Oder meinen Sie etwa, die Europäische Union sei bisher nicht demokratisch, sei bisher nicht rechtsstaatlich, sei bisher nicht föderativ ausgestaltet, sodass es genau dieser Regelung bedarf, damit Niedersachsen darin Vorreiter wird, die Europäische Union zu demokratisieren und zu einem föderativen und rechtsstaatlichen Staatenbund auszuformen? - Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ganze ist wirklich obsolet. Ich glaube, man braucht darüber nicht groß zu beraten.
Was wir brauchen, ist doch endlich einmal eine Bestandsaufnahme der gravierenden Probleme, auch und gerade der Akzeptanzprobleme der Europäischen Union und der Politik der Europäischen Union. Wenn man sich damit einmal befassen wollte - den Grünen kann ich nur ernsthaft nahelegen, das einmal zu tun -, dann würde man feststellen, wo es wirklich hakt. Es hakt sicherlich nicht daran, dass die niedersächsische Landesverfassung, die in der Tat in Artikel 1 einen Europabezug, wie eben schon anklang, und nicht diese ausformulierten Punkte aufweist, sondern da liegt es an ganz anderen Dingen.
Da liegt es z. B. an einem Demokratiedefizit, da liegt es an einer völlig überbordenden Bürokratie in Europa, da liegt es daran, dass die Verantwortlichen für die europäische Politik, für die Politik innerhalb der Europäischen Union bis heute nicht begriffen haben, dass Bürgernähe akzeptanzfördernd sein könnte, und bis heute nicht begriffen haben, dass das Ganze nicht ein bürokratischer, subventionsgetriebener Moloch ist, sondern dass es eine einmalige Chance bietet, das Zusammenkommen von Ländern, die sich noch vor wenigen Jahrzehnten verfeindet gegenüberstanden, dass ein Aufeinander-Zugehen eine einmalige Chance für den Erhalt von Frieden und wirtschaftlichem Wohlstand bietet.
Das erwarte ich von der Europäischen Union. Ich stelle aber jeden Tag aufs Neue fest, dass diese Europäische Union so, wie sie gestaltet ist, wie sie aufgebaut ist und wie sie praktiziert wird, dazu nicht in der Lage ist.
Weitere Wortmeldungen zur Aussprache liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann und zur Ausschussüberweisung komme.
Federführend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, mitberatend der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Verbraucherschutz für Smartphone-Nutzer verbessern - Kostenfallen in Mobilfunkverträgen ein Ende setzen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/4844 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 18/6027 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/6216
Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin Andretta! Meine Damen und Herren! Bereits in der ersten Beratung im vergangenen Oktober haben wir deutlich gemacht, dass dieser Antrag aus unserer Sicht den Anforderungen des Verbraucherschutzes an das Thema Mobilfunkverträge nicht gerecht wird.
Zu fast allen Punkten des GroKo-Antrags haben wir daher bereits damals Änderungsbedarf angezeigt. Keiner unserer Vorschläge ist bei der GroKo auf fruchtbaren Boden gefallen, weil vermutlich schon ihr eigener Antrag den kleinsten gemeinsamen Nenner in dieser Sache der zwischen dem Verbraucherschutzanspruch und der Wirtschaftsnähe schwankenden SPD und der klar im Interesse der Wirtschaft agierenden CDU darstellt. Hinten runter fallen die Verbraucherinnen und Verbraucher, die nun nicht in den Genuss entscheidender Verbesserungen kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unserer Ansicht nach muss die Vertragslaufzeit von Mobilfunkverträgen grundsätzlich auf zwölf Monate begrenzt werden, und die Verträge dürfen sich nur um jeweils einen Monat automatisch verlängern. Das ist schon heute möglich und wird von einigen Anbietern bereits praktiziert. Es gibt keinen Grund, die Platzhirsche unter den Anbietern diesbezüglich nicht in die Pflicht zu nehmen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern vertragliche Flexibilität zu verweigern. Wer gute Verträge anbietet, hat eine dauerhafte Knebelung der Kunden nicht nötig und sollte auf derart lange Laufzeiten verzichten können.
Die Internetzugangsanbieter sind dazu verpflichtet, basierend auf den Qualitätsklassen der DIN-Normen für Internetzugänge, darüber zu informieren, welcher Qualitätsklasse ihr Internetzugang entspricht. Wenn die Große Koalition unserer Ergänzung hinsichtlich der genormten Qualitätsparameter ablehnt, leistet sie damit Rechtsunsicherheit und Verbrauchertäuschung Vorschub.
