Protocol of the Session on October 23, 2019

die Interessen der Menschen, insbesondere auf Borkum mitten im Weltnaturerbe Niedersächsisches Wattenmeer, mit vollem Einsatz vertreten wollen, muss es eine klare Absage an die Öl- und Erdgasförderung geben. Der beste Ort, damit anzufangen, ist das Wattenmeer.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn wir die Genehmigung erst mal erteilen, erhalten die Unternehmen das Recht, die fossilen Rohstoffe über Zeiträume von 20, 25 Jahren auszubeuten. Damit wird die Abhängigkeit von klimaschädlichen fossilen Energieträgern weiter zementiert.

Der Ausstieg aus der Verbrennung von Öl und Gas muss jetzt und hier beginnen. Es beginnt für uns im Weltnaturerbe Wattenmeer - für die dort lebenden Menschen, für die Flora und Fauna.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Kollegin Janssen-Kucz. - Für die FDP-Fraktion erhält nun der Kollege Horst Kortlang das Wort.

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Der Auftakt war die Dringliche Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen: „Zerstört die Erdgasförderung den Nationalpark und das Weltnaturerbe Wattenmeer?“ Frau Janssen-Kucz hat eben darüber gesprochen.

Frau Janssen-Kucz hat im letzten Plenum dargestellt, dass vonseiten der Landesregierung, nachdem sie hier gesprochen hat, kein Widerspruch gekommen ist, was die Förderung in der Nähe der Insel Borkum betrifft. Nach meinem Dafürhalten und nach meiner Wahrnehmung ist also auch die Landesregierung nicht an einer Förderung dort interessiert. Insofern sind dieser Gesetzentwurf und der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen konsequent.

Es gibt aber ein Dilemma - der Wirtschaftsminister hat es damals schon ausgeführt -: Es gilt das Bergrecht. Dies ist ein Bundesrecht. Die Förderung erfolgt aber von dem Territorium eines anderen EU-Staates aus. Damit gelten das Europarecht und das Recht eines anderen souveränen Staates. Es ist also nicht damit getan, unsererseits schnell mit Verboten zu agieren.

Dann ist da noch die Einmaligkeit - es ist eben angesprochen worden - des Weltnaturerbes Wattenmeer, welches sich über 450 km vom dänischen Skallingen im Nordosten bis zum niederländischen Den Helder im Südwesten erstreckt. Es geht hier bei der Förderung, wie wir wissen, um sehr viel Geld. Vermutet werden dort

60 Milliarden m³ Gas. Das entspricht einem geschätzten Marktwert von über 10 Milliarden Euro.

Wegen der massiven Schäden durch die Erdgasförderung im weltweit größten Erdgaslagerfeld in Groningen insbesondere in den letzten drei Jahren hat die Provinz allerdings entschieden, die Förderung schon 2022 einzustellen und nicht erst 2030, wie es früher vorgesehen war, wenn das Erdgasfeld erschöpft und alles abgebaut wäre. Also: Eine Förderung auf der sogenannten Geldsackplate vor Borkum - darum geht es ja - könnte, wenn überhaupt, 2021/2022 beginnen und somit die gewohnte Unabhängigkeit der Niederlande von Gasimporten sicherstellen.

Dass Erdgasförderung und Klimaschutz nicht miteinander vereinbar sind, wissen die Niederländer nur zu gut. Deshalb unternehmen sie schon sehr viel im Vorgriff und planen schon jetzt die Umstellung ihres Erdgasnetzes auf Wasserstoff, und zwar mit einem großen Netz an Elektrolyseuren, verteilt über das gesamte Königreich. Man kann das nachlesen. Vielleicht kommt unsere Landesregierung deswegen auch darauf, in diese Richtung zu gehen. Der erste Großelektrolyseur ist bereits in Betrieb genommen; die kleinen sind schon verteilt und angebaut.

Als Sprecher meiner Fraktion für Bundes- und Europaangelegenheiten konnte ich bei Besuchen in den Niederlanden immer wieder erleben, mit welch unglaublicher Zielstrebigkeit, schneller Planung und Genehmigung unsere Nachbarn Projekte angehen und umsetzen. Da sind sie uns weit voraus - davon sollten wir lernen. Sie werden die notwendigen Windparks für diese Umstellung auf Wasserstoff - ich sagte es ja - bauen und vermutlich auch noch andere Techniken einsetzen, um genügend von dieser Materie zu gewinnen. Ob es dann zu dem Abbau kommt, ist eine zweite Frage.

Unsere Landesregierung will, wie ich gelesen habe, mehr Tempo bei der Energiewende machen. Die Wasserstoffwirtschaft heben Ministerpräsident Weil und Umweltminister Herr Lies als zentrales Element hervor. Die Meldung im Handelsblatt vom 13. September und die Pressemitteilung des Kabinetts vom 17. September klingen im ersten Mo

ment ganz gut. Die Frage ist nur, ob die mittellosen Forscher, Entwickler und Ideengeber tatsächlich Geld bekommen, insbesondere wenn es um ein- oder gar zweistellige Millionenbeträge geht. Das bleibt offen; diese Frage wird nicht beantwortet.

Bisher sind die Fördertöpfe nämlich so angelegt, dass sich in erster Linie die etablierten, also die großen Konzerne bedienen können. Denn man muss die Fördermittel mit 50 % Eigenmitteln gegenfinanzieren.

