Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Saipa. - Zu einer Kurzintervention zu Ihrem Beitrag hat sich der Kollege Bode von der FDP gemeldet.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Saipa, Sie haben in Ihrer Rede genau die wichtigen Problemfelder angesprochen: was die Digitalisierung mit der Arbeitswelt macht, welche gesellschaftlichen Veränderungen die Digitalisierung in anderen Ländern nach sich gezogen hat, was wir tun müssen, um ein digitales Leben wirklich zu ermöglichen und damit Datenschutz und Arbeitnehmerrechte dabei erhalten bleiben; der Fall Amazon hat es ja aufgezeigt. - All das sind die Themen, über die wir diskutieren müssen. Es wird nicht reichen, sie nur anzureißen; wir müssen wirklich in die Tiefe gehen.
Das einzige Problem, das ich mit Ihrer Rede habe, ist: Von all dem, was Sie erzählt haben, steht zumindest in dem Antrag, den uns die Landtagsverwaltung gegeben hat, nicht ein Wort.
Hat man uns ein falsches Dokument geschickt? Wollen wir über etwas anderes reden? In diesem Antrag steht nur etwas über Glasfaserausbau, einen Ausbau auf einem absolut niedrigen Niveau.
Ich muss mich entschuldigen, ein Punkt steht noch in dem Antrag: das neue Türschild des Wirtschaftsministeriums. - Ihrem Antrag zufolge soll der Landtag in der Tat begrüßen, dass zur Stärkung der Digitalisierung das Wirtschaftsministerium jetzt auch Ministerium für Digitalisierung heißt. Meinen Sie das wirklich ernst? Glauben Sie, die Digitalisierung Niedersachsens kommt durch ein neues Türschild voran? Ist es wenigstens ein digitales, programmierbares Türschild mit LEDs? Das würde vielleicht schon einmal helfen, Digitalisierung zu erleben. Allerdings ist das Ministerium gerade eingehaust. Man könnte das Türschild gar nicht sehen, selbst wenn Sie es tatsächlich angebracht haben. Wahrscheinlich wird man den neuen Namen also nur auf der Homepage und nicht am Haus lesen können.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, dieser Antrag „Masterplan Digitalisierung“ könnte auch heißen: Nachts ist es kälter als draußen.
Vielen Dank, Herr Bode. - Herr Dr. Saipa, möchten Sie auf den Beitrag antworten? - Das möchte er nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, das wird nicht der letzte Antrag sein, der sich hier mit Digitalisierung beschäftigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnern Sie sich eigentlich noch daran, wie es war, in den 90er-Jahren in den Urlaub zu fahren - Frau Byl vielleicht nicht -, was man damals tun musste? - Wenn wir einen Flug oder eine Bahnfahrkarte buchen wollten, gingen wir in ein Geschäft namens Reisebüro. Wir kauften für unsere Fotoapparate Filme mit 24 oder 36 Bildern. Mit diesen Bildern wollten wir unseren Freunden nach dem Urlaub zeigen, wie es war. Eine Ewigkeit später - nach einer oder zwei Wochen - bekamen wir die Abzüge.
Aus meiner Sicht zeigt nichts besser als die Entwicklung der Fotografie, was Digitalisierung bedeutet. Denn hier ist die Digitalisierung bereits fast vollständig abgeschlossen. Von der Dunkelkammer zur Digitalkamera - das ist technische Seite. Analoge Fotografie ist eher etwas für Liebhaber geworden.
Die Digitalisierung hat die ganze Branche verändert und einige Unternehmen fast die Existenz gekostet. Ich denke da z. B. an Kodak. Andere Firmen, wie etwa Cewe Color aus Oldenburg, haben sich dem Wandel angepasst und spannende Digitalprodukte wie das Fotobuch entwickelt. Startups wie Snapchat oder Flickr haben sich gegründet.
Zur menschlichen Seite: Wir haben unser Verhalten verändert. Heute machen wir Tausende von Handyfotos. Wir laden unsere Bilder schnell für Freunde oder einfach in sozialen Kanälen hoch. Wir wissen genau, wer gerade Urlaub macht und wo er sich befindet.
