Einen schönen guten Abend! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wirtz, ich wollte hier eigentlich ein paar Worte zum Thema Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe - Einzelplan 02 - verlieren, weil wir darüber noch nicht gesprochen haben. Das gehört zwar haushaltsmäßig in den Einzelplan 02 -
Zuerst muss ich aber sagen: Ich habe es eigentlich nicht verstanden. Sie haben hier so locker über Dinge gesprochen wie Schließung von Institutionen, die gut funktionieren, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben, die uns repräsentieren, wo Menschen zusammenkommen - Vernetzung im besten Sinne. Das alles wollen Sie plattmachen. Ich finde es gut, dass Sie das gesagt haben; denn dann weiß man, woran man ist. Die Art und Weise, in der Sie das schildern, finde ich allerdings bedenklich, weil das wieder ein Beitrag dazu ist, zu sagen, was Sie für die Bürgerinnen und Bürger Gutes machen und was wir Schlechtes machen, wo wir Geld verschwenden und wo Sie das nicht tun. - Das ist alles falsch. Ich hoffe, dass das auch genau so transportiert wird.
Ich bin die entwicklungspolitische Sprecherin meiner Fraktion und freue mich, Ihnen berichten zu können, dass wir den Haushaltsansatz um 100 000 Euro auf 712 000 Euro erhöht haben. Ich finde, das ist eine gute Entscheidung.
Ich weiß, dass die AfD auch die Haushaltsmittel, die bislang angesetzt waren, streichen möchte. Ich bin erstaunt, dass Sie das nicht erwähnt haben. Die Begründung war hauptsächlich, dass der Bund dafür zuständig ist und nicht das Land.
Ja, in erster Linie ist das so: Der Bund ist verantwortlich für die Entwicklungshilfe. Aber es gibt in diesem breiten Feld seit Jahrzehnten, also schon seit den 60er-Jahren, Gespräche und Beschlüsse über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Landesebene. Es gibt bestimmte Handlungsfelder, die trotz der Zuständigkeit des Bundes an die Länder weitergegeben worden sind. Ich werde sie aus Zeitgründen heute Abend nicht alle nennen - man kann sie auch nachlesen.
Was ich aber sagen möchte: Insbesondere die Partnerschaften, die es zwischen Bundesländern und Regionen gibt, haben sich als ein guter Rahmen erwiesen, um die Kommunen und auch die Zivilgesellschaft für die Entwicklungszusammenarbeit zu mobilisieren.
Auf eben dieser Grundlage haben die Bundesländer eigene entwicklungspolitische Leitlinien erarbeitet. Natürlich gilt das auch für Niedersachsen. Die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern sorgt dann dafür, dass es nicht zu Überschneidungen kommt und dass die entwicklungspolitischen Aktivitäten gut gebündelt werden. In diesem Sinne arbeiten wir auch in Niedersachsen. Aus diesem Grund ist es auch richtig und gut, dass wir den Etat erhöht haben. Wir wollen nämlich als Regierungskoalition im nächsten Jahr ein Zeichen setzen.
Wir möchten einen Entschließungsantrag einbringen, in dem wir darum bitten, in unseren Partnerregionen in Tansania oder Eastern Cape - je nachdem, wie sich das Geld verteilen lässt - ein Projekt zur Integration von Flüchtlingen dort vor Ort zu unterstützen.
Denn in unseren afrikanischen Partnerregionen sind flüchtende Menschen eine große Herausforderung - wahrscheinlich eine viel größere als bei uns. Denn wir haben das große Glück, in einem friedlichen und wohlhabenden Teil der Welt zu leben.
Wir wissen trotzdem, dass jeden Tag weltweit Menschen, Kinder und Erwachsene, an Hunger, an Krankheiten, durch Gewalt und durch Kriege sterben. Wir wissen, dass 2,6 Milliarden Menschen - das ist fast die Hälfte der Bevölkerung der Entwicklungsländer - keinen Zugang zu Spültoiletten oder anderen hygienischen Formen der sanitären Versorgung haben. Wir wissen auch, dass 67 Millionen Kinder im Grundschulalter keine Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen.
Wer glaubt oder immer noch glaubt, dass dies nichts mit uns und mit unserem Alltag zu tun hat, der muss schon die Augen und auch die Ohren verschließen. Unser Leben ist mit dem Leben der Menschen auf den anderen Kontinenten viel enger verflochten, als es jemals vorher der Fall war. Und wir profitieren weitestgehend davon. Und dieser
Und Verantwortung heißt, dass Globalisierung fair gestaltet werden muss. Das bedeutet natürlich auch, dass es globale Lösungsansätze geben muss. Die Entwicklungszusammenarbeit ist in diesem Zusammenhang ein Instrument, sie ist aber auch ein Gebot der Vernunft. Sie kann die Zukunft der Menschen in den Entwicklungsländern sichern und am Ende auch unsere eigene Zukunft.
