Tagesordnungspunkt 12: Erste (und abschließende) Beratung: Meister, Techniker, Fachwirte und Berufspädagogen von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren befreien! Aufstiegsfortbildungen qualifizieren Menschen, sichern die Ausbildung von angehenden Fachkräften und sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/8548
Eingebracht wird der Antrag von dem Kollegen Bode. Bitte sehr, Herr Bode, ich erteile Ihnen das Wort.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele, die gestern beim Parlamentarischen Abend der IHK waren, konnten dort von dem IHK-Präsidenten Hinsch, aber auch vom Landtagspräsidenten eindeutig dargestellt bekommen, welche Bedeutung die duale Berufsausbildung für Deutschland, für unser Land hat. Das ist ein Fakt, der durchgängig von allen Regierungen - nicht nur von dieser, sondern auch von den Vorgängerregierungen - immer wieder betont worden ist. Auch im Ausland beneidet man uns um unsere duale Berufsausbildung, die einen wesentlichen Baustein dafür liefert, dass der Wohlstand auch in Krisenzeiten und in Weltwirtschaftskrisen in Deutschland erhalten geblieben ist.
Das eine ist das, was man nach außen immer wieder sagt und was man in Reden an Wertschätzung zum Ausdruck bringt. Das andere ist dann das, was man durch konkretes Handeln tatsächlich umsetzt. Da gibt es durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten, damit die Wertschätzung nicht nur in Worten, sondern auch in Taten ausgedrückt wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist es so, dass hier in der dualen Berufsausbildung auch noch viele Probleme liegen. Schauen wir uns einmal die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen an, die auch zu anderen Zeiten deutlich schlechter war als an den allgemeinbildenden Schulen. Schauen wir uns die Situation gerade bei vielen Handwerksberufen an, bei denen es regional nicht so viele Auszubildende gibt. Diese müssen dann weite Strecken zurücklegen, In
ternatskurse belegen und Fahrtkosten aufbringen. Für sie entsteht eine viel höhere Belastung als bei anderen, die ihre Ausbildung zentral absolvieren können.
Schauen wir uns an, wie es beispielsweise ist, wenn man sich weiterqualifizieren will, wenn man etwa eine Meisterausbildung machen will. Dabei ist es anders, als wenn sie eine akademische Ausbildung machen. Sie müssen nämlich ihre Lehrgänge und Prüfungen selbst bezahlen und bekommen ihr BAföG auch nur für die Gebühren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, dass sich die Politik auch in ihren Taten zur dualen Berufsausbildung und auch zur Meisterausbildung bekennt. Die Menschwerdung beginnt nicht mit dem Abitur, das Lebensglück hängt nicht von einem akademischen Studium oder gar einem Master ab. So unterschiedlich die Menschen sind, können sie auch ihr Lebensglück auf unterschiedlichen Wegen finden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen mit diesem Antrag heute einen ersten Schritt setzen, damit wir in Niedersachsen sagen: Wir nehmen unsere Reden, unsere eigenen Worte ernst und setzen sie bei der Meisterausbildung in Taten um. Wir sind bereit, Geld dafür in die Hand zu nehmen, damit jemand, der eine Meisterausbildung machen will, genauso gestellt wird wie jemand, der ein Studium beginnt, indem er nämlich sein BAföG tatsächlich für seinen Lebensunterhalt und für sein Meisterstück nutzen kann, und, genau wie an der Universität, keine Gebühren für seine Ausbildung entrichten muss.
Dies ist ein durchaus wichtiges Thema, weil Menschen hierdurch tatsächlich davon abgehalten werden, diesen Schritt der Qualifizierung zu gehen. Ich war in diesem Sommer bei einem Handwerksbetrieb. Viele von Ihnen, insbesondere jene, die hier im Nebengebäude ihre Büros haben, haben von diesem Unternehmen schon viel gehört.
Der Inhaber erzählte mir, dass er zu einem seiner besten Mitarbeiter gegangen ist und ihn gefragt hat: Willst du nicht den Meister machen? Deine Leistungen sind so gut; das wäre genau das, was
Das muss uns, so denke ich, nachdenklich machen. Eine Meisterausbildung kann man entweder am Wochenende nebenbei machen. Dieser Mitarbeiter hat gesagt: Dann sehe ich meine kleinen Kinder gar nicht mehr; das ist für mich kein Weg. - Man kann aber auch aussteigen und Vollzeit eine Meisterausbildung machen. Dazu hat er gefragt: Wenn ich die Gebühren zahlen muss, wenn ich das BAföG nur teilweise für den Lebensunterhalt einsetzen kann, wie soll ich meine Familie in dieser Zeit ernähren?