Ich finde, dieses Beispiel zeigt sehr schön: Digitalisierung verändert alles. Sie ist einfach das Megathema unserer Zeit. Es gibt keinen Wirtschaftsbereich, der nicht mittel- oder langfristig digitale Lösungen fordern wird. Handwerk, Industrie und Landwirtschaft sind gleichermaßen betroffen.
Gleichzeitig - das hat der Kollege schon gesagt - birgt Digitalisierung ein enormes Wachstumspotenzial für Deutschland - vorausgesetzt, wir bauen die digitalen Fähigkeiten der Arbeitnehmer und die Nutzung von Technologie weiter aus.
In Deutschland gibt es dafür die Plattform Industrie 4.0. Ähnliche Projekte gibt es in anderen europäischen Ländern. Bei der Industrie 4.0 geht es um die Vernetzung von Mensch, Maschine und Werkstoffen in Produktionsprozessen.
vor, Sie bauen ein Haus, und alle Informationen werden in einer Plattform gespeichert! - Das ist das sogenannte Building Information Modeling. Jede Anpassung wird dort in Echtzeit abgebildet und an die beteiligten Personen übertragen. Wenn Sie also eine Änderung durchführen, ein Türformat in Ihrem Haus anpassen, dann wird die Information vom Architekten gespeichert und direkt an den Tischler übertragen. Die Kosten werden kalkuliert und der Bauzeitenplan in Abstimmung mit den Lieferfristen neu berechnet. Was besonders wichtig ist: Kollisionen mit elektronischen Leitungen werden vom Fachplaner automatisch erkannt, und die Planung wird angepasst. Das wäre z. B. ein sehr schönes Instrument für den Berliner Flughafen gewesen.
Aus genau solchen Entwicklungen entstehen dann wiederum neue Produkte, Dienstleistungen und Arbeitsplatzbeschreibungen.
Digitalisierung verändert unsere Berufs- und Arbeitswelt. Damit rechnen mittlerweile fast 85 % der Bürger. Daher finde ich persönlich es folgerichtig, dass das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und - jetzt eben auch: - Digitalisierung landesweit den Hut aufhat und landesweit koordiniert.
Ein positiver Verlauf der Digitalisierung ist jedoch kein Selbstläufer. Am Ende kann das Land nur als Gewinner der Digitalisierung dastehen, wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diesen Prozess aktiv mitgestalten, und dazu gehört meiner Meinung nach eben auch das Parlament.
Um die Chancen des digitalen Fortschritts zu nutzen, müssen die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen. Und genau deshalb haben CDU und SPD dieses Thema Digitalisierung zu einem Hauptthema der Legislatur gemacht. Dazu gehört die bereits erwähnte Digitalisierungsmilliarde bis 2022, zudem der Staatssekretär Digitalisierung und der Masterplan Digitalisierung, der zügig entwickelt und dann auch umgesetzt wird. Natürlich gehört auch der Lückenschluss bei der Mobilfunkversorgung dazu, ebenso wie der Mobilfunkstandard 5 G und der flächendeckende Breitbandausbau, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dabei sollten wir bedenken: Wir leben in einem wirtschaftlich starken Bundesland. Aber dennoch: Andere sind uns voraus. Wahrscheinlich wussten
Sie, dass die Esten die digitalen Wunderkinder in Europa sind, mit dem Grundrecht auf Internetzugang, der Erfindung von Skype und der Onlinewahl seit 2005 - hier ließen sich noch viele weitere Punkte finden -, und dass Estland eben eine ähnliche Größe wie Niedersachsen hat. Warum sollten wir also nicht Estland oder auch andere Vorreiterregionen in Europa als Vorbild nehmen?
Ob nun nach estischem Vorbild oder nicht, klar ist: Das Voranschreiten der Digitalisierung entscheidet zunehmend auch über unseren Lebensmittelpunkt, sowohl beruflich als vor allem auch privat - ein Entscheidungskriterium, das vor allem im ländlichen Raum eine große Bedeutung hat und Niedersachsen als Standort attraktiv macht.
