Im weiteren Verlauf der Flüsse stiegen die Pegel schnell an und erreichten trotz größtmöglichen Rückhalts der Harztalsperren vielerorts Rekordwasserstände: Nette, Oker mit den Pegeln Schladen und Ohrum, Innerste mit dem Pegel Heinde.
Genauere Aussagen zur Einordung des Ereignisses sind erst nach Auswertung der Pegel und der Statistiken möglich. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz arbeitet mit Hochdruck an der Auswertung des Ereignisses.
Durch die Hochwasserwellen in Leine, Oker und Aller sind auch in den Städten Hannover, Braunschweig und Celle bis zum 4. August zwar auch sehr hohe Wasserstände eingetreten. Anfängliche Befürchtungen, dass kritische Marken überschritten werden, haben sich jedoch nicht bestätigt.
Die Harztalsperren konnten dank eines extrem niedrigen Füllstandes insgesamt 41,5 Millionen m³ zurückhalten, davon allein im Innerste-GraneOker-System ca. 30 Millionen m³. Wären größere Anteile dieses Oberharzabflusses nicht zurückgehalten worden, wäre die Situation im Harzvorland erheblich kritischer verlaufen.
Insgesamt hat das Julihochwasser gezeigt, dass die Kommunen im Harzvorland für Ereignisse in diesem Umfang nur zum Teil vorbereitet sind.
Anders als z. B. bei der Elbeflut 2013, bei der vorhandene Hochwasserschutzeinrichtungen nahezu durchgehend eine Überflutung von Siedlungsgebieten verhindert haben, waren bei dem jetzigen Ereignis erhebliche Siedlungsflächen von der Aus
uferung der Gewässer und Überflutungen aus der Siedlungsentwässerung betroffen. Zu nennen sind vor allem Siedlungsbereiche in Stadt und Landkreis Hildesheim, in Stadt und Landkreis Goslar, sowie in Stadt und Landkreis Wolfenbüttel. Daneben sind in den Flussniederungen in größerem Maße landwirtschaftliche Flächen mit erntereifen Früchten eingestaut worden.
Die Folgen eines Hochwassers für Mensch, Umwelt und Sachgüter können nur begrenzt werden, wenn sich alle Betroffenen und für den Hochwasserschutz zuständigen Akteure der Risiken eines Hochwassers bewusst sind und geeignete Vorsorgemaßnahmen zur Minderung dieses Risikos treffen.
Im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und auch im Niedersächsischen Wassergesetz sind keine Definitionen und demzufolge auch keine gesetzlichen Regelungen zum Hochwasserschutz vorhanden. Es ist daher eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Kommunen, den Hochwasserschutz, d. h. in diesem Fall den baulichen Schutz besiedelter Gemeindegebiete, zu gewährleisten. Dies kann nur gelingen, wenn in der örtlichen Gemeinschaft Alternativen entwickelt, in den demokratisch legitimierten Gremien diskutiert, beschlossen und in der Folge realisiert werden.
In diesem Zusammenhang wird häufig vom Staat gefordert, einen flussgebietsbezogenen Hochwasserschutz zu schaffen, der den örtlichen Hochwasserschutz ersetzt. Auch für diese Forderung gibt es keine Rechtsgrundlage. Allerdings bietet das Wasserverbandsgesetz den Kommunen die Möglichkeit, gemeinde- und landkreisübergreifende Hochwasserschutzverbände zu bilden. Diese können per Satzung die Aufgabe erhalten, flussgebietsbezogene Hochwasserschutzplanungen voranzutreiben und Hochwasserschutzanlagen als Maßnahmenträger herzustellen und zu unterhalten.
Ein gelungenes Beispiel für die Erarbeitung von flusseinzugsgebietsbezogenen Hochwasserschutzplanungen ist die Hochwasserpartnerschaft „Nördliches Harzvorland“. Diese Kooperation diente als Vorlage für den neuen Fördertatbestand „Konzeptionen zum Umgang mit den Hochwasserrisiken auf der Grundlage von Zusammenschlüssen mehrerer zuständiger Kommunen und/oder Verbände“. Neben derartigen Konzeptionen werden technische Maßnahmen und als weitere Unterstützung für die Kommunen seit 2017 auch das Projekt „Kommunale InfoBörse Hochwasservorsorge“ bei der Kommunalen Umwelt-Aktion U.A.N. durch das
Land gefördert. Das Land fördert Projekte der Kommunen nach Maßgabe des Haushalts mit bis zu 70 % der berücksichtigungsfähigen Kosten.
Ausnahmsweise kann die Höhe der Zuwendung bis zu 80 % betragen. Dies kam bislang bei Kooperationsprojekten von Ober- und Unterliegern zum Tragen, die sich zusammengeschlossen haben, um Konzeptionen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes aufzustellen.
