Protocol of the Session on June 21, 2018

- Ich würde Sie bitten, etwas zuzuhören. Es geht um unsere Polizei!

(Beifall bei der AfD)

Die angegriffene Person ist dann nicht mehr in der Lage, gewollte Bewegungen durchzuführen. Die Stärke der Muskelkontraktion erreicht dabei ca. 40 % der maximalen Leistung der Muskeln. Dies hat keinen Einfluss - ich wiederhole: keinen Einfluss! - auf die Herzmuskeln. Ebenso werden keine kardiologisch gefährlichen Werte erreicht, und auch die Atmung wird nicht beeinflusst. Der Gegner ist lediglich für einige Sekunden kampfunfähig und eben auch fluchtunfähig und kann so ohne Gefahr für die Beamten festgenommen werden.

Zu erwähnen wäre hier auch noch die Tatsache, dass der Taser selbst beim Tragen einer kugelsicheren Weste seine Wirkung entfaltet. Das heißt: Auch in die Weste geschossen, würde er den Gegner kampfunfähig machen - was eine Schusswaffe eben nicht erreichen würde.

Studien aus den USA zeigen zudem, dass bei 1 000 Taser-Einsätzen lediglich drei Personen medizinisch versorgt werden mussten. Der tausendfache Einsatz einer Schusswaffe hätte definitiv schwere Verletzungen und eine hohe Zahl von Toten zur Folge.

Ein Bericht auf „Polizist=Mensch“ vom 6. April 2018 zeigt, dass in der Schweiz der Schusswaffengebrauch nach Einführung des Tasers auf einen Tiefststand gesunken ist - ein gutes Signal! Ein paar Fakten dazu: In den Jahren 2015 und 2016 wurde in der Schweiz die Schusswaffe von Polizisten 15-mal eingesetzt, im Jahr 2017, nachdem der Taser eingeführt wurde, nur noch 7-mal. Also eine glatte Halbierung! Der Taser wurde in der Schweiz im gleichen Zeitraum jeweils 29-mal eingesetzt, 2017 sogar 40-mal. Die Besonderheit dabei ist: Bei 40 Taser-Einsätzen musste nur 13mal tatsächlich getasert werden; denn der Gegenüber hat bereits bei der Androhung des TaserEinsatzes aufgegeben und sich festnehmen lassen.

Mit dem Taser kann man aber auch ganz konkret Leben retten. So haben Beamte in Brandenburg das Gerät eingesetzt, als sich ein Selbstmörder auf die Schienen werfen wollte. Sie haben ihn außer Gefecht gesetzt. Sein Leben konnte gerettet werden.

In Berlin und in Brandenburg, aber auch in Bremen laufen bereits Testprojekte mit Tasern, die den Einsatz bei der Polizei testen. In Bremen und in Berlin wurden die psychische Präventivwirkung des Tasers und dessen hohe Akzeptanz in der Bevölkerung gelobt. Die Kollegen in RheinlandPfalz, die das Gerät in Trier testen, sprechen ebenfalls von einer sehr hohen Wirksamkeit in fast allen Einsatzsituationen, insbesondere bei alkoholisierten Personen, die auf Pfefferspray nur eingeschränkt reagieren.

Auch die Gewerkschaft der Polizei in NordrheinWestfalen sieht die Einführung des Tasers positiv, da sich beim Einsatz von Pfefferspray Polizisten immer wieder selbst verletzen.

Wir fordern daher die Niedersächsische Landesregierung nach Würdigung all dieser positiven Be

richte aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland auf, einer ausführlichen Erprobung des Tasers zuzustimmen und dieses Gerät dann, wenn das Ergebnis der Erprobungsphase positiv ausfällt, auch für Niedersachsen einzuführen. Denn Taser können Leben retten, insbesondere das unserer Polizisten, aber auch das der Kriminellen. Der Taser ist damit ein ausgesprochen zeitgemäßes Gerät.

