Dabei bleibe ich auch. Nur: Es gibt noch Sachstände, die wir jetzt angehen wollen. Es ist auch völlig in Ordnung, dass man das analysiert und dass man sich als Koalition vornimmt, diese Sachstände zu verbessern. Bei den mobilen Endgeräten wollen wir diesen Sachstand angehen. Das steht in diesem Entschließungsantrag. Das wird eine wesentliche Verbesserung der Arbeit der Polizei in Niedersachsen bedeuten.
Vielen Dank, Herr Lechner. - Zu einer Kurzintervention auf Ihren Beitrag hin hat sich der Kollege Oetjen gemeldet. Danach kommt der Kollege Onay.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Lechner, Sie haben hier gerade ausgeführt, dass Sie der Meinung sind: Ja, wenn wir Sicherheit schaffen können, ohne die Bürgerrechte im Großen und Ganzen - haben Sie, glaube ich, gesagt - einzuschränken, dann wollen wir das machen. - Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Dann müssen Sie das Vorhaben, bis zu 74 Tage Präventivhaft anzuordnen, einfach fallen lassen.
Ich will es Ihnen einmal sagen: 74 Tage Präventivhaft heißt, dass Sie Leute - zwar nach richterlichem Beschluss, aber ohne Anklageerhebung - bis zu 74 Tage, also zweieinhalb Monate, in den Knast stecken und danach theoretisch wieder laufen lassen können, nur aus rein präventiven Gründen, ohne dass zuvor, wie bereits gesagt, Anklage erhoben worden ist. Verehrter Herr Kollege Lechner, wie das möglich sein soll, ohne dass Sie die Bürgerrechte einschränken, müssen Sie mir einmal erklären.
- Entschuldigung! - Dann zunächst der Kollege Onay von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dann wird Herr Lechner darauf antworten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Dem Änderungsvorschlag betreffend den 25. Dezember kann ich gern folgen. Daran soll es auf jeden Fall nicht scheitern.
Herr Lechner, Ihren letzten zweiminütigen Redebeitrag fand ich an einigen Stellen gar nicht so schlecht. Es klang ja so, dass Sie für eine Diskussion noch offen sind. Das deckt sich aber nicht mit
dem Koalitionsvertrag, in dem von der sogenannten intelligenten Videoüberwachung, der flächendeckenden Videoüberwachung, der QuellenTKÜ - also Staatstrojaner - und von anderem mehr die Rede ist. Wenn Sie davon abweichen wollen, ist das eine andere Aussage und kann man darüber diskutieren. Das deckt sich aber, wie gesagt, nicht mit dem Koalitionsvertrag.
Jetzt noch ein Wort zu dem, was Sie hier als Polemik beschrieben haben. Das war nicht meine Intention. Aber ehrlich gesagt: Dieser Antrag gibt überhaupt nicht mehr her. Darin steht nur das, was Sie machen wollen, wenn es denn so weit ist. Ein Beispiel ist das Brandschutzgesetz 2018. Diesbezüglich will ich Ihnen noch einmal ausdrücklich nahelegen: Nicht nur wollen, sondern auch machen! Machen ist fast wie wollen, nur eben ein bisschen krasser. Das sollten wir auch hier im Landtag berücksichtigen.
(Jens Nacke [CDU]: Das sagt der Ver- treter einer Fraktion, die über eine ganze Koalitionszeit weder das Brandschutzgesetz noch das Sicher- heitsgesetz hinbekommen hat! Mann, Mann, Mann!)
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Jan-Christoph Oetjen, Sie tun so, als wenn wir bei der Präventivhaft den normalen Bürger im Blick hätten. Präventivhaft steht im Koalitionsvertrag für Gefährder. Damit man Gefährder wird, bedarf es einer Einstufung beim LKA. Von einem Gefährder müssen erhebliche Gefahren für die innere Sicherheit dieses Landes ausgehen; ansonsten wird man nicht so eingestuft.
Die Präventivhaft soll auch nur dann greifen, wenn von dieser Person eine erhebliche oder konkrete Gefahr ausgehen wird. Das ist wirklich ein sehr eingeschränkter Bereich, den wir aber brauchen, -
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die Person muss noch nicht einmal verur- teilt worden sein! Was soll das denn?)
Entschuldigung, Herr Lechner! - Frau Hamburg, wir wären sehr dankbar, wenn Sie nicht ganz so laut dazwischenrufen würden.
- wie man im Fall Anis Amri gesehen hat. Bei ihm hätten wir die 74-tägige Präventivhaft gut gebrauchen können, um diesen Anschlag in Berlin zu verhindern.
(Zustimmung bei der CDU - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Den hätte man auch einfach so verhindern können!)
Lieber Herr Onay, es ist schon erstaunlich, welche Reflexe das Wort „Quellen-TKÜ“ bei Ihnen auslöst. Meine Bitte war, dass wir einmal gemeinsam gucken, wo wir das Instrument Quellen-TKÜ sinnvoll einsetzen können, um die Sicherheit in diesem Lande zu stärken, statt diese Instrumente immer nur reflexartig über einen Kamm zu scheren. Wir brauchen sie für bestimmte Fälle, für bestimmte Fälle aber brauchen wir sie nicht. Darüber wünsche ich mir eine Debatte.
