Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich knüpfe an Ihre Ausführungen zur Elementarschadenversicherung an. Geht die Landesregierung davon aus, dass sich alle Menschen in Niedersachsen einer solchen Versicherung bedienen können, oder ist ihr gegebenenfalls bekannt, für wie viele Personen in Niedersachsen eine Möglichkeit nicht oder nur zu unvertretbar hohen Kosten besteht?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Becker, wir haben uns bei einigen Versicherern erkundigt und die Aussage erhalten: Wir versichern alle in Niedersachsen. - Das schließt aber nicht aus, dass einzelne Versicherer möglicherweise überhöhte Preise nehmen oder einzelne Versicherer möglicherweise versuchen, sogenannte schlechte Risiken loszuwerden und kündigen, wenn es zu einem Schadensfall gekommen ist.
Deshalb ist es immer wichtig, dass sich die Menschen erkundigen, ob wirklich eine besondere Betroffenheit vorliegt. Es gibt eine grundsätzliche Einteilung in vier Gefahrenklassen. Davon hängt der Preis ab, zu dem diese Versicherung abgeschlossen werden kann. Die Altstadt von Goslar z. B. galt bisher nicht als besondere Gefahrenklasse. Da kann man sich in der Regel mit einer Summe zwischen 50 Euro und 100 Euro pro Jahr versichern, so die Aussage eines Versicherers. Ich möchte auf diesen Preis nicht festgelegt werden, sondern will Ihnen hier nur eine Größenordnung geben, die diskutiert wird.
Herr Minister Wenzel, Hochwasser sollte auf den dafür vorgesehenen Retentionsflächen zurückgehalten werden und nicht auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, wo Schäden entstehen. Wie verträgt sich das damit, dass in Ihrem Entwurf zum Wassergesetz steht, dass die Gewässerräumung ökologischer durchgeführt werden soll und sogar Abbrüche der Ränder nicht mehr zurückgebaut zu werden brauchen?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Angermann, wir kommen aus einer Tradition der 60er-/70er-Jahre, in der es eine Zeit lang üblich war, Gräben oder Entwässerungsstrukturen schnurgerade zu bauen und am Ende das Ufer noch zu befestigen.
Wir haben heute eine andere Philosophie. Im Elbbereich geht man sehr stark dazu über, wieder Auen zu schaffen, um Rückhaltemöglichkeiten zu erhöhen und Abfließgeschwindigkeiten zu vermindern. Deswegen muss man bei der Unterhaltung der Gewässer sehr genau hingucken, um die richtige Balance zwischen dem notwendigen Abfluss, der notwendigen Entwässerung, aber auch den naturräumlichen Gegebenheiten sicherzustellen. Das kann auch bedeuten, dass im Hochwasserfall eine den Abfluss vermindernde Wirkung dazu führt, dass der Unterlieger möglicherweise nicht in kürzester Zeit alles Wasser bekommt.
Früher gab es eine Kanalisation mit einem Mischsystem. Regenwasser und Abwasser flossen also in demselben Kanal in die Kläranlage. Das hat dazu geführt, dass die Kläranlage ziemlich schnell übergelaufen ist und nicht nur Regenwasser in den Bach oder in den Fluss gelangte, sondern auch Schmutzwasser. Solche Mischwasserkanäle gibt es heute immer noch. Auch Hannover hat noch solche Mischwasserkanäle.
Dann kam die zweite Stufe: der Übergang zum Trennsystem. Regenwasser und Abwasser wurden also getrennt.
In der dritten Stufe, die es bisher nur in einigen wenigen Baugebieten gibt, geht man dazu über, für Abwässer Kanäle zu nutzen, aber für Regenwasser Muldensysteme nutzt, die dazu führen, dass das Regenwasser gar nicht erst in die Kanalisation eingeleitet wird.
Es sind jahrzehntelange Prozesse, solche Infrastrukturen Stück für Stück neu oder weiterzuentwickeln. Daher muss man sich zuerst die Schwachpunkte ansehen und da zuerst reagieren. Dafür ist so ein Hochwasser wie dieses am Ende auch ein Indikator. Man kann ganz genau sehen: Wo muss man etwas tun? Wo gibt es Handlungsbedarf? Wie entwickeln sich möglicherweise die Überschwemmungsflächen? Wo hat man in der Vergangenheit gedacht, da kommt vielleicht nichts hin, während jetzt die Wirklichkeit das Gegenteil bewiesen hat?
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Wenzel, daran schließt sich meine Frage sehr gut an. Sie haben vorhin in Ihren Ausführungen zum Hochwasserschutz das Projekt Aller erwähnt. Meine Frage lautet: Welches Projekt meinen Sie und mit welchem Hintergrund?
