Protocol of the Session on August 17, 2017

Wir haben die starke Verknüpfung mit der Wissenschaft. In kaum einem anderen Feld zeigt sich so deutlich, wie sich Technologie, Industrie 4.0, Digitalisierung und Wissenschaft verbinden. Dort haben wir für das Thema Digitalisierung die Impulsgeber schlechthin. Das Produktionstechnikfeld Industrie 4.0 ist dafür ein Beispiel. Das Produktionstechnische Zentrum Hannover, das wir auf den Weg gebracht haben, ist eines der bedeutendsten Forschungszentren für Produktionstechnik in Deutschland. Wer die Gelegenheit hat, sich das einmal anzusehen, wird begeistert sein, an welchen Zukunftslösungen - die aber schneller in die Praxis umgesetzt werden, als wir heute vermuten - dort gearbeitet wird.

Ein weiteres Themenfeld ist das Thema Energie. Die Energiewende, die jetzt stattfindet, ist die Energiewende 1.0; die Energiewende 2.0 ist die Digitalisierung der Energiewende. Diese wird ganz elementar sein. Wir werden die zukünftigen Lösungen und Nutzungen möglich machen - gerade in Oldenburg, wo sozusagen das Herz der Digitalisierung der Energiewende schlägt. Dort sind wir gemeinsam mit OFFIS wirklich auf einem guten Weg.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

- Da haben jetzt die Oldenburger applaudiert.

Genauso im Bereich der Medizin und Lebenswissenschaften: Ich denke an die Beteiligung der Hochschulkliniken in Hannover und Göttingen, an Krebs-, Herz- und Kreislauferkrankungen, wo mit digitalen Daten und Informationen wirkungsvoller gearbeitet werden kann.

Ebenso - deswegen dieser ganzheitliche Ansatz - die Frage der Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft: Wir sehen das anhand des Soziologischen Forschungsinstituts in Göttingen, dem SOFI, mit dem wir optimal aufgestellt sind, um diese Themen voranzubringen.

Zum Thema E-Health und dem ländlichen Raum: Digitalisierung ist eine Chance. Angst vor der Digitalisierung zu haben, wäre der völlig falsche Weg. Die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, ist richtig. Das Thema Gesundheit, E-Health, aber auch viele verwandte Bereiche sind ein riesiges Anwendungsfeld, um in einem Flächenland ein Mehr an Qualität für die Menschen zu ermöglichen. Deswegen bin ich sicher, dass auch dieser Bereich ganz entscheidend sein wird.

Ich will noch auf einen anderen Anwendungsfall kommen. Das ist der öffentliche Personennahverkehr. Wir sind immer noch auf dem Stand: Wir stehen an der Bushaltestelle mit einem vergilbten Busfahrplan und schauen drauf, wann der Bus hätte kommen müssen. Das entspricht nicht den Vorstellungen, die wir alle haben sollten. Deswegen brauchen wir Echtzeit-Informationssysteme: Ich will wissen, wann der Bus kommt.

Wir werden feststellen: Der Bus wird am Ende auch nicht an der Haltestelle halten. Unsere Kinder werden uns fragen, warum es früher Haltestellen gab. Die Logik erschließt sich einem nur, wenn man so aufgewachsen ist. Der Bus muss natürlich dort halten, wo ich bin. Wir werden intelligente Systeme - wie das EcoBus-System in Göttingen -

haben müssen, wo Routen immer neu generiert werden, je nach Bedarf, je nach Zustieg, Umstieg oder Ausstieg. Das sind alles digitale Lösungen.

Deshalb bin ich davon überzeugt: Digitalisierung wird helfen, die ländlichen Räume in unserem Land besser zu entwickeln. Digitalisierung wird dazu beitragen, dass es keine Landflucht gibt und dass wir ein Flächenland wie Niedersachsen in Gänze entwickeln können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich glaube, dass wir an diesen Beispielen sehr gut zeigen können, auf wie vielen Feldern wir unterwegs sind. Aber wichtig ist dabei - ich komme auf meine Eingangsbemerkungen zurück -, dass sich diese Punkte, die wir definieren, unter einer Leitlinie wiederfinden: Wohin wollen wir in Niedersachsen? Welche Aufgaben und Herausforderungen bestehen bei der Digitalisierung? Welche Chancen bietet sie?

