Protocol of the Session on January 29, 2020

Aber es ist gut, dass wir hier jetzt einen gemeinsamen Nenner gefunden haben. Ich will klar sagen: Wir stehen als Fraktion ganz deutlich hinter der Intention dieser A1-Bescheinigung, nämlich, Schwarzarbeit und Sozialversicherungsmissbrauch zu bekämpfen. Das ist auch weiterhin richtig, aber es muss ein praktikables und bürokratiearmes Verfahren dazu geben, und das ist aktuell eben nicht der Fall. Deswegen ist es richtig, zu Veränderungen zu kommen.

Allein wenn man sich anschaut, wie unterschiedlich die einzelnen Nationalstaaten das regeln! Wenn man gegen die A1-Bescheinigungspflicht verstößt, wird klar: Man kann sich im Grunde als Arbeitnehmer gar nicht richtig auf das einstellen, was auf einen zukommt. Wir handhaben das in Deutschland vielleicht ein bisschen moderater, während andere - Frankreich oder Österreich - das viel härter regeln und Verstöße entsprechend ahnden. Deshalb ist es gut, wenn man hier zu einer gemeinsamen Lösung kommt.

Gerade für die kurzen Dienstreisen von bis zu sieben Tagen ist das ja jetzt von der Regierung im Rahmen der Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht worden. Ich sehe auch keinen Dissens, Herr Henze, weil wir hier auch ganz klar ausführen, bei kurzen Dienstreisen keine A1-Bescheinigungen vorlegen zu müssen. Ein Zeitraum ist hier nicht konkret definiert; diese Lücke hat die Regierung mit der Festlegung von sieben Tagen gefüllt. Ich denke, das ist auch korrekt. Herzlichen Dank dafür,

dass die Landesregierung hier auch so aktiv ist, um die Bürokratie abzubauen.

Ich denke, alle vier Fraktionen, die den Änderungsvorschlag mittragen haben, und die Regierung stehen auf derselben Seite. Jetzt hoffen wir auf ein gutes Verfahren auf den höheren Ebenen, um auch zu einer Veränderung zu kommen; wir haben es ja nicht allein in der Hand. Aber ich denke, das ist ein guter erster Schritt, das hier zu machen. Deshalb vielen Dank für die Einigung, danke fürs Zuhören.

Glück auf!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Klein. - Für die CDU-Fraktion hat nun der Kollege Marcel Scharrelmann das Wort. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle durften in den letzten Jahrzehnten die Europäische Union als Raum der Freiheit und als Raum der Chancen kennen und schätzen lernen. Die Möglichkeiten der Reisefreiheit und der Arbeitnehmerfreizügigkeit sind dabei Kernbestandteile des Unionsrechts. Doch eines ist uns allen auch klar: Die Europäische Union ist nicht perfekt. Es muss also unser Anspruch sein, dass wir, wenn wir diese EU besser machen wollen, Probleme lösen, die unseren Bürgerinnen und Bürgern am Herzen liegen.

Der vorliegende Antrag hat genau dies getan. Die Grundintention der A1-Bescheinigung ist richtig; denn unsere Bürger sollen auch im Ausland durch die deutsche Sozialversicherung sorgenfrei abgesichert sein und ihrer beruflichen Verpflichtung nachgehen können. Ebenso kann Schwarzarbeit durch diese Verordnung deutlich erschwert werden - Punkte, die in der Diskussion Berücksichtigung finden müssen.

Die heutige Umsetzung ist allerdings alles andere als zufriedenstellend. Mein Vorredner sprach das an. Wenn Arbeitnehmer bei jeder Besprechung, bei jedem kurzen Workshop oder sogar nur beim Tanken im Ausland während einer Dienstreise kontrolliert werden können, wenn einige EU-Mitgliedstaaten Übersetzungen deutscher Dokumente oder sogar zusätzliche Kopien verlangen, dann ist

die heutige Umsetzung bürokratisch, aufwendig und eine in keinster Weise akzeptable Erschwernis für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber.

Ich möchte mich daher bei den Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP für die einstimmige Beschlussempfehlung im Ausschuss bedanken.

Ein besonderer Dank gilt dabei unserem Wirtschaftsminister, Dr. Bernd Althusmann. Er hat den Ball frühzeitig aufgenommen.

(Beifall und Zurufe bei der CDU)

Er hat den Ball frühzeitig aufgenommen, er vertritt unsere Zielsetzung des Bürokratieabbaus nachhaltig und auch auf anderen politischen Ebenen - da, wo die Wurzel des Problems angesiedelt ist.