Ich will hier auch mal ein Zitat anbringen, und zwar des großen Dramatikers Molière: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ In diesem Sinne schließe ich und wünsche Ihnen allen ein gutes und gesegnetes Weihnachtsfest und uns weiterhin gute Debatten in diesem Haus.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nochmals das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Limburg. Sie haben noch dreieinhalb Minuten Restredezeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Schüßler, dass Sie die wirklich unverschämte, unerhörte Aussage von Herrn Wirtz zurechtgerückt haben. - Lieber Herr Wirtz, ich bin mir sicher, dass Sie, wenn Sie und Ihre Fraktion sich nicht mehr in der Landesvertretung in Berlin blicken lassen wollen, dort niemand vermisst. Nur zu! Bleiben Sie weg! Alles in Ordnung!
Aber Ihre unverschämten, diskreditierenden und engstirnigen Aussagen können so natürlich nicht stehenbleiben.
Zum einen zur Landesvertretung in Berlin: Ihnen ist wahrscheinlich noch nicht einmal aufgefallen, dass es sich dort - auch im Hinblick darauf, dass das Gebäude gemeinsam mit Schleswig-Holstein genutzt wird - um ein sehr effizientes Gebäude handelt. Das heißt, man hat Synergien und Effizienzeffekte. Das ist Ihnen mutmaßlich entgangen.
Zum anderen zur Landesvertretung in Brüssel: Wenn Sie deren Arbeit diskreditieren, lässt das tief blicken. Wenn Niedersachsen als Teil der Europäischen Union europäische Politik mitgestalten will, dann muss es dort eine Landesvertretung haben.
Ihr Redebeitrag, Herr Wirtz, entlarvt erneut, was die AfD in Wahrheit will: Sie wollen Deutschland aus der Europäischen Union herausführen. Sie trauen sich aber nicht, das den Menschen offen zu sagen, weil Sie wissen, dass diese Position absolut unpopulär ist. Das ist der Hintergrund Ihrer Politik.
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Frau Europaministerin Honé. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das nun zu Ende gehende Jahr 2019 war ein Jahr der Weichenstellungen für Europa. Erfreulich ist, dass die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen ist. Sie war europaweit so hoch wie seit 20 Jahren nicht und in Deutschland wie seit 30 Jahren nicht. In Niedersachsen stieg sie von 49,1 % auf 61,5 %.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen hat Ja zu Europa gesagt. Ich möchte der Fraktion ganz rechts von mir noch einmal deutlich sagen: Das zeigt, die Niedersachsen wissen sehr genau, was sie an Europa haben.
Zu dieser erfreulichen Entwicklung hat auch das im Januar gegründete Bündnis „Niedersachsen für Europa“ beigetragen. Allen Mitwirkenden des Bündnisses, den beiden christlichen Kirchen, den Sozialpartnern, den UVN, dem DGB, den beteiligten Kommunen und Verbänden, Firmen, Vereinen, Schulen und auch vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung dafür einen herzlichen Dank!
Natürlich danke ich Ihnen, dem Landtag, der vor Jahresfrist der Landesregierung 200 000 Euro für eine Informationskampagne zur Verfügung gestellt hat. Ich denke, Sie teilen meine Einschätzung, dass das gut investiertes Geld war.
Am 1. Dezember hat nun die neue Kommission ihre Arbeit aufgenommen. Nach der Konstituierung der EU-Institutionen stehen nun endlich wieder Sachthemen im Vordergrund. Mir war es wichtig, bereits im Vorfeld als Europaministerin einen Diskussionsbeitrag dazu zu leisten und meine Prioritäten und Positionen darzulegen. Die ambitionierten Leitlinien der neuen Kommissionspräsidentin sind seit einiger Zeit bekannt. Wir dürfen auf das angekündigte Arbeitsprogramm dieser Kommission gespannt sein.
Vor einer Woche hat die Europäische Kommission die angekündigte Mitteilung zum Green Deal veröffentlicht. Europa soll bis 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden. Die klima- und umweltpolitischen Herausforderungen in allen Politikbereichen sollen in Chancen umgewandelt werden, und der Übergang soll für alle gerecht und inklusiv gestaltet werden.
