(Anja Piel [GRÜNE]: Die Rede gilt als gehalten, wenn sie zu Protokoll gege- ben ist! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Ihr könnt diese Trickserei doch nicht gutheißen! Er hat keine Rede gehalten! Das wisst ihr!)
- Genau! Wenn es nicht schon zum wiederholten Mal so gewesen wäre, hätte es gar nicht für so viel Aufsehen gesorgt. Wir haben es hier doch schon häufiger erlebt - nicht nur bei Agrarminister Meyer, auch bei anderen -, dass das Parlament nicht korrekt unterrichtet worden ist und dass diese Landesregierung es bei der Unterrichtung des Parlaments mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
Das ist der Punkt, den Sie klarzustellen haben. Weil eine Frage nicht korrekt beantwortet worden ist, erwarte ich eine Entschuldigung von Agrarminister Meyer - hier und heute!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle die vom § 75 Gebrauch machen wollten, haben das Wort bekommen, alle haben die Redezeit eingehalten. Es sind keine Anträge gestellt, sondern Appelle geäußert worden.
Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung, so stelle ich fest, gibt es nicht, sodass wir nach dieser Geschäftsordnungsdebatte die Tagesordnung fortsetzen.
Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Bildung von Eigentum erleichtern - Für einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/7419
Zur Einbringung dieses Antrages erteile ich der FDP-Fraktion das Wort. Es spricht der Kollege Christian Grascha.
- Nach der Aufregung der Geschäftsordnungsdebatte, Herr Grascha, warten Sie jetzt so lange, bis Ruhe im Saal eingekehrt ist und die, die weiter diskutieren wollen, den Saal verlassen haben. Sie haben es verdient, für diesen Sachbeitrag zu Ihrem Entschließungsantrag das Gehör des Hauses zu finden. Das geht nur, wenn störende Unruhe unterbleibt.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesrepublik Deutschland ist traditionell eher eine Mieternation. Die Eigentumsquote in unserem Land liegt bei lediglich 45 %. Das ist im OECD-Vergleich ein relativ geringer Wert. Nur die Schweiz lassen wir unter den vergleichbaren Ländern noch hinter uns.
Diese Quote stagniert bedauerlicherweise seit 2010, obwohl wir ein wirtschaftliches Umfeld mit vielen sicheren Arbeitsplätzen und zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen haben und aufgrund der Niedrigzinsphase das Baugeld so günstig ist wie nie.
Trotz dieser traumhaften Rahmenbedingungen für mehr Eigentum stagniert die Quote seit 2010. Gerade für einkommensschwächere Gruppen sehen die Zahlen noch schlechter aus. Seit 1990 geht die Zahl der Eigentümer bei der einkommensschwächeren Gruppe sogar zurück. Um 8 % ist die Anzahl der Eigentümer seit 1990 gesunken.
Auch in Niedersachsen ist die Situation so, dass wir hier über mangelnden Wohnraum diskutieren müssen. Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat sich am 23. Februar in der HAZ wie folgt eingelassen: Es fehlen zusätzliche Wohnungen, es fehlt zusätzlicher Wohnraum, gerade für Menschen mit kleinen Einkommen. Der Bedarf wird hier auf 40 000 Wohnungen geschätzt.
Deswegen ist das Ziel unserer Fraktion, dass jeder hier in diesem Land die Möglichkeit haben muss, Eigentum zu erwerben, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Das ist es ein wichtiger Baustein. Gerade mit Blick auf die Altersvorsorge ist es ein politisches Ziel, es nicht nur Spitzenverdienern zu ermöglichen, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Es muss auch jungen Familien mit geringerem Einkommen möglich sein, in den eigenen vier Wänden zu leben.
Es stellt sich die Frage: Woran liegt das eigentlich? - Es liegt daran, dass ein relativ hoher Kapitalbedarf besteht. Die Banken setzen entsprechende Quoten für benötigtes Eigenkapitel fest, und dazu kommen Nebenkosten, die das Ganze noch schwieriger machen. Der Notar muss bezahlt werden, der Makler muss bezahlt werden, und der Staat greift hier auch noch zu - die Grunderwerbsteuer muss bezahlt werden.
