Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Für die SPDFraktion hat sich der Abgeordnete Deniz Kurku zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kurku!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser schönes Niedersachsen kratzt mittlerweile an der 8-Millionen-Marke, wie der Niedersachsen-Monitor festgestellt hat. Trotz einer höheren Sterbe- als Geburtenrate wächst die Bevölkerung, und das im siebten Jahr in Folge. Aber auch wir stehen - wenn
auch nicht mehr als im Bundesdurchschnitt - dem ganz massiven Problem des demografischen Wandels gegenüber. Auch wenn es manche nicht hören möchten: Wir sind auf Zuwanderung angewiesen.
Wir alle haben das Recht, einen hohen Anspruch an die Daseinsvorsorge in all ihren Facetten zu haben. Maßgeblich dafür sind ein funktionierendes Verkehrsnetz, die Energieversorgung, die Versorgung mit Bildungs- und Kultureinrichtungen, die Gesundheitsversorgung und auch die Infrastruktur unserer Sicherheit. Entscheidungen in Verwaltung, Politik und Wirtschaft bedürfen daher natürlich einer ordentlichen Grundlage und Informationen darüber, wie viele Menschen wo leben, wie wir arbeiten und wo wir wohnen. Ähnliches hat der Kollege Marco Genthe eben auch gesagt.
Aktuelle Daten über all das sind wichtig für Bund, Länder und Kommunen, um entsprechend im Sinne der Menschen gestalten zu können. Die Mittelverteilung nach dem kommunalen Finanzausgleich, der Länderfinanzausgleich, aber auch die Wahlkreiseinteilung sind an dieser Stelle nur einige Beispiele.
Durch den Zensus 2021 sollen in Deutschland die amtliche Einwohnerzahl sowie weitere tief gegliederte Daten zur Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und zum Gebäude- und Wohnungsbestand gewonnen werden. Dazu sind wir als Mitgliedstaat der EU verpflichtet. Der registergestützte Zensus wird um eine Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis - 10 % der Niedersachsen - im kommenden Jahr ergänzt und mit einer Gebäude- und Wohnungszählung kombiniert. Der Übergang zu einer registergestützten Erhebung - diese Diskussion gab es vor zehn Jahren schon einmal - bedeutet eindeutig ein Mehr an Bürgerfreundlichkeit und ist auch aus Kostengründen sinnvoll. Ausdrücklich begrüßt meine Fraktion, dass der Bundestag im Sommer 2019 beschlossen hat, zusätzliche Erhebungsmerkmale wie Energieträger für Gebäude sowie Leerstandsgründe, Leerstandsdauer und Nettokaltmiete für Wohnungen mit aufzunehmen.
Auch wenn bereits vor zehn Jahren einige Fraktionen hier im Hause einige dieser Merkmale kritisiert haben, denke ich, dass wir uns heute einig sind, dass gerade auch bei klimapolitischen und bei einer der wichtigsten sozialen Fragen überhaupt,
nämlich dem Wohnen, zusätzliche Informationen ungemein wichtig sind und einen erheblichen Gewinn bedeuten. Ich denke, das gilt sowohl für die Arbeit der Landesregierung als auch für die von uns Fraktionen.
Nicht nur zu den Kosten, sondern auch zu einigen konzeptionellen und methodischen Aspekten wurde im Vermittlungsausschuss eine Reihe von Einigungen getroffen, die auch uns entgegenkommen - auch wenn mehr Mittel vom Bund natürlich auch für uns immer gut sind, keine Frage, und das gilt auch für diese Aufgaben.
Mit dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz wird die Voraussetzung für die Ausführung des Zensus 2021 gelegt. Neben Durchführungsvorschriften, Eckpunkten zur Gewährleistung und Sicherung eines hohen Erhebungsstandards wird auch der finanzielle Ausgleich zwischen Land und Kommunen für die Aufgabenübertragung geregelt. Eine personell, organisatorisch und räumlichtechnische Abschottung der Erhebungsstellen von anderen Organisationseinheiten der Verwaltung sorgt für einen besonders hohen Datenschutz.
