Protocol of the Session on May 16, 2018

Unsere heutige Sozialministerin blies damals in dasselbe Horn und sagte, dass durch das Betreuungsgeld „Kindern Entwicklungschancen vorenthalten“ würden. Dass Sie, werter Kollege Meyer, und auch Sie, werte Kollegen der CDU, dieses familienfeindliche Weltbild der Sozialdemokraten so unwidersprochen mittragen, steht an dieser Stelle für sich. Es ist ein Armutszeugnis für eine einstmals bürgerlich-konservative Kraft. Aber die Wahrheit ist, dass Ihre einstigen Positionen ohnehin inzwischen bei uns in der AfD zu finden sind.

(Beifall bei der AfD)

Ja, sehr geehrte Kollegen, die Sozialisten aller Länder wären unter Umständen sehr stolz auf Sie.

Wir bleiben dabei. Das Landeserziehungsgeld ermöglicht es Eltern, selbst entscheiden zu können, welche Art der Betreuung für ihr Kind am besten geeignet ist. Ein Landeserziehungsgeld

steht insofern nicht in Konkurrenz zu den Krippen, sondern ermöglicht den Familien echte Wahlfreiheit, ohne eine Betreuungsform zu benachteiligen. Es stärkt Familien finanziell und moralisch.

Daher ist es schade oder - nein - vielmehr eine Schande, dass dieser wichtige Meilenstein in der Familienförderung in Niedersachsen aus - wie wir hier gerade erlebt haben - rein ideologischen Gründen keine Chance bekommt. Es ist wirklich eine Schande!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bothe. Da ich vorhin schon recht geduldig war, erteile ich Ihnen jetzt für den Begriff „Schande“ einen Ordnungsruf.1

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat das Wort nun die Kollegin Rebuschat. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Bothe, den Antrag der AfD-Fraktion, ein Landeserziehungsgeld in Höhe von 500 Euro monatlich einzuführen, werden wir als CDU-Fraktion heute ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Der Grund dafür ist nicht, dass der Antrag aus Ihrer Fraktion kommt, lieber Herr Bothe. Die Gründe sind sehr sachlicher Natur. Sie wissen, es gibt in der Unionsfamilie auch Sympathien für ein Betreuungsgeld, das die Familien- und Erziehungsarbeit nach dem Bezug des Elterngeldes wertschätzen und unterstützen soll. Für uns in der Union haben Familien und die Kindererziehung, vor allem aber die Selbstbestimmtheit und die Unabhängigkeit der Eltern einen besonders hohen Stellenwert.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir setzen als Union mit unserem Koalitionspartner SPD erst einmal dort die Prioritäten, wo die Wünsche und Bedürfnisse niedersächsischer Fa

1 Vizepräsident Frank Oesterhelweg nahm den Ordnungsruf mit Schreiben vom 15. August 2018 zurück.

milien am größten sind. In der Politik müssen nämlich Prioritäten gesetzt werden; denn, wie unser Finanzminister immer so schön sagt - ihn zitiere ich gerne -: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. - Sprich: Mit dem uns im Haushalt zur Verfügung stehenden Geld müssen Maßnahmen gemacht werden, die möglichst viele Familien weiterbringen. Für uns hat genau aus diesen beiden Gründen der beitragsfreie und der grundsätzlich freiwillige Besuch von Kindergärten Priorität.