Ich habe in den letzten Wochen des Wahlkampfs sehr viele Start-ups und Unternehmen besucht, und ich sage Ihnen: Das Potenzial ist da in Niedersachsen. Da sitzen junge Menschen, die ihre hochbezahlten, unbefristeten Jobs gekündigt haben, um mit Internet, Smartphone und Tablet ihre eigenen Ideen umzusetzen. Unsere Aufgabe ist es nun, Hemmnisse zu identifizieren und abzubauen.
Vor uns liegt ein ziemlich großes Projekt, und es wird Know-how aus allen gesellschaftlichen Bereichen erfordern. Es muss eine Plattform dafür geschaffen werden. Die Erarbeitung der besten Lösung für unser Bundesland muss gefördert werden, und genau deshalb brauchen wir den Digitalisierungsgipfel in Niedersachsen. Die Digitalisierung hat in diesem Sinne erst begonnen, und sie wird auch noch eine ganze Weile andauern.
Ich hoffe, wir sind uns alle einig bei diesem Thema, dass die Zukunft von Niedersachsen ganz entscheidend von dem Fortschritt der Digitalisierung abhängt. Die beschlossenen Maßnahmen, wie sie im Koalitionsvertrag verankert sind und wie sie über diesen Antrag jetzt auch hoffentlich im Ausschuss behandelt werden, sind eine gute Grundlage für unsere zukünftige Entwicklung hier in Niedersachsen.
Vielen Dank, Frau Wulf. - Das Wort hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Schulz-Hendel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende des Tages also ein wunderbarer Masterplan. Aber: Ein Masterplan schafft keinen einzigen neuen Glasfaseranschluss auf dem Land.
Ein Plan garantiert keine Umsetzung, ein Masterplan ist zunächst einmal reine Rhetorik ohne Handeln. Aber das Thema verlangt mehr als einen Sonderstaatssekretär und Symbolik.
Liebe SPD und CDU, gleich der erste Satz in Ihrem Antrag - „Die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft nimmt immer stärker Fahrt auf“ - klingt so, als wäre die Digitalisierung für Sie eher Neuland, nach dem Motto: Mensch, da ist was, worum wir uns jetzt auch mal kümmern müssen!
Zu Ihrem Antrag. Sie wollen jetzt also erst einmal prüfen und einen Plan machen, wie die digitale Infrastruktur unseres Landes verbessert werden soll. Mitte 2018 soll dieser Masterplan dann fertig sein. - Zu wenig, zu langsam! So viel Zeit haben die Menschen und die Unternehmen in unserem Land nicht.
Die Probleme sind bekannt und nicht mit einem Arbeitskreis Masterplan gelöst. Lediglich die Beschäftigung mit dem Thema bringt noch kein einziges Glasfaserkabel in die Erde.
Sie wollen einen Digitalisierungsgipfel einrichten, um mal mit den Unternehmen, mit Forschung und Zivilgesellschaft zu reden. Ihr Antrag zeigt deutlich: Sie verstehen unter Digitalisierung lediglich den Ausbau der Infrastruktur. Das ist zu wenig und zu kurz gedacht.
Es ist schon sehr aufschlussreich, was alles nicht in ihrem Antrag genannt wird. So fehlen konkrete Ideen, wie regionale Anbieter beim Glasfaserausbau eingebunden werden sollen. Wie stehen Sie zu flächendeckenden Glasfaser-Backbones, sprich: einem öffentlichen Glasfasernetz? - Dazu in Ihrem Antrag kein Wort.
In der Aufzählung derjenigen, die Sie zu Ihrem Digitalisierungsgipfel einladen wollen, fehlt komplett der Bereich Verbraucher- und Datenschutz. Die Frage, wie die Daten von Nutzerinnen und Nutzern und Unternehmen geschützt werden können, kommt in Ihrem Antrag nicht vor. - Dazu in Ihrem Antrag kein Wort.