Alles in allem ist der Zensus zwar ein aufwendiges, aber auch ein enorm wichtiges und nützliches Instrument, von dem auch unser Niedersachsen profitiert - nicht nur in Bezug auf die Demografie. Das sollten auch wir alle hier im Parlament unterstützen.
Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Rainer Fredermann. Bitte schön, Herr Fredermann!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ab Mai 2021 wird der nächste Zensus in Deutschland erfolgen. Grundlage hierfür ist die EU-Verordnung 763/2008, mit der alle Mitgliedstaaten verpflichtet werden, alle zehn Jahre eine Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung durchzuführen.
Mit dem vorliegenden Entwurf eines Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Zensusgesetz 2021 treffen wir nun die Vorbereitungen für den Zensus im nächsten Jahr in Niedersachsen.
Was ist eigentlich der Zensus? - Es ist eine gesetzlich angeordnete Erhebung statistischer Bevölkerungsdaten. Mit anderen Worten: Es handelt sich um eine Volkszählung. Leider ist das Thema Volkszählung - Herr Genthe hat es angesprochen - seit Anfang der 80er-Jahre negativ behaftet und sorgt heute immer noch für heftige Reaktionen in manchen Teilen der Bevölkerung. Damals hieß es: „Volkszählung - nein, danke!“ Die Volkszählung sei ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Überwachungsstaat. Hinter den Protesten stand damals die Angst vor dem gläsernen Bürger. Doch wenn wir ehrlich sind: Ich glaube, dass wir heute in den sozialen Medien mehr über uns preisgeben, als damals über uns in Erfahrung zu bringen war.
Erfolgten damals die Proteste aus der Sorge, dass der Staat zu viel über uns wissen wollte, waren es 2021 im Wesentlichen die statistischen Ergebnisse, die für Kritik insbesondere bei den Kommunen sorgten. Durch den Abgleich der Registerangaben der Kommunen mit den Zensusergebnissen gingen vielfach - statistisch gesehen - Einwohner in den Städten und Kommunen verloren. Das heißt, viele Kommunen hatten weniger Einwohnerinnen und Einwohner, als sie annahmen. Das hat zu erheblichen Konsequenzen geführt; denn die Finanzausgleiche innerhalb der Bundesrepublik erfolgen über die statistischen Bevölkerungsangaben. Für die betroffenen Kommunen waren die finanziellen Folgen zum Teil nicht unerheblich.
Als Folge der Proteste ist das Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 anzusehen, welches heute als Vorreiter für den Datenschutz gilt. Mit diesem Urteil und dem Urteil zum Zensus 2011 aus dem Jahr 2018 werden dem Gesetzgeber aber nun klare Grenzen aufgezeigt und der Auftrag erteilt, die für das Jahr 2011 nachgewiesenen Mängel abzustellen.
Warum braucht der Staat diese Angaben eigentlich? - Der Staat erstellt uns ein Bild der Bevölkerung und der Gesellschaft. Anhand dieser Angaben weiß der Staat und wissen auch wir, wie alt die Bürgerinnen und Bürger sind, ob sie arbeiten, ob sie verheiratet sind und wo und wie sie wohnen. Der Staat möchte aber nicht nur über seine Bürgerinnen und Bürger informiert werden, sondern auch über seine Gebäude. So erheben die Statistiker
Nun stellt sich die Frage, was wir eigentlich mit diesem Wissen anfangen. Gestern Abend habe ich eine Antwort auf diese Frage erhalten. In der Region Hannover fand eine Veranstaltung zum Thema „Wohnraum für alle“ statt. Anhand der ermittelten Daten können bessere Planungen vorgenommen werden und Vorbereitungen z. B. zur Entwicklung der Dörfer getroffen werden.
Meine Damen und Herren, neben der Erhebung der Daten und der folgenden Auswertung ist es wichtig, dass die Ergebnisse schnell publiziert werden und nicht - wie beim letzten Mal - so lange auf sich warten lassen. Nach dem letzten Zensus dauerte es zwei Jahre, bis die ersten Ergebnisse veröffentlicht wurden. Damit waren sie für die meisten schon viel zu alt.
