Protocol of the Session on March 26, 2014

(Beifall)

Ich rufe nun auf den

Tagesordnungspunkt 15: Abschließende Beratung: Duale Ausbildung stärken - Meisterbrief nicht weiter entwerten! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1107 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/1291 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1331

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat der Kollege Karl-Heinz Bley, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das System der dualen Ausbildung und der Meisterbrief sind in Deutschland ein wesentlicher Grund für die hohen Ausbildungsstandards in der beruflichen Bildung. Davon hat auch Niedersachsen profitiert. Weil sich die Ausbildung auf einem hohen Niveau bewegt, können wir auch eine hohe Qualität insbesondere für Kunden und Verbraucher feststellen.

Die vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeit, die wir in Deutschland haben, ist auch nach Ansicht der EU und der OECD auf die duale Ausbildung und die Meisterpflicht zurückzuführen. In Deutschland sind etwa 6 % bis 8 % der Jugendlichen ohne Arbeit. Auch wenn es wünschenswert wäre, dass dieser Wert noch niedriger ist: In ande

ren Ländern beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 20 %, 30 %, 50 % oder noch mehr Prozent.

Allein im Handwerk arbeiten in Niedersachsen 500 000 Menschen in 80 000 Betrieben. Dort sind 50 000 Ausbildungsverhältnisse vorhanden. Diese hohe Ausbildungsleistung würde ohne duales System und ohne Meisterpflicht als Zugangsberechtigung stark zurückgehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir erinnern uns - dieses Szenario haben wir noch schemenhaft, aber auch schmerzhaft vor Augen -: 2004/2005 wurde bei der Novellierung der Handwerksordnung in einigen Berufen die Meisterpflicht abgeschafft. Das war unter Rot-Grün! Seitdem haben sich die Ausbildungszahlen, z. B. im Fliesenleger- und im Raumausstatterhandwerk, drastisch nach unten entwickelt. Es sind viele Einmannbetriebe ohne Meisterbrief und zum Teil auch ohne Gesellenbrief entstanden. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht zulassen. Der Meisterbrief darf nicht als Wettbewerbsschranke angesehen werden.

Die Europäische Kommission hat dem Europäischen Rat im Frühjahr 2013 empfohlen, in Deutschland einen Reformprozess in Gang zu setzen. Der Wettbewerb im Dienstleistungssektor sollte belebt werden. Die EU-Kommission hat hier etwas losgetreten, was die deutsche Wirtschaft auf den Plan gerufen hat, um dagegenzuhalten: Qualität und Ausbildungsleistung müssen erhalten bleiben.

(Zustimmung bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als CDU-Fraktion danken der Berliner Koalition, dass sie sich im Koalitionsvertrag für den Erhalt des Meisterbriefes ausgesprochen hat. Die CDU-Landtagsfraktion hat einen Antrag in den Landtag eingebracht, mit dem sie die Landesregierung auffordert, sich gegenüber der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat für den Erhalt des Meisterbriefes einzusetzen. Die Bundesregierung soll bei ihren Bemühungen von Niedersachsen aus unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, was jetzt kommt, müssen Sie sich allerdings auf der Zunge zergehen lassen! Bei Veranstaltungen lassen Ministerpräsident Weil und Minister Lies nichts auf den Meisterbrief kommen und bekunden, dass sie sich dafür einsetzen werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Im Ausschuss aber lehnen die Regierungsfraktionen von Rot-Grün unseren Antrag ab.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe darum gebeten, Änderungsvorschläge zu unterbreiten, und angeboten, sie zu besprechen und vielleicht gemeinsam zu unterstützen. Daraufhin sagte uns Rot-Grün, wir hätten die EUKommission falsch verstanden. Unser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, man müsse erst noch weitere Informationen einholen, z. B. bei der Uni Göttingen. Das Ganze wäre im Sommer noch früh genug.

(Ronald Schminke [SPD]: Göttingen ist eine gute Adresse!)

Wir haben allerdings auf Abstimmung bestanden. Ich habe das Gefühl, der Stellenwert der beruflichen Bildung und der dualen Ausbildung scheint bei der rot-grünen Landesregierung noch verbesserungsbedürftig zu sein.

Die Unterrichtsversorgung bei den Berufsbildenden Schulen ist aktuell auf 88 % gesunken. Die Landesregierung hat bereits vor einem Jahr ein Bündnis für duale Ausbildung angekündigt. Inzwischen haben wir März 2014, und noch immer gibt es kein Bündnis.

Die dringenden Reformbedarfe in der beruflichen Bildung, die dort auch wegen des demografischen Wandels bestehen, werden nicht angegangen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wie dringend das Problem ist, machen folgende Zahlen deutlich: 2013 hatten wir in Niedersachsen 56 000 neue Auszubildende und 36 000 neue Studierende. 2014 gibt es hier aber nur 69 000 Schulanfänger. Dieses Zahlenverhältnis macht deutlich, dass die Zahl der potenziellen Ausbildungsplatzbewerber in den nächsten Jahren deutlich abnehmen wird. Die Probleme bei der Nachwuchssituation werden immer größer. Es ist Zeit zu handeln.