Meine Damen und Herren, wie Sie ganz unumwunden zugeben, werden Sie jeden Antrag der AfD ablehnen; so wahrscheinlich auch diesen. Aber nachweislich haben Sie schon mehrfach gezeigt, dass Sie unsere Themen gerne kopieren. So haben wir doch begründete Hoffnung, dass dieser Taser auch in Niedersachsen durch einen Ihrer Anträge in die Erprobungsphase gehen wird. Bitte, tun Sie das für unsere Polizisten!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Ahrends. Ich muss sagen, dass ich Ihre Auffassung, dass es hier durchgehend unruhig war, in diesem Fall teile. - Meine Damen und Herren, das geht so nicht!

(Jens Nacke [CDU]: Wieso? Er hat sich doch für die Aufmerksamkeit be- dankt!)

Ich gehe davon aus, dass wir den Rest der Sitzung mit etwas mehr Ruhe hinbekommen.

(Zurufe von der AfD)

- Nein, nein, Herr Kollege. Schauen Sie ins Protokoll, dann werden Sie zufrieden sein!

Nächste Wortmeldung: Kollege Fredermann, CDUFraktion!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie gut ist unsere Polizei ausgerüstet? Sind weitere Einsatzmittel erforderlich? - Das sind Fragen, die sich das Innenministerium, die Polizeigewerkschaft und die Polizei regelmäßig stellen.

In den aktuellen Debatten um die Sicherheitslage in Deutschland und mit Blick auf die steigende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten wird kein Einsatzmittel so kontrovers diskutiert wie der Taser bzw. das Distanzelekt

roimpulsgerät, kurz: DEIG. Daher sicher auch dieser Antrag.

Meine Damen und Herren, im Januar 2017 habe ich an einer Fachveranstaltung der Gewerkschaft der Polizei in Hannover teilgenommen, die sich genau mit diesem Einsatzmittel beschäftigte. Die Vorträge der Fachleute über das Gerät, seine Einsatzmöglichkeiten sowie die rechtlichen Hintergründe und Risiken haben mir gezeigt, dass es viele Punkte zu berücksichtigen gilt, bevor eine Entscheidung über den Einsatz innerhalb der gesamten Polizei in Niedersachsen getroffen werden kann.

Mich als Nichtpolizisten haben der sogenannte Taser und seine Einsatzmöglichkeiten durchaus überzeugt. Ich sehe aber auch die rechtliche Problematik und die möglichen Diskussionen, die es nach einem Einsatz oder einem Nichteinsatz geben wird. Kurz ein paar Stichworte dazu.

Ein DEIG scheint bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unschädlich und für den Menschen ungefährlich zu sein. Es handelt sich bei diesem Einsatzmittel um eine klassische Distanzwaffe, keine Kontaktwaffe. Dies wird in der öffentlichen Darstellung leider oftmals verwechselt bzw. verkannt.

Es gibt Probleme bei der Einstufung des Tasers unterhalb der Schwelle zur Schusswaffe. Bei ihrem Einsatz kam es in der Folge auch zu Argumentationsproblemen bei der Rechtfertigung der Wahl des mildesten Einsatzmittels in Verbindung mit der Einstufung Waffe/Schusswaffe.

Es könnten also Folgeprobleme auftreten, die sich im Zusammenhang mit einer Entscheidung zwischen Schusswaffe und Taser ergeben. Sinnvoll erscheint mir die Einstufung als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt.

Ein Taser wirkt bei allen Menschen. Körperliche Gewalt, Pfefferspray, aber auch Schusswaffeneinsatz hingegen zeigen bei manchen Menschen aufgrund psychischer, alkohol- oder drogenbedingter Beeinträchtigungen keinerlei Wirkung. Der Taser ist in solchen Fällen ein verlässliches Instrument.

Aus meiner Sicht sollte für den Fall einer Beschaffung diese ausschließlich für Funkwagen erfolgen, nicht aber als Ausrüstung am Mann oder an der Frau.

Aufgrund der Kompetenz und der guten Ausbildung unserer Polizisten ist zu erwarten, dass die Gerichte hohe Anforderungen in Bezug auf die

sekundenschnelle Abwägung in kritischen Situationen stellen werden.