Das Land hat bei der Umsetzung der europäischen Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, die mit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes von 2009 in nationales Recht umgesetzt wurde, einen wesentlichen Beitrag zur Hochwasservorsorge geleistet. Die in den Flussgebietseinheiten aufgestellten Hochwasserrisikomanagementpläne haben das Ziel, das Risiko hochwasserbedingter nachteiliger Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftlichen Tätigkeiten zu verringern. Dieses Ziel soll mit koordinierten Maßnahmen aller Beteiligten auch auf Ebene der Flussgebietseinheiten erreicht werden.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur wasserwirtschaftlichen Folgenabschätzung des globalen Klimawandels für Niedersachsen wird in Kürze ein weiterer Baustein der Analyse der heutigen und künftigen Klimaentwicklung sowie deren Folgen für die Hochwasserverhältnisse vorliegen; ich hatte schon vorhin darauf hingewiesen. Schon eine dauerhaft zu erwartende Erhöhung der Niederschläge bzw. der Spitzenwerte um 10 %, 15 % oder 20 % kann massive finanzielle Folgen im Bereich der Kanalisation haben. Deshalb muss mehr denn je bei der Planung vorgesorgt werden. Infrage kommen verschiedenste Möglichkeiten zur Abflussverbesserung und zum Rückhalt im Einzugsgebiet, die im Einzelfall auf ihre Wirksamkeit geprüft werden müssen.
Wichtig ist allerdings mit Blick auf die Zukunft, weiter darauf zu dringen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Eigenvorsorge weiter ausbauen. Es müssen weit mehr als bisher die Möglichkeiten von Elementarschadenversicherungen genutzt werden. Eine Elementarschadenpflichtversicherung für Wohngebäude oder Mindeststandards vergleichbar der Kfz-Haftpflicht waren allerdings auf Bundesebene bislang nicht mehrheitsfähig. Solche Ansätze wären sowohl für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger als auch volkswirtschaftlich am günstigsten. Öffentliche Hilfen können und sollen eine Elementarschadenversicherung nicht
Zu Frage 2: Zur Ermittlung der Schadensumfänge durch die fachlich betroffenen Ressorts und die Klärung der Frage, ob und wie Unterstützung geleistet werden kann, hat die Landesregierung einen ressortübergreifenden Arbeitsstab unter Federführung meines Hauses eingerichtet. Seine Funktion besteht - unter Wahrung der jeweiligen Ressortzuständigkeit - darin, die Aktivitäten in den Ressorts zur Schadensermittlung und bei der Erarbeitung von Hilfsprogrammen zu koordinieren sowie inhaltlich und zeitlich aufeinander abzustimmen.
Angestrebt werden Unterstützungsleistungen bei Schäden in Privathaushalten, in der Land- und Forstwirtschaft, bei Straßen und kommunaler Infrastruktur sowie bei Betrieben und Unternehmen.
Gegenwärtig findet eine von den zuständigen Ressorts innerhalb des Arbeitsstabes vereinbarte Schadensermittlung statt. Parallel entwickeln die Ressorts Hilfsprogramme, nach denen unter Berücksichtigung der ermittelten Schäden die über einen Nachtrag zum Haushaltsplan 2017 bereitgestellten Landesmittel vergeben werden sollen.
Die Soforthilfe für Privathaushalte kann ab dem 14. August - also seit einigen Tagen - bei den örtlich zuständigen Landkreisen, bei der Region Hannover sowie den kreisfreien und großen selbstständigen Städten beantragt werden. In einem zweiten Schritt sollen darüber hinaus zu einem späteren Zeitpunkt weitere Hilfen gewährt werden. Die hierfür erforderlichen Regelungen befinden sich noch in der Abstimmung.
Nach der gegenwärtigen Arbeitsplanung wird angestrebt, dass die Regelungen für Hilfeleistungen des Landes für alle Schadensbereiche Anfang September 2017 in Kraft treten können.
Zu Frage 3: Einzelne Wetterereignisse können nicht direkt dem Klimawandel zugerechnet werden. Um den Einfluss des Klimawandels zu erfassen, müssen immer längere Zeiträume betrachtet werden. In der Regel werden in der Klimawissenschaft Zeiträume von 30 Jahren verglichen.
Die bisher vorliegenden Daten des Deutschen Wetterdienstes deuten auf eine Zunahme der Starkregenereignisse hin. Die Zeitreihen für das Identitätsmerkmal „Starkregen“ sind allerdings noch zu kurz für eine generelle Aussage.
Eigene Analysen des Landes zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Extremwetter- und Hochwasserereignisse zeigen für die jüngere Vergangenheit keinen einheitlichen Trend in ganz Niedersachsen. Regional zeichnen sich aber, vor allem in den Sommermonaten, zunehmende Tendenzen ab, die sich in den Projektionen der Klimamodelle für die Zukunft fortsetzen.
