Protocol of the Session on November 20, 2019

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. - Jetzt ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe. Kollege Christian Meyer, bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Baukindergeldregelung haben wir im Bundestag abgelehnt, weil sie in die völlig falsche Richtung führt. Es fehlt erschwinglicher Wohnraum für die unteren Einkommensgruppen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat durchgerechnet, dass das Baukindergeld eine Maßnahme gerade für das oberste Einkommensdrittel ist; denn die einkommensschwachen Haushalte sind nicht die, die neue Häuser bauen und dann etwas mitnehmen. Das ist viel

mehr eine reine Mitnahmeförderung, ebenso wie die damals abgeschaffte Eigenheimzulage, nur in neuer Form. Sie planen Subventionen in Höhe von 22 Milliarden für diese Baufördermaßnahme mit der Gießkanne ein. Dieser Betrag wäre bei einer Landeswohnungsbaugesellschaft und beim sozialen Wohnungsbau deutlich besser angelegt.

Allein in Niedersachsen geht der Bestand an Sozialwohnungen massiv zurück. Wir haben in den letzten zwei Jahren eine Rekordzahl an Sozialwohnungsverlusten: 4,8 % bzw. 4,5 % in den Jahren 2017 bzw. 2018 auf nur noch 74 000 Sozialwohnungen. Der Bestand geht weiter zurück. Obwohl Bauminister Lies immer wieder ankündigt, wir bräuchten 40 000 mehr, schrumpft der Bestand in der Regierungszeit der Großen Koalition.

Wir haben gerade in den großen Städten eine Lücke an bezahlbarem Wohnraum. „Bezahlbar“ sind Wohnungen, wenn nicht mehr als 30 % des Einkommens für die Miete ausgegeben werden müssen. In Braunschweig fehlen 21 700 solcher Wohnungen; das betrifft 34 % aller Haushalte. In Hannover fehlen 48 700 Wohnungen, in Göttingen 12 000, in Oldenburg 11 000, in Osnabrück 12 800 etc., und zwar für die unteren Einkommensgruppen.

Die aktuelle Wohnraumförderung des Landes versagt hier völlig. Es hat im letzten Jahr gerade mal 54 Eigentumsneubaumaßnahmen für kinderreiche Familien und 646 Mietwohnungen gefördert. Dabei fehlen 400 000 Wohnungen im ganzen Land für alle Einkommensgruppen. Da versagen Sie also völlig!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und jetzt wollen Sie dieses ungeeignete Instrument noch weiter ausweiten. Wir würden mit dem Geld lieber kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften fördern, aber nicht über diesen Weg. Vielmehr müssen wir etwas für einkommensschwache Gruppen machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Antrag ist wirklich sehr spannend. Sie fordern Ihre eigene Bundesregierung hier im Niedersächsischen Landtag auf; denn:

„Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD haben im Februar 2019 einen Entschließungsantrag (Drucksache 19/7762) in den Deutschen Bundestag eingebracht, der un

ter anderem fordert, das Baukindergeld auch für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen zu öffnen.“

Jetzt schreiben Sie:

