Protocol of the Session on April 6, 2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich glaube kaum, dass Sie wirklich glauben, dass eine Werbekampagne für das praktische Jahr in der Allgemeinmedizin die Zahl der Hausärztinnen und Hausärzte erhöhen würde. Solange wir die Versorgungsrealität nicht ordentlich in der Bedarfsplanung abbilden, werden wir immer einen Mangel haben. An dieser Stelle - das will ich jetzt noch einmal deutlich sagen - hat nicht die KV die Verantwortung, und auch die Landesregierung nicht, sondern der Bundesgesundheitsminister, Herr Gröhe. Er hat nämlich ein Versorgungsstärkungsgesetz auf den Weg gebracht und hat 2015 ganz vollmundig eine Umverteilung im Jasper’schen Sinne - als Gesundheitssozialismus - für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte angekündigt,

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sozialismus machen wir nicht, auch nicht bei der Gesundheit!)

gerade von den Ballungsgebieten in den ländlichen Raum. Schauen Sie sich das an! Bisher war das nur ganz viel heiße Luft, glaube ich, und das wird offensichtlich auch nicht viel mehr werden. Die Effekte lassen auf sich warten - genauso wie die Effekte bei den Terminservicestellen, die gesetzlich Versicherten innerhalb von vier Wochen einen Termin vermitteln sollen. Angenommen werden diese Servicestellen kaum. Die Zweiklassenmedizin wird kaum bekämpft. Wenn man nicht einen ernsthaften Versuch mit einer Bürgerversicherung unternimmt, wird das an dieser Stelle auch nichts.

Ich will auch noch etwas zu einer möglichen Landarztquote sagen, die jetzt über den Masterplan Medizinstudium ins Gespräch gebracht wird. Das wird - zumindest implizit - auch vom Kollegen Jasper immer wieder gesagt: Man müsse dort sozusagen regulierend eingreifen. Das wird diskutiert. Ich halte das für verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Ich glaube auch nicht, dass wir junge Menschen zwingen sollten, sich bereits mit 19 oder 20 Jahren zu entscheiden, wo sie nach Abschluss ihres Studiums arbeiten. Das halte ich für den falschen Weg. Außerdem birgt das die Gefahr der Kommerzialisierung der Vergabe der Studienplätze. Auch das fände ich nicht besonders schlau.

Neben der Anpassung der Bedarfsplanung sehen wir im Bund vor allen bei Änderungen im Medizinstudium und in der ärztlichen Weiterbildung Möglichkeiten. Dort ist der Bund in der Pflicht. Der Masterplan ist in der letzten Woche auf Druck der Länder allerdings - auch das muss man sagen - wieder unter Finanzierungsvorbehalt durch den Bund beschlossen worden. Das ist ein wichtiger Schritt. Aber ich glaube - letzter Satz -, die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesregierung tun hier in Niedersachsen, was sie nur können, um die Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern. Genau das kann man vom Bundesgesundheitsminister nicht sagen. Insofern freue ich mich für den ländlichen Raum auf das Ende der Großen Koalition am 24. September.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Auch die SPD klatscht für das Ende der Großen Koalition!)

Vielen Dank, Herr Schremmer. - Herr Kollege Jasper, eine Kurzintervention. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zur Zuständigkeit: Es kann doch nicht angehen, dass die Landesregierung immer dann, wenn es bei der Hausarztversorgung ein Problem gibt, erklärt, dass sie nicht zuständig ist, aber dann, wenn es Erfolge gibt, sagt: Die haben wir gemacht!

(Petra Tiemann [SPD]: So hat Schwarz-Gelb das gemacht! - Filiz Polat [GRÜNE]: Haben Sie unseren Antrag gelesen?)

So immunisieren Sie sich vor Kritik. Das machen wir nicht mit, das will ich Ihnen ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ferner geht es darum, Anreize zu geben, die Wertschätzung des Berufs als Hausarzt zu steigern. Es geht nicht darum, irgendjemanden zu zwingen, etwas zu machen. Das ist eindeutig, und das wissen auch Sie.

Zum Masterplan 2020: Sie wissen ganz genau, dass es Finanzierungsvorbehalte auch aufseiten dieser Landesregierung gibt und dass es deshalb nicht weitergeht. Darauf habe ich hingewiesen. Das ist äußerst bedauerlich. Ich finde es durchaus richtig, dass Sie die Landesregierung auffordern, dort aktiver zu sein.