Meine Damen und Herren, zurück zum Antrag. Ich stelle seit einigen Tagen fest, dass Rot-Grün sich jetzt doch mit dem Thema beschäftigt und ein Sinneswandel eingetreten zu sein scheint. Rot-Grün hat gerade noch rechtzeitig einen Änderungsantrag vorgelegt. Also, es geht doch! Warum nicht gleich so?

Die ausbildende Wirtschaft hofft auf ein Signal aus dem Niedersächsischen Landtag. Es ist gut, heute, noch vor der Europawahl, ein Signal aus Niedersachsen in Richtung EU zu senden.

(Zustimmung bei der CDU)

Der CDU-Antrag führt zum Erfolg. Aber der Änderungsantrag von Rot-Grün hat im Kern die gleiche Stoßrichtung. Der rot-grüne Änderungsantrag hat nun ein anderes Kleid: kein neues, ein anderes.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ist es nun neu oder anders?)

Gestatten Sie mir noch einige Worte zu Ihrem Änderungsantrag. Es ist ein Änderungsantrag auf Grundlage des CDU-Antrages. Im Entschließungstext schreiben Sie: „Der Landtag steht zum Meisterhandwerk“. - Toll! Die Bedeutung des Meisterbriefes wird gelobt; der Sinneswandel ist also vorhanden.

Sie stehen zur Anerkennung der Berufsqualifikation. Sie sagen aber auch ausdrücklich: „Unberührt bleibt jedoch der Schutz vor Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Berufen und zu deren Ausübung“. Das kann ich nur unterstreichen, das ist auch unsere Zielrichtung.

Sie schreiben dann u. a. - es ist toll, dass Sie auch das fordern -: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auch zukünftig gegenüber der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat für den Erhalt der Meisterpflicht als Qualifikationssiegel des Handwerks einzusetzen“. Das stand in unserem Antrag. Toll, dass Sie das auch so schreiben!

(Beifall bei der CDU)

In der Begründung schreiben Sie: „Offenbar verkennt die Europäische Kommission die Bedeutung des Meisterbriefes für eine nachhaltige Unternehmensgründung und erfolgreiche Unternehmensführung“. Ich finde es gut, dass es im Ministerium offenbar jemanden gibt, der euch auf den richtigen Weg geholfen hat, um so einen Antrag - auf der Grundlage dessen, was wir eingebracht haben - zu schreiben.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte euch jetzt nur noch, dem Änderungsantrag zuzustimmen. Wir werden das tun, weil die Wirtschaft dies braucht. Das Handwerk wartet auf dieses Signal. - Hoffentlich stimmen Sie von RotGrün Ihrem Änderungsantrag nun, da wir ihm zustimmen, auch selbst noch zu.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Ich weiß, das wird dem einen oder anderen wieder nicht gefallen, aber es ist im Parlament nicht üblich, dass wir uns bei den Reden duzen. Ich bitte, das in Zukunft anders zu machen. Ich bin nicht der Erste, der das sagt.

Meine Damen und Herren, es geht dann weiter mit einer Wortmeldung für die SPD-Fraktion. Das Wort hat die Kollegin Frau Dr. Andretta.

(Ronald Schminke [SPD]: Ich möchte nicht, dass du mich duzt! - Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Bley, eines Sinneswandels hat es überhaupt nicht bedurft. Die SPD-Fraktion stand immer zum Meisterbrief und steht zum Meisterbrief.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, der Meister ist gut für das Handwerk, gut für die niedersächsische Wirtschaft, gut für die duale Ausbildung und gut für den Verbraucher. Wenn es um fachliche Kompetenz bei handwerklichen Leistungen geht, dann ist der Meisterbrief ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Wir sind uns natürlich alle einig, Herr Kollege Bley, dass der Meister für die duale Ausbildung unersetzlich ist. Denn die Ausbildung im Handwerk ist eine Leistung nicht nur für das Handwerk selbst, sondern generationenübergreifend auch für alle anderen Sektoren der Wirtschaft, allen voran der Industrie.

Wir haben in Niedersachsen 83 000 Handwerksbetriebe. Diese 83 000 Handwerksbetriebe haben im letzten Jahr knapp 50 000 junge Menschen in Ausbildung gehabt und tragen damit im Verhältnis zu ihrer Größe den Löwenanteil der Berufsausbildung in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen auch, Herr Kollege Bley, mit einer Ausbildungsquote von 7,7 % sind die Handwerksbetriebe Spitzenreiter, und es sind vor allem die meisterpflichtigen Betriebe, welche eine hohe Ausbildungsleistung erbringen. Im zulassungspflichtigen Handwerksbereich bilden etwa 30 % der Betriebe aus, im zulassungsfreien Bereich sind es weniger als 5 %.

Und noch etwas möchte ich erwähnen: Sowohl die Handwerksbetriebe als auch die Handwerkskammern engagieren sich im besonderen Maße auch

für benachteiligte Jugendliche. Junge Menschen, die auf dem ersten Weg keine Chance hatten, eine Berufsausbildung zu beginnen, erhalten hier eine zweite Chance. Dafür gebührt den Handwerksbetrieben unser aller Dank.