund bitten, weiterhin an der Frage zu forschen: Wie kann man Atommüll sicher endlagern? Mein Kollege Bosse hat es vorhin erwähnt. Bis 2031 wollen wir einen Ort finden, an dem endgelagert werden könnte.

Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Bis dann aber eingelagert wird, werden noch weitere Jahrzehnte vergehen. Dann darf die Einlagerung eben nicht auf dem Stand von Wissenschaft und Technik aus dem Jahr 2020 basieren, sondern es muss an der Stelle weitergeforscht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Umweltpolitiker von SPD und CDU sind sich einig, dass wir für das Thema Beratung und Sachverständige einen Haushaltsbetrag in den Haushalt für das nächste Jahr im Rahmen der politischen Liste einstellen wollen. Wir werden sehen, dass wir das mit Vehemenz in den Beratungen begleiten werden.

Ich sage Ihnen: Wenn wir diesmal nach einem Endlager suchen, dann muss das Verfahren erfolgreich sein. Unser Land ist schon einmal bei der Suche nach einem Endlager gescheitert. Das darf sich diesmal nicht wiederholen.

Wir, die wir die Vorteile des Atomstroms genossen haben, müssen auch für die sichere Endlagerung sorgen. Wir dürfen das nicht an die nächste Generation verschieben. Die Lagerung muss in unserem Land passieren und nicht im Ausland und nicht auf dem Mond.

Lassen Sie uns abschließend an eines denken: Jeden Tag, den wir das Endlager später bekommen, steht der Atommüll in einem Zwischenlager, das niemals an die Sicherheit eines Atomendlagers herankommen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Meine Damen und Herren, für die Fraktion der FDP hat sich nun Herr Dr. Stefan Birkner zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage der Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen ist eine gemeinsame Verantwortung, vor der wir unabhängig von der Parteizugehörigkeit stehen. Deshalb bin ich dem Herrn Minister auch dankbar, dass er diese Initiative ergriffen und angeregt hat, dass hierbei möglicherweise auch fraktionsübergreifend etwas zustande kommt, was auch der Fall war.

Wer sich an die Debatten insbesondere in der vorletzten Legislaturperiode erinnert, der weiß, dass das nicht selbstverständlich ist; denn das waren sehr erbitterte Debatten über die Frage der Nutzung der Kernenergie und auch der Endlagerung. Deshalb ist es, wie ich glaube, schon ein Wert an sich, dass man hier fraktionsübergreifend einen gemeinsamen Weg findet, um diese gemeinsame Verantwortung wahrzunehmen, und sich auch klar und deutlich zu diesem Auswahlverfahren bekennt - und damit im Übrigen auch Aufmerksamkeit auf dieses Auswahlverfahren lenkt, damit es nicht Ende des Monats zu bösen Überraschungen kommt, sondern schon jetzt eine öffentliche Wirkung entsteht. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch unterstützenswert - natürlich nicht nur der Form der Gemeinsamkeit, sondern auch des Inhalts wegen.

Aber, Herr Meyer, ich habe eine dringende Bitte. Ich muss leider sagen, dass ich es ein bisschen bedaure, dass Frau Staudte heute hier nicht dabei sein kann, weil ich erahne, dass sie eine - zumindest in der Tonlage - andere Rede gehalten hätte, wie ich es aus Gesprächen kenne.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich habe ihre Rede gehalten!)

Wer Frau Staudte kennt, weiß, dass sie eine sehr engagierte Gegnerin der Kernenergie ist.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist Herr Meyer auch!)

- Ja, genau, aber Frau Staudte ist in der Lage, die Gemeinsamkeit und die Notwendigkeit zu erkennen, gewissermaßen die alten Schlachten hinter sich zu lassen und dieses Verfahren jetzt ordnungsgemäß, gemeinsam und verantwortungsvoll zu führen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Hat Herr Meyer auch!)

Das, was Sie hier gemacht haben, Herr Meyer, ist das komplette Gegenteil.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein!)

Sie blicken nämlich zurück und sagen, es gebe Gut und Böse, und versuchen, das Thema wieder aufzuheizen. Ich bin gespannt, wie Sie und Ihre Partei sich vor Ort verhalten, wenn diese Diskussionen geführt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe es als absolut kontraproduktiv empfunden, was Sie hier wieder gemacht haben.

Ich will hier auch den Hinweis geben, dass sich das auch darin äußert, dass Sie versuchen, zu sagen, Sie seien es gewesen, die das auf den Weg gebracht hätten. Es waren viele mehr, die dieses neue Standortauswahlverfahren auf den Weg gebracht haben. Es hatte seine Ursprünge - ohne es sozusagen vereinnahmen zu wollen - noch in der Regierungszeit von David McAllister.

Es gilt anzuerkennen, dass man gemeinsame Wege bei der Endlagerung gehen muss. Es geht nicht darum, parteipolitischen Profit daraus zu ziehen. Genau das ist es, was wir versuchen, durch diesen gemeinsamen Antrag zu verhindern: die parteipolitische Aufladung. Genau diese betreiben Sie. Es macht mir große Sorge, ob das ernsthaft von Ihnen gesehen wird. Der dringende Appell an Sie und Ihre Fraktion ist, das nicht nur auf dem Papier, sondern auch der Sache nach ernst zu nehmen, insbesondere dann, wenn wir die Diskussionen vor Ort führen.

