Protocol of the Session on December 16, 2014

Ich finde, die Union hat sich zusehends von einer seriösen Politik verabschiedet. Sie setzt ausschließlich auf Skandalisierung und Diskreditierung. Ich sage Ihnen das am Beispiel des Maßregelvollzugs. Jährlich gibt es ungefähr 25 000 Vollzugslockerungen. Dem stehen durchschnittlich 16 bis 20 aktive Entweichungen gegenüber. In diesem Jahr waren es bisher 15. Die SPD hat das in Ihrer Regierungszeit nachweislich kein einziges Mal skandalisiert, weil es den dortigen Patientinnen und Patienten und den Einrichtungen nachhaltig schadet.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

Was Sie hier machen, ist genau das Gegenteil. Da findet ein spektakulärer Ausbruch in Moringen statt. Zwei Tage später ist der ärztliche Direktor aus Moringen im Sozialausschuss und könnte befragt werden. Das tut die CDU jedoch nicht. Aber der nicht teilnehmende Kollege Hilbers schreibt einen Antrag auf sofortige Unterrichtung über das, was in Moringen passiert ist.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Unmöglich!)

Das wiederum geschieht im Sozialausschuss. Sofort am nächsten Tag wird komplett unterrichtet. Alle Fragen werden vollständig beantwortet, und es wird ein Konzept vorgestellt. Der Ausschuss dankt der Landesregierung einmütig. Herr Hilbers nimmt zwar an dieser Sitzung nicht teil,

(Johanne Modder [SPD]: Er fehlt auch jetzt!)

aber er erklärt draußen vor den Kameras:

„Erschreckend! Die Sozialministerin hat immer noch kein Konzept.“

Einen Tag später legt der zwischenzeitlich selbsternannte sozialpolitische CDU-Lautsprecher Hilbers nach, indem er titelt:

„Immer wieder gefährliche Straftäter auf der Flucht“.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Genau!)

Wer nimmt nicht teil, als wir vom Ausschuss wenige Tage später Moringen besuchen? - Herr Hilbers! Es geht ihm überhaupt nicht um eine sachliche Unterrichtung. Ihm geht es nur um die Frage: Wie viel Dreck muss ich eigentlich schmeißen, damit irgendetwas parteipolitisch hängen bleibt?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wer das so macht, der schürt nicht nur Politikverdrossenheit, sondern der scheidet als seriöser Gesprächspartner wirklich aus.

(Petra Tiemann [SPD]: Genauso ist es!)

Ich will Sie freundlicherweise daran erinnern, dass es Ihre Landesregierung war, die die Landeskrankenhäuser erst ausgeplündert und dann verkauft hat,

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

die die Überbelegungen hingenommen und nicht ausreichend Kapazitäten geschaffen hat, die durch Nichterfüllung der Personalverordnung nicht für ausreichend Personal gesorgt hat, die kein Maßregelvollzugsgesetz und kein Psychiatriekonzept vorgelegt hat. Meine Damen und Herren, Sie sind doch sonst so schnell mit Untersuchungsausschüssen. Für diesen Tatbestand könnten Sie einmal einen einrichten. Ich würde mich wirklich darüber freuen, was so alles an Erblast zum Vorschein kommt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir hatten bisher immer eine gute Arbeitsatmosphäre im Sozialausschuss. Nun hat die Union offenkundig das Bedürfnis, mit einem offiziellen sozialpolitischen Sprecher und mit einem selbsternannten zu arbeiten, der diese Atmosphäre von außen vollständig kaputt macht. Ihre Ratschläge, Herr Hilbers, können Sie angesichts solcher Hinterlassenschaften wirklich für sich behalten. Aber ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken: Es hat schon Gründe, warum die alte Mehrheit aus CDU und FDP abgewählt worden ist und es bis heute offensichtlich nicht verkraften kann. Denken Sie einmal darüber nach.

Wir machen anständige, substanzielle Sozialpolitik. Es ist Zeit gewesen, dass Sozialpolitik in diesem Land endlich wieder gestaltet wird. Das werden wir trotz jedem Gemäkle von Ihrer Seite aus so fortführen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Der Kollege Hilbers hat um das Wort für eine Kurzintervention gebeten. Bitte!

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Das ist aber ein bisschen spät!)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Hilbers hat sich ganz korrekt zur Kurzintervention gemeldet. Es gibt überhaupt keinen Anlass zu einer weiteren Kommentierung.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will zwei Punkte ansprechen, zunächst die Krankenhausfinanzierung. Die Krankenhausfinanzierung ist eine große Herausforderung für uns. Wir können feststellen, dass Sie an den Ansätzen für die Krankenhausfinanzierung allenfalls ganz marginal etwas geändert haben, indem Sie eine Position für die Umstrukturierung im ländlichen Raum eingefügt haben, obgleich Sie wissen, dass Sie damit überhaupt nicht weiterkommen.

(Johanne Modder [SPD] lacht)

Sie haben die Verpflichtungsermächtigung überhaupt nicht geändert. Die gleichen Werte, die wir angesetzt hatten, haben Sie jährlich fortgeschrieben.

(Zuruf von der SPD: Sie haben über- haupt nichts gemacht!)

