Protocol of the Session on June 13, 2017

Ferner stärken wir die Möglichkeiten für Langzeitbesuche. Solche Besuche sind wichtig, um mit der Familie in Kontakt zu treten, um Kinder zu treffen und um etwas mehr Zeit zu haben, als es bislang vielleicht der Fall war.

Wir schaffen die Möglichkeit, familiäre Strukturen aufrechtzuerhalten und zu leben. Ans dieser Stelle möchte ich vor allem die Kinderfreundlichkeit dieser Besuchsregelung hervorheben und die Möglichkeit, sich in für die Familien belastenden Situationen - häufig leiden die Kinder unter der Situation - in einem geschützten Raum zu treffen und auszutauschen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

All das zusammen trägt nachhaltig zur Sicherheit bei. Inhaftierte werden in der Zeit des Vollzugs wirksam resozialisiert.

Wir haben mit dem Doppelhaushalt die Grundlage für erste Maßnahmen gelegt. Ich bin sicher, dass diese Landesregierung genau weiß, dass sich ein veränderter Anspruch an Qualität im Personal- und Mitteleinsatz niederschlagen und dass das genau nachvollzogen wird. - Und es waren nicht wir, sondern die Kollegen der CDU, die 2016 mehr als 10 Millionen Euro aus dem Justizhaushalt kürzen wollten!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt: Wir hätten uns für dieses Gesetz einen einstimmigen Beschluss gewünscht. Wir haben gerade erlebt, welche Klimmzüge der Kollegen Genthe machen musste, um zu begründen, warum er nicht zustimmen kann. Gleiches haben wir in der abschließenden Beratung im Ausschuss seitens der CDU erlebt: Sie kann angeblich deshalb nicht zustimmen, weil der Wunsch der LAG der Freien Wohlfahrtspflege, die Anlaufstellen im Gesetz zu berücksichtigen, nicht umgesetzt worden sei - was aber überhaupt nicht stimmt! Man müsste das Gesetz nur einmal vollständig lesen. Die Anlaufstellen sind im Gesetz aufgeführt.

Die Beratungen, die wir in dieser Legislaturperiode geführt und die in einen einstimmigen Beschluss zu unserem Entschließungsantrag zur Resozialisierung gemündet haben, haben mehr als deutlich gemacht, dass hier im Haus ein breiter Konsens herrscht. Die Anlaufstellen sind ein verlässlicher und wichtiger Partner für den Vollzug in Niedersachsen und eine wichtige Schnittstelle bei der Entlassungsvorbereitung.

Ferner haben wir mit unserem gemeinsamen Entschließungsantrag deutlich gemacht, dass wir für eine verlässliche Finanzierung dieser Anlaufstellen jenseits einer Projektfinanzierung stehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

All das ist in diesem Gesetz mit geregelt. Die Anlaufstellen sind berücksichtigt.

Zum Stichwort „Huckepack“ - der Kollege Prange hat darauf hingewiesen -: Wir haben das Gesetz genutzt, um den Abschluss „Diplom-Jurist“ wieder zu ermöglichen. Alles, was inhaltlich dazu zu sagen ist, hat der Kollege Prange gerade gesagt.

Also, wir hätten uns wirklich einen einstimmigen Beschluss, eine breite Unterstützung durch dieses Parlament für dieses Gesetzgebungsvorhaben gewünscht. Aber der CDU und der FDP sei gesagt:

Sie lieben anscheinend das Dagegensein, Sie lieben die Opposition - wir aber möchten gestalten. Den Wunsch, dass Sie in der Opposition weiterhin dagegen sein können, werden wir Ihnen auch in den nächsten Jahren erfüllen.

Ich will mich ganz herzlich bedanken: beim Ministerium für einen wirklich guten Gesetzentwurf und beim GBD für die gute Zusammenarbeit. Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, dass ein Gesetzentwurf innerhalb kürzester Zeit in erster und zweiter Beratung durchs Parlament gehen kann. Das ist angesichts der Kritik daran, dass wir zu lange für die Gesetzgebung brauchen, ein gutes Signal: Dieses Parlament nimmt sich sehr wohl die Zeit für inhaltliche Beratungen, kann aber auch zügig beraten, und am Ende kommt ein gutes Gesetz heraus. Vielen Dank dafür. Ich finde, dass es sich wirklich sehen lassen kann.