„Der Entschließungsantrag wurde vom

Deutschen Bundestag angenommen,“

- also gegen Grüne und FDP -

„bislang aber noch nicht umgesetzt.“

Weil Ihre eigene Bundesregierung Ihre Beschlüsse im Bundestag nicht umsetzt, wollen Sie jetzt im Niedersächsischen Landtag einen Antrag einbringen, um den Einfluss auf die Bundesregierung zu vergrößern. Also, ich habe in der ENERCON-Debatte und in vielen anderen Debatten nicht gerade erlebt, dass die Landesregierung Niedersachsens irgendeinen Einfluss auf die Bundesregierung hätte, und jetzt fordern Sie im Landtag, dass Ihre Bundesregierung, die Große Koalition von SPD und Union, einen Bundestagsbeschluss umsetzt. Ich weiß nicht, was das für ein Demokratie- und Staatsverständnis ist, dass wir uns als Landtag Niedersachsen damit beschäftigen sollen, wenn Sie in der Bundesregierung nicht klarkommen und die Beschlüsse des Bundestages nicht umgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So viel dazu, und es bleibt einfach ein unsinniges Instrument. Aber wir können uns im Ausschuss gern damit auseinandersetzen und würden uns dann vor allem auch bei den Dingen, die die Landesebene tun kann, einbringen, nämlich bei der Frage, wie wir es hinkriegen, dass die Zahl der Sozialwohnungen im Land nicht zurückgeht und wir in Niedersachsen mit unseren Fördergeldern wirklich angemessenen Wohnraum schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Jetzt wäre - wenn das hier denn eine 25 ist - Herr Kollege Grascha, FDP-Fraktion, dran. Bitte sehr!

(Christian Grascha [FDP]: Habe ich so unleserlich geschrieben?)

- Das könnte auch eine „6“ sein.

Vielen Dank, Herr Präsident, und Entschuldigung für die unleserliche Handschrift. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat bin auch ich

etwas überrascht, dass wir dieses Thema hier heute im Landtag diskutieren. Von meinem Vorredner ist schon zu Recht kritisiert worden, dass hier eigentlich gar nicht der Ort ist, dieses Thema aufzugreifen. Von daher besteht hier eher der Verdacht, dass das Kontingent von Entschließungsanträgen mit anderen Themen noch nicht gefüllt war, und deswegen hat man sich dieses Thema vorgenommen. Aber sei es drum! Wir können uns hier gern auch inhaltlich damit beschäftigen.

Natürlich sagen wir als Freie Demokraten: Wir wollen alles unterstützen, was der Eigentumsbildung dient. Da sind wir in Deutschland mit einer ziemlich geringen Eigentumsquote international gesehen Schlusslicht. Das sollte natürlich verbessert werden, nicht nur aus Gründen der Vermögensbildung generell, sondern insbesondere auch aus Gründen der Altersvorsorge. Wir sind aber nichtsdestotrotz skeptisch und sehr kritisch, was das Instrument des Baukindergeldes angeht. Es ist eine milliardenschwere Subvention, die relativ bürokratisch verteilt wird. Hier schaffen wir bei dem sinnvollen Instrument der Genossenschaftswohnungen eine weitere Ausnahme bzw. weiten dieses aus unserer Sicht falsche Instrument weiter aus. Wir halten das für grundsätzlich falsch, weil wir das Baukindergeld an sich schon entsprechend kritisieren.

Das Baukindergeld setzt nämlich an der völlig falschen Stelle an. Denn in Deutschland geht es aufgrund des sehr geringen Zinsniveaus mittlerweile nicht mehr darum, dass sich jemand kein Darlehen leisten kann - da ist die Annuität aufgrund der geringen Zinsen schon sehr niedrig -, sondern das Problem setzt eigentlich weiter vorn ein, nämlich bei den Baunebenkosten bzw. bei den Erwerbsnebenkosten. Dort sehen wir mittlerweile bis zu 15 % Baunebenkosten, die viele Menschen tatsächlich davon abhalten, sich eine Immobilie zuzulegen. Da sagen wir als Freie Demokraten - das ist unser Konzept -, dass wir bei der Grunderwerbsteuer ansetzen müssen. Dort haben wir, seitdem die Länder die Steuerautonomie für die Grunderwerbsteuer haben, auch steigende Steuersätze. Hier schlagen wir für die erste selbst genutzte Wohnimmobilie einen Freibetrag von 500 000 Euro vor.