(Glocke der Präsidentin)

Auch ist der bürokratische Aufwand für Einzelpersonen oder ein Start-up-Unternehmen kaum zu bewältigen. Die Anforderungen in den Richtlinien sind schwer abzuarbeiten.

Letzter Satz, Herr Kortlang!

Ich bin sofort fertig; ein letzter Satz.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang aus der Sicht der Landesregierung, wie man lesen konnte, nicht die derzeit erzielten Wirkungsgrade, sondern die möglichen Wirkungsgrade und die Chancen für die Reduzierung des Energieverbrauchs und des Treibhausgaseffektes.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Warten wir mal ab - ich habe es gesagt -, ob es überhaupt zum Abbau kommt.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Meta Janssen-Kucz [GRÜNE])

Danke schön, Herr Kollege Kortlang. - Für die SPD-Fraktion hat sich nun Frau Dr. Dörte Liebetruth zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, die Landesregierung und die SPD-Landtagsfraktion sind sich doch eigentlich einig: Wir wollen nicht, dass im oder unter dem UNESCO-Weltnaturerbegebiet und Nationalpark Wattenmeer Erdgas oder Erdöl gefördert wird.

Dieses Ziel haben wir gemeinsam, und zwar aus gutem Grund. Denn es würde nicht folgenlos bleiben, wenn dort Erdgas gefördert würde. Die geplante Gasförderplattform würde nicht folgenlos bleiben. Ich danke unserem Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, dass er bei der Landtagsdiskussion am 12. September bereits darauf aufmerksam gemacht hat - ich zitiere, um das in Erinnerung zu rufen -:

„In der Bauphase“

- dieser Gasplattform -

„sind Lärmeinwirkungen und Veränderungen der Geomorphologie nicht auszuschließen. Insbesondere durch die notwendigen

Rammarbeiten können die besonders geschützten Schweinswale und Robben innerhalb der Schutzgebiete und auch außerhalb gestört werden. Des Weiteren haben die notwendigen Bodenbewegungen am Meeresboden Auswirkungen auf den Lebensraum von Muscheln, Fischen und diversen Kleinlebewesen.“

Für die klare Haltung unserer Landesregierung möchte ich mich an dieser Stelle aber auch bei unserem Olaf Lies,

(Heiterkeit)

unserem Umweltminister, herzlich bedanken.

(Zustimmung bei der SPD - Christian Calderone [CDU]: Jetzt hat er es auch gemerkt!)

Er setzt sich mit großem Engagement für den Erhalt des UNESCO-Weltnaturerbes und des Nationalparks Wattenmeer ein.

Gerade weil der Schutz unseres Wattenmeers vor den Risiken der Erdgas- und Erdölförderung hier und heute nicht das erste Mal Thema ist, haben sich mir im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Fragen gestellt. Die Änderung eines Landesgesetzes ist ein wichtiger Schritt. Aber ist der Gesetzentwurf ausreichend, um sicherzustellen, dass wir unser gemeinsames Ziel, den dauerhaften Ausschluss von Erdöl- und Erdgasförderung im UNESCO-Weltnaturerbe und Nationalpark Wattenmeer, in jedem Fall erreichen?

Wie der Wirtschaftsminister hier vor einigen Wochen erläutert hat, prüft das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie - kurz: LBEG - die beiden vorliegenden Initiativen auf Grundlage des Bundesberggesetzes. Leider ist unser Landesge

setz über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ nicht allein maßgeblich.

Wenn also die entscheidenden gesetzlichen Rahmenbedingungen langfristig verbessert werden sollen, um die Erdöl- und Erdgasförderung ein für alle Mal aus dem Wattenmeer herauszuhalten, dann müsste auch das Bundesberggesetz geändert werden - nicht nur ein Landesgesetz.

Wie ist die Rechtslage nach dem Bundesberggesetz bisher? - Nach der Regelung des § 55 Abs. 1 des Bundesberggesetzes wird die Zulassung eines Betriebsplanes zur Erdgas- oder Erdölförderung im Rahmen einer sogenannten gebundenen Entscheidung geprüft. Leider hat das Erdgas- oder Erdölunternehmen einen Genehmigungsanspruch, sofern die nur vage definierten Versagensgründe nicht vorliegen. Eine unangemessene Beeinträchtigung der Pflanzen- und Tierwelt gehört zu diesen Versagensgründen ebenso wie der Umstand, dass gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung zu erwarten sind.

Nach § 11 Nr. 10 des Bundesberggesetzes darf eine Erlaubnis versagt werden, wenn „überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen“. Diese Fragen sollten wir auch zum Gegenstand unserer Debatten in den Ausschüssen machen.

Ich komme noch einmal auf unseren Wirtschaftsminister zurück, der gesagt hat:

„Die Landesregierung wird die niedersächsischen Interessen und insbesondere die Interessen der Menschen an der Küste - besonders von Borkum - weiterhin mit vollem Einsatz vertreten.“

Ein intaktes UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer ist im Interesse der Menschen an der Küste. Es ist im Interesse Niedersachsens - und ja, es ist auch von globalem Interesse. Kurzum: Ein intaktes UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer ist von herausragendem öffentlichen Interesse.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Genau!)

Das wird das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie bei seiner gründlichen Prüfung der vorliegenden Anträge zu berücksichtigen haben.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU sowie bei den GRÜNEN)