(Beifall bei der CDU - Filiz Polat [GRÜNE]: Auch Sie haben nichts in Ihren Haushaltsantrag eingestellt!)

Vielen Dank, Herr Jasper. - Herr Schremmer? - Ihre Antwort kam hier nicht an. Möchten Sie antworten? Möchte jemand anders antworten?

(Zuruf von den GRÜNEN: Nein!)

Okay, alles klar. - Jetzt hat sich die Ministerin zu Wort gemeldet. Frau Ministerin Rundt, bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich möchte auch ich mich erst einmal bedanken, dass hier festgestellt

wird, dass wir erfolgreich sind und die Kassenärztliche Vereinigung zuständig ist. Aber ich glaube, dass wir gemeinsam erfolgreich sind, weil wir nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander.

Wir brauchen - auch das ist das klare Ziel der Landesregierung - eine ganzheitliche Versorgung hier in Niedersachsen. Deswegen haben wir sehr unterschiedliche Maßnahmen, die wir fördern: Sei es die Förderung der Gesundheitsregionen, sei es das Stipendienprogramm für Medizinstudentinnen und Medizinstudenten im praktischen Jahr, sei es die Förderung des Aufbaus von kommunalen medizinischen Versorgungszentren. All dies sind Dinge, in die auch richtig viel Geld fließt, und zwar in der Gesamtheit mehr Geld als je zuvor.

Was noch schöner ist: Wir haben in diesem Bereich immer mehr Akteure, die mitmachen und ebenfalls zusätzliche Mittel in diesen Bereich hineingeben. Das zeigt eben auch seine positive Wirkung.

Wir müssen natürlich auch sehr strategisch denken und uns z. B. fragen: Wie müssen wir zukünftig das Medizinstudium aufstellen? Der Masterplan Medizinstudium 2020, zu dem es vielfältige Vorschläge - auch aus der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Neustrukturierung des Medizinstudiums - gegeben hat, ist am vergangenen Freitag in Berlin unterzeichnet worden. Es wurde beispielsweise auch vereinbart - das hat Herr Schremmer schon gesagt -, dass im Rahmen der Vergabeordnung die Möglichkeit besteht, bis zu 10 % der Medizinstudienplätze vorab an Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben. Wir werden hier schauen müssen, dass wir eine verfassungsgemäße Umsetzung hinbekommen. Die Diskussion bei den Gesundheitsministerinnen und -ministern lief darauf hinaus, dass das Ganze ein durchaus erfolgversprechendes Maßnahmenbündel ist.

Wir haben bereits in vielen Regionen in Deutschland einen Mangel an Fachärztinnen und Fachärzten und treten jetzt gemeinsam mit der Wissenschafts- und Gesundheitsseite an, um dem entgegenzutreten. Ferner ist klar, dass wir insbesondere auch Ärzte im ambulanten Bereich brauchen.

Wie schon erwähnt worden ist, wird uns Telemedizin im ländlichen Bereich deutlich weiterhelfen. Gerade in einem Flächenland brauchen wir sie. Auch hier sind wir bereits dabei, das Ganze voranzutreiben. So sind wir an einem E-Health-Projekt beteiligt. Es geht z. B. um die Schaffung einer sicheren Basisinfrastruktur zur Übermittlung und zum Austausch von Patientendaten - ein hochsen

sibles Feld, wie Sie sicherlich wissen. Wir haben das Ganze auch in der Digitalisierungsstrategie der Landesregierung fest verankert. Auch hier wird sich also etliches tun.

Außerdem fördern wir die ambulante Pflege im ländlichen Raum. Auch da sind wir sehr strategisch aufgestellt. Wir tun das nämlich genau mit dem strategischen Ziel, hier eine zukunftsfähige Basis zu schaffen für die Delegation bis hin zur Substitution ärztlicher Leistungen, damit wir durch die vorhandenen Pflegedienste eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung sicherstellen können.

