Protocol of the Session on May 17, 2018

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin.

Ich bin guter Hoffnung, dass wir diesen Antrag ablehnen. Denn Ihre inhaltliche Begründung ist mit unseren pädagogischen Grundsätzen nicht in Übereinstimmung zu bringen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Frau Julia Willie Hamburg hat sich jetzt gemeldet.

Ich möchte es nur kurz erklären: Wir hatten in der letzten Legislaturperiode gesagt, als Zitat Gekennzeichnetes würde nicht schöner werden. Aber dies war noch nicht etwas für einen Ordnungsruf. Ich habe nur vorsorglich darauf hingewiesen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Weritz, Sie haben mich nicht enttäuscht. Ich kann mich Ihnen an dieser Stelle vollumfänglich anschließen. Vielen Dank dafür.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Deswegen muss ich jetzt gar nicht mehr so viel sagen.

Ich möchte Ihnen, Herr Rykena, nur einmal vorhalten, wie inkonsistent schon Ihr Antrag ist. Er umfasst ja nur vier Sätze und eine sehr spärliche Begründung.

Sie haben hier sogar selber vorgelesen - weshalb mich das, was Sie hier machen, noch mehr erstaunt -, dass „Arbeiten von Schülerinnen und Schülern, die zieldifferent unterrichtet werden, … bei der Ermittlung des Prozentwerts unberücksichtigt“ bleiben.

Wissen Sie, was das heißt? - Alle Kinder mit Förderbedarfen im Bereich Sprache, im Bereich Lernen, alle Kinder im Bereich der Inklusion fallen gar nicht in diesen Prozentsatz hinein. Und Sie behaupten jetzt, das führe dazu, dass haufenweise Arbeiten neu bewertet werden müssten und arme andere Kinder nicht berücksichtigt würden! Ich kann mir nicht anders helfen: Entweder ist das eine bewusste Verdrehung der Tatsachen, oder es ist mangelndes Leseverständnis. So oder so spricht das nicht gerade dafür, dass man diesen Antrag ernst nehmen kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Man kann über die Quote grundsätzlich diskutieren. Dagegen sind wir überhaupt nicht. Aber mit solch einer Begründung, wie Sie sie hier anführen, und solch einem antiquierten Verständnis? - Herr Weritz hat ja bereits ausgeführt, dass man die Klausuren, die vor zehn Jahren geschrieben wurden, heute nicht mehr anwenden kann. Natürlich kann man die nicht mehr anwenden! Die curricularen Vorgaben haben sich geändert. Meine Tochter lernt heute in der dritten Klasse ganz andere Dinge, als ich in der dritten Klasse lernte. Es ist doch überhaupt kein Wunder, dass heute nicht die gleichen Klausuren geschrieben werden.

(Klaus Wichmann [AfD]: Aber gemeint ist doch das Niveau!)

Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag noch, dass Integrierte Gesamtschulen grundsätzlich schuld daran seien, dass ein Leistungsverfall stattfinde. Ich sage Ihnen: In Integrierten Gesamtschulen greift diese Quote gar nicht so stark, weil dort bereits heterogener Unterricht gelebt wird. Dort sind die Lehrkräfte absolut darauf eingestellt, den heterogenen Ansprüchen gerecht zu werden, von denen Sie hier sprechen. Deshalb kann man damit

gar nicht begründen, dass diese Quote geändert werden müsse.

Wir als Grüne sehen es wie die CDU. Wir unterstützen an dieser Stelle die 30-Prozent-Quote. Wir finden sie auch sehr zielführend. Stellen Sie sich einmal vor, dass ein Drittel der Klasse den Unterrichtsstoff nicht verstanden hat! Die hängen Sie alle ab, wenn Sie sagen, dass man danach einfach weitermachen soll. Die Zeiten von Frontalunterricht - der Lehrer knallt seine Tasche auf den Tisch und schreibt etwas an die Tafel, und die Schüler kommen mit oder nicht - sind zum Glück vorbei, Herr Rykena, und dahin wollen wir auch nicht zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Unser aller Ziel ist es, Kinder nicht abzuhängen, sondern mitzunehmen, ihnen Bildungswege möglichst lange offenzuhalten. Wie man das macht, darüber sind wir unterschiedlicher Auffassung. Aber das Ziel teilen in diesem Haus so gut wie alle.

Ihr Ziel scheint zu sein, auszusortieren, zu stigmatisieren und Kinder als „gute Kinder“ oder als „Störer“ zu brandmarken. Diesen Weg werden wir nicht mitgehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Rykena hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hamburg, Sie versuchen bewusst, mich falsch zu verstehen. Die Inklusionsschüler tragen natürlich nicht dazu bei, dass der Schnitt schlechter wird.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das steht aber in der Begründung!)

Aber die Inklusionsschüler erschweren es, die Gesamtheit der Kinder ordentlich zu fördern.

(Zuruf von der SPD: Meine Güte! Das kann doch nicht wahr sein!)

Sie erschweren es, den Unterricht so durchzuführen, wie er früher durchgeführt wurde.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Zum Glück!)