- Sie haben überhaupt nichts gemacht. Das ist der Punkt. Sie haben gar nichts geändert.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Sie leben seit Jahren von Ankündigungen. Diesen Ankündigungen lassen Sie überhaupt keine Taten folgen. Das ist Ihr Problem. Sie haben nämlich Ihre Strukturgespräche nicht mit Geld unterlegt; denn Herr Schneider hat es Ihnen nicht gegeben. Wenn Sie ordentlich verhandelt hätten, dann hätten Sie jetzt die NORD/LB-Dividende verwenden können, um in die Krankenhäuser zu investieren. Aber das haben Sie nicht getan.

Auch in der Pflege leben Sie seit Jahren von Ankündigungen. Konkret haben Sie hier gar nichts verändert. Die Sozialministerin war nicht bei einer Pflegesatzverhandlung dabei oder hat etwas verändert, sondern dazu ist es gekommen, weil es der Bundesgesetzgeber im Pflegegesetz ermöglicht hat, dass Tarife wieder anerkannt werden müssen. Dann haben Verbände gekündigt, und es ist verhandelt worden. Dazu haben Sie keinen Beitrag geleistet.

Zur Pflegekammer will ich Ihnen auch noch etwas sagen. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass Sie damit das Problem der Pflege wirklich lösen. Damit werden Sie nämlich keinen einzigen dafür

begeistern, in den Pflegeberuf einzusteigen. Die Pflegekammer kostet 4,8 Millionen Euro. Dort sollen 50 Leute arbeiten. Sie müssen den Pflegkräften erst einmal erzählen, dass sie das künftig zu bezahlen haben. Dann werden sie Ihnen bei dieser Pflegekammer nicht mehr folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Schwarz antwortet.

Herr Kollege Hilbers, zur Pflegekammer habe ich alles gesagt. Die Initiatoren werden Ihnen für Ihre Aussage außerordentlich dankbar sein. Wir werden sie auch weiterleiten. Das ist, glaube ich, in Ihrem Interesse.

Zum Thema Krankenhäuser will ich Ihnen sagen: Machen Sie sich einmal die Mühe, und lesen Sie die Drucksache 17/1618! Das ist der Entschließungsantrag „Wohnortnahe und flächendeckende Krankenhausversorgung auch in Zukunft sicherstellen - Krankenhausplanung neu ausrichten“. Dazu hat es eine Anhörung gegeben. Daran haben Sie zwar nicht teilgenommen, aber Kolleginnen und Kollegen von Ihnen.

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

In dem Antrag steht haargenau, wie die Krankenhausplanung in der Zukunft ausgerichtet wird. - Entschuldigung! Sie waren da. Sie waren derjenige mit den merkwürdigen Fragen. Ich erinnere mich.

(Heiterkeit bei der SPD)

Dort steht ganz genau drin, wie das zukünftig ausgerichtet wird. Was machen wir denn? - Im Gegensatz zu Ihnen nehmen wir nur die zigmal eingeforderten Kriterien des Landesrechnungshofs, um zukünftig Fehlinvestitionen zu vermeiden. Wir sehen uns die demografische Entwicklung an, wir sehen uns die Krankenhausdichte an, wir sehen uns Indikationsbedarfe an, und wir versuchen, durch den massiven Ausbau von Gesundheitsregionen eine sektorenübergreifende Versorgung zu erreichen. Das wird uns auch von allen bestätigt.

Und wir wissen auch, dass nicht alle Krankenhäuser in den jetzigen Strukturen weiterbestehen können. Deshalb geht es um die Frage der Umstrukturierung.

Was sind Ihre Antworten darauf? - Erstens hohle Sprüche, zweitens eine Enquete und drittens: Wenn es an einer Stelle mal konkret wird, dann schlagen Sie sich in die Büsche und wollen mit Strukturpolitik nichts zu tun haben. So geht es eben nicht, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Dr. Pantazis das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Rot-Grün hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung „Erneuerung und Zusammenhalt“ darauf verständigt, einen Paradigmenwechsel hin zu einer chancengerechten Teilhabe für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Niedersachsen zu erreichen.

Genau dieser Anspruch findet sich, als Querschnittsaufgabe auf die verschiedenen Ressorts verteilt, mit einem Volumen von über 80 Millionen Euro im Haushaltsplan 2015 wieder. Im Einzelplan des Sozialministeriums umfasst dieser beispielsweise Maßnahmen wie die Verstetigung der Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe in Höhe von 1,44 Millionen Euro, die Förderung des IQ-Netzwerkes Niedersachsen zur Chancengleichheit in Bildung und Arbeit von Zugewanderten in Höhe von 590 000 Euro sowie die für mich auch sehr wichtige institutionelle Förderung von landesweit tätigen Migrantenorganisationen wie dem Niedersächsischen Integrationsrat, der Arbeitsgemeinschaft MigrantInnen und Flüchtlinge in Niedersachsen oder dem Niedersächsischen Flüchtlingsrat in Höhe von insgesamt 290 000 Euro.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir an dieser Stelle, stellvertretend für die Landesregierung Ihnen, Frau Ministerin Rundt, und Ihrem Haus für die Aufwertung und Verstetigung dieser Maßnahmen auf diesem Politikfeld meinen Dank auszusprechen.