In der Veranstaltung wurde aber auch sehr deutlich, dass es nicht einfach ist, eine einseitige Positionierung für Pro oder Contra zu finden.

Ich sehe natürlich auch die Kosten, die bei einer landesweiten Ausstattung aller Polizeieinsatzkräfte anfallen würden. Diese wurden im Jahr 2014 im Rahmen einer FDP-Anfrage vom Innenministerium mit 19 Millionen Euro beziffert. Bei der Ausstattung pro Einsatzfahrzeug reduziert sich die Summe auf ca. 3,3 Millionen Euro.

Dazu müssen wir aber auch noch die Ausbildungskosten rechnen, die für das Schießtraining, aber auch für die Schulung hinsichtlich der sachgerechten und rechtlich zulässigen Einsatzmöglichkeiten anfallen werden. Darüber hinaus muss meines Erachtens auch geprüft werden, wie diese neue Fortbildungsmaßnahme in das Polizeitrainingskonzept Niedersachsens eingepasst werden soll.

Herr Kollege, wir beschäftigen uns schon damit. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2014 wurde gesagt, dass sich die Landesregierung bei der Neufassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes mit dieser Thematik beschäftigen wollte. Dadurch, dass es nicht zur Beratung kam, ist sie nicht weiterverfolgt worden. Daher schlage ich vor, dass wir auf die Vor- und Nachteile des Tasers im Rahmen der anschließenden Beratungen zum Polizeigesetz noch einmal eingehen und diese mit Hilfe von Fachleuten, vor allem der Polizeigewerkschaft, beleuchten und somit die Beratung über dieses Einsatzmittel bis dahin zurückstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Fredermann. - Zu seiner ersten Rede hat nun das Wort der Kollege Gerd Hujahn von der SPD-Fraktion. Bitte schön!

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD stellt den Antrag, der Landtag solle beschließen - ich zitiere -, die Einführung der Elektroschockwaf

fe, den sogenannten Taser, für die niedersächsische Polizei in einer Erprobungsphase zu testen.

Grundsätzlich begrüße ich ganz ausdrücklich, dass die Ausrüstung unserer Polizei bei neuen technischen Entwicklungen angepasst und bei Lageänderungen kritisch hinterfragt wird.

Lieber Kollege von der AfD, Sie sprachen von „kopieren“. Sie haben diesen Antrag in ähnlichem Wortlaut in viele Länderparlamente eingebracht und entsprechende Antworten erhalten. Hier in Niedersachsen - das muss ich Ihnen sagen - haben Sie ihn relativ oberflächlich eingebracht; denn so, wie er formuliert ist, könnte man dazu kommen, dass er schon erledigt wäre und wir uns gar nicht mehr damit beschäftigen müssten.

(Belit Onay [GRÜNE]: Stimmt!)

Eine einfache Internetrecherche mit einer beliebigen Suchmaschine - ich will keine Werbung machen - unter Verwendung der Begriffe „niedersächsische Polizei“ und „Taser“ hätte zu der Erkenntnis geführt, dass die niedersächsische Polizei die Elektrodistanzwaffe Taser bereits im Jahr 2001 eingeführt und nach zwölfjähriger Erprobungsphase als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt in den Dienst überführt hat, und zwar ausschließlich für den Gebrauch in Einsätzen der Spezialeinsatzkommandos, SEK.

Man hätte auch auf die von Herrn Oetjen gestellte Kleine Anfrage kommen können, wenn man in unserer ausgezeichneten Landtagsbibliothek nachgefragt hätte. Da hätte man sicherlich das eine oder andere, was in diesem Antrag geschrieben wurde, nachlesen können.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der FDP)

Glauben Sie es mir: Ich stehe bestimmt nicht unter dem Verdacht, für unsere Polizei nicht die beste und zweckmäßigste Ausrüstung zu wünschen. Ich bin seit 39 Jahren Polizeibeamter und befinde mich derzeit im Mandatsurlaub. - Ich weiß gar nicht, wie der Begriff „Urlaub“ da reinkommt.

(Heiterkeit - Zuruf: Du siehst gut erholt aus!)