Protocol of the Session on February 25, 2020

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ So lautet § 1 Abs. 1 SGB VIII. In demselben Gesetz gibt es aber eine Regelung, die geradezu eine gegenteilige Wirkung hat, nämlich die Vorschriften zur Kostenheranziehung.

Wenn Jugendliche - das ist gerade gesagt worden - in einer Pflegefamilie oder in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe leben, müssen sie nach der aktuellen Rechtslage ihr Einkommen zu einem großen Teil an die Jugendämter abgeben. Nach § 94 Abs. 6 SGB VIII haben junge Menschen und Leistungsberechtigte bis zu 75 % ihres Nettoeinkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Begründet wird diese Regelung damit, dass der Lebensunterhalt dieser jungen Menschen durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe sichergestellt wird und die Leistungen in Einrichtungen nur ein Taschengeld zur persönlichen Verfügung umfassen.

Sobald die Jugendlichen selbstständig Geld verdienen, sollen sie an den Kosten beteiligt werden. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Jugendlichen selbst nichts dafür können, dass sie in einem Heim oder in einer Pflegefamilie leben. Die geltende Regelung der Kostenheranziehung nimmt Jugendlichen die Motivation und bremst sie auf ihrem Weg in die Arbeitswelt und in die finanzielle Selbstständigkeit aus.

Das Jugendamt kann in bestimmten Fallkonstellationen von dieser Regelung abweichen. Es kann dann einen geringeren Kostenbeitrag erheben. Diese bestehenden Ausnahmeregelungen reichen aber bei Weitem nicht aus, um die negativen Effekte der Kostenheranziehung - das ist hier schon deutlich geworden - auszugleichen. An dieser Stelle ist also die Forderung Ihres Antrags wichtig und richtig.

Bislang fehlen den jungen Menschen die notwendigen Anreize, eine Ausbildung, eine Erwerbstätigkeit oder eine andere Tätigkeit aufzunehmen und

auf Dauer fortzusetzen. Darum unterstütze ich das Anliegen sehr, diese Regelung im Interesse der betroffenen jungen Menschen zu verbessern. Ich bin der Überzeugung, dass es die Entwicklung der Jugendlichen im Gegenteil positiv beeinflusst, wenn sie durch eigene Initiative und Leistung erleben, dass sich ihr Einsatz auch finanziell für sie lohnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, auf der Bundesebene sieht der Koalitionsvertrag vor, das Kinder- und Jugendhilferecht auf der Basis des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes weiterzuentwickeln. Es gab den Dialogprozess „Mitreden - Mitgestalten“ zum SGB VIII. Dabei wurden auch Verbesserungen der gesetzlichen Regelungen zur Kostenheranziehung diskutiert.

Den Entwurf zum SGB VIII erwarten wir noch in der ersten Jahreshälfte. Ich werde mich im Rahmen der SGB-VIII-Reform dafür einsetzen, gemeinsam mit den anderen Bundesländern eine entsprechende Gesetzesänderung zur Kostenheranziehung zu erreichen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließe und zur Abstimmung komme.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wurde der Beschlussempfehlung einstimmig gefolgt. Ich danke Ihnen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12: Abschließende Beratung: Unfallzahlen reduzieren und schwere Unfallfolgen erfolgreich vermeiden: Nutzungen von elektronischen Geräten am Steuer - § 23 Abs. 1 a StVO - unterbinden und zukünftig ausdrücklich statistisch erfassen! - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/5437 - Beschlussempfehlung

des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/5820

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort für die AfD-Fraktion Herrn Abgeordneten Henze. Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der unter diesem Tagesordnungspunkt abzustimmende Antrag meiner Fraktion ist ein aktiver und guter Beitrag für mehr Verkehrssicherheit und umfassenden Rechtsgüterschutz. Wir haben dabei auch an die Versicherungswirtschaft gedacht, weil dies sowohl die Versicherungswirtschaft als auch die Versicherten betrifft. Sie haben nämlich in den meisten Fällen die finanziellen Folgen aus Verkehrsunfällen zu tragen. Versicherer und Versicherungsnehmer haben ihre Interessen, und durch die staatlichen Maßnahmen sollen sie vor steigenden Schadensquoten und daraus resultierenden Prämienerhöhungen geschützt werden.

