Protocol of the Session on October 24, 2018

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Hören Sie mir zu!

Dazu brauche ich auch keine Fachleute. Das sagt mir der gesunde Menschenverstand.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Haben Sie das mal mit Ex- perten erörtert?)

Für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Rainer Fredermann. Bitte!

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Tippelt hat es gerade gesagt: Jeder Un

fall auf den Straßen Niedersachsens ist einer zu viel. Dies gilt gerade für solche Unfälle, bei denen Verkehrsteilnehmer zu Schaden oder gar zu Tode kommen. Meistens erweisen sich diese Unfälle als traumatisierend - für die Verletzten, für die Angehörigen von Unfallopfern, aber auch für die Unfallverursacher.

Leider mussten wir auch in den vergangenen Monaten immer wieder von folgenschweren Unfällen hören und lesen. Besonders stark und zunehmend betroffen sind Fußgänger und Radfahrer. Für sie endet ein Verkehrsunfall überdurchschnittlich häufig mit schweren Verletzungen oder gar mit dem Tod, wie wir es im April auch in Hannover beklagen mussten.

Im Ausschuss gab es große Übereinstimmung darüber, dass hier dringend etwas getan werden muss, um die Verkehrssicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer zu verbessern. Einigkeit bestand jedoch nur hinsichtlich des Ziels, aber nicht hinsichtlich des Weges dorthin. Daher debattieren wir heute auch über zwei Anträge.

Meine Damen und Herren, der verstärkte Einbau von Assistenzsystemen in Fahrzeugen wird mittelfristig einen deutlichen Fortschritt in Sachen Verkehrssicherheit mit sich bringen. Sichtfeldbeschränkungen und unübersichtliche Abbiegesituationen stellen gerade für Lkw-Fahrer eine dauernde Herausforderung dar. Mittlerweile stehen aber Gott sei Dank Lkw-Nutzfahrzeuge mit intelligenten Abbiegeassistenten zur Verfügung. Leider sind jedoch nicht alle Anbieter so weit. Diese Systeme bieten den Fahrern Unterstützung und warnen vor Fehlern. Gemeinsam mit Brems- und anderen Assistenzsystemen kann durch ihre stärkere Nutzung die Sicherheit im Rad- und Fußverkehr deutlich erhöht werden.

Meine Damen und Herren, aus der Sicht der CDU gibt es vor allem zwei Gründe, die gegen den Entwurf der Grünen sprechen. Den ersten Grund hat Frau Tippelt gerade schon genannt. Auf den komme ich später noch.

Der zweite Grund betrifft die baulichen Veränderungen an den Fahrerkabinen. Es ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll, ein Mehr an Verkehrssicherheit für Radfahrer und Fußgänger durch ein Weniger an Verkehrssicherheit für die Lkw-Fahrer zu erreichen. Die geforderten Veränderungen der Fahrerkabinen verringern aus unserer Sicht den Aufprallschutz und erhöhen somit das Risiko für die LkwFahrer, bei Unfällen Verletzungen davonzutragen.

Wie groß das Risiko ist, konnten wir in den letzten Wochen ja auch hier in der Nähe erleben.

Das Anbringen zusätzlicher Außenspiegel hat in den letzten Jahren zu der Verkehrssicherheit und Abbiegesicherheit beigetragen. Ein Allheilmittel ist es aber nicht. Es bestehen weiterhin tote Winkel. Hiervon konnten sich die Mitglieder des Arbeitskreises Wirtschaft der CDU-Landtagsfraktion im Sommer dieses Jahres bei einem Ortstermin in meinem Wahlkreis in Langenhagen an Ort und Stelle überzeugen. Hier möchte ich besonders Herrn Dr. Spörer vom ADFC Langenhagen danken, ich möchte aber auch Herrn Siegfried Serrahn aus Osnabrück nicht vergessen, die uns unermüdlich mit diesem Thema konfrontieren. Sicherlich, meine Damen und Herren, gibt es noch viele andere, die auch in andere Fraktionen hineingewirkt haben.

Der zweite Grund ist - da bin ich wieder bei dem, was Frau Tippelt vorhin gesagt hat -: Es ist schlichtweg unmöglich, dass jemand am Ortseingang auf das Auto springt und am Ortsausgang aussteigt.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Wer sagt das denn?)

Das macht keinen Sinn, Herr Schulz-Hendel.

Ein weiterer Grund ist: Das Transport-, Logistik- und Speditionsgewerbe ist bereits heute von erheblichen Auflagen und Vorschriften betroffen, die seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den ausländischen Anbietern einschränken und somit seine Leistungsfähigkeit bedrohen.

Viele Unternehmen wären aus unserer Sicht durch eine allzu starre Verpflichtung zum Einbau von Abbiegeassistenten überfordert. Bei Neufahrzeugen ist der Einbau jedoch dringend angeraten. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen werden kaum in der Lage sein, zeitnah einen Fuhrpark komplett auszutauschen. Dies braucht Zeit, und die sollten wir ihnen auch geben. Mit geeigneten Anreizsystemen können wir zudem die Wirtschaftlichkeitslücken schließen und Nachrüstung auf freiwilliger Basis beschleunigen.

Die Frage, die sich dann noch stellt, ist: Wie geht die Landesregierung mit unseren Vorschlägen um? - Herr Schulz-Hendel, wir sollten der Landesregierung überlassen, wie sie Experten einbindet und wie sie an das Thema herangeht.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ein inte- ressantes Parlamentsverständnis! - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Das finde ich auch!)

- Lieber Herr Kollege, Sie möchten sich doch auch nicht alles vorschreiben lassen. Herr Meyer, das haben Sie als Landwirtschaftsminister ja auch nicht gemacht.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aber Sie haben das doch immer kritisiert!)