Ein Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Hochwässern wird insbesondere in einer von der TU Wien geleitete Studie dargestellt. In dem internationalen Großprojekt wurden Datensätze aus 50 Jahren von über 4 000 Stationen aus 38 Ländern gesammelt und ausgewertet und im Fachjournal Science veröffentlicht. Darin zeigt sich ein deutlicher Einfluss auf Hochwasserereignisse. Erkennen lässt sich das am besten daran, dass sich das Auftreten der Hochwässer über die Jahre zeitlich verschiebt. Je nach Ursache der Hochwasserereignisse treten sie in manchen Regionen immer früher, in anderen immer später auf. Die Analyse lässt auch eine Abgrenzung zu anderen Ursachen wie Versiegelung und Verlust der Auen zu.
Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und Extremwetter geben auch die physikalischen Grundlagen: Wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen, und es steht somit mehr Wasserdampf zur Niederschlagsbildung zur Verfügung. Die Klimawissenschaft ist sich daher weitgehend einig: In Zukunft werden wir mit einem weiteren Anstieg der Häufigkeit und der Intensität von Extremwetterereignissen rechnen müssen.
Extremwettereignisse sind dabei immer eine Auswirkung der allgemeinen klimatischen Änderungen. Diese sind schon heute in Niedersachsen nachweisbar. Messungen zeigen seit 1881 eine Temperaturzunahme um durchschnittlich etwa 1,5 °C. Besonders deutlich zeigt sich das im Winter und im Frühjahr. Auffällig ist zudem die Häufung überdurchschnittlich warmer Jahre seit Ende der 1980er-Jahre. In der Folge gibt es auch mehr Tage mit sehr hohen Temperaturen.
Seit 1881 sind die Jahresniederschlagssummen um 94 mm gestiegen. Beobachtbar ist insbesondere im Frühjahr, Herbst und Winter ein Anstieg der Zahl der Tage mit hohen Niederschlagsmengen.
Die Folgen dieser klimatischen Änderungen erstrecken sich im Grunde auf alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche des Landes. Neben dem Klimaschutz ist daher die Anpassung an die Folgen des Klimawandels die zweite zentrale Säule.
Herr Minister, einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt ein doch sehr lautes Gemurmel im Plenarsaal. Ich bitte Sie, dieses einzustellen, sodass wir alle Herrn Minister Wenzel folgen können. - Bitte!
Unter anderem wurde die Klimafolgenanpassung deshalb als zentrales Ziel im Entwurf des Klimagesetzes der Landesregierung verankert. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Anpassung an den Klimawandel als zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge in das Verwaltungshandeln integriert werden muss.
Außerdem ist ein Klimakompetenznetzwerk für Niedersachsen im Aufbau. Aufgabe dieses Netzwerks wird es sein, fachliche Grundlagen zu erarbeiten, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aufzugreifen, z. B. im Bereich der Klimamodellierungen, die Folgen des Klimawandels für die Regionen in Niedersachsen abzuschätzen und für einzelne Regionen Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln, das Klimawissen insgesamt zu bündeln und als zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für Kommunen, Landwirte, Naturschutz, Unternehmen und letztlich jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger zur Verfügung zu stehen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Niedersachsen ohnehin zwei Klimazonen aufweist - die Atlantische Klimazone, im östlichen Bereich ist Niedersachsen
vom kontinentalen Klima geprägt -, stelle ich die Frage: Welche Regionen in Niedersachsen werden von dem Klimawandel besonders betroffen sein?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben natürlich sehr unterschiedliche Regionen, die unterschiedliche Ausprägungen aufweisen. Wir haben jetzt die besondere Belastung durch Hochwasser im Harz und im Harzvorland gesehen. Wir hatten einige Male Wetterlagen, die dazu geführt haben, dass insbesondere auch die Elbe erhöhte Wassermengen führte. Wir haben im Osten Niedersachsens, im Uelzener Raum, vermehrt mit Dürre und wenig Niederschlag zu rechnen, was dort gerade für die Landwirtschaft ein Problem sein kann. Außerdem stellt der Küstenschutz immer eine zentrale Herausforderung dar.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir schon gestern und auch heute Morgen eine Diskussion über flussgebietsbezogene Planungen hatten, würde ich es gerne ein bisschen genauer wissen und frage daher die Landesregierung: Welche flussgebietsbezogenen Planungen unterstützt die Landesregierung genau?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Heere, die U.A.N. wirkt hier als Kooperationspartner für solche flussgebietsbezogenen Kooperationsprojekte. Wir haben ein Projekt an der Aller. Insgesamt gibt es drei. Bei dem einen Projekt haben sich 30
Kommunen zusammengetan, bei dem anderen Projekt 15. Sie planen für einen Abschnitt, der möglicherweise von Hochwasser betroffen sein kann. Der Vorteil ist, dass sich Oberlieger und Unterlieger abstimmen. In der Vergangenheit hat man oft schlicht und einfach gesagt: Das Wasser muss schneller abfließen. - Wir hatten die Diskussion auch heute Morgen; Herr Oesterhelweg hatte auf die Unterhaltung der Gräben hingewiesen. Das spielt natürlich eine Rolle. Aber wir wissen heute natürlich auch: Wasser, das schnell abfließt, ist vielleicht für den Oberlieger gut, wird aber zum Problem für den Unterlieger.