Protocol of the Session on March 3, 2017

(Christian Grascha [FDP]: Für das Klientel der jungen Familien!)

Übrigens zur Klarstellung, Herr Grascha: Sie haben ja vorhin gesagt, die Grunderwerbsteuer sei nicht rechtens.

(Christian Grascha [FDP]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

- Herr Grascha, melden Sie sich doch bitte einfach zu Wort, und seien Sie nicht so aufgeregt!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es war die CDU/FDP-Landesregierung, die den Grunderwerbsteuersatz im Jahre 2011 von 3,5 % auf 4,5 % erhöht hat. Wir haben ihn 2013 lediglich um einen halben Prozentpunkt auf 5 % aufgerundet.

(Christian Grascha [FDP]: Sie haben doch noch viel mehr gefordert!)

Wenn Sie sich wirklich um die jungen Familien in diesem Land sorgen würden, dann hätten Sie bereits 2011 Ihre Steuererhöhungspolitik einstellen können, meine Damen und Herren.

Nebenbei bemerkt, Herr Grascha: Welchen Teil des Sozialstaats haben Sie eigentlich nicht verstanden? - Sie fordern einen Freibetrag von 500 000 Euro: Was für Wohnungen sollen das eigentlich sein? - Fragen Sie doch mal unseren jungen Kollegen Max Schmidt - er ist leider gerade nicht hier -, der sich gerade im ländlichen Raum von Celle ein schmuckes Einfamilienhaus baut, was er gedenkt, für sein Haus auszugeben, oder fragen Sie eine junge Familie, was sie überhaupt für ein Einfamilienhaus ausgeben kann. Aber selbst in Ballungsräumen wie Osnabrück sind 500 000 Euro eher dem gehobenen Luxussegment zuzuordnen. Den Normalverdiener, den kleinen Häuslebauer, haben Sie doch gar nicht im Blick.

In Wahrheit geht es Ihnen wieder einmal um Interessenpolitik zugunsten einer gut verdienenden Mövenpick-Klientel, der Sie beim Erwerb ihrer Luxusimmobilien auch noch die Grunderwerbsteuer schenken wollen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Eine Familie? Wie reden Sie denn über die Leute? Wie reden Sie denn über die Bürger?)

Herr Kollege Henning, Herr Grascha möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Betrachten wir doch erst einmal - - -

Herr Grascha möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, das möchte ich nicht.

(Zuruf von der CDU: Ich dachte, er soll sich melden! Jetzt macht er es, und das ist auch verkehrt!)

Aber ich muss zunächst die Möglichkeit haben, das zu fragen. - Jetzt dürfen Sie fortsetzen, wenn Sie das verneinen.

Sie haben die Lenkungsmöglichkeiten angesprochen. Sie wollen angeblich junge Familien dadurch fördern, dass Sie ihnen die Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 % erlassen. Nehmen wir einmal an, dass sich eine junge Familie in Osnabrück ein Einfamilienhaus für 300 000 Euro kauft. Dann macht die Grunderwerbsteuer 15 000 Euro aus. Bei einer angenommenen Kreditfinanzierung dieses Bauvorhabens, die üblicherweise 30 Jahre läuft und 1 % Tilgung umfasst sowie eine geschätzte Zinsbelastung in Höhe von 2 % bei 20-jähriger Zinsbindung, macht die Grunderwerbsteuer kreditfinanziert genau 37,50 Euro im Monat aus.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Menge Geld für viele!)

Glauben Sie ernsthaft, dass ein junger Familienvater in 37,50 Euro im Monat einen Anreiz zur Eigentumsbildung sieht?

(Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Menge Geld für viele Menschen!)

Das ist absolut lächerlich.

(Christian Grascha [FDP]: So was Ar- rogantes! So was Abgehobenes! Man, man, man, was ist das für ein Schwachsinn!)

Sie erreichen überhaupt keine Lenkungswirkung, sondern Sie produzieren Mitnahmeeffekte für Ihre Mövenpick-Klientel.

Einen weiteren Aspekt gilt es zu beachten. Sie werden auch sonst nicht müde, Herr Grascha, vor ausufernder und überbordender Bürokratie zu warnen. Aber wenn es um Ihre Klientel beim Kauf von Luxuswohnungen geht, wollen Sie dieses Bürokratiemonster offensichtlich gar nicht sehen.

(Christian Dürr [FDP]: Eine ganz nor- male Familie! Die Mitte der Gesell- schaft!)

Wer soll, wenn man z. B. einmal im Leben eine Eigentumswohnung zum Selbstbewohnen kauft, überwachen, unter welchem Namen und in welcher Stadt das der Fall war und ob Ihr steuerpolitisches Geschenk entgegengenommen wurde? Was

ist, wenn die Wohnung ursprünglich zum Selbstbewohnen gedacht war und am Ende doch vermietet wird?