Der Schaffung von verbindlichen Standards und von Kontrollmöglichkeiten zugunsten der Verbraucher dient auch unser Vorschlag, dass unter www.breitbandmessung.de bereitgestellte Tool als verbindlichen Überwachungsmechanismus für das Anbieterverhalten zu nutzen. Auch das lehnen SPD und CDU leider ab.
Bei Leistungen, die tatsächlich unterhalb der vertraglich angekündigten Qualität der Internetverbindungen liegen, ist der Schadenersatz für die Verbraucherinnen und Verbraucher nach unserem Vorschlag zu pauschalieren. Damit konkretisieren wir die Forderung der GroKo nach Entschädigungen, mindern die Rechtsunsicherheit und bewirken schnellere Schadenersatzleistungen, weil so nicht mehr lange über die Entschädigungshöhe gestritten werden muss.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Abschreckungswirkung von Bußgeldern bei Verstößen von Telekommunikationsanbietern gegen Vertragsvereinbarungen zu Bandbreiten oder gegen gesetzliche Vorgaben zur Netzneutralität muss deutlich erhöht werden. Die Praxis zeigt, dass es sich offenbar immer noch lohnt, vertragswidrig zu geringe Bandbreiten bereitzustellen oder im Konkurrenzkampf die Netzneutralität zu verletzen.
Schließlich fordern wir eine voreingestellte sogenannte Drittanbietersperre, die verhindert, dass ungewollte Kosten durch versehentliche Nutzung von Drittanbieterangeboten im Internet, z. B. Spiele
oder Apps, entstehen. Bisher ist die Sperre meistens ausgeschaltet und muss erst umständlich eingestellt werden. Von diesem Manko profitieren zweifelhafte Anbieter, und die Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Nachsehen.
Vielen Dank, Herr Pancescu. - Es folgt nun für die SPD-Fraktion Herr Kollege Raulfs. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verbraucherverträge für z. B. Energiedienstleistungen oder Mobilfunk mit ihren Mindestvertragslaufzeiten, Kündigungsfristen und Vertragsverlängerungen sind permanent ein Thema und haben vermutlich jede und jeden hier im Haus - mit manchmal größeren oder kleineren Ärgernissen - schon einmal beschäftigt. Besonders oft trifft das aus unserer Sicht für Mobilfunkverträge zu.
Genau deshalb befasst sich unser Entschließungsantrag explizit mit diesem Thema. Bei Mobilfunkverträgen ist das Ärgernis meistens am größten, weil sich die erbrachten Leistungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher häufig verbessern. Wenn man bei einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten und einer automatischen Verlängerung von 12 Monaten dann 36 Monate in einem Vertrag festhängt, kann man von diesen Veränderungen nicht profitieren und wird man sich ärgern. Das muss sich aus unserer Sicht ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zusätzlich gilt es, die Verbraucherinnen und Verbraucher vor finanziellen Nachteilen durch automatische Vertragsverlängerungen und langwierige Kündigungsfristen zu schützen.
Aus diesen Gründen haben wir frühzeitig einen Entschließungsantrag auf den Weg gebracht. Da aber z. B. die Vertragslaufzeiten auf Bundesebene geregelt werden müssen, zielt der Antrag auch darauf ab, sich an richtiger Stelle dafür einzusetzen, dass sich ein Vertrag höchstens um drei statt bisher zwölf Monate automatisch verlängert.
Unser Entschließungsantrag ist schon einige Zeit im Verfahren. Aus bekannten Gründen haben wir die Beratung immer mal wieder verschieben müssen. Umso besser ist es deshalb, dass sich zwischenzeitlich auch die Bundesebene - genauer gesagt: unsere Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Christine Lambrecht - mit dem Thema beschäftigt und einen Referentenentwurf vorgelegt hat. Ich finde, dieser Entwurf kann sich durchaus sehen lassen. Der Vorschlag von Frau Lambrecht greift nämlich richtigerweise genau die Vorschläge, die wir hier in Niedersachsen gemacht haben, auf.
Auch wenn sich Bund und Land nicht immer ganz einig sind, sind unser Entschließungsantrag und der Entwurf auf Bundesebene ganz im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit der Zustimmung zu dem Antrag hier im Landtag unterstützen wir das Vorhaben auf Bundesebene genau zur richtigen Zeit. Wie zu allen Gesetzentwürfen gibt es auch in diesem Fall zahlreiche Stellungnahmen zu dem Vorschlag von Frau Lambrecht. Es ist wenig überraschend, dass nicht alle Stellungnahmen positiv sind. Aber zumindest der Verbraucherschutzzentrale Bundesverband gibt unserem Vorstoß recht. Ich zitiere:
„Der Verbraucherschutzzentrale Bundesverband unterstützt die allgemeine Verkürzung der Kündigungsfrist im vorgeschlagenen Umfang.“
An einer Stelle - auch das will ich sehr deutlich sagen - geht der Gesetzentwurf auf Bundesebene über unseren Antrag hinaus. Ich habe deshalb großen Respekt vor Frau Lambrecht für diesen mutigen Vorschlag, der ganz im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur an der maximalen Länge der Kündigungsfristen rüttelt, sondern durch den auch die ursprüngliche maximale Laufzeit des Vertrags von 24 auf 12 Monate verkürzt werden soll. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das am Ende so sein wird.
