Protocol of the Session on March 27, 2019

Bevölkerung in die Funktionsweise der Behörden. Das ist vielfach gar nicht unbedingt begründet, aber wahrscheinlich rührt es auch daher, dass man eben dieses Informationsrecht nicht hat, dass man eben nicht weiß, was intern in den Behörden passiert und dass man auch gar keine Information darüber erlangen kann. Damit wir dem entgegenwirken, ist das Informationsfreiheitsgesetz ein ganz, ganz maßgeblicher Schritt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Teilhabe an Meinungsbildungsprozessen, an Willensbildungsprozessen erfordert in einer Demokratie auch Information. Die Menschen können Verwaltungshandeln wesentlich besser verstehen - was wiederum zur Akzeptanz von Verwaltungshandeln führt; Verständnis ist ein maßgeblicher Wegbereiter dahin -, wenn sie hinter die Kulissen gucken können, wenn nicht mehr das Prinzip früherer Jahrhunderte gilt, wonach Verwaltungshandeln abgeschottet ist, man Verwaltungshandeln nicht hinterfragen darf und der Bürger nicht wirklich Kenntnis darüber bekommt, wie einzelne Verwaltungshandlungen abgelaufen sind und wie etwas zustande gekommen sind.

Das Informationsfreiheitsgesetz wird also die Demokratie stärken. Durch die damit verbundene Transparenz werden Behörden und behördliches Handeln mehr Rückhalt in der Bevölkerung bekommen.

Deshalb haben wir uns maßgeblich an den in den Ländern bereits vorliegenden Gesetzen orientiert. Um gleich dem Vorwurf entgegenzuwirken, wir hätten abgeschrieben: Nein, das haben wir nicht. Das sieht man, wenn man die Gesetze neben unseren Gesetzentwurf legt. Wir haben einige Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale eingearbeitet, die mir wichtig sind.

Eine Besonderheit, die sich bei Weitem nicht in allen Informationsfreiheitsgesetzen der Länder wiederfindet, ist z. B. die Notwendigkeit zur Begründung einer ablehnenden Entscheidung. Sie muss schriftlich sein, sie muss begründet sein. Das heißt, der Informationsbegehrende muss genau erfahren, warum die Behörde sagt: Nein, in diesem Fall hast du den Anspruch nicht. In diesem Fall sehen wir von einer Information, wie du sie begehrst, ab.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unentgeltlichkeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Recht auf Informationsfreiheit, der Zugang zu Informationen darf nicht davon abhängen, wie viel Geld jemand in der Tasche hat, wie viel er dafür

bezahlen kann. Deshalb haben wir geregelt, dass der Zugang zu Informationen, jedenfalls was die Landesbehörden angeht, unentgeltlich sein muss.

Zudem haben wir etwas vorgesehen, was meiner Meinung nach auch sehr wichtig ist. Zwar können wir den Gemeindeverbänden und Kommunalverbänden die Unentgeltlichkeit nicht vorschreiben, weil sie ihre eigenen Gebührensatzungen haben, in die wir ihnen nicht hineinregieren können. Allerdings können wir eine Regelung aufnehmen, wonach ein Antragsteller zunächst in Kenntnis darüber gesetzt werden muss, dass eine Informationsbeschaffung einen Betrag von 200 Euro übersteigt, bevor die Information gegeben wird. Diese Inkenntnissetzung ist selbstverständlich kostenfrei. So kann er überlegen: Lohnt es sich, dieses Informationsbegehren weiterzuverfolgen bzw. weiterzubetreiben? Oder steht der Kostenaufwand dagegen? Damit erreichen wir einen vernünftigen Umgang mit den Interessen der Bevölkerung auch im Hinblick auf die finanzielle Situation der Informationsbeschaffung.

Es wird immer wieder kritisiert, es würde Tor und Tür für Querulanten geöffnet. Schauen wir uns die Ergebnisse der anderen Länder an! Dort ist die von der Landesregierung im Koalitionsvertrag vorgesehene Evaluation bereits abgeschlossen, weil es dort zum Teil bereits seit vielen Jahren Informationsfreiheitsgesetze gibt.

Was stellen wir dort fest? - In diesen Ländern gibt es diesen befürchteten Andrang missbräuchlicher Fälle nicht. Die Querulanten halten sich zurück. Nein, es ist nicht so, dass diverse Leute jede Behörde auf Informationsherausgabe in Anspruch nehmen und dadurch den behördlichen Betrieb lahmlegen. Das passiert in den Ländern nicht.

Das heißt, wir können in allen Ländern und auf Bundesebene feststellen: Der Praxistest ist inzwischen bestanden, sodass es überhaupt keinen Grund mehr gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch weiter zu evaluieren oder sich zurückzuhalten und zu sagen: Wir wollen erst einmal gucken, wie sich das mit dem Gesetz weiterentwickelt.