(Christian Dürr [FDP]: Ihre Rede muss man ganz dringend veröffentlichen! - Christian Grascha [FDP]: Sie sind so abgehoben!)

Sie schlagen eine Beschäftigungstherapie für Finanzbeamte vor, die landauf, landab schauen können, was aus diesen Leuten und aus diesen Wohnungen eigentlich geworden ist.

Sie schreiben, Sie wollen die Bildung von Eigentum und Vermögen erleichtern.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen kei- ne Menschen mit Eigentum!)

Genau diese Vermögens- und Eigentumsbildung breiter Bevölkerungsschichten ist unser Ziel.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen die Menschen am Tropf der Sozialleis- tungen haben! Das ist Ihr Ziel!)

Man erreicht es aber nicht, indem man Bauwillige um 37 Euro im Monat bereichert, sondern man erreicht es nach fester Überzeugung der SPDFraktion, indem man dort ansetzt, wo Vermögen und Eigentum gebildet werden können, nämlich bei der Arbeit.

Deshalb steht die SPD für gute Arbeit, die anständig bezahlt werden muss. Eine unserer ersten Maßnahmen war die Einführung des Mindestlohns. Sie hat nämlich wirklich etwas gebracht. Mit dieser Maßnahme und vielen anderen Maßnahmen betreibt man Vermögensbildung, und man macht es nicht so, wie Sie es wollen, indem man Vermögen einfach steuerlos verschiebt.

(Christian Dürr [FDP]: Durch den Min- destlohn betreibt man Vermögensbil- dung? Was ist das denn für ein Quatsch? Man kann mit dem Mindest- lohn doch kein Vermögen aufbauen! Sie sind Lichtjahre von der Realität der Menschen entfernt!)

Die SPD-Fraktion unterstützt darüber hinaus den Vorstoß unserer Bundestagsfraktion.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen Mie- ter, keine Eigentümer - schon klar!)

- Herr Dürr, es wäre schön, wenn Sie zuhören würden, anstatt immer nur dazwischenzuquatschen.

Wir unterstützen den Vorstoß unserer Bundestagsfraktion, die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu stärken und die Behandlung der Nebenkosten beim Immobilienkauf zu reformieren. Wir wollen nämlich Familien und Normalverdiener entlasten.

(Christian Dürr [FDP]: Nur die Mieter, nicht die Eigentümer - schon klar!)

Das Prinzip bei den Maklergebühren, die übrigens deutlich höher sind, als die von Ihnen genannte Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 %, „Wer bestellt, der bezahlt“, soll künftig auch bei Kaufverträgen gelten. Die Gebühren sollen also entsprechend getragen werden. Wir begrüßen das außerordentlich.

Im Übrigen begrüßen wir den Vorschlag aus Berlin, eine Pauschalierung der Höhe der Kosten für Notare und Grundbucheintragungen vorzunehmen. Sie könnten auch darüber nachdenken, ob das der richtige Weg sein könnte.

Meine Damen und Herren, der soziale Wohnungsbau wird in Niedersachsen zukünftig verstärkt durch Tilgungszuschüsse gefördert. Die Wohnraumförderbestimmungen sollen angepasst werden. Der Sozialausschuss hat in diesen Tagen entsprechende Entwürfe des Änderungserlasses erhalten. Für diese Tilgungszuschüsse stellt der Bund für die Jahre 2017 und 2018 weitere Fördergelder in Höhe von 46 Millionen Euro bereit. Barbara Hendricks hat zugesagt, dieses Geld zu überweisen.

(Zurufe von der CDU)

Bereits in den vergangenen beiden Jahren wurden durch diese Landesregierung die Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf fast 400 Millionen Euro aufgestockt. Bis zum Jahr 2019 stehen für die soziale Wohnraumförderung somit mehr als 800 Millionen Euro Landes- und Bundesmittel zur Verfügung.

(Zurufe von Reinhold Hilbers [CDU] und Dr. Max Matthiesen [CDU])

Das ist eine enorme Steigerung im Vergleich zur CDU/FDP-Vorgängerregierung, die für den sozialen Wohnungsbau nur 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Alles aus Berlin!)

Wir brauchen diese Mittel dringend, um bezahlbaren Wohnraum für Familien und andere Haushalte zu schaffen, die sich Ihre teuren Luxuseigentumswohnungen mit Preisen von 500 000 Euro niemals werden leisten und von der Abschaffung der Grunderwerbsteuer niemals werden profitieren können.