Ich möchte das etwas näher definieren. Die Aller und auch die Leine sind ein bekanntes FFH-Gebiet. Gerade dort ist der Hochwasserschutz sehr stark eingeschränkt, weil die Landwirte dort nicht mehr mähen dürfen. Das schließt sich an die Frage von Herrn Kollegen Angermann an.
Also: Welches Projekt meinen Sie, und was ist der Hintergrund dieses Projektes, um erfolgreichen Hochwasserschutz zu gewährleisten?
es handelt sich um ein Kooperationsprojekt, eine Hochwasserpatenschaft im Einzugsgebiet der mittleren und unteren Aller. Dort haben sich 15 Kommunen zusammengetan und lassen sich durch die U.A.N. beraten, um gemeinsam zu prüfen, wie sie den Hochwasserschutz verbessern können.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellte Frau Kollegin König von der FDPFraktion. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob sie mittlerweile eine Übersicht hat, auf welchen Betrag die Schäden sich insgesamt belaufen, und ob sie in etwa einschätzen kann, wie groß der Anteil ist, der von Versicherungen gedeckt ist. Ich möchte einen groben Überblick bekommen, ob die 50 Millionen Euro, die wir hier eingestellt haben, überhaupt hinreichen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau König, der Finanzminister hat schon gestern darauf hingewiesen, dass die endgültigen Zahlen noch nicht vorliegen. Herr Schneider hat auf das Hochwasser im Jahre 2013 hingewiesen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Abrechnung der Schäden sich teilweise über Jahre hinzieht. Ich glaube, es gibt immer noch Fälle, die noch in der Abwicklung sind. Von daher kann man jetzt auch noch nicht sagen, wie hoch am Ende der Anteil ist, der durch Versicherungen abgedeckt ist.
Vielen Dank, Herr Minister. - Seine zweite Zusatzfrage stellt nun Herr Kollege Dr. Hocker, FDPFraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrter Herr Minister Wenzel, vor dem Hintergrund, dass Sie sowohl bei der gestrigen Diskussion als auch heute die verschiedenen Säulen des Hochwasserschutzes dargestellt haben, wir gestern einen Nachtragshaushalt beschlossen haben und wir alle wissen, dass Klimaschutzagenturen in den vergangenen Jahren mit fast 10 Millionen Euro zu Buche geschlagen haben, frage ich Sie, ob Sie mir sagen können, wie viele Kilometer Küstenschutz und Hochwasserschutz in Niedersachsen man mit diesem Betrag - 10 Millionen Euro - hätte finanzieren können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Hocker, Sie gehen da von einer falschen Voraussetzung aus. Wenn man glaubt, man kann alle Probleme abwenden, indem man sich nur auf Hochwasserschutz konzentriert,
(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das habe ich gar nicht gesagt! Ich wollte nur wis- sen, wie viele Kilometer Deich man davon hätte bauen können!)
dann sorgt man dafür, dass unsere Nachfahren einmal sagen werden: Was haben die denn da eigentlich gemacht? Sie hatten die Informationen, sie hatten die Daten, sie hatten die Prognosen, und sie haben nicht gehandelt. - Das wird das Urteil unserer Nachfolger sein, wenn wir nicht an beide Baustellen herangehen.
Was eine Hochwasserschutzmaßnahme kostet, hängt sehr stark davon ab, was im Einzelnen geplant ist. Das sind in der Regel sehr individuelle Lösungen.
Ich kann mir nur wünschen, dass auch Sie an dieser Stelle weiter konstruktiv mitarbeiten. Ich möchte nicht eine Situation erleben, wie wir sie in den USA haben, wo man sich der Diskussion über wissenschaftliche Fakten verweigert,
Moment, bitte, Herr Wenzel! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Dr. Hocker, Herr Kollege Limburg, wenn Sie sich gegenseitig fragen und Antworten geben wollen, dann gehen Sie bitte hinaus. Hier redet Herr Wenzel.
Als Industrieland sind wir auf Wissenschaft angewiesen. Ganz viele unserer Entscheidungen bauen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen auf, die mit einer hohen Signifikanz vorliegen. Die Klimawissenschaftler sind hier an vorderster Stelle mit dabei. Auf dieser Grundlage planen wir wasserwirtschaftliche Maßnahmen. Ich kann Ihnen sagen: Wer das verweigert, der wird sich an unseren Nachfahren vergehen.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Gero Hocker [FDP]: Ich habe nur gefragt, wie viele Kilometer Deich man davon hätte bauen können, Herr Minister!)