Mein Kollege Olaf Lies und ich haben bereits bekräftigt, dass wir für eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit der Kommission insbesondere beim Thema Klimaschutz bereitstehen. Wir setzen uns dafür ein, gemeinsam mit der EU unser Land Niedersachsen fit für die Zukunft zu machen. Wir fahren dabei eine Doppelstrategie. Das heißt, dass wir, wo immer es geht, bereits im ersten Schritt versuchen, auf die europäische Rahmensetzung und, wo nötig, auch auf die bundespolitischen Vorgaben Einfluss zu nehmen. Im zweiten Schritt nutzen wir dann den europäischen Rahmen für eine Regionalpolitik, die sich an den Bedarfen der Regionen orientiert und die Gelder möglichst effektiv einsetzt.
Seien Sie deshalb versichert, dass die Landesregierung auch in Zukunft gesamtniedersächsische und regionale europapolitische Interessen gegenüber den EU-Institutionen engagiert vertreten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle erinnern uns an den quälenden Brexit-Prozess im Vereinigten Königreich. Ich sage nur ein Wort: „Order!“ Die britischen Irrungen und Wirrungen haben auch mein Haus sehr beschäftigt. Nun, nach der Unterhauswahl am 12. Dezember, gibt es klare Mehrheitsverhältnisse im Parlament. An die
sem Freitag wird das Unterhaus über den geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union abstimmen.
Ich war immer der Auffassung, dass ein Verbleib des EU-Mitglieds Großbritannien die beste Lösung wäre. Nun wird der Brexit kommen. Damit endet zunächst eine lange Phase der Unsicherheit, unter der viele Menschen und auch unsere Unternehmen in Niedersachsen gelitten haben.
Es wird nun darauf ankommen, so schnell wie möglich Planungssicherheit mit einem Handelsabkommen zu schaffen. Das hier im Landtag beschlossene Brexit-Übergangsgesetz schafft die nötige Rechtsklarheit für den anstehenden geregelten Brexit. Und auch für den Fall eines theoretisch immer noch möglichen No-Deal-Brexit sind wir gut vorbereitet.
Aber, wie gesagt, die eigentliche Arbeit beginnt erst mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Wir müssen die zukünftigen Beziehungen aushandeln und eine neue Balance zwischen Partnerschaft und Konkurrenz finden. Wir werden alles dafür tun, dass die Belange Niedersachsens insbesondere mit Blick auf die Wirtschaftsbeziehungen im Verhandlungsprozess berücksichtigt werden.
Einfacher werden die Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich jetzt allerdings nicht. Denn Premierminister Johnson versucht gerade, die im Austrittsvertrag ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung der Verhandlungsfrist im britischen Recht wieder auszuschließen. Damit blieben nur elf Monate für die Aushandlung und gegebenenfalls Ratifikation des Handelsabkommens, das am 1. Januar 2021 in Kraft treten müsste.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Anfang dieser Woche hat das Kabinett die strategischen und operativen Ziele des Landes für die kommende EU-Förderperiode 2021 bis 2027 beschlossen. Die Formulierung unserer Ziele hat mein Haus, alle Ressorts und sehr viele regionale Akteure seit einem Jahr intensiv beschäftigt. Im kommenden Haushaltsjahr werden wir dann das Operationelle Programm vorbereiten, das die Umsetzungswege aufzeigt und der Kommission alsbald vorzulegen sein wird. Obwohl der Mehrjährige Finanzrahmen noch nicht beschlossen ist, sind erhebliche Kürzungen beim ESF, bei EFRE und bei der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik, absehbar.
Die Gründe liegen in den wegbrechenden britischen Mitgliedsbeiträgen, neuen Aufgaben der EU-Kommission, die finanziert werden müssen - Themen: Klima, Sicherheit, Migration und Verteidigung -, Plänen der EU-Kommission zur Einrichtung eines Unterstützungsfonds für Kohleregionen - dem sogenannten Just Transition Fund - in Europa sowie in der Uneinigkeit der Staats- und Regierungschefs in der Frage der Anhebung der Mitgliedsbeiträge.
Unsere niedersächsische Förderstrategie bietet deshalb erstmals eine fondsübergreifende und ressortübergreifende Fokussierung. Unter dem Leitmotiv „Niedersachsen investiert in eine nachhaltige Zukunft“ sind drei strategische Ziele mit operativen Zielen formuliert, die die Herausforderungen des wirtschaftlichen Wandels, des Klimaschutzes und der Regionalentwicklung adressieren.
Auf dieser Grundlage müssen wir nun mit allen Ressorts zielorientierte und effiziente Programme für die EU-Förderung in Niedersachsen 2021 bis 2027 aufstellen.