Dem herzlichen Dank, den der Kollege Scholing gegenüber den Bediensteten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesprochen hat, die in den Anlaufstellen und an anderen Stellen dafür Sorge tragen, dass Niedersachsen täglich ein Stück sicherer wird und wir gleichzeitig den Anspruch auf Resozialisierung umsetzen können, schließe ich mich sehr gerne anschließen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Brunotte. - Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Herr Kollege Deppmeyer. - Ich darf um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal bitten.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Diese Vorlage zur Änderung des Justizvollzugsgesetzes macht nicht nur deutlich, dass hier Vorgaben des Bundes und aus Brüssel zu erfüllen sind - was dann auch geschieht -, sondern sie macht vor allem deutlich, dass die Ministerin keinen Ansatz hat, die berechtigten Anforderungen der Mitarbeiter und der Opfer umzusetzen. Darum wiederhole ich meine Feststellung: Der Justizvollzug ist das Stiefkind im Geschäftsbereich des Justizministeriums. Dies wurde im Entwurf zur Änderung des Justizvollzugsgesetzes und in den Beratungen wieder ganz deutlich.

(Zustimmung bei der CDU)

Und dass Sie bei diesem Gesetz jetzt auch ganz fix eine Lösung für das Problem mit dem Abschluss „Diplom-Jurist“ hinten anhängen, macht die Flickschusterei deutlich. Das Problem mit dem Abschluss „Diplom-Jurist“ hätten Sie ordnungsgemäß in dem Gesetzentwurf lösen können, der unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt behandelt worden ist.

Meine Damen, meine Herren, bei der Einbringung kündigte die Justizministerin groß an, es sei das Ziel des Gesetzentwurfs, den Opferschutz zu verbessern. Tatsächlich aber werden nur einige Vorgaben des Bundes- und des Europarechts zum Opferschutz umgesetzt. Dazu gehören erweiterte Auskunftsrechte der Opfer. Eigene Schwerpunkte oder Ideen der Ministerin zur Verbesserung des Opferschutzes sind jedoch kaum erkennbar.

Allerdings wurde man auch als Sprachpolizei aktiv. Das Gesetz soll auf den Begriff „Opfer“ verzichten, weil dieser negativ besetzt sei. Dafür wird das Schlagwort der „restaurativen Justiz“ als Ziel bemüht. Dieses Ziel einer wiederherstellenden Justiz wird aber nicht erreicht. - Meine Damen, meine Herren, das sind sprachliche Moden, die an der Sache vorbeiführen, die niemandem nutzen und die nichts weiterbringen.

(Zustimmung bei der CDU)

In der Sache ändert sich dadurch nichts. Einen gesetzlichen Anspruch der Opfer auf Maßnahmen in der Justizvollzugsanstalt zur Übernahme von Verantwortung durch den Täter hat man hingegen nicht einführen wollen.

Meine Damen, meine Herren, grundsätzlich positiv ist es, die Besuchszeiten für die Insassen auszuweiten. Dies darf jedoch nicht zulasten der Justizvollzugsanstalten und ihrer Mitarbeiter geschehen. Selbstverständlich braucht es zusätzliches Personal, wenn der Anspruch auf Besuchszeiten mal eben vervierfacht wird. Zusätzliches Personal wird das Justizministerium jedoch nicht zur Verfügung stellen.

Ich fand es interessant, wie der Kollege der SPD eben um dieses Problem herumgeredet hat, ohne einen Vorschlag zur Lösung zu unterbreiten.

(Zustimmung bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

Verbesserungen im Justizvollzug sollen sich aus sich selbst heraus finanzieren. Das macht deutlich, dass Ihr Kontakt zu den Personalvertretungen anscheinend wenig intensiv ist und vielleicht über

haupt nicht vorhanden ist. Jedenfalls hören Sie ganz sicher nicht zu, wenn sie ihre Probleme schildern. Ihre Forderungen und Wünsche finden bei Ihnen keine Berücksichtigung.

Die Verbesserungen für die verurteilten Täter in den Justizvollzugsanstalten sollen von den Mitarbeitern selbst ohne weitere Mittel ermöglicht werden. Dies zeigt, dass die Justizvollzugsanstalten weiterhin die Stiefkinder im Ministerium sind. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass man sich dieser Ausdehnung der Besuchszeiten in der Bilanz der Regierungszeit in Kürze rühmen wird.