Außerdem wollen wir den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz überall in Niedersachsen umsetzen. Diese Priorität haben wir in Niedersachsen für diese Legislaturperiode mit unserem Koalitionspartner ganz bewusst gesetzt. Um Familien in Niedersachsen zu fördern, greifen wir in dieser Legislaturperiode richtig tief in die Tasche. Circa 1,5 Milliarden Euro werden zugunsten niedersächsischer Familien, zugunsten unserer Kinder und zugunsten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt; denn genau dort müssen wir doch ansetzen, wenn wir junge Familien und Alleinerziehende unterstützen wollen: gute Betreuung und gute frühkindliche Bildung, damit Eltern mit einem guten Gewissen zur Arbeit gehen können, und im Übrigen nicht nur die Mütter, sondern auch die Väter.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Dank unserer Prioritätensetzung haben Familien ab August deutlich mehr Geld im Portemonnaie. Wie wir Familien in Niedersachsen und bundesweit noch besser fördern, ihnen das Leben erleichtern und Anreize für eine starke Geburtenrate setzen, das ist und das bleibt auch ohne jede Frage eine ständige Aufgabe, über die wir uns fortwährend immer wieder Gedanken machen müssen. Wenn die Kassenlage es hergäbe, könnte man natürlich, wie in Bayern just angekündigt, darangehen und noch einmal eben ein Landeserziehungsgeld zahlen. Aber, ich sage Ihnen, auch Geld kann nicht alles regeln. Arbeiten müssen wir vielleicht auch an den Vorstellungen in manchen Köpfen, in denen junge Arbeitskräfte mit Familie oder junge Frauen im gebärfähigen Alter manchmal auch noch als Risiko angesehen werden. Und: Befördert wird, wer am längsten am Schreibtisch sitzt und nicht, wer die besten Arbeitsergebnisse abliefert. - Das würde Familien wirklich helfen.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Euro zahlen, würde morgen auf einem riesigen Schuldenberg sitzen, wenn wir diesem Vorschlag so folgen würden. - Das ist das absolute Gegenteil von kluger Prioritätensetzung und auch das absolute Gegenteil von Generationengerechtigkeit. Genau deshalb lehnen wir Ihren Vorschlag ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion spricht nun die Kollegin Bruns. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen ganz anderen Einstieg wählen. Ich möchte gerne aus Ihrer Rede zitieren, Herr Bothe. „Welchen größeren Dienst kann eine Mutter leisten?“, haben Sie gesagt. Ich finde das unsäglich, weil das nichts anders bedeutet, als dass umgekehrt alle Mütter, die arbeiten, einen minderwertigen Dienst leisten. Sie vergessen den Vater. Das ist unmöglich.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielleicht wäre der Vorschlag ganz schön für Ihren nächsten Antrag. Vielleicht verleihen Sie demnächst einen „Mutter-Heldenorden“. Dann sind wir wieder genau da, wo wir hingehören.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Ich finde es ganz spannend, zu sehen, dass ich jetzt zu dem Thema rede und dass vorher die Kollegin Schütz zu dem Thema geredet hat, weil wir eigentlich Vertreterinnen von zwei unterschiedlichen Ansätzen sind. Susanne Schütz hatte vorher gesagt, sie sei zu Hause geblieben und habe sich ganz bewusst dafür entschieden. Ich bin ganz bewusst relativ schnell wieder arbeiten gegangen. Ich finde, weder ich bin eine Rabenmutter noch ist Susi eine Hausfrau, die sozusagen ihr Gehirn verloren hat. Beide müssen gesellschaftlich anerkannt sein, und keiner von uns erfüllt das Vorurteil, das uns manchmal anhängt.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Gestatten Sie mir zum Thema Wahlfreiheit ein kleines Beispiel, weil Ihnen das fremd zu sein scheint. Mein Sohn ist 2013 eingeschult worden. Die Schule war keine Ganztagsschule. Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt keine Möglichkeit, ihn unterzubringen, d. h. ich habe Bewerbungen geschrieben, habe bei Horten und Kitas und allen möglichen Leuten angerufen und wusste bis einen Monat vorher noch nicht einmal, ob ich wieder Vollzeit arbeiten kann, sonst hätte ich ihn um 12 Uhr abholen können. Können Sie sich da hineinversetzen, wie das ist? Ich kenne ganz viele Eltern, bei denen das der Fall ist - Mütter und Väter.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Zum Antrag ist schon etwas gesagt worden. Ich möchte jetzt aber gerne auf die einzelnen Punkte eingehen.

Erstens ist es systemfremd - das hat die Kollegin Schütz letztes Mal auch gesagt - und zutiefst unsolidarisch, für nicht genutzte Leistungen nicht zu zahlen. Ist es dann so, dass Menschen, die keine Kinder haben, sagen können, dass sie nicht mehr für Schulen zahlen, und sich das jeder aussuchen kann? Wir leben in einer Solidargemeinschaft. Das ist gut und richtig so. Dazu gehört auch das.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Zweitens. ALG-II-Empfänger ausschließen. Sie wollen die Erziehungsleistungen aller belohnen und würdigen. Aber das scheint nicht für alle Menschen zu gelten. Sind die Erziehungsleistungen der Menschen, die im ALG II sind, weniger wert? Das ist übrigens genauso ungerecht wie die Anrechnung des Kindergeldes für ALG-II-Empfänger.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wenn man Erziehungsleistungen belohnen will, dann bitte für alle gleich.

Drittens. Interessant ist auch Ihre Argumentation zur Benachteiligung im ländlichen Raum. Meine Stiefschwester wohnt im ländlichen Raum, ist getrenntlebend mit zwei kleinen Kindern und hat nicht die Möglichkeit, die Kinder in einen Hort oder in eine Ganztagsschule zu geben. Das heißt, es gibt ein fein gesponnenes System von Betreuung, die privat organisiert ist.

Sie suggerieren, dass die Frauen und Männer im ländlichen Raum kein Interesse haben, sondern alle zu Hause bleiben. Natürlich wäre es wichtig,

auch dort ein ausgebautes System zu haben, damit auch solche Menschen eine Chance haben.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Dann wird es - viertens - noch abenteuerlicher. Denn Sie argumentieren, man könne bei 500 Euro das Geld auch in eine Tagesmutter investieren. Da habe ich mich gefragt, ob Sie überhaupt einmal nachgesehen haben, was eine Tagesmutter kostet und was das an Arbeit kostet.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich zitiere: Legt man einen mittleren Satz von 5 Euro pro Stunde und 25 Wochenstunden - das wird auf Teilzeit hinauslaufen - an, dann kommt man auf ca. 700 Euro. - Die Quelle kann ich Ihnen gerne nennen: Tagesmutter.

Sie führen aus, dass jemand zwölf Monate in Deutschland leben muss, um anspruchsberechtigt zu sein. Was ist denn mit den Deutschen, die im Ausland wohnen?

Fünftens. Es ist wünschenswert, dass Frauen und Männer so schnell wieder arbeiten gehen. Wir haben nämlich ein Problem mit Altersarmut. Deswegen ist es wichtig, dass wir wieder arbeiten gehen. Ich kenne auch nur ganz wenige, die das nicht wollen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)