- Man muss mit der Realität leben, Herr Limburg.

Lassen Sie bitte Herrn Fredermann zu Ende ausführen!

Wenn Sie mich wieder zu meiner Rede zurückkommen lassen: Sinnvoll ist meines Erachtens auch, die innerstädtischen Veränderungen der Verkehrsführung herbeizuführen. Vorgezogene Haltepunkte, getrennte Ampelschaltungen und Ähnliches sind vielerorts ohne großen Aufwand möglich. Auch in Hannover hat sich in den letzten Monaten hier noch einiges getan.

Zusätzliche Maßnahmen für den Schutz von älteren und besonders jungen Verkehrsteilnehmern kann man dabei vergleichsweise einfach mit realisieren.

Ich finde, eine gute Idee ist es auch, die Lkw-Maut dahin gehend zu prüfen, ob Fahrzeuge mit Abbiegeassistenten nicht bevorzugt behandelt werden können.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, parallel zu unserer Beratung der vorliegenden Anträge ist der Bundesverkehrsminister trotz anderer Verkündungen von Herrn Schulz-Hendel bei dem Thema Abbiegeassistenten nicht untätig geblieben.

(Glocke der Präsidentin)

In der letzten Woche hat das Bundesverkehrsministerium auf Twitter den folgenden Text veröffentlicht, in dem der Bundesminister zitiert wird: „Die EU sieht einen verpflichtenden Einbau von Abbiegeassistenten erst ab 2024 vor - zu spät!“ Darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig.

Herr Fredermann, bitte letzter Satz!

Ja, letzter Satz, Frau Präsidentin. - Wir drängen seit 2017 auf eine Problemlösung. Wir haben die

Aktion „Abbiegeassistent“ ins Leben gerufen und starten jetzt ein Förderprogramm mit 500 Millionen Euro. Ich - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

So, das war der letzte Satz. Es tut mir leid.

(Beifall bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion Herr Henze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum ursprünglichen Antrag der Grünen ist zu sagen, dass er tatsächlich ein wichtiges Thema aufgegriffen hat.

Leider enthält er aber auch Forderungen, die wir nicht unterstützen können. Eine generelle innerstädtische Beifahrerpflicht, wie von Ihnen gefordert, halten wir schlichtweg für nicht umsetzbar. Sollen denn zukünftig an allen Zugangsstraßen Personen bereitstehen, die zusteigen, um die Lkw innerstädtisch zu begleiten? Sollen die Speditionen einfach die Zahl ihrer Mitarbeiter verdoppeln? Gibt es nicht auch gefährliche Kreuzungen außerhalb von Ballungszentren und Städten? Eine solche Maßnahme würde außerdem die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der deutschen Spediteure weiter verschlechtern.

Der jetzt durch CDU und SPD eingebrachte Antrag ist deutlich realistischer sowohl in Bezug auf die technischen Möglichkeiten von Umbauten an Bestandsfahrzeugen als auch hinsichtlich der Umsetzung verkehrstechnischer Maßnahmen. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass über eine Mautsenkung für mit Abbiegeassistenten ausgestattete Lkw beim BMVI nicht nur laut nachgedacht wird, sondern dass es endlich zu einer Umsetzung kommt, damit unsere Straßen für Fußgänger und Radfahrer sicherer werden. Wir haben ja eine Große Koalition in Berlin. Vielleicht können Sie dort einmal ein bisschen Druck machen.

Erfreulicherweise haben inzwischen einige große Einzelhandelsunternehmen damit begonnen, ihre Fahrzeugflotten auch ohne diese Anreize mit - teilweise selbst entwickelten - Abbiegeassistenten auszurüsten. Ein solcher freiwilliger Beitrag zur Verkehrssicherheit ist ausdrücklich zu begrüßen.

Noch einmal zurück zum Antrag von CDU und SPD, dem wir zustimmen werden. An einer Stelle sind Sie auch auf sich neu entwickelnde Gefahren in unserer digitalen Gesellschaft eingegangen. Ich war überrascht. Sie griffen auf, dass auch Handynutzer auf die Gefahren durch rechtsabbiegende Fahrzeuge hinzuweisen und zu sensibilisieren sind. Diesen Ansatz kann ich nur unterstützen, nachdem ich vor Kurzem Zeuge wurde, wie eine Handynutzerin ungebremst gegen eine Ampel lief.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Bode, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP war eher Beobachter eines spektakulären politischen Schauspiels, das wir bei diesem Antrag erlebt haben. Es sollte uns wirklich zu denken geben, dass im April dieses Jahres ein schrecklicher Unfall hier in Hannover passiert ist und wir jetzt, ein halbes Jahr später, hier im Landtag die Initiative verabschieden und auf den Weg bringen können, die daraus resultiert. Daher sollten wir uns gerade auch in Zeiten einer Großen Koalition, die eigentlich den Anspruch haben müsste, Dinge schnell anzupacken, vielleicht einmal über unsere eigenen Strukturen Gedanken machen, damit wir hier tatsächlich besser werden. Denn dafür hat, glaube ich, niemand, der das damals miterlebt hat, Verständnis.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist tatsächlich passiert? - Im April gab es den schrecklichen Unfall in Hannover, der wahrscheinlich durch einen Abbiegeassistenten hätte verhindert werden können, und noch an dem Tag, als dies in der Presse war, ist der Kollege Schulz-Hendel in sein Büro gegangen und hat mit dem Computer einen Antrag geschrieben, damit wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen und eine Initiative ergreifen. Dafür, Herr Schulz-Hendel, sollten wir Ihnen erst einmal dankbar sein und nicht solche komischen Diskussionen über Ihre Initiative führen. Wir jedenfalls sind Ihnen für Ihr Engagement dankbar.