Danke, Herr Lechner. - Abschließend hat sich der niedersächsische Innenminister, Herr Boris Pistorius, zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Endlich ist wieder Leben im Haus. Wir reden über innere Sicherheit.
Zunächst einmal begrüße ich an dieser Stelle ganz besonders herzlich den Landesvorsitzenden der GdP, Dietmar Schilff, der dieser Debatte aufmerksam folgt.
Das gibt mir Gelegenheit, der Polizei im Lande Niedersachsen an dieser Stelle zunächst einmal für ihre herausragende Arbeit der letzten Jahre zu danken. Wir wussten jederzeit, dass wir uns auf
die Polizei und auf die Sicherheitsbehörden in diesem Land verlassen können. Das wird auch in Zukunft so sein. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, allen Beschäftigten sowie allen Beamtinnen und Beamten der niedersächsischen Polizei für die Arbeit der vergangenen Jahre.
Lieber Belit Onay, ich schließe mich Ihrem Beschlussvorschlag, den 24. oder wahlweise auch den 25./26. Dezember betreffend, an. Es kann ja nicht schaden, so etwas zu beschließen.
Ich würde dann allerdings dazu raten, noch einen weiteren Beschlussvorschlag anzuhängen, der da lautet: Der Landtag nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass es hilfreich ist, Koalitionsverträge Wort für Wort zu lesen und dabei die handelnden Personen zu betrachten. Denn das, was wir hier gerade gehört haben, war die selektive Wahrnehmung eines Koalitionsvertrages, in dem zu stehen scheint, was jemand zu lesen glaubt, letztendlich aber gar nicht darin vorkommt. Hier von einer Verramschung von Bürgerrechten zu sprechen vor dem Hintergrund einer Aussage zur gesichtserkennenden Videoüberwachung, die da lautet, dass wir die Ergebnisse des Modellversuchs am Berliner Bahnhof Südkreuz abwarten und dann entscheiden, kommt einer sehr weitgehenden literarischen Auslegung des Koalitionsvertrages gleich.
Ich sage noch einmal sehr deutlich: Eine Gesichtserkennung nicht einzusetzen, die datenschutzrechtlich sauber funktioniert, eine Gesichtserkennung, die eine Negativdatei als Grundlage hat, eine Gesichtserkennung, die technisch zuverlässig funktioniert, wäre im Interesse der Sicherheit des Landes fahrlässig, meine Damen und Herren.
Aber: Natürlich müssen wir genau hinsehen, was das ist, wie das funktioniert und wie zuverlässig die Technik ist. Was wird abgespeichert? Ist ausgeschlossen, dass Bewegungsprofile von Unbescholtenen angefertigt werden? - All das muss sichergestellt sein. Dafür steht diese Landesregierung, und dafür steht im Übrigen auch dieser Innenminister wie auch schon in den vergangenen Jahren.
was wir in den letzten viereinhalb Jahren geschaffen haben, weiter stärken. Wir werden sie noch besser in den Stand versetzen, für Sicherheit zu sorgen, und zwar ohne rote Linien bei Bürger- und Freiheitsrechten zu überschreiten, meine Damen und Herren.
Die Stärkung der Polizei, des Verfassungsschutzes und der Feuerwehr ist deswegen zu Recht ein wesentlicher Bestandteil des Koalitionsvertrages für diese Legislaturperiode geworden. Mit dem jetzt eingebrachten Entschließungsantrag werden diese Vorhaben zur zukunftsfähigen Ausrichtung der Sicherheitsbehörden erfreulicherweise aufgegriffen, noch einmal bestätigt und unterstützt. Das ist richtig und gut so, meine Damen und Herren.
Die Entwicklungen - wie etwa die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und den Extremismus, die Digitalisierung und das damit verbundene Kriminalitätsfeld Cybercrime - erfordern noch mehr hohe Anstrengungen als bisher. Die Fallzahlen der Wohnungseinbrüche - auch wenn sie gerade deutlich zurückgegangen sind - befinden sich immer noch auf einem Niveau, das uns nicht zufriedenstellen kann. Deswegen wollen wir vor allem für die Arbeit auf diesen Feldern die Polizei mit den Stellenzuwächsen stärken, die beschrieben worden sind und bereits mit dem Nachtragshaushalt angepackt werden. Denn es ist richtig, das, was wir in der letzten Wahlperiode begonnen und für die neue Wahlperiode angekündigt haben, jetzt auch umzusetzen.
Das Gleiche gilt für die Zulagen beim Verfassungsschutz, die wir an die Zulagen bei der Polizei anpassen wollen, weil es richtig ist, dass die Kolleginnen und Kollegen beim Verfassungsschutz genauso dastehen wie die bei der Polizei.