Protocol of the Session on December 16, 2019

Weil wahrscheinlich ein Imageschaden befürchtet wurde, rang man sich durch, so etwas Ähnliches zu sagen wie: Na ja, wir haben schon etwas zu sagen, aber wir haben bereits in der ersten Aussprache im Plenum alles gesagt. - Man fragt sich an der Stelle wirklich, warum ein Parlament Ausschüsse hat. Sollten wir sie dann nicht lieber abschaffen? Wenn solche Ausschusssitzungen das Ergebnis sind, dann fällt es schwer, hierzu noch Gegenargumente zu finden.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Sie sich der Tatsache verschließen, dass eine politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes bereits stattgefunden hat, und dass unsere Gesetze nicht darauf ausgelegt sind, eine solche zu verhindern.

(Bernd Lynack [SPD]: Unglaublich!)

Und ich stelle fest, dass Sie das auch gar nicht wollten. Das, meine Damen und Herren, ist ein weiteres Mosaiksteinchen oder je nach Betrachtungsweise auch ein Felsbrocken, das bzw. der zu einem Schwund des Vertrauens in die Demokratie und ihre Ämter führt. Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie, und das haben Sie zu verantworten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Danke, Herr Wichmann. - Wir kommen jetzt zur nächsten Rednerin. Für die SPD-Fraktion hat sich die Abgeordnete Wiebke Osigus zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin betrübt. Mehr noch: Ich muss mit persönlichem Bedauern feststellen, dass mir die Fraktion am rechten Rand dieses Plenarsaals bisher nicht sonderlich zugehört hat. Das ist in diesem Zusammenhang nicht nur bedauerlich. Sie hat dadurch auch ihre Chance verpasst, ihre bisherige Argumentation inhaltlich zu überdenken.

Aber nun gut! Ich bin ja nicht nur Sprecherin für Verfassungsschutz, sondern als Sozialdemokratin auch durchaus an guter Bildung interessiert.

(Beifall bei der SPD)

Also sei es drum! Ich komme gerne noch einmal zur Sache.

Ich weise für die Fraktion der SPD ausdrücklich zurück, dass wir uns mit Ihrem Antrag nicht befasst hätten.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

In diesem Zusammenhang einmal ganz deutlich: Sie stellen hier extra eine eigene Kamera auf, kündigen dann pressewirksam an, dass Sie endlich die wahren Vorgänge im Plenarsaal aufdecken wollen, und vergessen dann bei den vielen bunten Bildchen offensichtlich, den Ton einzuschalten.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Hätten Sie den Ton nämlich eingeschaltet, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass sowohl wir als auch die CDU, die FDP und die Grünen in der Plenarsitzung am 23. Oktober ausführlich zu dem Inhalt Ihres Gesetzentwurfes Stellung genommen haben.

Von Nichtbefassung kann hier überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Das stetige Misstrauen gegenüber dem hiesigen Verfassungsschutz dient aus meiner Sicht allein der Legendenbildung. Ich spare mir hier die Spekulation, ob dies eine durchschaubare medienwirksame Strategie sein soll, um von den eigenen Reihen abzulenken. Fakt ist, dass ein derartiges Misstrauen durch gar nichts gestützt ist. Der niedersächsische Verfassungsschutz leistet hervorragende Arbeit, für die ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Ihre Forderung nach einer eigenen Landesbehörde verkennt die vor Ort gut eingespielten Strukturen. Auch in diesem Zusammenhang: Nutzen Sie Ihre Zeit doch einfach einmal, um effektiv zu arbeiten! Ich habe im letzten Sommer eine komplette Woche freiwillig beim Verfassungsschutz hospitiert. Das führt zu Realpolitik, das führt zu konstruktiven Vorschlägen, das führt zu lebensnahen Einschätzungen

(Dana Guth [AfD] lacht)

und nicht zu beifallheischender Symbolpolitik, wie Sie sie hier vortragen.

Der Verfassungsschutz ist ein Nachrichtendienst, der im Hinblick auf Demokratiegefährdung auffällige Daten sammelt und gerade nicht politisch gesteuert ist.

(Lachen bei der AfD)

Hierfür hat sich bislang das Dasein als Abteilung des Ministeriums bewährt. Auch hier noch einmal ganz klar: Wer keine auffälligen Aktivitäten in der Bundesrepublik entfaltet, der wird auch nicht mit dem Verfassungsschutz in Berührung kommen.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Noch einmal ganz konkret zu Ihrem Entwurf: Sie fordern einen mindestens 40-jährigen Volljuristen ohne parteipolitischen Hintergrund als Verfassungsschutzpräsidenten. Wörtlich heißt es:

„Der Präsident muss die Befähigung zum Richteramt … haben und über eine mindestens 5-jährige Berufspraxis als Richter oder … Rechtsanwalt verfügen.“

Mit Verlaub: Frau Maren Brandenburger war eine sehr gute Verfassungsschutzpräsidentin. Und

schon dass Sie ausschließlich einen Mann suchen, stellt aus meiner Sicht Ihren Gesetzentwurf ins absolute Aus.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Möge jeder in diesem Saal daraus seine eigenen Rückschlüsse zum Thema Weltbild ziehen!

Davon abgesehen, ist die Abfrage parteipolitischer Gesinnung als Einstellungsvoraussetzung gerade per se verfassungsrechtlich unzulässig.

Da mein Antritt ursprünglich gewesen ist, die Allgemeinbildung voranzubringen, empfehle ich zum Thema „Verfolgung aufgrund politischer Gesinnung“ einen Blick in die Geschichtsbücher.

Meine Damen und Herren, Ihnen ist bekannt, dass wir als SPD-Fraktion gemeinsam mit der CDUFraktion auf der Grundlage unseres Koalitionsvertrages eine Novelle inhaltlich vorbereiten und diese handwerklich sauber vorlegen werden.

Allerdings muss ich vorweg Ihre Erwartungen bremsen: Eine Diskriminierung von Frauen oder von Menschen, die sich parteipolitisch engagieren, wird es mit uns und unseren Gesetzentwürfen nicht geben.

Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf daher ab.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Osigus. - Für die CDU-Fraktion: der Abgeordnete Thomas Adasch.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie schon im Rahmen der ersten Beratung ausgeführt, ist dieser Gesetzentwurf der AfD handwerklich schlecht gemacht und entbehrt er auch inhaltlich jeglicher Grundlage.

(Dana Guth [AfD] lacht)

Die Motivlage, Frau Guth, zu diesem Gesetzentwurf ist doch durchschaubar. Anstatt sich in kruden Verschwörungstheorien zu angeblicher politischer Einflussnahme zu ergehen, sollte die AfD ihren Blick besser nach innen richten. Ihr Problem ist

doch in Wahrheit, dass Sie sauer sind auf den Verfassungsschutz, dass Sie sich ärgern über den Verfassungsschutz und über den Innenminister. Das ist doch Ihr wahres Problem.

(Zustimmung von Mareike Wulf [CDU] und Helge Limburg [GRÜNE])

Ganz gleich, wie in Niedersachsen der Verfassungsschutz organisiert ist: Sie von der AfD werden mit Sicherheit nie Freunde des Verfassungsschutzes. Da bin ich mir ziemlich sicher.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der AfD)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um dem Präsidenten des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Bernhard Witthaut, ausdrücklich meinen Dank auszusprechen - er ist heute unter uns -; denn nach seiner Amtsübernahme hat er durch eine Reihe von Maßnahmen den Verfassungsschutz in ein wirklich ruhiges und gutes Fahrwasser gebracht.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: War es vor- her doch nicht so gut, wie Frau Osigus sagte?)