Meine Damen, meine Herren, völlig falsch ist es, die Möglichkeiten von Kontaktsperren als disziplinarische Maßnahmen für die Justizvollzugsanstalten zu streichen. Es zeugt von Misstrauen gegenüber den Beschäftigten des Justizvollzugs, dass die Ministerin und die Fraktionen von SPD und Grünen anscheinend der Meinung sind, dass die Bediensteten des Justizvollzugs nicht verantwortlich mit diesen Disziplinarmitteln umgehen können.

Beim Übergangsmanagement sehen wir leichte Verbesserungen. Wir müssen aber stärkere Ansätze zur Resozialisierung finden. Die hier tätigen Verbände sind deutlich unterfinanziert - das ändert sich auch nicht mit diesem Gesetz - und können ihre Arbeit nur noch eingeschränkt leisten.

Der rot-grüne Koalitionsvertrag von Anfang 2013 kündigte ein Resozialisierungsgesetz an. Ein solches Gesetz zum besseren Übergang zwischen Haft und Freiheit und zur Reintegration hätten wir sehr wohlwollend begleitet. Die nun getroffenen Regelungen reichen jedoch nicht aus. Wegen dieses Mangels wird der Drehtüreffekt verstärkt. Es kommen immer mehr Häftlinge wieder zurück in die Anstalten, als das notwendig wäre.

Damit möchte ich zu den zahllosen aktuellen Problemen kommen, zu Problemen, mit denen sich dieser Gesetzentwurf überhaupt nicht beschäftigt:

So bedauern wir es ausdrücklich, dass die Arbeit der Straffälligenhilfe nicht gesetzlich im Justizvollzugsgesetz oder in einem Resozialisierungsgesetz verankert wird.

Es fehlen auch Antworten auf die Fragen, was mit drogenabhängigen Insassen passieren soll. Eine Verbesserung der Maßnahmen gegen die Drogenabhängigkeit wäre ein wirksamer Schritt zur Resozialisierung. Hierzu finden wir im Gesetz nichts. Die Drogenabhängigkeit ist allein von der Zahl der Drogenabhängigen her beträchtlich und eines der

größten Probleme im Justizvollzug. Für die Betroffenen ist es das allergrößte Problem.

Ein weiteres Problem ist der erhebliche Anteil von ausländischen Straftätern im Justizvollzug. Die Justizvollzugsbediensteten beklagen zunehmende Aggression insbesondere von nordafrikanischen Häftlingen.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Ha- ben Sie dafür eine Statistik? - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Moment, bitte, Herr Kollege Deppmeyer! Es ist inzwischen eine so große Unruhe im Plenarsaal, dass es schwierig ist, Ihnen zu folgen. Ich werde die Beratung erst fortsetzen lassen, wenn im Plenarsaal Ruhe eingekehrt ist. Ihre Redezeit wird gestoppt, Herr Kollege. - Jetzt können wir fortfahren. Bitte!

Es ist ein völlig falsches Signal, hier noch disziplinarische Maßnahmen zu streichen. Stattdessen wird dieses Problem ignoriert. Auch dieser Problemschwerpunkt steigt von Jahr zu Jahr, ohne dass gegengesteuert wird.

Meine Damen, meine Herren, dieser Gesetzentwurf erschöpft sich in grüner Parteitagsprosa

(Zuruf von den GRÜNEN: Ach Gott!)

und der Umsetzung von Vorgaben aus Brüssel und aus Berlin. Das ist als letztes Projekt der rotgrünen Landesregierung im Justizressort deutlich zu wenig und zeigt den geringen Anspruch an das eigene Handeln. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppmeyer. - Auf Ihren Beitrag gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Brunotte, SPD-Fraktion. Bitte, Herr Kollege!

(Zuruf von den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Deppmeyer, dann erklären Sie uns doch mal, wo alle diese tollen Ideen, die Sie uns gerade vorgetragen haben, in Ihrem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf

der Landesregierung geblieben sind. Ich habe bisher nicht gesehen, dass Sie den inhaltlichen Anspruch, den Sie hier gerade vorgetragen haben, irgendwie einmal zu Papier gekriegt hätten.