(Beifall bei der CDU)

In Zeiten europaweiter Ausschreibungen sind die dem Antrag zugrunde liegenden Vereinfachungen für unsere Unternehmen ein wichtiger Schritt und ein klares Zeichen der Entbürokratisierung. Und dabei, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, geht es nicht nur um die großen Unternehmen in Hannover und Braunschweig. Nein, es geht vielmehr um unsere kleinen Mittelständler und Hidden Champions, die mit ihren Qualitätsprodukten über die Bundesgrenze hinaus erfolgreich sind. Und es gilt auch für den öffentlichen Dienst. Auch hier werden zahlreiche Dienstreisen unternommen, um die europäische Zusammenarbeit und Vernetzung zu stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diesen Antrag gemeinsam annehmen, eine weitere Hürde unserer Bürokratie abbauen und damit unsere EU noch ein Stückchen besser machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Scharrelmann. - Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Althusmann das Wort. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hin und wieder möchte man Reden zweimal hören.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharrelmann, für die freundlichen Worte.

(Marcel Scharrelmann [CDU]: Gerne! - Christian Grascha [FDP]: Werden Sie sonst von den eigenen Leuten nicht gelobt, oder wie?)

Ich will mir Mühe geben, die richtige Rede zu halten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem ist wirklich sehr ernst zu nehmen. Die Entbürokratisierung wird in Deutschland nur gelingen, wenn sie auf der europäischen Ebene beginnt.

Sie beginnt aber auch bei uns selbst. Wir müssen endlich weg von der perfektionistischen, 150-prozentigen Umsetzung europäischen Rechts in Bundes- und auch Landesrecht. Es reicht völlig aus, wenn wir europäisches Recht 1 : 1 umsetzen. Das ist der erste Schritt.

(Beifall bei der CDU)

Mit einem Schmunzeln habe ich zur Kenntnis genommen, dass Jörg Bode von 2009 bis 2013 Wirtschaftsminister in Niedersachsen war und die Entstehungsgeschichte der A1-Bescheinigung auf das Jahr 2010 zurückgeht.

Aber erst am 1. Januar 2019, bei der Umstellung auf ein elektronisches Verfahren, wurde die Existenz der Bescheinigung überhaupt von der Öffentlichkeit bemerkt

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und von Ihnen!)

- offensichtlich auch von uns -: durch die entsprechenden Überprüfungen, die geforderte elektronische Vorlage von Arbeitsverträgen usw. und die Androhung immens hoher Bußgelder.

Dieses Verfahren macht es Unternehmerinnen und Unternehmern, Handwerks- und anderen Betrieben aus Niedersachsen nahezu unmöglich, grenzüberschreitend zu arbeiten. Das ist gerade nicht das Ziel des europäischen Binnenmarktes. Wir dürfen die Ziele Europas und des Binnenmarktes nicht durch eine protektionistische und bürokratische Umsetzung europäischer Regeln gefährden. Das würde einen Schritt zu weit gehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich setze da sehr auf die neue Präsidentin der Europäischen Kommission, die immerhin angekündigt hat, dass bei der europäischen Rechtsetzung künftig das Prinzip „one in, out out“ gelten

soll. Damit lehnt sie sich an die von der Bundesregierung eingebrachten drei Bürokratieentlastungsgesetze an. Künftig soll, wenn eine neue europäische Regelung kommt, eine andere außer Kraft gesetzt werden. Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir in diesem Bereich irgendwann einmal aufwachen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Wirtschaft in Deutschland die Luft zum Atmen genommen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt zahlreiche unterschiedliche Forderungen und Verfahren, in Frankreich, in Spanien und in anderen Mitgliedstaaten. Da werden Kopien von Arbeitsverträgen, Arbeitszeitnachweise, Gehaltsabrechnungen gefordert. Das ist Protektionismus pur. Wie soll ein kleines Handwerksunternehmen das hinbekommen? Wie soll es den Kampf gegen die Bürokratie aufnehmen? Es wird im Regulierungswirrwarr letztendlich unterliegen.

Von daher hat diese Landesregierung das einzige Richtige getan: Sie hat eine Bundesratsinitiative gestartet. Der Bundeswirtschaftsminister soll aufgefordert werden, dafür zu sorgen, dass diese Form der Überregulierung auf europäischer Ebene beendet wird, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum auch ohne Bescheinigung gereist und gearbeitet werden kann. Das Kabinett hat letzte Woche beschlossen, diesen Entschließungsantrag in den Bundesrat einzubringen. In der nächsten Bundesratssitzung wird er hoffentlich mit großer Mehrheit angenommen. Zahlreiche Bundesländer haben inzwischen angekündigt, sich unserer Initiative anzuschließen. Wir sind auf einem guten Weg.

Vielen Dank an die die Regierung tragenden Fraktionen und für die konstruktive Kritik der Opposition.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit beenden wir die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Beschlussempfehlung ist mit großer Mehrheit gefolgt worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10: Abschließende Beratung: Diskriminierungsfreie Blutspende ermöglichen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/5064 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - Drs. 18/5257

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.