Ich habe versucht, das anhand einiger Beispiele, die wir in den Ressorts voranbringen, deutlich zu machen. Ich bin mir sicher: Wir haben gemeinsam noch ganz viel zu tun. Wir sind auch beim Ausbau der Digitalisierung noch lange nicht da, wohin wir wollen. Aber Niedersachsen ist gut gerüstet. Wenn man Werbung für ein Investitionsland machen will, gerade wenn Unternehmen einen Standort suchen, dann sollte man es für Niedersachsen machen. Niedersachsen ist gut aufgestellt, und wir werden Niedersachsen weiter gut aufstellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt hat für die SPDFraktion der Kollege Maximilian Schmidt das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Beginn ein besonderes Dankeschön an Herrn Grascha von der FDP aussprechen. Von Karl-Heinz Rummenigge gibt es ja den schönen Ausspruch: „Das war nicht ganz unrisikovoll.“ Ich weiß nicht, ob das Ihr Ziel war; aber dafür, dass Sie uns mit Ihrer Großen Anfrage die Möglichkeit geben, hier im Hohen Hause noch einmal ganz prominent die Ergebnisse und Erfolge unserer Politik bei der Gestaltung der Digitalisie

rung vorzustellen, kann man Ihnen nur dankbar sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eines will ich auch gleich vorweg sagen: Von der CDU - ich sehe hier vorne Frau Twesten und Herrn Toepffer; ich weiß nicht, wer den linken und wer den rechten Flügel vertritt; das können Sie sich aussuchen -

(Otto Deppmeyer [CDU]: Wir sind im- mer die Mitte!)

gibt es ja die Forderung, man bräuchte jetzt einen speziellen Digitalstaatssekretär. Wissen Sie was? - Wir haben einen ganz wunderbaren Wirtschaftsminister, bei dem - das haben Sie gerade gehört - dieses Thema ganz wunderbar aufgehoben ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es gilt ja der Grundsatz: Lesen bildet, Denken hilft. Sie haben auf 72 Seiten, eng beschrieben, schwarz auf weiß ausgeführt bekommen, was wir im Bereich der Politik für die Gestaltung des Zeitalters der Digitalisierung getan haben.

Unser Ziel ist - zusammengefasst -: Wir haben in den letzten viereinhalb Jahren viel investiert, damit unser Land fit für die Zukunft wird. Wir haben das gemacht, weil wir nicht wollen, dass alle Menschen vom digitalen Zeitalter überrollt werden. Wir wollen vielmehr, dass alle davon profitieren. Darum geht es im Kern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb will ich in drei kurzen Streiflichtern beleuchten, worum es geht.

Das wichtigste Thema - das steht an erster Stelle - ist die Infrastruktur; das ist doch völlig klar. Damit alle am Fortschritt des digitalen Zeitalters teilhaben können, brauchen wir eine entsprechende Infrastruktur. Dafür war und ist der Breitbandausbau die elementare Voraussetzung. Ein schnelles Netz überall im Land ist und bleibt unser Ziel. Hier sind wir richtig gut vorangekommen, Herr Grascha.

(Christian Grascha [FDP]: Das sieht der Landkreistag aber anders!)

Dazu zwei wichtige Zahlen: Bei der Regierungsübernahme im Jahr 2013 verfügten in Niedersachsen 57,1 % der Haushalte über Anschlüsse mit

einer Bandbreite von mindestens 50 Mbit/s. Das war viel zu wenig; das ist klar. Ende 2016 waren es 76,4 %. Mittlerweile dürften deutlich über 80 % der Haushalte in Niedersachsen über Anschlüsse mit einer Bandbreite von mindestens 50 Mbit/s verfügen.

Sie erzählen jetzt, es sei nichts erreicht worden. Fragen Sie einmal die Menschen, die schon jetzt ein schnelleres Internet durch unsere Förderpolitik haben! Das war richtig und gut, meine Damen und Herren.

(Christian Grascha [FDP]: Sie sollten mal zuhören!)