(Zurufe von der SPD: Ja, genau!)

Ich bin gespannt, wie sich die Fraktionen im Einzelnen dazu äußern, wenn die Parteifreundinnen und Parteifreunde vor Ort - wovor keiner von uns gefeit ist - Stimmung machen, auch vielleicht mit Blick auf die Kommunalwahl. Ich erwarte, dass wir, die wir das heute hier beschließen, dann auch Farbe bekennen und uns dort positionieren - auch die Grünen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ziel dieses Verfahrens ist es - deshalb unterstützen wir es -, den am besten geeigneten Standort zu finden. Das muss doch der Maßstab sein, auch mit Blick auf die Generationen, die in unfassbar langen Zeiträumen, die dabei in Rede stehen, damit konfrontiert sein werden.

Dieses Verfahren - der Kollege Bäumer hat es völlig zutreffend gesagt - muss fair, transparent und wissenschaftsbasiert sein. Das teilen wir. Wir begrüßen auch, dass der Minister angekündigt hat, ein Begleitgremium auf den Weg zu bringen. Ich finde es richtig, dass sich eine Landesregierung und auch ein Minister persönlich der Debatte vor Ort stellen. Ich glaube, es ist die originäre Aufgabe eines Landesministers, der die lokalen Verhältnisse kennt, dort auch Farbe zu bekennen, sich der Debatte zu stellen, so wie es auch für uns alle als Abgeordnete eine Herausforderung werden wird.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich komme zum Ende.

Wir halten es also für richtig und unterstützenswert, ein ergebnisoffenes Verfahren zu führen und hier deutlich zu machen, dass wir als Niedersächsischer Landtag dieses Verfahren, so wie es aufgestellt ist, unterstützen und zu einem erfolgreichen Ende bringen wollen, um den bestmöglichen Standort zu finden - unabhängig davon, wo er ist. Er kann selbstverständlich auch in einem anderen Bundesland sein. Aber wenn es dann Niedersachsen sein sollte, dann müssen wir uns dieser Verantwortung auch stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die SPD-Fraktion hat sich noch einmal der Kollege Marcus Bosse zu Wort gemeldet. 1:30 Minuten Restredezeit stehen zur Verfügung.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich habe bei der Rede von Herrn Wirtz genau hingehört. Der Antrag, den wir gemeinsam gefertigt haben, sei „substanzlos“.

Ich glaube, Herr Wirtz, Sie haben nicht die geringste Ahnung, mit welchen Emotionen die Debatten hier im Haus und außerhalb dieses Hauses in Niedersachsen und darüber hinaus geführt worden sind. Dann können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten, dieser Antrag sei „substanzlos“, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zuruf von Stefan Wirtz [AfD)

Mit diesem Antrag haben wir die Möglichkeit, beispielsweise die BGE, möglicherweise das BASE - Sie wissen nicht, was das ist; das ist das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung - hier in diesem Haus zu hören und mit diesem Antrag zu beschäftigen.

Herr Dr. Birkner hat es gesagt: Es gilt doch, das Problem, vor dem Niedersachsen steht, anzuerkennen. - Sie liefern keine Antworten. Sie wollen die AKWs länger laufen lassen. Sie wollen sie gar nicht abstellen. Sie liefern überhaupt keine Antwort darauf, wo der Atommüll hin soll.

Im Gegenteil: In Ostdeutschland sagen Ihre Kollegen, der westdeutsche Müll soll nicht nach Ostdeutschland kommen. Sie sind froh darüber, dass die Reaktoren und die Brennelemente zu DDRZeiten in die Sowjetunion verschifft worden sind. Das sind Ihre Leute! So gehen Sie angeblich „verantwortungsvoll“ mit der nuklearen Entsorgung um! Seien Sie bloß still! Ich kann es nicht mehr hören!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Stefan Wirtz [AfD])

Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. - Für die Landesregierung hat sich zu diesem Punkt Herr Minister Lies zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn am 28. September zum ersten Mal ein Zwischenbericht über die Teilgebiete erfolgt, dann bekommt diese heute noch sprichwörtlich weiße Landkarte Flecken, nämlich Gebiete, die als Erstes ausgeschlossen werden. Damit wird auch ein neues Kapitel über die Frage der Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle in Deutschland aufgeschlagen - ein Kapitel, das bisher von Streit und Auseinandersetzung geprägt war und bei dem wir dafür sorgen müssen, dass zumindest Streit und Auseinandersetzung, so gut es geht, in Grenzen gehalten werden.

Deswegen bin ich sehr dankbar, dass es heute gelingt, ein starkes gemeinsames und konstruktives, aber auch - so habe ich die Reden verstanden - verantwortungsbewusstes Signal für die Endlagersuche in unserem Land zu senden - wohlwissend, dass das, was am Ende als Standort infrage kommt oder in der Diskussion ist, vor Ort nie dazu führen wird, dass die Frage „Warum gerade hier?“ mit Akzeptanz verbunden ist. Vielmehr müssen wir es begleiten und dafür sorgen, dass wir diese Akzeptanz über Sachlichkeit herstellen.

Das gilt ganz besonders für Niedersachsen. Ich habe nicht gesagt - um das aufzugreifen -, dass zwei Drittel der potenziellen Endlagerstandorte in Niedersachsen liegen.

Ich habe immer gesagt, es seien nennenswerte Anteile. Ein Zitat dazu von mir gibt es zumindest nicht.