Sie werden fragen, warum das gerade durch Maßnahmen im Zusammenhang mit der verbotswidrigen Nutzung elektronischer Geräte am Steuer, z. B. von Mobiltelefonen, geschehen soll. Das kann ich Ihnen beantworten: Die verfügbaren Daten z. B. des ADAC oder anderer Organisationen zeigen eindeutig, dass Smartphones und andere elektronische Geräte im Sinne des § 23 Abs. 1 StVO als Unfallursache Nummer eins zu bewerten sind. Das legt den Schluss nahe, dass die bestehenden gesetzlichen Reglementierungen in der StVO einfach nicht ausreichen, um das Gefahrenpotenzial, das hier besteht, zu bannen.

Ich möchte an dieser Stelle trotz gegenteiliger Ausschussempfehlungen noch einmal dafür werben, unserem Antrag zuzustimmen. Das wäre ein gutes Zeichen an die ganz überwiegend rechtstreuen Autofahrer.

Ich darf daran erinnern, dass die Vertreter der Landesregierung in der Ausschussanhörung unsere Initiative dem Grunde nach begrüßten. Ab dem 1. Januar 2021 soll die Unfallstatistik nun in dem von uns geforderten Sinne geändert werden, wenn sich Bund und Länder tatsächlich einigen können. Leichte Zweifel bleiben; denn schon seit Jahren wird in diese Richtung viel diskutiert und wenig

umgesetzt. Das Jahr 2014 dürfte hier als das Startjahr gelten.

Zu unserer zweiten Forderung in dem Antrag betone ich, dass die seit 2014 laufende Kampagne „Tippen tötet“ bekannt ist. Auch ich fahre Pkw. Uns ging es darum, diese Kampagne zu ergänzen bzw. ihr neuen Schwung zu verleihen. Daran wird jetzt offenbar multimedial mehr gearbeitet. Das finden wir sehr gut.

Ebenso betone ich die dritte Forderung in unserem Antrag in Bezug auf die Kontrolldichte bei etwaigen Verstößen.

Meine Damen und Herren, die Anhörung machte auch deutlich, dass die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für eine effektive Prävention und damit letztlich auch Ahndung noch nicht umfänglich gegeben sind. Auch hier hilft die Entschließung sicher, die Regierung und gegebenenfalls das Parlament an ihre Pflichten zu erinnern, vor allem wenn die nun für 2021 angekündigten Änderungen in der Unfallstatistik doch nicht umgesetzt werden sollten. In einem solchen Fall würden wir diesen Antrag neu einbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Nun hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Tippelt das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unfallzahlen reduzieren, Nutzung von elektronischen Geräte am Steuer unterbinden - das ist die Überschrift eines Antrages, von der man sagen kann, sie ist okay. Keiner ist gegen konstruktive Vorschläge für die Sicherheit auf unseren Straßen.

Der Rest des Antrages der AfD taugt aber nur für die Papiertonne.

(Zustimmung bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor die AfDFraktion wieder in ihre beliebte Opferrolle schlüpft, werde ich mich Punkt für Punkt mit diesem Antrag für die Papiertonne auseinandersetzen:

Unter Punkt 1 heißt es, man solle die jährliche Unfallstatistik bundesweit erweitern und Verstöße gegen das Verbot zur Nutzung elektronischer Geräte im Sinne des § 23 Abs. 1 a StVO in die jährli

che Unfallstatistik mit aufnehmen. - Mit ein wenig Recherche hätte selbst die AfD-Fraktion herausbekommen, dass die Länder längst beschlossen haben, das Unfallursachenverzeichnis zum 1. Januar 2021 zu erweitern.