Wir wissen bereits, dass es ein Erfolgsmodell ist. Es klappt in allen anderen Bundesländern, und es klappt auf Bundesebene. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum es nicht auch in Niedersachsen funktionieren sollte. Wir sollten nicht zum Schlusslicht werden, sondern wir sollten endlich den Anschluss zu den anderen Ländern herstellen und damit den Schritt tun.

Ich weiß auch, es ist hier im Parlament schon mehrfach darüber debattiert worden. Die FDPFraktion hatte einen Antrag gestellt, und die Grünen haben sich auch schon einmal bemüht. Ich hoffe, dass Grüne und FDP trotz der allgemein vorhandenen „Alles, was die AfD macht, wollen wir nicht unterstützen“-Mentalität in diesem Fall vielleicht einmal über ihren Schatten springen und dass wir als Oppositionsparteien gemeinsam - wir alle wollen das Gleiche - dieses Gesetz nach vorne bringen.

Eventuell können wir dann noch den einen oder anderen aus den beiden Koalitionsparteien davon überzeugen, das Richtige zu tun. Denn die Bürger dieses Landes warten darauf, dass auch Niedersachsen im Bereich der Informationsfreiheitsrechte endlich modern wird und Niedersachsen ein eigenes Informationsfreiheitsgesetz bekommt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Emden. - Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Christoph Plett.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Ein mögliches Gesetz zur Einführung der Informationsfreiheit soll den Bürgern einen schnellen Weg zu Informationen u. a. aus der Verwaltung bieten. Die Koalition will die Erfahrungen anderer Bundesländer mit einem Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz evaluieren und auf der Grundlage dieser Ergebnisse über die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes in Niedersachsen später entscheiden. Diese Auswertung ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

In diesem Zusammenhang nur eine persönliche Bemerkung von mir: Nach meiner Auffassung fällt die Zuständigkeit für dieses Gesetz in den Bereich des Innenministeriums. So auf jeden Fall wird es in den überwiegenden anderen Bundesländern gehandhabt. Aber dies nur als kleiner Einschub.

Zurück zum eigentlichen Thema! Die Erlangung von Informationen ist wichtig. Sie darf aber nicht dazu führen, dass der Datenschutz unterlaufen wird, insbesondere der Schutz von persönlichen Daten z. B. des Sachbearbeiters aus der Verwaltung, der Auskunft geben soll. Hier ist zu prüfen,

ob § 5 des Gesetzentwurfes diesem Schutz überhaupt dient. In der Einzelbegründung der vorliegenden Drucksache heißt es zu § 5 Abs. 4 wie folgt:

„Betroffene müssen grundsätzlich Einschränkungen ihrer Rechte auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden allgemeinen Interesse hinnehmen, soweit es nicht um den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung geht, der der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen ist.“

Ist der Schutz der persönlichen Daten z. B. von Einsatzkräften der Polizei oder der Hilfswerke wie dem DRK insbesondere vor dem Hintergrund von Angriffen auf Einsatzkräfte in unserem Land gesichert? Hierüber muss diskutiert werden.

Weiter muss gefragt werden, ob die Namen und Dienstanschriften von Mitarbeitern der Verwaltung, die die Vorgänge bearbeiten, veröffentlicht werden müssen. Auch diese werden vermehrt außerhalb des Dienstes angegangen. Eine klare Regelung ist meiner Meinung nach hier nicht vorhanden.

Des Weiteren ist zu prüfen, ob die Höhe der Gebühren und Auslagen zur Erlangung von Informationen durch den vorliegenden Gesetzentwurf ausreichend oder zu hoch ist. Was ist mit einem SGBII-Bezieher? Für diesen ist eine Gebühr von bis zu 200 Euro eine Menge Geld.

Ein, wie ich zugebe, eher nachgeordneter Punkt ist auch anzusprechen. In § 2 Abs. 3 des Gesetzentwurfs ist geregelt, wem gegenüber das Gesetz nicht gilt. Nach Nr. 3 Abs. 3 gilt das Gesetz nicht für die NORD/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale. Warum gilt das Gesetz nicht für die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen mbH? Die HanBG hält die Beteiligung des Landes Niedersachsen an der NORD/LB. Kann eine Anfrage über die HanBG zur NORD/LB das Gesetz umgehen? Wenn man den Gesetzestext studiert, reicht es nicht aus. Er ist, wenn überhaupt, nachzubessern. Es kann ein Widerspruch zwischen § 2 Abs. 3 und Abs. 4 des Gesetzes bestehen. Auch dort wäre, wenn der Gesetzentwurf umgesetzt werden sollte, nachzubessern. Gewollt kann das alles nicht sein. Ausgeschlossen ist es nach meiner Auffassung nach diesem Gesetzentwurf nicht.