(Beifall bei der FDP)

Dass es an dieser Stelle ein Problem gibt, sagen übrigens nicht nur wir, sondern das sagt auch der Dritte Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland,

auf den Sie in Ihrer Entschließung ja auch Bezug nehmen. Daraus darf ich einmal zitieren. Auf Seite 39 heißt es unter der Überschrift „Positive Entwicklung trotz zahlreicher Hemmnisse“:

„Für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen und für Haushalte mit Kindern ist jedoch Wohneigentum trotz günstiger Finanzierungsmöglichkeiten in vielen Städten nicht mehr erschwinglich. Verschiedene Hemmnisse erschweren die Eigentumsbildung. Die Gründe hierfür sind vielfältig: vor allem steigende Baulandpreise, steigende Baukosten und höhere energetische Anforderungen verteuern den Immobilienerwerb. Auch weitere Erwerbsnebenkosten wie Maklerkosten mit bis zu 7,14 Prozent in Berlin und die in den letzten Jahren in mehreren Ländern deutlich, in vielen Ländern bis auf 6,5 Prozent, angehobene Grunderwerbsteuer stellen wesentliche Erschwernisse dar.“

Dann geht es auf Seite 83 weiter zum Thema Grunderwerbsteuer:

„Gerade für Haushalte mit mittleren Einkommen, die sich den Wunsch nach Wohneigentum erfüllen möchten, können hohe Erwerbsnebenkosten den Erwerb eines Eigenheims erschweren, da sie den Erwerb eines Objektes verteuern.“

Deswegen sagen wir: An der Stelle besteht Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass man erst hohe Steuern von den Menschen nimmt, um die Einnahmen dann mit komplizierten Instrumenten wie dem Baukindergeld wieder zurück zu verteilen, sondern an der Stelle besteht bei der Grunderwerbsteuer konkreter Entlastungsbedarf. Dafür sollten wir uns sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Und noch einmal für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Dirk Adomat. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern einmal darauf eingehen, was der Kollege Meyer gesagt hat. Es ist richtig, die Grünen haben das Ganze abgelehnt, im September aber nachgehakt, wann es denn endlich so weit ist. Von

daher sollten Sie die Kleine Anfrage der Grünen vielleicht einmal nachlesen. Denn es scheint ja ein gewisses Interesse vorhanden zu sein.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wir erwar- ten, dass sich die Regierung an Par- lamentsbeschlüsse hält!)

Das ist ja auch richtig und gut so. Denn mit Blick darauf, was eben gesagt wurde, sind wir, glaube ich, inhaltlich gar nicht so weit auseinander, auch mit Blick darauf, was der Kollege Grascha eben sagte. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir ein Instrument für junge Familien, die vielleicht nicht gerade Anspruch auf einen Wohnraumförderfonds haben, benötigen und ihnen eine Möglichkeit schaffen müssen, etwas zu tun, damit sie auch in Zukunft bezahlbaren Wohnraum haben.

Da liegen wir nicht weit auseinander. Und wir liegen auch nicht weit auseinander bei der Auffassung, dass die 12 000 Euro nur ein Teil eines Genossenschaftsanteils sein können, sondern da muss zusätzlich auch eine entsprechende Eigenleistung erbracht und eingebracht werden. Nur dann kann es gelingen, dass eine Familie oder ein junges Paar auch im Alter die Möglichkeit hat - trotz dieser Mietsteigerungen, die wir gerade erleben -, bezahlbaren Wohnraum zu haben.

Deshalb ist es meines Erachtens durchaus ein gangbarer Weg, über den wir diskutieren sollten, bezahlbaren Wohnraum über Genossenschaftsanteile zu schaffen und damit gleichzeitig - und das wollen Sie ja auch - den Staat letztlich zu entlasten. Denn wenn wir die Leute dann im Alter in irgendeiner Form subventionieren müssen, tun wir uns ja auch keinen Gefallen. Wir möchten ja im Grunde das Steuer frühzeitig in die andere Richtung herumreißen. Das - das sage ich mal so - würde den Staat entlasten.

Wir können auch eine Diskussion über die Grunderwerbsteuer führen. Nur wird das nicht ausreichend sein, um den jungen Familien Eigentum zu ermöglichen, weil das letztlich nur Teilkosten eines Objektes sind. Wir müssen das weiterdenken. Lassen Sie uns deshalb in eine Diskussion gehen! Ich merke jetzt schon: Es wird spannend.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Uwe Dorendorf [CDU])