Protocol of the Session on March 28, 2019

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein, mitberatend der Unterausschuss „Medien“ und auf Wunsch der AfD - wenn ich die Signale richtig verstanden habe, wird das von allen mitgetragen - auch der Haushaltsausschuss. - Das ist so in Ordnung. Dann frage ich, wer dem so folgen möchte. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 27: Abschließende Beratung: Natura 2000 mittels Grundschutzverordnung umsetzen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/2863 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz - Drs. 18/3267

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Das Wort hat der Kollege Dr. Birkner von der FDP-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag wollen wir einen Neuanfang bei der Umsetzung der Natura-2000-Richtlinie und bei der Ausweisung von Natura-2000-Gebieten in Niedersachsen erreichen. Denn es hat sich gezeigt, dass die bisherige Strategie der Landesregierung in vielfältiger Weise gescheitert ist.

Zum einen hat sie das Ziel, bis Ende 2018 die Umsetzung und die hoheitliche Sicherung zu erreichen, verfehlt.

Zum anderen wurden infolge des Zeitdrucks, den man dort mit befeuert hat, die Interessen der Grundeigentümer und der Nutzer nicht mehr hinreichend berücksichtigt. Das heißt, man hat eben keine Akzeptanz für den Naturschutz erreicht, sondern das exakte Gegenteil. Indem man den Leuten gesagt hat, jetzt muss alles ganz schnell vorangehen, sind die Interessen der Eigentümer hinten heruntergefallen. Das hat zur Folge, dass viele der Schutzgebietsverordnungen, die jetzt beschlossen worden sind und die beschlossen werden, vor den Gerichten beklagt werden. Am Ende werden wir sehen, ob man da überhaupt weitergekommen ist.

Aber auch die jüngsten Meldungen aus der Europäischen Kommission zeigen, dass die Strategie in Niedersachsen gescheitert ist. Denn auch da, wo die Sicherungen erfolgt sind, genügen sie nicht den europarechtlichen Anforderungen.

Ende Januar hatte die Kommission im Vertragsverletzungsverfahren ein ergänzendes Aufforderungsschreiben übermittelt - in dem auch Niedersachsen immer wieder explizit genannt wird -, weil eben keine ausreichend detaillierte gebietsspezifische Erhaltungszielbeschreibung, keine hinreichende Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen und auch keine aktive und systematische Verbreitung der Bewirtschaftungspläne in der Öffentlichkeit gegeben ist.

Auch hier hat Niedersachsen den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Somit ist die Strategie insgesamt hinfällig. Es ist also zeitlich überfällig, dass man dort tätig wird. Aber man hat auch inhaltlich mangelhaft gearbeitet und keine Akzeptanz erzielt. Dies alles zusammen führt uns zu der Einschätzung, dass die Umsetzung von Natura 2000 so, wie sie von der Niedersächsischen Landesregierung betrieben wird, gescheitert ist.

Meine Damen und Herren, um es vorwegzunehmen - ich sage das, weil Herr Minister Lies nicht müde wird, darauf hinzuweisen -: Es ist richtig, dass auch wir Freie Demokraten im Umweltministerium Verantwortung getragen haben. Aber dieser Hinweis, der regelmäßig kommt, täuscht darüber hinweg, dass seit sechs Jahren die SPD, zeitweise auch die Grünen, aber jetzt auch die CDU Verantwortung für dieses Haus zumindest mittragen und es in dieser Zeit nicht geschafft haben, die Strategie so auszurichten, dass sie den europarechtlichen Anforderungen genügt.

Deshalb ist es nach unserer Auffassung dringend notwendig, zu einer Neuausrichtung der Politik zur Umsetzung der Natura-2000-Anforderungen zu kommen. Das haben wir mit diesem Antrag versucht. Dass er aller Voraussicht nach leider abgelehnt wird, bedauere ich für meine Fraktion, aber insbesondere auch für die Kollegen von der Union sehr, weil ich sehr gut weiß, dass auch dort noch eine große Skepsis gegenüber der Art und Weise, wie Natura 2000 gegenüber Grundeigentümern umgesetzt werden soll, gegeben ist. Ich weiß auch, dass in einigen Kreistagen aktiv versucht wird, das zu verhindern.

Ich glaube, dass man jetzt endlich erkennen muss, dass der bisherige Weg ein Irrweg ist - weil man den Anforderungen nicht genügt - und nunmehr der Punkt erreicht ist, eine neue Strategie zu verfolgen.

Unser Weg zeichnet sich erstens dadurch aus, dass wir einen gesetzlichen Grundschutz haben wollen, wie er in anderen Ländern, etwa in Bayern,

bereits gegeben ist, wo man auf gesetzgeberischer Ebene - durch eine Verordnung oder aber durch das Gesetz selbst - den europarechtlichen Anforderungen zunächst einmal dem Grunde nach genügt.

Er zeichnet sich zweitens dadurch aus, man als Maßstab für die Politik die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern nimmt. Das ist unter der Verantwortung von Rot-Grün, aber auch von RotSchwarz, und auch unter der Verantwortung des gegenwärtigen Umweltministers Olaf Lies völlig unter die Räder gekommen. Ohne Akzeptanz gibt es keinen vernünftigen Naturschutz, und man bewirkt am Ende das Gegenteil.

Unser Weg zeichnet sich drittens dadurch aus, dass man, wenn man den gesetzlichen Grundschutz hat, die gebietsspezifischen Punkte, die nötig sind, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Eigentümerinnen und Eigentümern und den Nutzerinnen und Nutzern erarbeitet. Das betrifft konkret die Erhaltungsziele und die Erhaltungsmaßnahmen und am Ende auch die Bewirtschaftungspläne, die man gemeinsam erarbeiten muss. Dafür sind diese Schritte zeitlich einzuplanen.