(Zuruf: Hört, hört!)

Dann wird auch zwischen Verstößen gegen § 23 Abs. 1 a und anderen Verstößen unterschieden. Damit ist die erste Forderung Ihres Antrags erledigt.

Der Punkt 2 Ihres Antrages zielt auf eine Werbekampagne entlang geeigneter Straßen, die die Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer auf Unfallgefahren durch eine verbotswidrige Nutzung elektronischer Geräte hinweisen soll.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Kollegin! - Ich darf noch einmal um Ruhe bitten. Ich bitte Sie, die Gespräche jetzt wirklich einzustellen. - Herr Kollege Meyer, die Bitte richtet sich auch an Sie.

Bitte fahren Sie fort!

Auch das ist keine Innovation, weil es seit Mai 2014 die laufende Kampagne der Landesverkehrswacht „Tippen tötet“ gibt. Jede und jeder, die bzw. der seitdem die niedersächsischen Autobahnen oder Bundesstraßen benutzt hat, dürfte mit der Präventionskampagne durch die angebrachten Spannbänder in Berührung gekommen sein. Aber selbst wenn man nicht mit dem Auto unterwegs ist, gibt es Plakate der Kampagne in größeren niedersächsischen Städten wie Hannover, Braunschweig und Göttingen. Zudem wurden sogenannte CityCards in Kneipen und Restaurants zum kostenlosen Mitnehmen verteilt und Filmspots auf YouTube geschaltet. Auf der IdeenExpo 2015 war die Landesverkehrswacht mit genau dieser Präventionskampagne vertreten. Diese überaus erfolgreiche Kampagne wird gerade in diesem Jahr neu aufgelegt. - Damit ist auch der zweite Punkt Ihres Antrags, liebe AfD-Fraktion, erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir nun zur dritten Forderung, die da lautet: Erhöhung der Kontrolldichte. - Schon seit einigen Jahren verfolgt die Polizei in Niedersachsen den Schwerpunkt, intensivere Kontrollen von Verkehrsteilnehmern durchzuführen. Im Jahr 2018 wurde damit begonnen, Kontrollen zur Ahndung von Verstößen gegen

§ 23 Abs. 1 a durchzuführen. Alle Dienststellen im Land wurden aufgefordert, zu Zwecken der Unfallprävention mehr Kontrollen durchzuführen. Es kam dabei nicht nur zu Kontrollen der Verstöße gegen das Verbot der Nutzung elektronischer Geräte durch einzelne Dienststellen, sondern auch zu konzentrierten, landesweiten und länderübergreifenden Kontrollen. Dabei wurde nicht nur der Einsatz von Personal gesteuert. Auch die Technik wurde optimiert, um für mehr Sicherheit auf den Straßen Niedersachsens zu sorgen. In Oldenburg lief ein Pilotprojekt mit einer GoPro-Kamera zur Aufdeckung von Verstößen von Lkw-Fahrern so gut, dass es jetzt landesweit ausgeweitet wird. Für dieses Jahr hat sich die Polizei in Niedersachsen das Thema Radverkehr als Schwerpunkt gesetzt. Ziel ist es, die hohen Unfallzahlen von Fahrradfahrern und Fahrradfahrerinnen deutlich zu reduzieren, um auch hier zukünftig mehr Sicherheit zu gewährleisten. - Damit ist auch die dritte Forderung Ihres Antrags überholt.

Festzuhalten ist: Der AfD-Antrag ist ein lächerlicher Trick, um sich mit Themen der Verkehrssicherheit einen bürgerlichen Anstrich zu verpassen.

(Beifall bei der SPD)

Nicht nur bei der Unterrichtung im Wirtschaftsausschuss, sondern auch heute hier im Landtag ist auch dem Letzten klar geworden: Dies ist ein peinlicher Antrag, der in keinem Punkt etwas Neues fordert oder auf den Weg bringt. Damit ist er einfach nur abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Schulz-Hendel das Wort. Bitte!