Aufgrund dieser Situation steht es uns meiner Meinung nach gut an, wenn wir heute einen ersten Schritt machen und sagen: Ein Meister ist uns genauso viel wert wie ein Master. - Wir stellen diese beiden Qualifizierungsgänge gleich und wollen sie auch gemeinsam wertschätzen. Das wäre ein richtiges Signal der Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich freue mich sehr, dass unsere Initiative - zumindest ist das von den anderen Fraktionen signalisiert worden - eine deutliche Unterstützung erfährt. Deshalb traue ich mich, sofortige Abstimmung zu beantragen.
Ich würde mich freuen, wenn der Landtag so kurz vor seiner Auflösung noch einen maßgeblichen Schritt für die Gleichstellung von Meister und Master leisten würde.
Vielen Dank, Herr Bode. - Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Berufsausbildung zu stärken und die berufliche Weiterbildung nachhaltig zu fördern, ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Hohen Hause zum Glück politischer Konsens. Dafür steht nicht zuletzt der hier im Parlament von allen Fraktionen
getragene Beschluss gegen die Bestrebungen der EU, den Meisterbrief als Wettbewerbshemmnis zu relativieren. Die Meisterqualifikation muss bleiben und wieder gestärkt werden.
Es ist ja auch tatsächlich widersinnig, das duale Ausbildungssystem in Deutschland zu loben und von diesem System profitieren zu wollen und gleichzeitig eine tragende Säule hiervon infrage zu stellen. Wir tun alle gut daran, uns dagegen zu wehren,
genauso übrigens, wie wir bislang erfolgreich dafür gekämpft haben, die Gleichwertigkeit einer beruflichen Ausbildung mit einem höheren Schulabschluss und die Gleichwertigkeit eines Zertifikats als Meisterfachwirt oder Techniker mit einem akademischen Bachelor im europäischen Qualifikationsraum herzustellen.
Hier, liebe Kollegen und Kolleginnen, heißt es aber, wachsam zu bleiben. Der Kampf um die Ausfüllung der Niveaustufen 4, 5 und 6 im europäischen Bildungsraum ist noch nicht zu Ende.
Meine Damen und Herren, für meine Fraktion steht als Ziel fest: Bildung soll in allen Phasen gebührenfrei sein, von der Kita bis zum Studium oder zur Meisterausbildung.
Herr Bode, es freut uns natürlich sehr, dass neuerdings auch die FDP die gebührenfreie Bildung entdeckt hat. Das war ja nicht immer so. Viele von uns erinnern sich an die flammenden Bekenntnisse Ihrer Fraktion zu Studiengebühren in unserem Hause.
Gebührenfreie Bildung bedeutet für meine Fraktion, dass diese auch in der Berufsausbildung und -fortbildung umgesetzt wird. Auch uns, Herr Bode, ist ein Meisterabschluss genauso viel wert wie ein Masterabschluss.
Wir wissen: Es ist eine eklatante Ungleichheit, wenn das akademische Studium in der Regel kostenfrei ist, die Gebühren für Techniker-, Meister- und Fachwirtkurse aber nur zu 40 % bezuschusst werden. Das heißt, 60 % müssen aus eigenen Mitteln oder mithilfe eines Darlehens aufgebracht werden. Das ist ungerecht und trägt zur mangelnden Attraktivität dualer Ausbildungsberufe bei. Deshalb fordert die SPD in ihrem Programm für die Bundestagswahl, dass die Gebühren für Aufstiegsfortbildung abgeschafft werden. Meine Fraktion unterstützt das.
Doch - meine Damen und Herren, das sage ich auch - wenn wir die nichtakademische Aus- und Weiterbildung stärken wollen, reicht Gebührenfreiheit von Lehrgängen und Meisterkursen alleine nicht aus.
Blicken wir zurück. Als im Jahr 1996 das MeisterBAföG als gemeinsame Initiative von Bund und Ländern eingeführt wurde, waren es zu Beginn nur wenige Zehntausend, die von der Förderung profitierten. Aktuell sind es bundesweit mehr als 170 000 Menschen, die gefördert werden. Das Meister-BAföG - eine echte Erfolgsgeschichte.
Der Erfolg ist vor allem der konsequenten Modernisierung und dem Ausbau des Gesetzes zur Aufstiegsfortbildung zu verdanken, wie zuletzt durch das 2016 verabschiedete neue Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz.
Das war eine sehr wichtige Novelle. Der Zuschussanteil für die Lehrgangskosten wurde von 30 % auf 40 % erhöht, die Freibeträge auf Einkommen wurden angehoben, und - ganz wichtig - weitere Berufsgruppen und Fortbildungsabschlüsse wurden in die Förderung aufgenommen. Inzwischen sind es über 700, die gefördert werden.
Zudem wurden wichtige strukturelle Änderungen vorgenommen. Mit der Novelle 2016 erhalten auch Bachelor-Absolventen und Studienaussteiger Zugang zur Meisterförderung. Damit wird die Durchlässigkeit zwischen der akademischen und der beruflichen Bildung - ein wichtiges Anliegen von uns - weiter gestärkt.