Herr Minister Lies, es ist schon eine Ohrfeige für Niedersachsen, dass Sie nicht in der Lage sind, die Bewirtschaftungspläne systematisch und angemessen zu veröffentlichen. Die Kommission hat das gerügt und Niedersachsen als eines von wenigen Ländern in diesem ergänzenden Aufforderungsschreiben noch einmal erwähnt. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass man diese Sache schleunigst abstellen sollte. Noch einmal: Es gehört zur Akzeptanz, die Dinge öffentlich zugänglich und nachvollziehbar zu machen.

Nach unserer Auffassung, meine Damen und Herren, ist es also notwendig, zu einem Strategiewechsel zu kommen und hier endlich wieder zu mehr Akzeptanz für den Naturschutz zu kommen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die SPDFraktion hat sich der Kollege Axel Brammer gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen hat sich bewusst dafür ent

schieden, dass die Schutzgebietsverordnungen durch die unteren Naturschutzbehörden vor Ort erarbeitet werden. Das findet unter ausführlicher Beteiligung der Betroffenen und der örtlichen Politik statt. Herr Birkner hat es eben schon erwähnt. Da gibt es auch Interessen, die da eingebracht werden - manchmal mit Erfolg.

Deshalb ist es verkehrt, wenn Sie annehmen, dass durch eine Grundschutzverordnung der erhebliche Zeitdruck genommen würde. Im Gegenteil. Bereits laufende Entscheidungsprozesse müssten unter erheblichem Zeitdruck neu begonnen werden. Da stellt sich die Frage: Wer soll das eigentlich leisten? - Das in Ihrem Antrag beispielhaft genannte Land Bayern hat noch sieben Bezirksregierungen, die das personell leisten konnten. Aber in Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, gibt es seit 2004 keine Bezirksregierungen mehr.

(Christian Grascha [FDP]: Gott sei Dank!)

Wer hat die abgeschafft?

(Christian Grascha [FDP]: Wir!)

Wer hat damals gesagt, dass ein Großteil der Aufgaben der Bezirksregierungen vor Ort von den Landkreisen geleistet werden könnte? Und jetzt bescheinigen Sie den unteren Naturschutzbehörden, dass sie es nicht können!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Besonders bescheinigen wir es Ihnen! - Zuruf von Christian Grascha [FDP])

Wie gehen Sie eigentlich mit den Landkreisen - - -

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

- Herr Grascha, ich glaube, ich rede gerade, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, gar nichts zu sagen und den Antrag einfach abzulehnen. Sie reden hier laufend dazwischen. Hören Sie mal auf!

(Christian Grascha [FDP]: Dann set- zen Sie sich doch einfach wieder hin, wenn Sie nichts sagen wollen!)

Herr Kollege Grascha - - -

Jetzt bescheinigen Sie den - - -

Herr Kollege, Augenblick! - Herr Kollege Grascha, ich muss dem Kollegen Brammer leider recht geben. Gerade das Letzte - er möge sich doch wieder hinsetzen - war doch wohl ein bisschen heftig. Dafür sollten Sie sich eigentlich entschuldigen, müssen Sie aber nicht.

(Christian Grascha [FDP]: Hat er doch selbst gesagt!)

Bitte schön, Herr Kollege!

Und jetzt bescheinigen Sie den unteren Naturschutzbehörden, dass sie es nicht können. Wie gehen Sie eigentlich mit den Landkreisen und vor allen Dingen mit der Kommunalpolitik um?

Wenn Sie meinen, dass die Größen der Natura2000-Flächen infrage zu stellen sind, weil auch Bayern einen geringeren Anteil an Flächen gesichert hat, dann sind Sie auf dem Holzweg. Die Flächengrößen sind bereits in den 90er-Jahren festgelegt worden. Wir reden jetzt lediglich noch über eine naturschutzfachliche Sicherung und nicht mehr über die Veränderung der Gebietsgrößen.

Wenn Bayern nach Ihren Ausführungen eine Grundschutz-Landesverordnung beschließt, die grundsätzlich ohne Ge- und Verbote für Eigentümer durchzusetzen ist, dann wird so eine Verordnung in Brüssel scheitern. Das wird auch schon in dem Schreiben vom 24. Januar 2019 deutlich, das Sie eben erwähnt haben.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Genau!)

Dort wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass es in Bayern Einbrüche bei Lebensraumtypen von über 90 % bei den ursprünglich erfassten Gebieten gibt. Wiederherstellungsmaßnahmen sind nicht vorgesehen. So sind die Bayern - und Sie nehmen die als Beispiel!

Grundsätzlich: Es geht bei der Richtlinie 92/43/EWG, besser bekannt als FFH-Richtlinie, um den Erhalt der natürlichen Lebensräume von wild lebenden Pflanzen und Tieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, es geht eben nicht um Einschränkungen für Eigentümer und Nutzer.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Natürlich! Sprechen Sie mal mit denen!)

Dass der Umweltminister, wie von Ihnen beschrieben, permanent auf Vertragsverletzungsverfahren durch die EU hinweist, ist richtig und wichtig. Aber der Zeitdruck entsteht nicht nur darüber. Er entsteht auch, weil Deutschland bis zum 7. Dezember 2010 bzw. spätestens 12. November 2013 hätte fertig sein müssen. Und wer hatte damals die Verantwortung für das Umweltressort? Wer hat die Sicherung der Schutzgebiete über Jahre schleifen lassen? - Und jetzt reden Sie von Zeitdruck!

Nun zu Ihren Forderungen.