Um einen internationalen Vergleich zu bringen: Beim Erwerb einer Immobilie im Wert von 250 000 Euro betragen die Nebenkosten z. B. in unserem
Nachbarland der Niederlande 6 500 Euro. In Deutschland betragen die Nebenkosten 29 000 Euro. Sie sind also deutlich höher als in den Niederlanden. Diese 29 000 Euro müssen zusätzlich zum Eigenkapitel, das sowieso zur Verfügung stehen muss, gezahlt werden.
Das ist für viele, insbesondere junge Familien, eine massive Hürde. Diese Hürde muss gesenkt werden, und die Möglichkeiten zur Eigentumsbildung müssen verbessert werden.
Die Grunderwerbsteuer ist hierbei ein massiver Kostentreiber. Die Entwicklung der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer seit 2005 ist massiv Von 2005 bis heute gibt es bundesweit eine 160-prozentige Steigerung der Grunderwerbsteuereinnahmen: von 4,8 Milliarden Euro auf 12,4 Milliarden Euro. Deswegen muss, so fordern wir, ein Teil dieser Steuermehreinnahmen an die Mitte der Gesellschaft zurückgegeben werden, damit Eigentumsbildung erleichtert wird.
Die Grunderwerbsteuer ist - das wird durch diese Zahlen deutlich - tatsächlich nur eine fiskalische Einnahmequelle für den Staat. Normalerweise sollen Steuern auch eine Lenkungswirkung haben, bzw. es soll das Leistungsfähigkeitsprinzip gelten. Das alles spielt bei der Grunderwerbsteuer aber keine Rolle; denn sie ist, jedenfalls in dieser Höhe, weder gerecht noch gerechtfertigt. Der einzige Grund ihrer Erhebung ist, Einnahmen für den Staat zu generieren, also ein ausschließlich fiskalischer Grund.
Deswegen schlagen wir eine zielgerichtete Förderung vor, und zwar einen Freibetrag in Höhe von 500 000 Euro für die erste privat genutzte Immobilie einzuführen. Das würde die Eigentumsbildung erleichtern. Wir als Freie Demokraten wollen kein Volkseigentum, sondern wir wollen ein Volk von Eigentümern.
Die FDP-Fraktionen in den Landtagen haben deswegen eine Studie beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben. Darin werden verschiedene Möglichkeiten aufgeführt, wie die Eigentumsbildung durch Veränderungen bei der Grunderwerbsteuer verbessert werden kann. Die favorisierte Variante ist, wie gesagt, der Freibetrag in einer Größenordnung von 500 000 Euro.
de, könnte das die Bundesländer ja motivieren, an der Steuerschraube zu drehen -, schlagen wir eine bundeseinheitliche Regelung vor. Es muss ein bundeseinheitlicher Freibetrag eingeführt werden, und der Bund muss sich an den Minderausgaben in der Größenordnung von den ursprünglichen 3,5 % beteiligen. Das würde das Risiko weiterer Steuererhöhungen deutlich reduzieren.
Jetzt stellt sich die Frage, wie andere unseren Vorschlag bewerten. Und da erfahren wir doch eine breite Zustimmung: Haus & Grund im Bund, aber auch in Niedersachsen unterstützt den Vorschlag der FDP-Fraktion. Der Bund der Steuerzahler begrüßt unsere Initiative, die Belastungen von Familien beim Grunderwerb zu reduzieren und die Eigentumsbildung zu vereinfachen. Und wenn ich es richtig gelesen habe, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dann steht auch in Ihrem Programmentwurf, dass zumindest in Erwägung gezogen wird - das befindet sich ja in den Parteien noch in der Diskussion -, einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer einzuführen.
Das alles sind positive Signale, deswegen sind wir fest davon überzeugt, dass unsere Initiative tatsächlich die Chance bietet, ein breites Votum hier im Haus zu finden, um die Eigentumsbildung zu erleichtern.
Ich will das abschließend anhand eines persönlichen Beispiels deutlich machen. Ich hatte vor Kurzem Kontakt mit einer Familie aus dem Landkreis Northeim, die sich in einer relativ klassischen Situation befand: Es handelt sich um eine vierköpfige Familie. Der Mann arbeitet in der Industrie. Die Frau ist zurzeit in Elternzeit. Die Tochter ist vier Monate alt, und der Sohn ist vier Jahre alt.