Dasselbe gilt für das, was Herr Weritz gesagt hat.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich habe am Anfang gesagt: Das Niveau verfällt. - Ja, Sie legen alles daran, dass die Kinder gefördert werden und dass hervorragend mit ihnen gearbeitet wird. Und das Ende vom Lied? - Viele Kinder machen Abitur, sind aber nicht studierfähig. Alle Welt beklagt es, aber Sie sagen, das ist ein ganz tolles Modell.

Wir sind der Meinung, ein Teil des Problems ist, dass das Niveau der Klassenarbeiten gesenkt wird, damit nicht so viele Kinder durchfallen. Das kann man ja merken: Die Durchfallzahlen sind nicht hoch. Das Niveau wird ganz einfach gesenkt. Das kann nicht der Ansatz sein.

(Beifall bei der AfD)

Frau Hamburg möchte antworten.

Frau Präsidentin! Herr Rykena, auch Sie waren in der Anhörung zum Thema Inklusion, in der uns ein Professor aus Hannover erzählte, was seine evaluierenden Studien zu der Frage sagen, wie Kinder auf eine gemeinsame Beschulung reagieren. Er hat uns sehr deutlich gesagt, dass sowohl leistungsstarke Kinder als auch Kinder mit Förderbedarf sehr wohl von einer gemeinsamen Beschulung profitieren, durch sie besser werden und ihre Kompetenzen viel besser ausbauen können. Vor diesem Hintergrund sind Ihre Argumentation und Behauptung meiner Meinung nach durch nichts hinterlegt. Deswegen kann ich diesen Ansatz überhaupt nicht teilen.

Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass Sie das nächste Mal vielleicht nicht ganz so tief in die bildungspolitische Kiste greifen, sondern Themen ansprechen, die uns richtig auf den Nägeln brennen. Das würde auch schon helfen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Herr Rykena hat noch 1:32 Minuten Redezeit und möchte diese jetzt gerne beanspruchen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hamburg, auch Sie waren doch auf der didacta, wo Herr Ahrbeck war. Er hat genau dieses Argument nicht gelten lassen. Er hat gesagt, es profitieren eben nicht alle Schüler davon.

(Zuruf)

- Nein, das ist eben nicht so. Das wiederholen Sie hier immer wieder, aber das stimmt gar nicht. Nach der aktuellen Studienlage kann man nicht mehr sagen, dass die Leistungsstärkeren davon profitieren. Die machen vielleicht ein bisschen soziales Lernen, aber fachlich profitieren sie effektiv nicht davon.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: „Ein bisschen soziales Lernen“? - Wiard Siebels [SPD]: Was heißt denn „ein bisschen soziales Lernen“? - Weitere Zuruf von der SPD: Können Sie das mal definieren?)

Jetzt wird Herr Björn Försterling von der FDPFraktion das Wort ergreifen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon relativ plump, zu sagen, dass die Inklusionskinder möglicherweise daran schuld sind, dass andere Kinder nicht das Niveau halten können, das man sich vielleicht wünschen würde. Wenn wir über Inklusion reden, dann dürfen wir nicht Inklusionskinder stigmatisieren, sondern müssen dafür sorgen, dass wir als Politik entsprechende Ressourcen für die Inklusion zur Verfügung stellen. Das wäre ein richtiger, lösungsorientierter Weg. Da ist von der AfD überhaupt nichts zu hören.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Stattdessen wühlt man tief in der bildungspolitischen Mottenkiste. Ja, ich meine, es ist gut, wenn Sie hier Forderungen aufgreifen, die ich schon vor zehn Jahren in die bildungspolitische Diskussion in Niedersachsen eingebracht habe.

(Heiterkeit bei der SPD)

Vielleicht arbeiten Sie sich auch langsam an die Realität und an die jetzigen Umstände heran.

Es ist kein Geheimnis, dass die FDP von diesem 30-Prozent-Erlass seit Jahren nicht gerade begeistert ist. Wir glauben tatsächlich, dass die Lehrkräfte in Niedersachsen in der Lage sind, anhand des von ihnen durchgeführten Unterrichts und anhand der Kerncurricula schriftliche Arbeiten für die Lernerfolgskontrolle auszuarbeiten und sie von den Schülerinnen und Schülern schreiben zu lassen. Wir glauben, dass die Mitbestimmung der Eltern und der Schüler in den Schulen mittlerweile so stark ist, dass etwaige Probleme mit Klassenarbeiten unabhängig von der Prozentzahl zu Kontrollen durch die Schulleitung führen, weil diese entsprechend angesprochen wird.

Das heißt, wir glauben, dass sich nichts durch eine Quote von 30, 40 oder 50 Prozent regulieren lässt. Wir glauben einfach, die Lehrer in Niedersachsen machen einen guten Job. Sollte das einmal nicht der Fall sein, haben wir immer noch Schulleitungen, denen wir vertrauen und denen wir die pädagogische Verantwortung für die jeweilige Schule anvertraut haben.