Sie sehen also: Die Landesregierung setzt sich hier in einer Vielzahl von Bereichen ein. Deswegen kommt der Antrag meines Erachtens wirklich zu spät. Wir sind längst auf einem extrem guten und, wie Sie selber feststellen, erfolgversprechenden gemeinsamen Weg mit den übrigen Akteuren des Gesundheitswesens. Insoweit nehme ich auch gerne die Forderungen des Änderungsantrags von SPD und Grünen als weitere Ergänzung der Überlegungen mit in unsere Arbeit auf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung ab. Hierbei handelt es sich um den Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen möchte und damit den Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/7418 unverändert annehmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Dann stimmen wir über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung ab. Hierbei geht es um den Antrag der Fraktion der CDU. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/6405 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt und der Antrag der CDU abgelehnt worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 24: Abschließende Beratung: Wertvolle Rohstoffe nutzen - Kannibalismus verhindern - Landesregierung muss sich bei der EU für die Zulassung von tierischen Proteinen in der Fütterung einsetzen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/5144 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/7614

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

(Unruhe)

Wir kommen zur Beratung, sobald ein bisschen mehr Ruhe eingekehrt ist. Hier steht schon jemand parat. - Herr Deppmeyer, Sie haben für die CDUFraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Man sollte Rohstoffe, vor allen Dingen wertvolle Rohstoffe, nutzen und Kannibalismus verhindern; deswegen muss sich die Landesregierung bei der EU für die Zulassung von tierischen Proteinen einsetzen. Das ist unser Antrag; das ist unsere Forderung. Diese Forderung wurde im Ausschuss geringfügig verändert und steht nun zur abschließenden Beratung an.

Auf den Ablauf komme ich jetzt zu sprechen. Ich beginne damit, dass ich auf den Grund zurückblicke, aus dem tierische Eiweiße in der Fütterung zurzeit nicht mehr zugelassen sind. Begründet wird das dadurch, dass wir 2001 die BSE-Krise hatten. Vor der BSE-Krise war es ganz normal, dass tierische Eiweiße aus den Konfiskaten auch im Futter weiterverwertet wurden. Bei der BSE-Krise hatten wir jedoch jede Menge Fälle im Bereich der Rinderhaltung. Im Jahre 2001 waren es EU-weit 2 166 Fälle und in Deutschland 125 Fälle. Man hatte damals die Sorge, dass diese Krankheit auch auf die Menschen übergehen kann.

Wie entstand BSE? Man kann heute ganz klar sagen, dass ein unsachgemäßer Umgang mit diesen Abfällen in Großbritannien dazu geführt hat, dass unsauberes und dann krank machendes Futter zur Verwendung kam. Die Engländer haben

nicht genug erhitzt. Dadurch haben sie Geld gespart und waren anschließend im Angebot ihrer Futtermittel billiger. Dann haben sie sie in der gesamten EU und auch in der Schweiz verkauft. In diesen Ländern gab es dann reichlich Erkrankungen.

Wie ich schon sagte, hatte man damals sogar die Sorge, dass es Todesfälle bei Menschen gibt. In Deutschland sind sie nicht aufgetreten. In anderen Ländern gibt es ein paar zweifelhafte Fälle.

Von interessierter Seite wurde auch schon damals sehr deutlich übertrieben - mit dem Ziel, so zu tun, als käme diese Krankheit nur in großen Beständen vor. Dass etwas später Menschen an Biosprossen erkrankt sind und es reichlich Todesfälle gegeben hat, hat hingegen keine große Aufregung hervorgerufen. So verschieden werden ähnliche, aber doch unterschiedliche Dinge bewertet. Umgekehrt wäre es richtig gewesen.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei ordentlichem Umgang kann diese Eiweißressource jedoch auch jetzt wieder genutzt werden. Sie kann dann auch zur Bekämpfung des Hungers in der Welt beitragen, der zurzeit gerade in Afrika wieder ansteigt. Man befürchtet ja einen enormen Anstieg mit enorm steigenden Zahlen von Toten. Dieser Hunger kann dadurch bekämpft werden, dass wir tierisches Eiweiß in der Verfütterung einsetzen und dann pflanzliches Eiweiß z. B. für die Menschen in diesen Gebieten zur Verfügung haben. Man geht davon aus, dass Mengen von europaweit bis zu 1 Million t ersetzt werden können.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Voraussetzung ist allerdings der ordentliche Umgang mit diesen Futtermitteln. Dies ist aber leicht möglich. Die Industrie, die sich damit beschäftigt und damit ihr Geld verdienen will, ist auch bereit, sich vorzubereiten, damit getrennt verfüttert wird und dieses Futter nur bei den Tieren zum Einsatz kommt, die Allesfresser sind, also bei Schweinen und Hühnern, und nicht beim Rindvieh.

Der Einsatz dieses tierischen Eiweißes bei Schweinen und Hühnern hat auch den Vorteil, dass die Tiere dadurch ruhiger werden und damit der Kannibalismus zurückgeht. Er wird nicht vollständig eingeschränkt, aber zumindest zurückgehen.