Diese Familie wollte sich ein Einfamilienhaus für 200 000 Euro kaufen. Sie ist zu ihrer Bank gegangen, die gesagt hat: Sie brauchen ungefähr 40 000 Euro Eigenkapital. - Dann haben sie ausgerechnet, dass zusätzlich zu dem Eigenkapital, das die Bank fordert, noch Nebenkosten dazukommen, und zwar in einer Größenordnung von ungefähr 20 000 Euro. Das heißt, sie brauchten Eigenkapitel in einer Höhe von insgesamt 60 000 Euro.
Diese Familie hat sich in den letzten Jahren sehr mühsam, auch mit der Unterstützung der Eltern, Eigenkapital in einer Größenordnung von 50 000 Euro angespart. Für diese Familie war es aber zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, Eigentum zu erwerben.
Für genau diese Menschen haben wir diese Initiative ergriffen. Wir wollen es auch diesen Menschen ermöglichen, in den eigenen vier Wänden zu leben.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Frank Henning.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP, so haben wir gerade gehört, sorgt sich um junge Familien und möchte deshalb die Grunderwerbsteuer mit einem Freibetrag von 500 000 Euro versehen und damit faktisch abschaffen.
Junge Familien müssten angeblich wegen der Grunderwerbsteuerbelastung - das haben wir gerade sehr plastisch von Ihnen geschildert bekommen, und jetzt zitiere ich wörtlich aus Ihrem Antrag - „entweder Abstriche beim Objekt oder der Lage machen, stärker kreditfinanzieren oder auf das Eigentum verzichten.“ Ob das so ist, will ich einmal dahingestellt sein lassen, Herr Grascha.
(Christian Dürr [FDP]: Sie sind so weit weg von der Mitte!- Jörg Bode [FDP]: Das ist so! - Christian Grascha [FDP]: Mit Ihrer Abgeordnetendiät können Sie sich das natürlich leisten!)
Viel interessanter finde ich zunächst einmal, dass diese Aussage gar nicht von der FDP-Landtagsfraktion stammt, sondern im Original eine wörtliche Aussage von Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, ist. Das heißt, die Idee zu diesem Antrag stammt gar nicht von Ihnen selbst, Herr Grascha, sondern Sie kopieren wörtlich, übernehmen die Forderung von Haus & Grund und verkaufen das als Ihren Antrag, mit dem Sie das ganze Land Niedersachsen beschäftigen.
Gleichlautende bzw. ähnliche Anträge, von Haus & Grund abgekupfert, befinden sich in der Beratung in den Landtagen von Bremen, Berlin, RheinlandPfalz, Hamburg und Hessen, zum Teil interessanterweise wortgleich oder zumindest ähnlich, einge
Wenn man sich Ihrem Antrag inhaltlich nähern will, kann man das aus meiner Sicht aus zweierlei Perspektive tun: zum einen aus fiskalischer Sicht mit Blick auf den Landeshaushalt, zum anderen aber auch aus Sicht der betroffenen Familien.
Aus Sicht des Landeshaushalts ist zunächst einmal festzustellen, dass wir beispielsweise im Ist 2016 immerhin 908 Millionen Euro an Grunderwerbsteuereinnahmen zu verzeichnen hatten. Damit ist die Grunderwerbsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes Niedersachsen.
Sie wollen nach Ihren Berechnungen durch Einführung eines Grunderwerbsteuerfreibetrages von 500 000 Euro auf etwa 102 Millionen Euro im Landeshaushalt verzichten. Damit machen Sie vor allem ein Geschäft zulasten Dritter. Der Bund soll nämlich die Einnahmeausfälle des Landes mit 239 Millionen Euro kompensieren. - Na, herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren! Der Bund wird sich bei Ihnen bedanken, und Finanzminister Schäuble wird „Hurra!“ schreien, wenn er hört, dass Sie ihm diese 239 Millionen Euro abnehmen wollen.
Aus meiner Sicht ist das abenteuerlich, was Sie da vorschlagen. Mit seriöser Finanzpolitik hat das nichts mehr zu tun. Sie wollen Ihre Steuergeschenke auch noch durch Dritte finanzieren lassen. Diese Geschäfte zulasten Dritter werden wir nicht mitmachen.