Da ich dieses Gejammere, dass Niedersachsen bei allem träge und Schlusslicht sei, nicht mehr hören kann, will ich Ihnen noch eine andere Zahl nennen, die übrigens nicht wir uns ausgedacht haben, sondern die der TÜV Rheinland in einer bundesweiten Erhebung herausgefunden hat.

(Christian Grascha [FDP]: Nur verwal- tet, und dann noch schlecht!)

Bundesweit verfügen 75,5 % der Haushalte über Anschlüsse mit einer Bandbreite von mindestens 50 Mbit/s. Damit kann man feststellen: Wir haben in Niedersachsen nicht nur aufgeholt, wir haben überholt. Das steht uns auch ziemlich gut zu Gesicht, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass wir das schaffen konnten, ist das Ergebnis einer konzentrierten Breitbandausbaustrategie, die wir 2014 gestartet und übrigens hier im Landtag einstimmig beschlossen haben. Für das Großprojekt Breitbandausbau in Niedersachsen stellen Land und Bund rund 400 Millionen Euro bereit. Hinzu kommen 500 Millionen Euro an Darlehen aus dem Breitbandkredit der NBank. Hinzu kommen zahlreiche direkte Fördermaßnahmen, nicht zuletzt für freies WLAN und Freifunk, die wir hier im Landtag auf den Weg gebracht haben.

Nach den jetzt vorliegenden Zahlen werden wir unser Ziel erreichen: mindestens 50 Mbit/s in ganz Niedersachsen bis 2020! In der bisherigen Diskussion zum Breitbandausbau haben sich ja alle mit Zahlen überboten. Herr Dobrindt, der Noch-Verkehrsminister, wird seine eigene Messlatte „Flächendeckender Ausbau bis 2018“ wohl reißen. Wir als rot-grüne Koalition sind da niedersächsischnüchtern unterwegs gewesen.

(Christian Grascha [FDP]: „Unambiti- oniert“ könnte man auch sagen!)

Wir machen einfach ganz genau das, was wir vorher gesagt haben. Wir erreichen unsere Ziele lieber, als ständig neue auszugeben. Ich finde das ziemlich vertrauenserweckend, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie müssen die nächsten Schritte aussehen? Was müssen wir tun, damit wir in Niedersachsen im Digitalzeitalter die bestmögliche Infrastruktur haben? - Ich bin fest davon überzeugt, dass wir weiter investieren müssen, und zwar in zwei Bereiche: in den Glasfaserausbau und in den Ausbau des mobilen Netzes mit 5G-Standard - beides flächendeckend. Wir wollen erreichen, dass sämtliche weiße Flecken von der Landkarte verschwinden. Das soll die nächste Etappe sein, die wir bis 2025 erreichen wollen.

Ich will Ihnen auch sagen, wo wir dafür investieren müssen. Bei den Zahlen zur 50-Mbit/s-Versorgung lesen wir nämlich - das ist auch sehr gut -: Braunschweig 97 %, Delmenhorst 99 %, Osnabrück 99 %, Wilhelmshaven 96 %, Wolfenbüttel auch 96 %. Wir lesen aber auch: Gifhorn 42 %, LüchowDannenberg 35 %, Holzminden 46 %.

Was heißt das? - In den Städten funktioniert der Ausbau, weil er rein marktgetrieben läuft. Im ländlichen Raum müssen wir aber seitens des Staates fördern. Nur so wird sich die Wirtschaftlichkeitsschwelle erreichen lassen. Genau das sollte übrigens eine lehrreiche Erkenntnis für die FDP sein: Der Markt regelt nicht alles.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die reine Marktwirtschaft führt eben nicht dazu, dass wir im ländlichen Raum öffentlichen Personennahverkehr, Krankenhäuser oder eben schnelles Internet haben - alles übrigens elementare Bestandteile der öffentlichen Daseinsvorsorge.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Beim Breitbandausbau haben wir doch ein Marktversagen erlebt. Dort, wo die Unternehmen viel verdienen können, haben sie investiert - im ländlichen Raum aber zumeist nicht. Sie haben sich diese Taktik sogar noch in geltendes Recht gießen lassen, indem - übrigens durch tätige Mithilfe der FDP - die Beihilfe des Staates für den Breitband

ausbau beschränkt worden ist. Das ist falsch, und das werden wir ändern.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)