Darüber hinaus ist es nötig, dass die statistischen Verfahren diesmal besser mit den Experten abgestimmt wurden und werden und somit auch weniger Misstrauen aufkommt.
Einen weiteren Kritikpunkt zum letzten Zensus möchte ich am Schluss ansprechen. Für mich ist es von großer Bedeutung, dass die Erhebungsbeauftragten für ihr ehrenamtliches Engagement angemessen vergütet werden. Denn nur so ist gewährleistet, dass die Ehrenamtlichen mit Elan an die Aufgabe herangehen, die sie letztlich für uns alle übernehmen.
Meine Damen und Herren, wenn ich den Entwurf richtig gelesen und verstanden habe, ist der Gesetzgeber auf alle Punkte, die im Jahr 2011 Anlass zum Protest gaben, eingegangen und hat an diesen Stellen nachgearbeitet. Jetzt gilt es mit gemeinsamer Kraft positiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und mit der Werbung zu beginnen, am Zensus auch teilzunehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht hat ja auch der eine oder andere von Ihnen Lust, daran als Erhebungsbeauftragter teilzunehmen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fredermann. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Frau Abgeordnete Susanne Menge das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nach den Ausführungen meiner Vorredner gar nicht mehr viel sagen. Es ist erklärt worden, was der Zensus ist, dass er nicht mehr die Volkszählung aus den 1980erJahren ist.
Für uns muss Zensus Datenschutz sein. Für uns heißt Zensus Planungsgrundlage mit statistischen Daten, und der Zensus bildet die reale Bevölkerungszahl ab.
Ich als Oldenburgerin durfte davon profitieren. Mir ist es eigentlich völlig egal, ob wir nun die zweitgrößte Stadt sind oder die drittgrößte,
aber es ist - so glaube ich - noch einmal sehr wertvoll, für alle hier im Saal, die aus Oldenburg kommen, zu sagen, dass das dazu geführt hat, dass Osnabrück an dritter Stelle stand. Das hat sehr viele gefreut.
Frau Abgeordnete Menge, vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Christopher Emden.
- Bevor Sie das Wort ergreifen, Herr Emden, bitte ich darum, dass im Hause wieder Ruhe einkehrt und wir nicht die Diskussion, welche Stadt wie viele Einwohner hat, über die Bänke hinweg führen.
Das, was wir hier haben, ist nur ein Ausführungsgesetz. Wir haben jetzt sehr viel zum Sinn des Zensus insgesamt gehört, aber darüber debattieren wir hier nicht. Das Zensusgesetz ist ein Bundesgesetz. Wir als Landtag müssen über das Ausführungsgesetz zum Zensusgesetz beraten. Dabei sind mir zwei, drei Punkte, die zum Teil schon angesprochen wurden, ganz besonders wichtig.
Es ist elementar wichtig, dass alle Vorgaben des Datenschutzes - das gerade im Spannungsfeld von Datenerhebung bei der Bevölkerung - eingehalten werden. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Das müssen wir sicherstellen. Das wird sicherlich auch den Kernpunkt der Beratungen im Ausschuss darstellen.
Der andere Punkt ist, wir müssen für die Kommunen die auskömmliche Ausstattung sicherstellen; denn die Kommunen müssen den Zensus vor Ort durchführen.
Schließlich geht es in der Tat um die Unterstützung der ehrenamtlich Tätigen und um die Wertschätzung ihrer Arbeit; denn ohne sie wäre das wahrscheinlich kaum durchführbar. Auch sie müssen das entsprechende Augenmerk von uns bekommen, z. B. indem wir für eine gewisse Entlohnung sorgen.
Insoweit bin ich gespannt auf die Ausschussberatungen, in denen wir das alles so umsetzen können, damit das ganze Projekt vernünftig, in geregelten Bahnen und im Endeffekt zur Befriedigung aller durchgeführt werden kann.