Ziel muss es sein, Verbraucherinnen und Verbraucher mehr zu schützen. Genau das sieht unser Vorschlag vor. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dann auch geschlossen hinter dem Vorschlag von Frau Lambrecht stehen werden.
Ich will auf die Aussagen von Herrn Pancescu eingehen. Das, was wir hier auf den Weg gebracht haben, ist kein kleiner gemeinsamer Nenner, sondern ein sehr realistischer Antrag, der sich auch daran orientiert, was man momentan umsetzen kann und keine Luftschlösser baut; denn die brin
gen den Verbraucherinnen und Verbrauchern am Ende auch nichts. Unser Antrag ist realistisch und wird für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer echten Verbesserung führen.
Über die Laufzeitverlängerung von Mobilfunkverträgen hinaus wollen wir noch ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf den Weg bringen und die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter stärken. Das ist zum einen die Zusicherung einer im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher angemessenen Mindestgeschwindigkeit als Bestandteil des Vertrags. Dazu gehört auch ein Sonderkündigungsrecht. Im Hinblick darauf, dass nur 1,6 % der Kundinnen und Kunden die vertraglich vereinbarte Maximalgeschwindigkeit am Ende erhalten, macht dieses Instrument mehr als Sinn.
Ein weiterer Punkt sind klare und nachvollziehbare gesetzliche Regelungen für Verbraucherinnen und Verbraucher, was die Entschädigungen sowie Minderungs-, Tarifwechsel- und Sonderkündigungsrechte betrifft. Ein Sonderkündigungsrecht soll dann bestehen, wenn im Wohngebiet der Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem Vertragswechsel zu Hause eine höhere Geschwindigkeit erreicht werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten aus den eben genannten Gründen heute diesen Entschließungsantrag verabschieden, um dem Vorhaben auf Bundesebene Nachdruck zu verleihen. Mit diesem Antrag unterstützen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir bauen damit keine Luftschlösser, sondern haben einen realistischen Antrag, der auch umgesetzt werden kann. Damit kommen wir einer sehr wichtigen Aufgabe nach, nämlich der Verbesserung des Verbraucherschutzes im Land Niedersachsen und in der gesamten Bundesrepublik.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion folgt nun Frau Abgeordnete Bruns. Bitte, Frau Kollegin!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich diese Rede in unglaublich vorausschauender Weise schon vor drei Monaten gehalten habe, möchte ich mich mit dem Antrag
jetzt nicht mehr in aller Tiefe befassen. Ich möchte aber gerne noch auf ein paar Punkte des Antrags von SPD und CDU eingehen.
Für die ersten drei Punkte haben wir große Sympathie, nämlich die Beschränkung der Vertragsverlängerung auf drei Monate, die Zusicherung einer Mindestleistung als Vertragsbestandteil und die Entschädigungsleistungen.
Ich hatte schon damals gesagt, dass wir mit dem vierten Punkt, dem Sonderkündigungsrecht, ein Problem haben. Vielleicht habe ich das, was im Antrag drinsteht, anders verstanden. Ich habe es so verstanden, dass ein Sonderkündigungsrecht für den Fall geschaffen werden soll, dass im Rahmen eines Netzinfrastrukturausbaus die Leistung erhöht wird und jemand diese in seinem Wohnbereich nicht abrufen kann. Das hat ja auch Auswirkungen auf andere Sachen, die man kaufen kann. Hat jemand, der sich ein Auto kauft, dann, wenn drei Monate später ein neues Auto herauskommt, das andere Bestandteile enthält, auch ein Kündigungsrecht, weil das neue Auto etwas hat, was das vorher gekaufte nicht hat? - Ich hatte das damals schon ausgeführt. Aus dem Grunde können wir dem Antrag nicht zustimmen, obwohl die ersten drei Punkte bei uns auf große Sympathie stoßen.
Das gilt ebenso für den Antrag der Grünen, da dieser ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht enthält. Wir haben große Sympathie für die Drittanbietersperre, und zwar nicht nur aufgrund von Erfahrungen mit einem pubertierenden Kind, sondern weil es wirklich kompliziert ist, das anders einzustellen und man tatsächlich öfter mal in Kostenfallen gerät.