Wir müssen darüber nachdenken - und das ist das Entscheidende -, ob der vorgelegte Gesetzentwurf noch der Zeit entspricht. Es werden auch andere Gesetze wie zu Big Data vorbereitet, die den Bereich dieses Gesetz betreffen.

Ich will die Diskussion nicht vorwegnehmen, aber auch diese Überlegungen sind anzustellen, um den vorgelegten Gesetzentwurf in Gänze zu beurteilen. Wenn gesagt wird, dass dieses Gesetz in allen Bundesländern schon umgesetzt worden ist: Ja, das stimmt, aber vor 20 Jahren, und die Entwicklung geht weiter. Wir als Niedersachsen wollen an der Spitze stehen mit einem Wirtschaftsminister, der auch in diesen Fragen vorangeht.

Abschließend: Wir müssen abwarten, wie z. B. die kommunalen Spitzenverbände diesen Gesetzentwurf beurteilen. Die Diskussion wird lang und umfangreich geführt werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Plett. - Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Dr. Marco Genthe.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Bürger haben ein berechtigtes Interesse, sich im Vorfeld politischer Entscheidungen zu informieren, um sich eine qualifizierte Meinung bilden zu können. Die Verfasser des Grundgesetzes haben zu Recht in Artikel 5 formuliert, dass sich jeder aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert informieren darf. Eine moderne Verwaltung sollte daher danach streben, die Zugänglichkeit zu Informationen, die Transparenz und damit auch die Akzeptanz von Verwaltungshandeln zu erhöhen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Auch die Politik sollte ein Interesse daran haben, dass die Entscheidungsprozesse verstanden und damit am Ende auch akzeptiert werden.

Bereits jetzt gibt es vielfältige Auskunfts- und Beteiligungsrechte der Bürger sowie Veröffentlichungspflichten der Behörden. Allerdings ist Niedersachsen eines von wenigen Bundesländern, die über kein Informationsfreiheitsgesetz verfügen. Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, hat die FDP-Fraktion bereits im Jahr 2013 den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Informationsfreiheit in Niedersachsen zur Diskussion vorgelegt. Zweck des Gesetzes war es, den freien Zugang zu den bei verschiedenen Stellen vorhandenen Informationen zu gewährleisten. Es wurden die grund

legenden Voraussetzungen festgelegt, unter denen die entsprechenden Daten zugänglich gemacht werden können.

Der Gesetzentwurf begründete einen umfassenden Anspruch der Bürger und juristischer Personen auf Informationszugang gegenüber den Landesbehörden und gegenüber juristischen Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder dazu beliehen wurden. Dabei sollten die Kommunen ausgenommen bleiben. Nicht in die staatliche Organisation eingegliederte Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Religionsgemeinschaften wurden auch ausgeklammert.

Selbstverständlich waren auch Gerichte, Strafverfolgungs- und -vollstreckungsbehörden ausgenommen, soweit sie als Organe der Rechtspflege tätig geworden sind. Spezielle Regelungen gab es zudem für den Verfassungsschutz sowie für den Landtag, insoweit er im Rahmen der Gesetzgebung tätig geworden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns gilt der Grundsatz, dass sich nicht die Bürgerin oder der Bürger rechtfertigen muss, wenn er eine Auskunft begehrt, sondern dass sich der Staat rechtfertigen muss, wenn er sie verweigert.

(Beifall bei der FDP)

Nur so stärkt man die Transparenz und damit die Akzeptanz von demokratischen Entscheidungsprozessen.

Bedauerlicherweise kam es nicht zur Verabschiedung unseres Gesetzentwurfs. Ein solches Gesetz ist auch nicht unkompliziert. Der Informationsanspruch kann nur unter Beachtung des Datenschutzes gewährt werden, und gleichzeitig soll es nicht zu einem überbordenden Aufbau von neuen bürokratischen Strukturen kommen. Letzteres war insbesondere für die kommunalen Spitzenverbände ein großes Problem. Insoweit sind in einem Flächenland wie Niedersachsen auch andere Voraussetzungen zu beachten als z. B. in einem Stadtstaat. Und dann soll das Gesetz auch noch möglichst bürgerfreundlich sein.

Meine Damen und Herren, ich bin skeptisch, ob der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf der AfD diesen Spagat tatsächlich erfolgreich geschafft hat. An einigen Stellen hat er es definitiv nicht. Doch davon abgesehen, ist es Aufgabe der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass Niedersachsen seinen Bürgern den gleichen hochwertigen Informationsanspruch zubilligt, wie andere Bundesländer es auch tun. Ich erwarte von dieser Landesregierung

daher kurzfristig einen Gesetzentwurf, der diesen Kriterien gerecht wird. Wegducken ist jetzt nicht mehr.

Herr Dr. Genthe, Entschuldigung! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Emden?

Ich bin jetzt eigentlich am Ende meiner Rede. Er kann ja eine Kurzintervention machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Emden folgt Ihrem Rat und hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet.